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Rover (Automobilhersteller)

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Markenzeichen Rover

Die MG Rover Group war bis 2005 der größte unabhängige britische Automobilhersteller und stellt den Nachfolger der einstmals staatlichen British Leyland dar, die eine sehr wechselvolle Geschichte von Fusionen und Privatisierungen hinter sich hat.

Rover

Der erste Rover war ein Dreirad, das von der Firma J.K. Starley & Sutton Co in Coventry, Großbritannien im Jahre 1884 hergestellt wurde. Die Firma war auf dem Gebiet der Fahrräder sehr innovativ und produzierte u.a. auch das Starley Safety Bicycle, ein dreirädriges Fahrrad, bei dem das einzelne durch eine Kette angetriebene Rad hinten war. Im Vergleich zu den damals üblichen Hochrädern galt es als sehr sicher und fand bald weite Verbreitung; beispielsweise wurde Rower als Wort für Fahrrad ins Polnische übernommen.

Im Jahre 1888 entstand ein Prototyp eines elektrisch betriebenen Fahrzeugs, es wurde aber nie in Serie produziert.

1896 nannte sich die Firma um in Rover Cycle Company und 1904 wurde das erste Automobil produziert, ein Zweisitzer namens Rover Eight.

1906 wurde die Firma in The Rover Company Limited umbenannt.

Im Zuge der Weltwirtschaftskrise wurde die Produktion von Motorrädern und Fahrrädern eingestellt und die Firma erhielt den Namen Rover.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war Stahl kontigentiert und nur erhältlich für Firmen, die Exporte aufweisen konnten. Aus diesem Grund begann die Firma 1947 mit der Produktion des Land Rover, einem vielseitigen Geländefahrzeug mit Allradantrieb, das ursprünglich für die Landwirtschaft gedacht war. Binnen kürzester Zeit entwickelte es sich zu einem Verkaufsschlager.

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"Rolls" für Arme: Rover 80 von 1962

In den 1950er Jahren begann die Firma mit Gasturbinen als Antrieb zu experimentieren, was sogar zu einem Einsatz solcherart betriebener Fahrzeuge beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans in den Jahren 1963 bis 1967 führte. Daneben konnten sich die Fahrzeuge im oberen Segment der Mittelklasse gut etablieren.

British Leyland

1967 wurde Rover ein Teil der Leyland Motor Company, die mit der British Motor Corporation (BMC) zur British Leyland Motor Corporation oder kurz British Leyland wurde. Rover war nur mehr eine Marke von vielen unter einem riesigen Konglomerat aus verschiedenen Firmen wie Austin, Morris, MG, Wolseley, Leyland, Jaguar und anderen. Damit war die Zeit der unabhängigen Firma Rover zu Ende, und es begann der Niedergang der britischen Autoindustrie. Symptomatisch für diese Ära ist der Rover SD1 von 1976: Ein an sich hervorragendes Auto, das aber aufgrund eklatanter Fertigungs- und Qualitätsmängel einen schlechten Ruf hatte. Im selben Jahr war British Leyland bankrott und wurde verstaatlicht. In dieser Zeit erregte die grosse Fliesshecklimousine Rover Vitesse aufgrund ihres modernen Designs Aufsehen. Die Landrover und Rangerover Geländewagen hatten weiterhin eine sehr grosse Anhängerschaft.

Wieder in der Privatwirtschaft

Rover 400 (1989)

In den 1980er Jahren tauchte das Rover-Emblem (eine Wikingerkogge) auf einer Reihe von Fahrzeugen auf, die in Kooperation mit Honda entwickelt wurden. Honda erwarb auch eine 20-prozentige Minderheitsbeteiligung an Rover. Die Firma benannte sich 1982 in Austin Rover Group um, und nachdem 1984 Jaguar ausgegliedert wurde, bekam sie 1988 wieder einen neuen Namen: Rover Group. In dieser Zeit entstanden auch die auf Honda-Modellen basierenden Rover-Typen 400 und 600 sowie die - seit langem erste - komplette Neuentwicklung Rover 200. Auch das Rover-Modell 800 war noch im Angebot ebenso wie der alte, früher mit Austin-Emblem versehene Mini.

1994 wurde im Zuge der Privatisierung staatlicher Unternehmen die Firma durch BMW übernommen. Die noch heute erhältlichen Modelle 25 (basierend auf dem 200), 45 (ein "gelifteter" 400, noch immer mit Honda-Basis) und 75 wurden eingeführt. Das Modell 75 war eine komplette Neuentwicklung mit massiver BMW Hilfe. Aufgrund seines sehr traditionellen Designs und des fehlenden Images von Rover für gehobene Automobile erreichte es aber nicht die erwarteten Verkaufszahlen. Die Übernahme durch BMW beendete die langjährige Entwicklungskooperation mit Honda.

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Rover 75 (2001)

Im Jahr 2000 trennte sich BMW von Rover aus wirtschaftlichen Gründen, da eine profitable Entwicklung auch nach einer Investition von fast 4 Mrd. EUR nicht absehbar war. Dieses finanzielle und organisatorische Desaster kostete den verantwortlichen Vorstandschef Bernd Pischetsrieder und Technikvorstand Wolfgang Reitzle ihre Jobs bei BMW. Die Geländewagenmarke Land Rover (inkl. der Modelle Freelander, Defender, Discovery und Range Rover) verkauft BMW an den Ford-Konzern. Für den fast fertig entwickelten neuen Mini findet BMW keinen zahlenden Käufer, daher bleibt das Modell bei BMW und wird inzwischen erfolgreich als eigene Marke angeboten.

Eigentümer der verbleibenden Rover Group wurde die Phoenix-Venture Group von vier Geschäftsleuten aus Birmingham, die Rover für symbolische 10 EUR von BMW mangels anderer Interessenten schuldenfrei übernehmen. In der Hoffnung, mit der "sportlichen" Marke MG (Morris Garage) auf größeres Interesse zu stoßen, nannte sich die Firma in MG Rover Group um.

Besonders sportliche Modelle werden nun nach der Traditionsmarke MG benannt, so der MG ZT 260 auf Basis des Rover 75 mit einem von Ford zugekauften 4,6 Liter V8-Motor mit 260 PS. Außerdem ist noch der Mittelmotor-Roadster MGF in der Produktion. Der Supersportwagen MG SV wird lediglich 50 mal gebaut.

2004 produziert Rover mit 6.000 Angestellten im Werk Longbridge noch 100.000 Autos (1999: 225.000), das sind weniger als die Hälfte der notwendigen Anzahl, um die Gewinnschwelle zu erreichen.

2004 wurden Verhandlungen über ein Joint-venture mit der chinesischen Firma Shanghai Automotive Industry Corporation (SAIC) geführt. SAIC will in dieses gemeinsam mit Rover zu gründende Unternehmen 1,5 Milliarden Euro investieren, unter anderem für die Entwicklung neuer Fahrzeugmodelle. Mit der Zustimmung der chinesischen Regierung und damit der Komplettierung des Vertrags wurde für das Jahr 2005 gerechnet. Letztlich scheiterten die Verhandlungen jedoch an der nicht sichergestellten Liquidität von MG Rover. Die von der britischen Regierung in Aussicht gestellten 100 Millionen Pfund reichten nicht. Die MG Rover Group als letzter Massenautohersteller in britischem Eigentum musste daraufhin am 7. April 2005 Konkurs anmelden. Die Phoenix Venture Holdings (PVH), welche Eigner des britischen Autobauers sind, boten eine Summe von 71 Mio. Euro in Form von Barmittel, Aktien und Eigentumswerten, um eine Rettung des Unternehmens noch zu ermöglichen. Auch Schloß Studley in Warwickshire/Mittelengland, dessen Wert auf fast zwölf Millionen Euro geschätzt wird, gehört dazu.

PVH-Chef John Towers erklärte dazu: "Alle Besitztümer von PVH stehen zur Verfügung, um dem Insolvenzverwalter zu helfen, einen Käufer zu finden!" Die 71 Millionen sollten in eine Stiftung eingezahlt werden, dessen Bestand den Familien der Beschäftigung zugute kommen sollte, falls die Rettung scheitere. Dieser vermeintlich großzügige Schritt basiert offensichtlich auf dem schlechten Gewissen der Firmeneigner. Denn obwohl Rover in den vergangenen Jahren nie aus den roten Zahlen kam, genehmigten sich die Geschäftsleute der Phoenix Venture Holding regelmäßige hohe Summen in Form von Gehalts- und Bonuszahlungen. Im Jahre 2003 bilanzierte Rover beispielsweise 133 Mio. Euro Verlust, dennoch überwiesen sich die fünf Vorstandsmitglieder um John Towers zusammen ein Jahreseinkommen von 24 Mio. Euro. Auch ein Jahr zuvor (2002) schrieb Rover 140 Mio. Euro Verlust; trotzdem genehmigten sich die Phoenix-Mitglieder einen "Bonus" von 19 Mio. Euro.

Es kam zur heftigen öffentlichen Kritik. Das britische Unterhaus empfahl schließlich die Benennung eines unabhängigen Aufsichtsratsvorsitzenden, um das Vertrauen der Arbeiter und der Öffentlichkeit wiederherzustellen. Diesen Rat befolgte Phoenix.

Die Renndivision von MG Rover, die MG Sport and Racing Limited (MGSR), soll als unabhängiges Unternehmen innerhalb von MG Rover separat verkauft werden können. Das Rennprojekt in der DTM und der Bau des Sportwagens MG SVR sollen von den 48 Angestellten der MGSR weiter geführt werden. SAIC schließt trotz Absage neue Gespräche nicht aus, aber man wolle abwarten, was von der Bilanz von Rover übrig bleibt, wenn das Insolvenzverfahren abgeschlossen ist.