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O alte Burschenherrlichkeit

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O alte Burschenherrlichkeit ist die erste Zeile (und der spätere Titel) eines in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstandenen Studentenliedes, in dem das Studentenleben der Zeit rückblickend aus der Sicht eines bereits Berufstätigen beschrieben wird, der wehmütig an seine Jugendjahre zurückdenkt.

Dieser Titel ist aufgrund der Popularität des Liedes im 19. und 20. Jahrhundert zu einem geflügelten Wort geworden, mit dem die Studentenjahre in der besonderen Ausprägung der für Mitteleuropa typischen studentischen Kultur umschrieben werden, wie sie heute nur noch von den Studentenverbindungen gepflegt wird. So findet man diesen Ausdruck als Buchtitel, als Titel von Tonträgern und eines Kinofilms aus den 1920er Jahren. Auch werden Bilder und Grafiken, die das traditionelle Studentenleben behandeln, gern mit diesem Titel versehen.

Das Lied ist heute fester Bestandteil des von Studentenverbindungen gesungenen Repertoires von Studentenliedern und im Allgemeinen Deutschen Kommersbuch abgedruckt.

Heutiger Text

Datei:Mühlberg - O alte Burschenherrlichkeit.jpg
Georg Mühlberg - O alte Burschenherrlichkeit: Alte Herren einer Studentenverbindung denken beim Trinken und Singen an ihre Jugendzeit zurück.
O alte Burschenherrlichkeit,
Wohin bist du entschwunden,
Nie kehrst du wieder goldne Zeit,
So froh und ungebunden!
Vergebens spähe ich umher,
Ich finde deine Spur nicht mehr.
O jerum, o quae mutatio rerum
Den Burschenhut bedeckt der Staub,
Es sank der Flaus in Trümmer,
Der Schläger ward des Rostes Raub,
Erblichen ist sein Schimmer.
Verklungen der Kommersgesang,
Verhallt Rapier- und Sporenklang.
O jerum, o quae mutatio rerum
Wo sind sie, die vom breiten Stein
Nicht wankten und nicht wichen,
Die ohne Moos bei Scherz und Wein,
Den Herrn der Erde glichen?
Sie zogen mit gesenktem Blick
In das Philisterland zurück.
O jerum, o quae mutatio rerum
Da schreibt mit finsterem Amtsgesicht
Der eine Relationen.
Der andere seufzt beim Untericht,
Und der macht Rezensionen;
Der schilt die sünd'ge Seele aus
Und der flickt ihr verfallnes Haus.
O jerum, o quae mutatio rerum
Allein das rechte Burschenherz
Kann nimmermehr erkalten,
Im Ernste wird, wie hier im Scherz,
Der rechte Sinn stets walten;
Die alte Schale nur ist fern,
Geblieben ist uns doch der Kern,
|: Und den lasst fest uns halten. :|
Drum Freunde reichet euch die Hand,
Damit es sich erneure,
Der alten Freundschaft heil'ges Band,
Das alte Band der Treue.
Klingt an und hebt die Gläser hoch,
Die alten Burschen leben noch,
|: Noch lebt die alte Treue. :|


Überlieferungsgeschichte

Der erste gedruckte Beleg für das Lied findet sich in der Berliner Zeitschrift „Der Freimüthige oder Unterhaltungsblatt für gebildete, unbefangene Leser, herausgegeben von Dr. August Kuhn“ vom 9. August 1825 unter dem Titel „Rückblicke eines alten Burschen“.

Bei der 350jährigen Jubiläumsfeier der Universität Marburg im Jahre 1877 erklärte sich der Marburger Burschenschafter Sanitätsrath Dr. med. Eugen Höfling zum Verfasser dieses Liedes. Er sagte, er habe das Lied zwischen den Jahren 1830 oder 1839 verfasst und zuerst in der Frankfurter Didaskalia („Didaskalia oder Blätter für Geist, Gemüth und Publizität.“ Frankfurt a. M., 1. Jahrgang 1823) veröffentlicht.

Das wird aber von Historikern bezweifelt, zuerst von Wilhelm Erman, der im Wintersemester 1890/1891 die Wiederentdeckung der Erstveröffentlichung von 1825 publizierte. Zum Zeitpunkt dieser Erstveröffentlichung war Höfling (geb. am 15. Oktober 1808, gestorben 21. Juli 1880) sechzehnjähriger „Lyzeist“, also Schüler am Gymnasium, in seiner Heimatstadt Fulda. Es wird als unwahrscheinlich angesehen, dass ein Unterprimaner aus Mittelhessen eine so reife Dichtung mit so großer Publikumswirkung zu einem Thema verfassen kann, das die Betrachtungsweise eines älteren Herrn erfordert, und sie dann anonym in Berlin veröffentlicht. Höfling hatte auch zugegeben, dass ihm zu Schülerzeiten das studentische Leben noch vollkommen fremd gewesen war. Außerdem gibt es im Text Hinweise auf eine Entstehung in Halle an der Saale oder in einer anderen Universitätsstadt im preußischen Herrschaftsgebiet. Höfling hat erst Jahre nach der Erstveröffentlichung studiert und zwar in Marburg und Würzburg. Trotzdem gilt Höfling in vielen Veröffentlichungen weiter als Autor. In Marburg. Eschwege und Fulda befinden sich Gedenktafeln für Höfling als Liederdichter, die letzte wurde 1983 enthüllt.

Siehe auch: Liste verbindungsstudentischer Begriffe


Burschenschafter und Demokrat im 19. Jahrhundert]