Steinhauer








Der Beruf des Steinhauers wurde durch die Mechanisierung der Steingewinnung in Deutschland in den 1950er Jahren obsolet. Es gibt weder in Österreich noch in Deutschland ein entsprechendes Ausbildungsberufsbild. Lediglich die Schweiz hat derzeit einen Ausbildungsweg zum Steinhauer, der allerdings im Detail mehr eine Grundausbildung zum handwerklichen Steinmetzen ist.[1]
Abgrenzung
Häufig werden Steinmetzen als Steinhauer bezeichnet, dies ist nicht korrekt. Ein Steinhauer übte seinen Beruf im Steinbruch aus und er war für die Steingewinnung und für grobe Vorarbeiten zuständig. Die auf die erforderlichen Maße von den Steinhauern mit rauen Oberflächen hergestellten Rohsteine wurden anschließend von Steinmetzen oder Steinbildhauern in Steinmetzhütten oder Werkstätten weiter bearbeitet.
Arbeit im Steinbruch
Die Arbeit in den Steinbrüchen basierte bis in den 1950er Jahre auf händischer Arbeit, die im Akkordlohn oder Stundenlohn vergütet wurde. Im Steinbruch herrschte ein arbeitsteiliger Prozess, ungelernte Arbeiter verrichteten Hilfsarbeiten, Steinhauer brachen Steine, formten Werksteine vor, stellten Mauersteine her und brachen Steinblöcke aus der Steinbruchswand. Die ausgebildeten Steinmetzen, verrichteten Feinarbeiten an Werkstücken, die profiliert oder speziell geformt wurden.
Als Hilfsarbeiter waren meist Tagelöhner und Kleinbauern angeworben, die ihr Einkommen im Frühjahr, Sommer und im Herbst aufbesserten. Sie mussten Geröll, Abraum und Erde bis auf den anstehenden Stein beiseite schaffen und bei Transportarbeiten der Natursteine zu den Steinmetzhütten helfen. Im Winter war ein Arbeiten im Steinbruch nicht möglich.
Daneben gab es diejenigen, die Pflastersteine herstellten. Dies geschah entweder in Handarbeit oder mit Steinspaltmaschinen, die entweder durch Dampf oder elektrische Energie angetrieben wurden. Spaltmaschinen kamen gegen erst gegen 1900 in die Steinbrüche. Die Plasterarbeit und das Schotterschlagen wurde in früherer Zeit häufig durch Kinder- und Frauenarbeit ausgeführt.
Die Arbeit im Steinbruch war eine extrem schwere körperliche Arbeit. Der Transport der rauen Steine und des Schotters erfolgte in Loren, die von Hand beladen werden mussten bzw. schwere Werksteine wurden mit primitiven Hebewerkzeugen wie Walzen oder mit sogenannten Kastenwinden bewegt. Es gab bis in die 1930er Jahre Derrickkrane aus Holz, die einen Transport einzelner größerer Steinblöcke ermöglichten. Der Einsatz von Lastkraftwagen erfolgte in den Steinbrüchen etwa ab 1930. Die körperlichen und gesundheitlichen Belastungen durch Steinstaub waren groß. Das Pflasterherstellen von Hand war monoton und reine körperliche Arbeit. Erst nach 1900 brachte die patentierte Erfindung der Steinspaltmaschine mittels Friktionsfallhammer durch den Dänen Fedinand Weiller eine gewisse Erleichterung, die 1901 erstmals für Lausitzer Granit in Deutschland und später 1904 im Bayerischen Wald von der Granit-AG Regensburg im Werk Vilshofen verwendet wurde.[2]
Frauen waren in den Steinbrüchen beschäftigt. Sie mussten beim Beladen der Loren mit Gesteinsschutt, bei den Abräumarbeiten und beim Sortieren der Pflastersteine helfen. Das langwierige Schleifen und Polieren von Natursteinen war zumeist Frauenarbeit und auch das Schotterschlagen. Als das Schleifen mit elektrisch angetriebenen Maschinen möglich wurde, bedienten in allen Steinbruchgebieten Deutschlands nahezu ausschließlich Frauen die sogenannten stationären Gelenkarmschleifmaschinen.
Steinhauer
Die Ausbildung zum Steinhauer fand in der Regel im jeweiligen Betrieb statt. Es gab auch eine zusätzliche schulische Ausbildung der Steinhauer, beispielsweise die Steinhauerschule im Bayerischen Wald ab 1889, in der im Winter an vier Abenden und an Sonntagen Unterricht stattfand. Diese Initiative wurde mit dem Beginn des Ersten Weltkriegs beendet. 1922 wurde in Hauzenberg eine Steinhauerschule eingerichtet, die das Jahr über an Sonn- und Feiertagen von 16 bis 19 Uhr Unterricht abhielt.[3] Derartige Steinhauerschulen gab es vermutlich auch in anderen Abbaugebieten Deutschlands, Österreichs und der Schweiz.
Tätigkeiten
Das Lösen der Rohsteine aus den Gesteinsschichten war die Aufgabe der Steinhauer. Dabei war Erfahrung und das Lesen der Gesteinsschicht hinsichtlich Güte, korrekter Spaltrichtung und Fehler für die erfolgreiche Steingewinnung wesentlich. Die Keillöcher mussten exakt ausgerichtet werden. Dies erforderte profunde Kenntnisse des vorhandenen Steinmaterials und solide Fertigkeiten beim Setzen der Keiltaschen, die zunächst von Hand keilförmig in einer geraden Linie in der Spaltrichtung eingeschlagen werden mussten. Diese Arbeit erfordert Präzision, damit die Spaltung erfolgreich wird. Diese Tätigkeit wurde auch Schroten genannt. Zum Spalten wurden spezielle Steinspaltwerkzeuge benutzt. Die Steinspalttechnik mit Eisenkeilen ist uralt und wird seit der Zeit des antiken Roms nachweislich angewendet.
Die Spaltwirkung wird jedoch nicht durch die Schneide der Keile erzeugt, sondern ausschließlich durch den Flankendruck der Keile gegen die beiden dreicksförmigen Seiten der Keiltaschen. Daher ist es wichtig, dass zwischen den Flanken des Keils und den Seitenflächen der Keiltasche ein möglichst lückenloser Kontakt bestand. Dies ist unter anderem ein Grund, warum Keiltaschen in der Regel sehr sorgfältig ausgemeißelt werden. Sitzen die Keile am Grunde der Keiltaschen auf, besteht die Gefahr, dass sich der Keil löst und wie ein Geschoss entgegen der Treibrichtung fliegt. Dies war eine erhebliche Verletzungsgefahr für Steinhauer bzw. Steinbrecher. Es gab auch die sogenannten Federn, das waren Eisenbleche, die in die Seiten der Keiltaschen eingelegt wurden, um die Spaltrichtung zu optimieren.
Erst später mit der Verwendung von Druckluftbohrern konnten Bohrlöcher in Reihe gesetzt werden, mit Sprengpulver, zumeist Schwarzpulver verfüllt werden und dadurch abgesprengt werden. Der Einsatz von Sprengmitteln erfolgte vor allem zum Ablösen großer Gesteinsschichten oder zur Beseitigung von „taubem“ Gestein, das als Schotter verwendet wurde.
Eine andere Methode zum Spalten der Steine, war der Einsatz von Patentkeilen mit zwei speziell geformten Federn, die in die Bohrlöcher eingesetzt wurden und die Keilwirkung sowie Spaltung optimierten. Die Eisenkeile wurden mit einem Vorschlaghammer eingetrieben.
Um den gespaltenen Stein auf das geforderte Maß zu bringen, wurden in Granitsteinbrüchen die sogenannten Setzhammer zum Abschlagen größerer Steinüberstände verwendet. Die Steinhauer spalteten und richteten den Rohblock auf das erforderliche Maß zurecht, was heute Spalten oder Stoßen genannt wird. Bossieren, das grobe Vorarbeiten der Steinform erledigten die Steinhauer für die Steinmetzen. Die Steinhauer richteten die Werkstücke soweit her, dass lediglich ein Überstand auf den zu bearbeitenden Seiten von 3 Zentimeter (genannt Bruchzoll) bestand. Die Steinhauer formten aber auch Mauersteine, die an späteren Bauwerken eingesetzt wurden. Dabei mussten sie auf Fehler im Gestein achten und die Werksteine maßgerecht herstellen. Die Ansichtsseiten der Mauersteine wurden zumeist feiner je nach Gestein mit Stockhammer oder Scharriereisen am Ende der Arbeitsvorgänge bearbeitet.
Soziales
Die tägliche Arbeitszeit der Steinhauer im Steinbruchsgebiet des Bayerischen Waldes begann beispielsweise morgens um 6 Uhr und betrug 10 Stunden. Die Wochenarbeitszeit lag bei 50 Stunden. Es gab eine Pause von von 8 bis 8:30 Uhr, die „Brotzeit“ und von 11 bis 12 Uhr die Mittagspause. Nach Arbeitsschluss zog man gemeinsam ins Wirtshaus. Das durchschnittliche Lebensalter eines Steinhauers lag im Jahre 1910 im Bayerischen Wald bei 35 Jahren.[4]
Sicherheitsschuhe mit Stahlkappen, angemessene funktionale Berufskleidung, Verwendung von Schutzbrillen gegen Steinsplitter oder der Einsatz von Schutzhandschuhen, Schutzmaßnahmen vor gesundheitsschädlichen Gesteinsstäuben, die Silikose erzeugt, waren bis in die 1950er Jahre in Steinbrüchen nicht zu finden. Viele Steinhauer, die Gesteine mit freier Kieselsäure (Granite, Gneise und Sandsteine vor allem) bearbeiteten, erkrankten früh und starben nach langem Siechtum an der Silikose, einer Lungenkrankheit. Häufig kam es zu schweren und tödlichen Unfällen, durch einstürzenden Gesteinswände nach Regen, Sprengungen oder im Frühjahr nach der Eisschmelze. Der Verlust von Gliedmaßen durch abrutschende Steinblöcke oder Werkstücke, Quetschungen an den Händen oder Beinen kam häufiger vor.
Der Stundenverdienst eines Steinhauers in den 1920er Jahren betrug im Bayerischen Wald 38 bis 40 Pfennig. Im Vergleich hierzu kostete ein ½ Liter Bier 50 Pfennig, ein Brötchen (Semmel) 5 Pfennig und eine dünne Scheibe Leberkäse 10 Pfennig. In den Steinbrüchen gab es Kantinen, dort konnten die Steinhauer, wenn sie nicht bezahlen konnten, anschreiben. Lohn wurde 14tägig oder wöchentlich an Samstagen ausbezahlt. Die Rechnung musste nach Lohnempfang in der Kantine beglichen werden, deshalb gingen viele Arbeiter ohne Lohn nach Hause.[5]
Politik und Kultur
Insbesondere die Steinhauer im Bayerischen Wald erkannten, dass sie aufgrund ihrer sozialen Lage aufeinander angewiesen waren und gründeten einen Unterstützungsverein, den sogenannten Zwickverein. Alle Steinhauer bezahlten einen bestimmten Betrag in diesen Verein ein, der aus den Beiträgen verunfallte Mitglieder unterstützte. Aus diesem selbstverwalteten Verein entstanden gewerkschaftlich organisierte und der SPD nahestehende Gruppierungen. Die Granitler des Bayerischen Waldes galten nach dem Ersten Weltkrieg als Kommunisten. „Dabei ging es den Steinhauern so gut wie nie um parteipolitisches Kalkül, sondern um eine grundlegende soziale Einstellung und basisdemokratisches Mitspracherecht. [...] Die Kommunisten erschienen vielen Arbeitern schlichtweg konsequenter als die SPD.“[6] Bei der letzten freien Wahl vor der Machtergreifung in Bayern erhielt die KPD in der „Steinhauerhochburg“ Wotzdorf bei Hauzenberg 43 Prozent, die NSDAP und die SPD lediglich 7 Prozent.[6]
Es gab auch eine Steinhauerkultur. Zur Kirchweih kamen alle zusammen, vom Taglöhner bis zum gelernten Steinmetz und Firmenchef. Es fanden auch Steinhauerbälle statt. An Hochzeiten beteiligte sich die gesamte Belegschaft. Nach der Arbeit gingen die Steinhauer im Bayerischen Wald gemeinsam ins Wirtshaus. Starb ein Arbeitskollege, gingen alle zu seiner Beerdigung und anschließend ins Wirtshaus. Dort wurde „gesungen und gelacht, weil der „draust am Friedhof“ sonst auch mitgefeiert hat. Vielleicht würde es der Tote übelnehmen, wenn um ihn getrauert würde.“[4]
Weblinks
Literatur
- Winfried Helm (Hrsg.): Granit, Tute Druck, Salzweg 2007, ISBN 978-3-00-023087-5.
Einzelnachweise
- ↑ Schweizer Beruf: Steinhauer/in (Grundbildung/Grundberuf), abgerufen am 8. August 2009
- ↑ Paul Praxl: Eine Haupternährungsquelle in dieser Gegend. Die Geschichte des Granitgesteins in Ostbayern. In: Helms: Granit, S. 159
- ↑ Steinhauerschule Büchlberg, abgerufen am 8. August 2009
- ↑ a b Das Leben der Steinhauer, abgerufen am 9. August 2009
- ↑ * Christine Lorenz-Lossin: „... ein verrufenes Volk waren die! Vom Leben und Arbeiten der Steinhauer.“ In: Winfried Helm: Granit, S. 234
- ↑ a b Lorenz-Lossin: Steinhauer. S. 245–247