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Al-Shabaab (Terrororganisation)

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al-Shabaab (arabisch „die Jugend“) oder Hizbul Shabaab („Partei der Jugend“) ist eine islamistische militante Bewegung in Somalia. Sie ging aus dem radikalen und militanten Flügel der Union islamischer Gerichte hervor, die Anfang 2007 entmachtet wurde. Sie kämpft im somalischen Bürgerkrieg gegen die Übergangsregierung Somalias und die bis Anfang 2009 im Land stationierten äthiopischen Truppen. Ihr Ziel ist die Errichtung eines islamischen Staates mit strikter Durchsetzung der Schari'a.

Geschichte

al-Shabaab wurde 1998 von Hassan Dahir Aweys, der als Vertreter einer radikalen Haltung gilt, als besonders gut ausgebildete und ausgerüstete Miliz der Union islamischer Gerichte gegründet. Bis 2004 soll sie etwa 400 vorwiegend junge Kämpfer umfasst haben, die einem radikalen Islam anhingen. Ihr Anführer war Aden Hashi Ayro, der ein Ausbildungslager der al-Qaida in Afghanistan besucht haben soll. Die al-Shabaab führte politische Morde an Gegnern der Islamisten durch. Dabei soll sie sich zusehends der Kontrolle der übrigen Union islamischer Gerichte entzogen haben und zu einer eigenständigen, radikalen Gruppierung geworden sein.

In der zweiten Jahreshälfte 2006 erlangte die Union islamischer Gerichte die Kontrolle über die Landeshauptstadt Mogadischu und weitere Teile Somalias. Beim darauffolgenden Einmarsch Äthiopiens und der Entmachtung der Union im Dezember 2006 erlitt al-Shabaab schwere Verluste. Sie formierte sich jedoch in Mogadischu neu.[1]

Gegenwart

2008 ist al-Shabaab in Mogadischu und weiteren Teilen Süd- und Zentralsomalias aktiv. Sie soll einige Hundert Zellen mit bis zu 7.000 vorwiegend jungen Kämpfern umfassen.

Ziele der al-Shabaab sind der Abzug Äthiopiens und die Errichtung eines islamischen Staates mit vollumfänglicher Umsetzung der Schari'a. Sie beansprucht die Führung innerhalb des somalischen Widerstandes gegen Äthiopien und die Übergangsregierung und lehnt Friedensverhandlungen mit den Gegnern ab.

Im März 2008 wurde al-Shabaab in die US-amerikanische Liste von Terrororganisationen aufgenommen. Sie selbst begrüßte dies ausdrücklich, da sie sich dadurch „auf dem richtigen Weg“ bestärkt fühle und hoffe, dadurch für islamistische Kämpfer aus dem Ausland attraktiver zu werden.

In der Nacht auf den 1. Mai 2008 wurde Aden Hashi Ayro bei einem US-Luftangriff in Dhuusamarreeb getötet. Sein Nachfolger wurde Mukhtar Robow.

al-Shabaab beansprucht die Führung innerhalb des somalischen Widerstandes gegen Äthiopien und die Übergangsregierung. Dabei kam es im Oktober 2008 zunehmend zu Konfrontationen mit der Allianz für die Wiederbefreiung Somalias (ARS), die aus übrigen (gemäßigten, weniger radikalen) Teilen der Union islamischer Gerichte entstanden ist. Während die ARS Friedensgespräche mit der Übergangsregierung führte, um auf friedlichem Weg einen Abzug Äthiopiens zu erreichen, besteht al-Shabaab auf der Fortführung des bewaffneten Kampfes.[2] Auch nach dem Abzug Äthiopiens und der Wahl des gemäßigten Islamisten Sharif Sheikh Ahmed von der ARS zum neuen Präsidenten im Januar 2009 will sie die Übergangsregierung weiter bekämpfen.[3]

Am 29. Oktober 2008 wurden in den Gebieten Somaliland und Puntland in Nordsomalia nahezu gleichzeitig mehrere Selbstmordattentate in den Städten Hargeisa und Boosaaso verübt. Dieser richteten sich gegen den Präsidentenpalast, das äthiopische Handelsbüro und das Büro des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen. Niemand bekannte sich zu diesen Anschlägen. Es wurde jedoch meist angenommen, dass al-Shabaab sie durchgeführt habe, um diese beiden weitgehend autonomen und vom Bürgerkrieg unberührten Gebiete, die gute Beziehungen zu Äthiopien unterhalten, zu destabilisieren.[4][5][6]

Herrschaft über Teile Südsomalias

al-Shabaab hat bis Ende 2008 die Kontrolle über Teile Südsomalias übernommen, so in den Regionen Gedo, Mittel- und Unter-Jubba, in vielen Ortschaften der Region Hiiraan und in weiten Teilen der Hauptstadt Mogadischu (wo Äthiopien und die Übergangsregierung nur mehr den Hafen, den Flughafen, den Präsidentenpalast und einige Militärlager kontrollierten). In weiteren Gebieten ist al-Shabaab militärisch präsent.[7] Nach dem Abzug der äthiopischen Truppen nahm sie im Januar 2009 auch den Regierungssitz Baidoa ein.[3]

In den von ihr beherrschten Landesteilen hat al-Shabaab im Rahmen ihrer Durchsetzung der Schari'a mehrere öffentliche Hinrichtungen, Auspeitschungen und Amputationen durchgeführt. Für Aufsehen sorgte insbesondere die Steinigung eines 13-jährigen Mädchens in Kismaayo, dem Ehebruch vorgeworfen wurde. Gemäß Verwandten war das Mädchen vergewaltigt worden und hatte diese Tat bei den Sicherheitskräften der al-Shabaab anzeigen wollen, wurde daraufhin jedoch inhaftiert, des unehelichen Geschlechtsverkehrs beschuldigt und öffentlich hingerichtet.[8] Am 25. Juni 2009 wurde nach einem entsprechenden Urteil eines al-Shabaab-Gerichtshofs in Mogadischu vier jungen Männern wegen Diebstahls je eine Hand und ein Fuß amputiert.[9] Bereits im Mai hatte es eine Handamputation wegen Diebstahls in Kismaayo gegeben.[10]

Personen, die der Kontakte oder der Kooperation mit Äthiopien und der Übergangsregierung verdächtigt werden, wurden in den von al-Shabaab kontrollierten Gebieten zum Ziel von Drohungen und Angriffen.[7] Im Januar 2009 wurde ein örtlicher Politiker in Kismaayo wegen „Abfalls vom Islam“ hingerichtet, da er mit dem Kriegsherrn Barre Adan Shire Hiiraale zusammengearbeitet hatte, der seinerseits mit Äthiopien kooperierte.[11]

al-Shabaab wendet sich auch gegen die in Somalia übliche Heiligenverehrung und hat Schreine von islamischen Heiligen in Südsomalia zerstört.[3] Dieses Vorgehen sorgte für Unmut in der Bevölkerung und trug dazu bei, dass sich eine gemäßigt-islamistische, sufistische Gruppierung namens Ahlu Sunnah Wal Jama formiert hat, um al-Shabaab zu bekämpfen.[12] Diese Gruppe hat namentlich Dhuusamarreeb in Zentralsomalia von al-Shabaab zurückerobert.[13]

In größerem Umfang als andere Kriegsparteien soll al-Shabaab Kinder und Jugendliche als Kämpfer rekrutieren.[14]

Unterstützung aus dem Ausland

al-Shabaab rekrutiert auch Islamisten aus dem Ausland. Neben zurückgekehrten Exil-Somaliern aus den USA (darunter die von der Übergangsregierung getöteten US Staatsbürger somalischer Herkunft Shirwa Ahmed oder Jamal Bana[15]) sollen vor allem Pakistaner[16], ferner auch Afghanen und Tschetschenen an ihrer Seite kämpfen[14]. US Nachrichtendienste vermuten ein geheimes Netz, das Kämpfer in al-Shabaab angezogen hat und berichten, dass Dutzende in Minneapolis (der die Hälfte aller Somalier in den USA beherbergt) wohnender Somalier entschwunden seien[15].

Eritrea, das mit Äthiopien verfeindet ist, soll al-Shabaab mit Waffenlieferungen untertützt haben. Die eritreische Regierung hat diese Vorwürfe zurückgewiesen.[17]

Einzelnachweise

  1. Ken Menkhaus: Zum Verständnis des Staatsversagens in Somalia: Interne und externe Dimensionen, in: Heinrich-Böll-Stiftung (Hrsg.): Somalia – Alte Konflikte und neue Chancen zur Staatsbildung, 2008 (S. 46–47)
  2. Garowe Online: Somalia: Islamic Courts, al Shabaab 'on verge of war'
  3. a b c BBC News: Somali president faces tough task
  4. BBC News: Deadly car bombs hit Somaliland
  5. Garowe Online: Somalia: Somaliland police search for clues after terror attacks
  6. Garowe Online: Somaliland govt blames al Shabaab for suicide bombings
  7. a b BBC News: Somalis grow fearful of Islamists
  8. Amnesty International: Somalia: Girl stoned was a child of 13
  9. taz.de: Rabiate Justiz der Islamisten
  10. BBC News: Somali justice - Islamist-style
  11. BBC News: Somali executed for 'apostasy'
  12. BBC News: Somali rage at grave desecration
  13. New York Times: For Somalia, Chaos Breeds Religious War
  14. a b BBC News: Alarm over Somalia's child soldiers
  15. a b American militant killed in Somalia, Press TV
  16. BBC News: Meeting Somalia's al-Shabab
  17. Eritrea govt rejects allegations of importing weapons to Somalia. In: Garowe Online. 4. Mai 2009, abgerufen am 29. Juli 2009 (engl.).