Polardiagramm (Strömungslehre)
Ein Polardiagramm (kurz: Polare) ist in der Strömungslehre eine grafische Darstellung der sich bei einem angeströmten Körper einstellenden Beiwerten für verschiedene Anstellwinkel. Diese Darstellung wurde von Otto Lilienthal entwickelt, um die aerodynamischen Eigenschaften von Flügeln zu beurteilen. Das Polardiagramm wird bis heute für die Charakterisierung von Profilen und Flugzeugen eingesetzt.
Lilienthalpolare

Das eigentliche Polardiagramm, die sogenannte Lilienthalpolare ist eine Abtragung des Auftriebskoeffizienten an der Ordinate (vertikale Achse) über den Widerstandskoeffizienten an der Abszisse (horizontale Achse). Neben dieser Widerstandspolare existiert auch die Momentenpolare. Bei dieser ist der Auftriebskoeffizient über den Momentenkoeffizient abgetragen. Für verschiedene Anstellwinkel werden bei konstanter Reynolds-Zahl die jeweils gemessenen Koeffizienten im Diagramm abgetragen und eine Kurve durch die Messpunkte gelegt. Die Strecke zwischen Koordinatenursprung und einem Punkt auf dieser Kurve wird als Polstrahl bezeichnet.
Bei der Widerstandspolare ist der Kehrwert des Anstiegs des Polstrahls die Gleitzahl E für den jeweiligen Punkt. Der Winkel zwischen Ordinate und Polstrahl ist der Gleitwinkel , der maßstabsbedingt meist nicht direkt aus dem Diagramm ablesbar ist und sich daher über die Winkelbeziehung 1/E ergibt. Auf die Kurve kann von oben eine Ursprungstangente gelegt werden. Der auf dieser Tangente liegende Polstrahl zeigt auf den Punkt mit der höchsten Gleitzahl.
Widerstandspolaren erlauben einen anschaulichen Rückschluss auf die aerodynamische Güte eines Körpers. Beispielsweise ist bei Tragflügelprofilen im Segelflugzeugbau das Einsatzgebiet, Schnellflug oder guten Thermikeigenschaften, anhand des Kurvenverlaufs deutlich ersichtlich.
Aufgelöste Polare

Bei aufgelösten Polaren erfolgt die Darstellung der Kraftkoeffizienten an der Ordinate über den Anströmwinkel an der Abszisse. Weit verbreitet ist die aufgelöste Polardiagramm von Auftriebskoeffizienten zum Anstellwinkel . Charakteristisch ist ein nahezu linearer Verlauf bei kleinen Anstellwinkeln, bei symmetrischen Flügelprofilen durch den Koordinatenursprung. Der Verlauf neigt sich bei hohen Anstellwinkeln, läuft durch den Scheitelpunkt und fällt daraufhin, im sogenannten überzogenen Flugzustand, wieder ab. Der Verlauf um diesen Scheitelpunkt, den maximal erreichbaren Auftriebskoeffizient, charakterisiert das Abrissverhalten eines Flügelprofils oder Flugzeuges.
Aufgelöste Polaren verdeutlichen den Einfluss von Größen wie beispielsweise der Reynolds-Zahl oder Formparametern wie beispielsweise Auftriebshilfen und Oberflächenbeschaffenheit auf den Kräfte- und Momentenhaushalt eines angeströmten Körpers. Bei bodengebundenen Fahrzeugen ist beispielsweise der Seitenwindeinfluss auf die Fahrstabilität entscheidend.
Literatur
- Götsch, Ernst - Luftfahrzeugtechnik, Motorbuchverlag, Stuttgart 2003, ISBN 3-613-02006-8