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Ilija Trojanow

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Ilija Trojanow (2007)

Ilija Trojanow (bulgarisch: Илия Троянов, * 23. August 1965 in Sofia) ist ein deutscher Schriftsteller, Übersetzer und Verleger bulgarischer Abstammung.

Leben und Wirken

Ilija Trojanow entstammt einer bulgarischen Familie, die 1971 über Jugoslawien und Italien in die Bundesrepublik Deutschland floh, wo sie Politisches Asyl erhielt. 1972 zog die Familie weiter nach Kenia, wo der Vater eine Anstellung als Ingenieur erhalten hatte. Unterbrochen von einem Deutschlandaufenthalt in den Jahren 1977 bis 1981, in denen er von 1979 bis 1981 das Staatliche Landschulheim Marquartstein besuchte, lebte Ilija Trojanow bis 1984 in Nairobi. Er besuchte die Deutsche Schule Nairobi, die er mit der Reifeprüfung abschloss. Danach folgte ein Aufenthalt in Paris, und von 1985 bis 1989 studierte er an der Universität München Rechtswissenschaften und Ethnologie. Nachdem er dieses Studium abgebrochen hatte, gründete er 1989 in München den Kyrill-und-Method-Verlag, 1992 den Marino-Verlag, die beide auf Afrikanische Literatur spezialisiert waren. 1999 übersiedelte Trojanow nach Mumbai; in den folgenden Jahren beschäftigte er sich intensiv mit Indien. Von 2003 bis 2007 lebte Trojanow in Kapstadt; 2007 war er Mainzer Stadtschreiber. Er lebt in Wien.

Trojanow verfasste in den 1990er Jahren einige Sachbücher und Reiseführer über Afrika, er gab eine Anthologie mit afrikanischer Gegenwartsliteratur heraus und übersetzte afrikanische Autoren. 1996 erschien sein erster eigener Roman Die Welt ist groß und Rettung lauert überall, in dem er die Erfahrungen seiner Familie als politische Flüchtlinge und Asylanten verarbeitete. Es folgten der Science-Fiction-Roman Autopol, der als „novel in progress“ im Internet entstanden war, mit Hundezeiten ein Reisebericht über ein Wiedersehen mit der bulgarischen Heimat sowie Bücher über Trojanows indische Erfahrungen. In der Reportage Zu den heiligen Quellen des Islam beschrieb Trojanow seine Pilgerreise nach Mekka.

Ilija Trojanow ist seit 2002 Mitglied des P.E.N.-Zentrums der Bundesrepublik Deutschland. Im November 2007 war Trojanow im Rahmen der Tübinger Poetik-Dozentur Dozent an der Universität Tübingen.

2007 drehte Trojanow den Film „Vorwärts und nie vergessen - Ballade über bulgarische Helden“, der noch im gleichen Jahr in 3sat und im ZDF zu sehen war. Diese Dokumentation basiert auf Gesprächen mit politischen Gefangenen und Zeitzeugen, die auf Jahre und Jahrzehnte in den Gefängnissen und Lagern Bulgariens verschwunden waren. Er handelt von den Verbrechen und Grausamkeiten der bulgarischen Kommunisten und den Lügen in der heutigen bulgarischen Gesellschaft.[1][2]

Im April 2008 kuratierte Trojanow das Literaturfestival „RE ASIA - Avatar. Asiens Erzähler“ im Berliner Haus der Kulturen der Welt.

Für die taz verfasst Trojanow im Wechsel mit mehreren anderen Autoren seit 2006 die wöchentliche Kolumne „Das Schlagloch“.

Seit 2008 ist Ilija Trojanow Herausgeber der Buchreihe „Weltlese. Lesereisen ins Unbekannte“, in der Trojanow unentdeckte Autorinnen und Autoren und ungewöhnliche oder vergessene Texte veröffentlicht.

Auszeichnungen

Werke (Auswahl)

Autorenschaft

  • Naturwunder Ostafrika, durch Kenia, Tansania, Uganda und Ruanda, mit Auto, Bus, Bahn, Boot, Motorrad, Mountainbike, Kamel und zu Fuss, Fotografien von Michael Martin, München: Frederking und Thaler 1994, ISBN 3-89405-327-5
  • Hüter der Sonne, Begegnungen mit Zimbawes Ältesten - Wurzeln und Visionen afrikanischer Weisheit, mit Chenjerai Hove, München: Frederking und Thaler 1996, ISBN 3-89405-353-4
  • Kenia mit Nordtansania, München: Polyglott 1996, 1999, ISBN 3-493-62883-8
  • In Afrika, Mythos und Alltag, mit Fotografien von Michael Martin, München: dtv 1996, ISBN 3-42312284-6 (1. Ausgabe Marino-Vlg. München 1993)
  • Die Welt ist groß und Rettung lauert überall, München, Wien: Hanser 1996, ISBN 3-446-18770-7
  • Autopol, München, dtv 1997, ISBN 3-423-24114-4
  • Zimbabwe, München, Polyglott 1998, 1999, ISBN 3-493-62958-3
  • Hundezeiten, Heimkehr in ein fremdes Land, München, Wien: Hanser 1999, ISBN 3-446-19695-1 - später (2006) als Die fingierte Revolution erschienen
  • Der Sadhu an der Teufelswand, München 2001
  • An den inneren Ufern Indiens, München 2003
  • Zu den heiligen Quellen des Islam, München 2004
  • Masque, Libretto zur Oper von Hans Huyssen, 2003-2005
  • Der Weltensammler, München 2006
  • Indien. Land des kleinen Glücks, Cadolzburg 2006
  • Gebrauchsanweisung für Indien, München 2006
  • Die fingierte Revolution. Bulgarien, eine exemplarische Geschichte, München 2006
  • Nomade auf vier Kontinenten, Frankfurt 2007
  • Kampfabsage. Kulturen bekämpfen sich nicht - sie fließen zusammen, München 2007 (zusammen mit Ranjit Hoskoté)
  • Der entfesselte Globus, München 2008
  • Sehnsucht, Freiburg 2008 (zusammengestellt von Fatma Sagir)
  • Kumbh Mela. Das größte Fest der Welt, München 2008 (Fotografien von Thomas Dorn)
  • Angriff auf die Freiheit. Sicherheitswahn, Überwachungsstaat und der Abbau bürgerlicher Rechte, München 2009 (zusammen mit Juli Zeh)

Herausgeberschaft

  • Afrikanissimo, Wuppertal 1991 (zusammen mit Peter Ripken)
  • Das Huhn das schreit gehört dem Fremden, München 1998
  • Döner in Walhalla, Köln 2000
  • Die Welt des Ryszard Kapuściński. Seine besten Geschichten und Reportagen, Frankfurt 2007
  • Egon Erwin Kisch. Die schönsten Geschichten und Reportagen, Berlin 2008
  • Jamal Mahjoub: Die Stunde der Zeichen, Frankfurt 2008 (Edition Weltlese)
  • F. M. Esfandiary: Der letzte Ausweis, Frankfurt 2009 (Edition Weltlese)

Übersetzungen

Filmadaptionen

Literatur

  • Michaela Haberkorn: Treibeis und Weltensammler. Konzepte nomadischer Identität in den Romanen von Libuše Moníková und Ilija Trojanow. In: Helmut Schmitz (Hrsg.): Von der nationalen zur internationalen Literatur. Transkulturelle deutschsprachige Literatur und Kultur im Zeitalter globaler Migration. Rodopi, Amsterdam u. a. 2009 (= Amsterdamer Beiträge zur neueren Germanistik; 69), ISBN 978-90-420-2582-0.

Interviews

Einzelnachweise

  1. ZDF Dokumentation
  2. Bericht von TV Movie