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Theon von Smyrna

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Theon von Smyrna († nach 132) war ein antiker griechischer Philosoph (Platoniker), Mathematiker und Astronom aus Smyrna (heute İzmir in der Türkei, Hafenstadt an der Ägäisküste). Er lebte unter Kaiser Hadrian.

Identität

Die Identität des Philosophen Theon mit dem Mathematiker dieses Namens, den Klaudios Ptolemaios in seiner Syntaxis (Almagest) zitierte und den im 4. Jahrhundert Theon von Alexandria in seinem Almagestkommentar den „alten Theon“ nannte, wurde früher bezweifelt. Heute gilt sie jedoch als sehr wahrscheinlich. Ptolemaios erwähnt Theons Beobachtungen der Venus und des Merkur im Zeitraum 127–132. Ansonsten ist über Theons Leben nichts überliefert, doch ist sein Aussehen dank einer zeitgenössischen Büste bekannt, die sein gleichnamiger Sohn anfertigen ließ (heute in den Kapitolinischen Museen, Rom).

Werke

Von Theons Schriften ist nur eine erhalten, das Werk Das an mathematischem Wissen für die Lektüre Platons Nützliche. Es handelt sich um eine allgemeine Einführung in die Mathematik für die Bedürfnisse von Platon-Lesern. Im ersten Teil behandelt Theon die Arithmetik und die Musik und geht ausführlich auf die pythagoreische Tetraktys ein. Im zweiten, umfangreicheren Teil befasst er sich mit der Astronomie. Zu den Themen gehören unter anderem Beweise für die Kugelgestalt der Erde, die Bestimmung des Erdumfangs, die Planetenbahnen und die Erklärung von Sonnen- und Mondfinsternissen. Es fehlt die wiederholt von Theon angekündigte Behandlung der Sphärenharmonie, was zur Vermutung Anlass gibt, dass das Werk unvollständig erhalten ist.

Daneben verfasste Theon noch zwei verlorene Werke: einen Kommentar zu Platons Dialog Politeia und eine Schrift über die Reihenfolge, in der man die Werke Platons lesen soll, und über ihre Titel.

Doppelfolge

Datei:Theon.png
Theon-Folge

In seiner Schrift Das an mathematischem Wissen für die Lektüre Platons Nützliche beschreibt Theon ein mathematisches Verfahren, das zur Bestimmung des Verhältnisses von "Seitenzahlen" und "Diagonalzahlen", nämlich der Seite des Quadrats zu dessen Diagonale, geeignet ist. Zunächst stellt er fest, dass die Einheit (1) als Ursprung aller Zahlen sowohl Seite als auch Diagonale ist. Damit kommt er auf den ersten Näherungswert: Seitenzahl 1 und Diagonalzahl ebenfalls 1. Dann nimmt er zwei Einheiten, eine Seite- und eine Diagonale-Einheit. Dann wird eine neue Seite gebildet, indem man zu der Seite-Einheit die Diagonale-Einheit hinzufügt, und eine neue Diagonale, indem man zu der Diagonale-Einheit zweimal die Seite-Einheit hinzufügt: 1 + 1 = 2, 1 + 2 = 3. Die neue Seitenzahl ist somit 2, die neue Diagonalzahl 3. Für die nächste Seitenzahl werden die vorherige Seitenzahl und die vorherige Diagonalzahl addiert, also 2 + 3 = 5, und für die nächste Diagonalzahl die vorherige Diagonalzahl und zweimal die vorherige Seitenzahl, also 3 + 2 x 2 = 7.[1]

Dieses Verfahren liefert eine gute Approximation von . Die Doppelfolge startet jeweils mit 1 und erfüllt folgende Rekursion

bzw.

Die Quotienten nähern sich dem Wert alternierend; d.h. die Quotienten liefern abwechselnd eine Unter- und Obergrenze für die Wurzel. Das Verfahren wird daher im Englischen "Theon's Ladder" genannt. Es lässt sich leicht zur Berechnung von beliebigen Wurzeln verallgemeinern.

Ausgangspunkt waren für Theon die Überlegungen Platons über die "Hochzeitszahl" im Staat.[2] Daran knüpfte später auch Proklos in seinem Kommentar zum Staat an, wo er dasselbe Verfahren wie Theon anführt.

Theon beschreibt nur das Verfahren, bietet jedoch keinen Beweis.

Rezeption

Nach Theon ist der Mondkrater Theon Senior benannt.

Textausgaben und Übersetzungen

  • Théon de Smyrne philosophe Platonicien, Exposition des connaissances mathématiques utiles pour la lecture de Platon, hg. Jean Dupuis, Paris 1892, Nachdruck Paris 1966 [griechischer Text und französische Übersetzung]
  • Theonis Smyrnaei philosophi Platonici expositio rerum mathematicarum ad legendum Platonem utilium, hg. Eduard Hiller, Leipzig 1878, Nachdruck Stuttgart 1995. ISBN 3-519-01853-5 [griechischer Text]
  • Theon of Smyrna: Mathematics Useful for Understanding Plato, übers. von Robert und Deborah Lawlor, San Diego 1979

Literatur

  • Joëlle Delattre: Théon de Smyrne: modèles mécaniques en astronomie. In: Gilbert Argoud (Hrsg.): Sciences exactes et sciences appliquées à Alexandrie, Saint-Etienne 1998, S. 371-395. ISBN 2-86272-120-4
  • Kurt von Fritz: Theon aus Smyrna. In: Pauly-Wissowa RE Bd. 5 A/2, Stuttgart 1934, Sp. 2067-2075
  • George Clarence Vedova: Notes on Theon of Smyrna. In: The American Mathemathical Monthly 58, 1951, S. 675–683

Anmerkungen

  1. Siehe zu Theons Verständnis dieses Verfahrens Árpád Szabó: Anfänge der griechischen Mathematik, München 1969, S. 272-275; David H. Fowler: The Mathematics of Plato's Academy, Oxford 1987, S. 58f., 100-104.
  2. Platon: Politeia 546b-d.