Festung Carlsten
Die Festung Carlsten, schwedisch: Carlstens fästning, liegt auf der Insel Marstrandö (Provinz Bohuslän) im Skagerrak.
Geschichte
Die seit dem Frieden von Roskilde 1658 schwedische Stadt Marstrand besaß eine große Bedeutung als Handelsplatz: Da ihr Hafen selten zufror, lud und löschte ein Teil der westschwedischen Handelsflotte seine Ladung hier. Zur Sicherung dieses wichtigen Hafens für Schweden beschloß Carl X. Gustav daher, eine Festung auf dem Gipfel der Insel anlegen zu lassen.
Der Bau dieser Festung war harte Arbeit: Da auf der Insel nicht genügend Material vorhanden war, mußten die Steinblöcke per Schiff angelandet und dann von Hand auf die Spitze der Insel gebracht werden. Um für diese unangenehme und anstrengende Aufgabe ausreichend Arbeitskräfte zu erlangen, wurde in der schwedischen Rechtsprechung eine neue Strafe eingeführt: Die sogenannte „Marstrandsarbeit“, deren Strafmaß von einigen Jahren bis lebenslang reichte. Aus dem ganzen Land wurden nun Strafgefangene zu dieser Arbeit herangezogen. Unter ihnen waren vor allem Schwerverbrecher, die wegen Mordes, Raub, Fälschung und Gewalttätigkeiten verurteilt worden waren, aber auch Kleinkriminelle wie Diebe und Vagabunden.
Um Fluchtversuche zu verhindern, wurden die Gefangenen mit einer Fußfessel versehen, an der mittels einer Kette eine zwei Kilo schwere Eisenkugel befestigt war. Renitente oder fluchtverdächtige Gefangene wurden gezwungen, eine sogenannte Eisenkrone ("järnkrona") zu tragen, eine bis zu 36 Kilo schwere eiserne Weste. Aufgrund der harten Arbeit und den schlechten Lebensumständen war die Sterblichkeit hoch. Jeden Winter starben bis zu 20% der Gefangenen. Die Marstrandsarbeit wurde 1854 abgeschafft und die meisten Gefangenen wurden nach Göteborg verlegt.
Der berühmteste Gefangene der Festung Carlsten war Lasse-Maja. Diesem erfolgreichen Dieb war es gelungen, dem Arm des Gesetzes lange zu entkommen. Als man ihn schließlich doch ergriffen hatte, wurde er 1813 zu lebenslänglicher Marstrandsarbeit verurteilt. Dank seiner Kochkünste, die er sich als „Haushälterin“ erworben hatte, verbrachte Lasse-Maja einen großen Teil seiner Zeit im Gefängnis als Koch. Im Jahre 1839 wurde er nach 26 Jahren Haft in Carlsten von König Karl XIV. Johann begnadigt.
Bau und Nutzung
Zunächst wurde ein viereckiger Turm an der höchsten Stelle des Bauplatzes errichtet und ein von Mauern umschlossener Burghof angelegt. Diese Anlage bildete den späteren Kern der Burg, die Zitadelle. Um 1680 verstärkte man die Festung, indem der Turm abgerundet und wie die Mauern erhöht wurde. Im 17. und 18. Jahrhundert wurde die Festung um mehrere Mauerringe erweitert, wobei sich im äußeren und mittleren die Zellen der Gefangenen befanden. 1860 wurde der Bau der Festung abgeschlossen. Die ganze Anlage umfaßte zu dieser Zeit die innere Burg mit dem einzigen Turm, mehrere Höfe, die Blocks der Gefangenen, einen großen Innenhof und eine Kaserne.
Die Festung Carlsten wurde zweimal angegriffen und beide Male fiel sie in die Hände der Angreifer. Im Jahre 1677 wurde Carlsten von Ulrik Gyldenløve, dem dänischen Statthalter von Norwegen, eingeschlossen. 1719 eroberte der norwegische Admiral Tordenskjold die Festung. Beide Male erhielten die Schweden Carlsten durch Friedensverhandlungen zurück. Bis 1882 diente Carlsten als reguläre militärische Festung. Sie wurde jedoch sowohl im Ersten wie im Zweiten Weltkrieg wieder militärisch besetzt und unter anderem mit Flugabwehrgeschützen ausgerüstet. Auch während des Kalten Krieges blieb eine kleine Einheit der schwedischen Armee in der Festung, die nun der Luftraumüberwachung diente. Aus dieser Zeit datiert ein Aufsatz auf dem Treppenturm in der Zitadelle. Erst 1991 nach dem Zerfall der Sowjetunion verließ das Militär die Festung endgültig.