Zum Inhalt springen

Kovalente Bindung

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 9. August 2009 um 13:26 Uhr durch 84.72.103.153 (Diskussion) (Weitere chemische Bindungen). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Die Atombindung (auch kovalente Bindung oder Elektronenpaarbindung genannt) ist eine Form der chemischen Bindungen. Als solche verbindet sie vor allem Atome der Nichtmetallelemente (wichtige Ausnahme: Die Elemente der Edelgase liegen atomar vor) und Atome verschiedener Elemente in über 30 Millionen chemischen Verbindungen zu Molekülen.

Nur mit Kenntnissen der Grundlagen des Atombaus und elektrostatischer Wechselwirkungen ist das Verstehen der Atombindung möglich: Zwischen den beiden Atomen entsteht aufgrund der Anziehungskräfte beider Atomkerne auf die Elektronen ein Bereich mit erhöhter Elektronenaufenthaltswahrscheinlichkeit. Formal betrachtet entstehen bei Atombindungen (Atome verbinden => Verbindung) zwischen negativ geladenen Außenelektronen der Elektronenhüllen und positiv geladenen Atomrümpfen der beteiligten Atome so starke Anziehungskräfte, dass von einer chemischen Bindung gesprochen wird. Es bilden mindestens ein Elektron des einen Atoms und mindestens ein Elektron des anderen Atoms mindestens ein gemeinsames Elektronenpaar (=> Elektronenpaarbindung) aus. Beispiel:

Das bindende Elektronenpaar bindet die beiden Wasserstoffatome zu einem Wasserstoffmolekül zusammen und entspricht einer Einfachbindung sowie einer unpolaren Atombindung

Das Beispiel des Wasserstoffmoleküls in der nebenstehenden Abbildung zeigt eine graphische Darstellung als Lewisformel (in diesem Fall gleichbedeutend mit Projektionsformel und Strukturformel) in der das bindende Elektronenpaar als Strich zwischen den Elementsymbolen geschrieben wird.

Bindende und nichtbindende Elektronenpaare

Beispiele von Elektronenformeln
Einfachbindung

Chlor (Cl2)

Methan (CH4)
Doppelbindung

Kohlenstoffdioxid (CO2)
Dreifachbindung

Stickstoff (N2)
Formalladung

Kohlenstoffmonoxid (CO)

Einfach- und Mehrfachbindungen

Ein Elektronenpaar kann also zwei Atome zusammen binden und wird dann bindendes Elektronenpaar genannt. Elektronenpaare können aber auch nichtbindend sein und stehen dann in der Lewisformel, wie beispielsweise an den Chloratomen im Chlormolekül zu sehen ist, nicht zwischen zwei Elementsymbolen. Zum Verständnis wann Elektronenpaare bindender oder nichtbindender Natur sind, ist Wissen zur Edelgasregel und der Lewisschreibweise notwendig. Mit Kenntnis der Edelgasregel lässt sich auch erklären, ob die Atome der Elemente, vor allem der 4. - 7. Hauptgruppe im PSE, mehr als ein bindendes Elektronenpaar (Einfachbindung) für die Entstehung eines stabilen Teilchens benötigen. Auch zwei (Doppelbindung, siehe Kohlenstoffdioxidmolekül) und drei (Dreifachbindung, siehe Stickstoffmolekül) bindende Elektronenpaare kommen vor. Bei Nebengruppenelementen sind in Komplexverbindungen ganz selten sogar vier (Vierfachbindung) oder fünf (Fünffachbindung) bindende Elektronenpaare existent.

Atombindungen in Atomgittern und Molekülionen

Durch Atombindungen (Elektronenpaarbindungen) existieren molekulare Stoffe, wie Sauerstoff (O2) oder Kohlenstoffdioxid (CO2), aber auch Stoffe wie Diamant (CDiamant) oder Siliciumdioxid (SiO2), die keine Moleküle, sondern Atomgitter bilden. Komplexe Ionen sind Moleküle, die elektrische Ladungen tragen. Diese Ionen bilden zwar Salze durch ionische Bindungen, die Atome in den komplexen Ionen, wie beispielsweise im Ammoniumkation (NH4+) oder dem Sulfatanion (SO42-) werden aber durch Elektronenpaarbindungen zusammengehalten.

Formalladung

Die formale Zuordnung von bindenden und nichtbindenden Elektronenpaaren zur Darstellung einer chemischen Verbindung in der Lewisschreibweise führt gelegentlich zu so genannten Formalladungen. Eine Formalladung wird als hochgestelltes Plus- bzw. Minuszeichen in einem Kreissymbol angegeben. Formalladungen liegen z. B. bei Kohlenstoffmonoxidmolekülen vor.

Koordinationszahl

Die Anzahl der direkten Nachbaratome um ein Atom gibt die Koordinationszahl an. Sie ist z.B. bezüglich des C-Atoms in Kohlenmonoxid 1, bei Kohlendioxid 2 und bei Methan 4.

Bindende Elektronenpaare aus nichtbindenden Elektronenpaaren

Nichtbindende Elektronenpaare einer Verbindung können durch eine chemische Reaktion die Rolle von bindenden Elektronenpaaren übernehmen. Diese Art der Bindungen wird koordinative Bindung (auch: dative kovalente Bindung) genannt und tritt in Verbindungen wie dem Ammonium-Kation und in Komplexverbindungen auf.

Beispiele
Koordinative Bindung
im Ammonium-Kation
Koordinative Bindung
im Diammin-Silber-I-Komplex
Wasserstoffbrücken
im Wasser

Das koordinative Bindungen eine Ähnlichkeit mit den schwachen Bindungen haben, die z. B. bei der Wasserstoffbrücken auftreten wird im Folgenden erklärt. Die bei der Autoprotolyse ablaufende Ablösung eines Protons (p+ = H+) von einem Wassermolekül und dessen Anbindung an eines der beiden nichtbindenden Elektronenpaare eines anderen Wassermoleküls zeigt, dass die Anziehungskräfte zwischen den Wassermolekülen nahe denen der Atombindung zwischen Wasserstoff und Sauerstoffatomen im Wassermolekül sind. Die geringe Konzentration der dabei entstehenden Oxoniumionen (H3O+) und Hydroxidionen (OH). Das sowohl die drei Elektronenpaarbindungen im Oxoniumion wie auch die Elektronenpaarbindung im Hydroxidion nicht mehr die gleichen Eigenschaften besitzen können wie die Elektronenpaarbindungen im Wassermolekül erscheint offensichtlich.

Nur die Bewegungsenergie einiger weniger sehr schnellen Wassermoleküle (siehe auch Reaktionskinetik) reicht aus um eine Atombindungen im Wassermolekül zu brechen um bei diesem endothermen Reaktionsvorgang eine neue Bindung bei der Entstehung des Oxoniumions zu zulassen. Der stabilere Zustand ist aber, wie sich bei der stark exotherm ablaufenden Neutralisationsreaktion zeigt, die Atombindung im Wassermolekül.

Polarität von Atombindungen

Polare Atombindung

Hauptartikel: Polare Atombindung

Sind Atome verschiedener Elemente an einer Atombindung beteiligt werden die bindenden Elektronenpaare von deren Atomkernen mit unterschiedlicher Protonenanzahl (genauer: mit positiver Ladungsdichte) nicht gleich stark angezogen. Diese elektronenanziehende Kräfte sind ein Maß für die Fähigkeit eines Atoms in einer chemischen Bindung die Bindungselektronen an sich zu ziehen (siehe Artikel Elektronegativität, En). Die bindenden Elektronen sind daher mehr oder weniger ungleichmäßig zwischen den Bindungspartnern verteilt. Ihre Aufenthaltswahrscheinlichkeit ist in Richtung des stärker Elektronen anziehenden Atoms, also zum elektronegativeren Partner verschoben. Nochmals anders geschrieben: Das Atom mit der größeren Elektronegativität zieht die Bindungselektronen näher zu sich heran. Dadurch erhält dieser Bindungspartner eine negative Partialladung (Teilladung), die durch δ symbolisiert wird. Die Elektronenhülle des Atoms am andere Ende der Bindung verarmt entsprechend an negativer Ladungsdichte und das Atom erhält eine positive Partialladung (δ+). Es entstehen deshalb Pole mit unterschiedlichen Teilladungen. Daher nennt man solche Atombindungen polare Atombindungen oder auch heteropolare Atombindungen.

Bei sehr polaren Atombindungen können Bindungselektronen weitgehend einem Bindungspartner zugeordnet werden. Es liegt der Grenzfall zu ionischen Bindungen vor und in manchen Fällen ist es sinnvoll, die Verbindung als ionisch zu beschreiben.

Fluorwasserstoff (HF) Kohlenstoffdioxid (CO2) Wasser (H2O)

Polare Atombindungen können in Abhängigkeit der Räumlichen Anordnung der Atome und derer Elektronenpaare dazu führen, dass das gesamte Molekül polar ist: Es liegt dann ein Dipol-Molekül vor.

Unpolare Atombindung

Das bindende Elektronenpaar bindet die beiden Wasserstoffatome zu einem Wasserstoffmolekül zusammen und entspricht einer Einfachbindung sowie einer unpolaren Atombindung

Bilden Atome eines Elements Atombindungen aus wird ein bindendes Elektronenpaar von beiden Atomkernen gleich stark angezogen, weil die Atomkerne die gleiche Anzahl an Protonen besitzen. Es gibt also keine Ladungspole. Daher bezeichnet man eine solche Elektronenpaarbindung als unpolar (unpolare Atombindung, unpolare kovalente Bindung). Streng genommen können nur diese Bindungen auch homöopolar genannt werden.

Geometrie

Räumliche Ausrichtung

Hauptartikel VSEPR-Modell

Drei miteinander verbundene Atome in einem Atomgitter, Molekül oder Komplex stehen in einem bestimmten Bindungswinkel zueinander. Die Kenntnis über Bindungswinkel erlaubt die Aufstellung der Strukturformel einer Verbindung. Aus Kenntnis über bindende und nichtbindende Elektronenpaare in einer Verbindung lassen sich Bindungswinkel mit Hilfe des Elektronenpaarabstoßungsmodells abschätzen. Die Bindungswinkel ergeben sich aus einer Anordnung der Elektronenwolken in einem möglichst großen Abstand zueinander. Eine Elektronenwolke kann aus einem einzelnen Elektron (bei Radikalen), einem nichtbindenden Elektronenpaar oder Einfachbindungen bestehen. Für eine einfache Schätzung können Zweifach-und Dreifachbindungen gedanklich als eine einzige Wolke aufgefasst werden.

Beispiele Blausäure (HCN) Kohlensäure (H2CO3) Wasser (H2O) Ammoniak (NH3) Methan (CH4)
Abbildung Datei:Hydrogen-cyanide.png
Anzahl der Kugelwolken 2 3 4 4 4
Abschätzung linear (180°) trigonal planar (120°) tetraedrisch (109,47°) tetraedrisch (109,47°) tetraedrisch (109,47°)
tatsächlicher Bindungswinkel 180° ca. 120° 104,5° 107,8° 109,47°

Zwischen der Abschätzung eines Bindungswinkel mit Hilfe des Elektronenwolkenmodells und realen Molekülen können recht kräftige Abweichungen auftreten. Der tatsächliche Bindungswinkel im Wassermolekül beträgt nicht 109,47°, sondern 104,45° auf Grund der größeren abstoßenden Wirkung der nichtbindenden Elektronenpaare auf die bindenden Paare, bzw. der geringeren Größe der s-q-Bindungs-Orbitale, die das Proton enthalten. Allgemein kann also angenommen werden, dass nichtbindende Elektronenpaare etwas mehr Platz benötigen als bindende Elektronenpaare.

Bindungslänge

H–F H–Cl H–Br H–I
92 pm 128 pm 141 pm 160 pm
C–C C=C C≡C N–N N=N N≡N
154 pm 139 pm 134 pm 120 pm 146 pm 125 pm 110 pm

Die Atomabstände in Molekülen und Komplexen mit kovalenter Bindung können experimentell durch Analyse der Rotationsspektren ermittelt werden. Die Bindungslängen hängen von der Größe der Atome ab. Je größer ihr Radius, desto größer ist ihr Abstand.

Bei Bindungen zwischen gleichartigen Atomen ist ihr Abstand auch von der Zahl der bindenden Elektronenpaare abhängig: Je mehr bindende Elektronenpaare wirken, desto kürzer ist die Bindungslänge. Der Hauptgrund sind die stärkeren Anziehungskräfte zwischen den Atomen aufgrund der höheren Elektronenaufenthaltswahrscheinlichkeit im Bereich zwischen den Atomen.

Geometrie von Mehrfachbindungen

Geometrie

Butan

2-Buten

Einfachbindungen bestimmen zwar die Bindungswinkel zwischen Atomen, sind jedoch in sich selbst drehbar. Ein Molekül wie Butan kann leicht in sich drehen und liegt daher in verschiedenen Konformationen vor. Alle Konformationen beschreiben die gleiche Verbindung. Mehrfachbindungen lassen sich hingegen nicht in sich drehen. Bedeutung haben hier die Doppelbindung besonders in organische Verbindungen. Kohlenwasserstoffe wie 2-Buten existieren als zwei unterschiedliche chemische Verbindungen, nämlich cis-2- und trans-2-Buten. Die Starrheit der Doppelbindungen führt allgemein zu der so genannten cis-trans-Isomerie.

Konjugierte Doppelbindungen und aromatische Bindungen

Treten in einem Molekül abwechselnd Doppel- und Einfachbindungen auf, sind die Atomabstände der Einfachbindung kürzer (fester), als bei Einfachbindungen ohne Doppelbindungen in der Nachbarschaft. Auf die Mehrfachbindungen hingegen wirkt sich dies verlängernd aus. Dieses Phänomen wird Konjugation genannt und lässt sich mit den hier beschriebenen, einfachen Bindungsmodellen kaum erklären.

Ein besonderer Fall liegt bei der Aromatizität vor: Hier liegen nur formal Abfolgen von Doppel- und Einfachbindungen vor, die Atomabstände sind jedoch alle gleich kurz. Eine einfache aromatische Verbindung ist das ringförmige Molekül Benzol (C6H6). Valenzstrichformeln dieser Verbindung führen zu zwei möglichen Darstellungen, die in der Abbildung als mesomere Grenzstrukturen bezeichnet werden. Beide Valenzstrichformeln führen zu der richtigen Vermutung, das Benzol ein ebenes (planares) Molekül ist, da die Geometrie eine trigonal planaren Ausrichtungen fordert. Jede C-C-Bindung kann als Doppel- oder Einfachbindung dargestellt werden. In Realität liegen die Doppelbindungen an keinen festen Orten vor, sondern sind über den ganzen Ring verteilt (delokalisiert). Alle aromatischen Verbindungen, also Verbindungen mit delokalisierten Doppelbindungen, müssen die so genannte Hückel-Regel erfüllen, die quantenmechanisch begründet ist.

Benzol (C6H6)
mesomere Grenzstrukturen delokalisierte Doppelbindungen übliche Darstellung von
delokalisierte Doppelbindungen
Struktur von Peptiden

Das Erstellen von mesomeren Grenzstrukturen mit den hier beschriebenen, einfachen Bindungsmodellen erlaubt auch Abschätzungen von recht komplizierten Bindungsverhältnissen. Die Abbildung rechts zeigt die Peptidbindung in zwei Grenzstrukturen. Aus der Grenzstruktur 1 lässt einen C-N-C-Bindungswinkel von 109° vermuten (tetraedrisch), während Grenzstruktur 2 auf einen Winkel von 120° hindeutet (trigonal planar). In Realität liegt ein Bindungswinkel von 122° vor, wie er sich eher aus Grenzstruktur 2 mit Formalladungen ergibt. Der C-N-Abstand der möglichen Doppelbindung liegt mit 133 pm zwischen einer C–N-Einfachbindung (147 pm) und einer C=N-Doppelbindung (130 pm).

Bindungsenergie

Bindungsdissoziationsenthalpie
Bindung Bindungslänge
in pm
Bindungsenthalpie
in kJ/mol
F–F 142 159
Cl–Cl 199 242
Br–Br 228 193
I–I 267 151
C–H 108 413
C–F 138 489
C–Cl 177 339
C–Br 228 285
C–C 154 348
C=C 134 614
C≡C 120 839

Die Bindungsenergie ist gleich der Energie, die zu einer Spaltung einer Atombindung erforderlich ist und eine Verbindung (A−B) in zwei Radikale überführt:

A−B → A• + B•

Diese Dissoziation wird homolytische Spaltung genannt. Die Bindungsdissoziationsenthalpie lässt sich bei einfachen Molekülen messen und bei komplizierteren Molekülen durch Messungen und Berechnungen abschätzen. Sie hängt − wie die Bindungslänge (siehe oben) − von der Größe der gebundenen Atome ab. Je größer der Radius der Bindungspartner, desto größer ist ihr Abstand und desto kleiner ist ihre Bindungsenergie. Auch bei Bindungen zwischen gleichartigen Atomen lässt sich erkennen, dass ihr Abstand mit steigender Zahl von bindenden Elektronenpaaren geringer wird, ihre Bindungsenergie hingegen steigt.

Weitere chemische Bindungen

  • Zwischen Metallatomen (eines Elements oder verschiedener Elemente) existieren metallische Bindungen.
  • In Verbindungen aus positiv geladenen Metallatomen (Kationen) und negativ geladenen Nichtmetallatomen (Anionen) bestehen Ionenbindungen.
  • Zwischen einem Zentralatom (meist ein geladenes Atom = Ion) und Stoffteilchen (Atome, Moleküle, Ionen oder Verbindungen) mit mindestens einem freien Elektronenpaar sind Komplexbindungen möglich.
Wiktionary: Atombindung – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Vorlage:Link FA