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Die Schule von Athen

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Die Schule von Athen (ital. La scuola di Atene) ist ein Fresko des Malers Raffael, das dieser von 1510 bis 1511 in der Stanza della Segnatura des Vatikans (ursprünglich der Saal für die Unterschriftsleistung in den Privaträumen des Papstes) für Papst Julius II. anfertigte. Das Bild ist Teil eines Zyklus, der neben der „Schule von Athen“, den „Parnass“, die „Disputatio“ (Erläuterung des Altarssakraments) und die „Kardinal- und die göttlichen Tugenden und das Gesetz“ darstellt. Der Titel des Bilds verweist auf die herausragende philosophische Denkschule des antiken Griechenlands, verkörpert von ihren Vorläufern, Hauptvertretern und Nachfolgern. Im Zentrum stehen die Philosophen Platon und Aristoteles. Das Fresko verherrlicht im Sinne der Renaissance das antike Denken als Ursprung der europäischen Kultur, ihrer Philosophie und Wissenschaften.

Das Gemälde

Das Bild, das in seiner größten Breite über etwa 7,70 m angelegt ist, zeigt einen zentralperspektivisch konstruierten, monumentalen Innenraum, in dem eine Versammlung maßgeblicher Wissenschaftler und Philosophen von der Antike bis zur Renaissance stattfindet. Links gruppieren sich die platonisch, rechts die aristotelisch orientierten Geistesgrößen. Im Hintergrund befinden sich die philosophischen Vertreter, im Vordergrund die Wissenschaftler, Mathematiker und Künstler. Der Titel, Die Schule von Athen, wurde erstmals von Giovanni Pietro Bellori im Jahr 1695 genannt.

Aristoteles, der seine Ethik in der Hand hält, verweist mit einer horizontalen Gebärde auf eine ethische Organisation der Welt. Platon, den Timaios in der einen Hand, die andere vertikal erhoben, symbolisiert die Bewegung der sinnlichen Welt in ein ideelles Prinzip.

Dem Fresko gegenüber befindet sich die Disputa del Sacramento, die Disputation des Sakraments, ebenfalls von Raffael. Beide Bilder stellen eine Zusammenfassung dar von antiken und christlichen, aristotelischen und platonischen Gedanken einer Welt. Der Karton für Die Schule von Athen wird in der Ambrosiana in Mailand aufbewahrt.[1]


Die abgebildeten Personen

Die abgebildeten Personen
(Detail) Platon und Aristoteles (hinten), Heraklit und Diogenes (vorn)

Die häufigsten Zuordnungen der Figuren zu Personen der Geschichte:

  1. Zenon von Kition (Begründer der Stoischen Schule)
  2. Epikur (Begründer der Epikureischen Schule)
  3. Federico II. Gonzaga (Herzog von Mantua)
  4. Zuordnung nicht eindeutig: entweder Boëthius, Anaximander oder Empedokles
  5. Averroes (arabischer Philosoph und Theologe)
  6. Pythagoras (Mathematiker)
  7. Alkibiades (Politiker und Feldherr aus Athen)
  8. Xenophon (Historiker und Biograph von Sokrates) oder Anisthenes
  9. Hypatia oder Francesco Maria I. della Rovere
  10. Aeschines oder Xenophon
  11. Parmenides von Elea (Philosoph, Begründer der Eleatischen Schule)
  12. Sokrates (Philosoph und Lehrer von Platon)
  13. Heraklit (Philosoph, verkörpert durch Michelangelo)
  14. Platon mit der Schrift Timaios (Philosoph, verkörpert durch Leonardo da Vinci)
  15. Aristoteles mit der Schrift Nikomachische Ethik (Philosoph und Schüler von Platon)
  16. Diogenes (Philosoph und Kyniker)
  17. Plotin (Philosoph)
  18. Euklid (Mathematiker, verkörpert durch Bramante)
  19. Zarathustra (persischer Religionsgründer)
  20. Ptolemäus (Astronom und Geograph)
  21. Raffael, vor ihm Sodoma (Künstler)

Siehe auch: Sixtinische Madonna, Platonische Akademie, Stanzen des Raffael

Alternative Interpretation

Raffael, und Copernicus?

Der Ulmer Frank Keim[2][3] interpretiert die Personengruppe am rechten Bildrand als antike Vertreter des heliozentrischen Weltbildes, mit Aristarchos von Samos und Kleanthes von Assos im Hintergrund, sowie im Vordergrund Seleukos von Babylon mit einem Himmelsglobus. Ihm steht der Astronom und Geograph Claudius Ptolemäus gegenüber, der einen Erdglobus tragend dem Betrachter den Rücken zukehrt. Beide, und auch das Selbstbildnis von Raffael, blicken auf eine Person in weißer Kleidung, deren Alter, Frisur und Gesichtszüge zu Nicolaus Copernicus (1473-1543) passen könnten. Copernicus war nach langjährigen Studien in Bologna, Ferrara und Padua und Vorträgen in Rom einige Jahre vor der Entstehungszeit des Gemäldes wieder ins heimische Preußen zurückgekehrt. Sein Hauptwerk wurde erst 1543 veröffentlich, seinen Commentariolus hat er jedoch schon zur Entstehungszeit des Gemäldes einigen befreundeten Gelehrten zugänglich gemacht. Keim vertritt zudem die These, dass aus dem Gemälde Die drei Philosophen hervorginge, dass die Jupitermonde schon 1505 (und nicht erst 1610) entdeckt worden seien, und somit das heliozentrische Weltbild in Gelehrtenkreisen insgeheim schon bekannt war.

Literatur

  • Rudolf Schürz, Die Schule von Athen - oder Die Erkenntnis der Ursachen. Eine Erklärung der übersinnlichen Erkenntnisse von Raffaels berühmtem Wandgemälde im Vatikan. Scharnstein 2005.

Einzelnachweise

  1. Georg Kauffmann (Hrsg.): Die Kunst des 16. Jahrhunderts. Propyläen Kunstgeschichte Band 8, Berlin 1970; S. 162
  2. Frank Keim: Copernicus in der „Schule von Athen“ (1508-11). Eine Studie zum Bildnis des Nicolaus Copernicus und zur Gruppe um Aristarch von Samos in Raphaels Fresko., Ulm, Juni 2006 [1]
  3. Der Spiegel 6/2009: Rätsel aus der Renaissance - Who is who auf dem berühmten Wandbild "Die Schule von Athen"? Ein Forscher aus Ulm hat eine verblüffende Neudeutung vorgelegt. wissen.spiegel.de [2]
Commons: Die Schule von Athen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien