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Septuaginta

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Die Septuaginta ist die altgriechische Übersetzung der hebräischen Bibel - des späteren Tanach - und die älteste durchgehende Bibelübersetzung. Sie entstand zwischen etwa 250 v. Chr. bis 100 n. Chr. im hellenistischen Judentum, vorwiegend in Alexandria.

Name

Das römische Zahlwort „Septuaginta“ für 70 folgt der griechischen Eigenbezeichnung ΚΑΤΑ ΤΟΥΣ ΕΒΔΟΜΗΚΟΝΤΑ (Kata tous Hebdomêkonta = „nach den Siebzig“). So wird diese Bibelübersetzung seit dem legendarischen Aristeasbrief (um 130 v. Chr.) traditionell genannt. Danach übersetzten 72 jüdische Gelehrte in Alexandria die Tora (fünf Bücher Mose) in 72 Tagen aus dem Hebräischen ins Griechische. Die Zahl 72 wurde auf 70 abgerundet. Die Septuaginta und wird oft mit lateinischen Zahlen als LXX (50+10+10=70) oder dem Buchstaben G abgekürzt.

Bis 100 wurde dieser Name auf alle griechischen Erstübersetzungen biblischer Bücher, bis 200 auch auf Griechisch abgefasste heilige Schriften des Judentums ausgedehnt. Vor allem das Christentum bezog den Namen auf die Sammlung aller griechischsprachigen jüdischen heiligen Schriften, die sie als ihr Altes Testament übernahm.

Sprache

Die Sprache der Septuaginta bewegt sich im Rahmen der damals gängigen griechischen Alltagssprache, der Koine. Allerdings weist die Septuaginta zahlreiche „Hebraismen“ auf (griechische Formulierungen, die der Syntax der hebräischen Übersetzungvorlage nachgebildet wurden). Je nach Buch ist die Dichte dieser Hebraismen aber sehr unterschiedlich. Einige Bücher der Septuaginta sind ausgesprochen ausgangssprachlich übersetzt und weisen viele Hebraismen auf (z.B. das Richterbuch, die Samuel- und Königsbücher), andere dagegen sind recht frei übertragen und weisen daher eine bessere griechische Stilistik auf (z.B. Genesis und Exodus).

Kanon

Buchnamen und Anordnung

griechisch lateinisch
ΓΕΝΕΣΙΣ Genesis
ΕΞΟΔΟΣ Exodus
ΛΕΥΙΤΙΚΟΝ Levitikus
ΑΡΙΘΜΟΙ Numeri
ΔΕΥΤΕΡΟΝΟΜΙΟΝ Deuteronomium
ΙΗΣΟΥΣ Josua
ΚΡΙΤΑΙ Richter
ΡΟΥΘ Rut
ΒΑΣΙΛΕΙΩΝ Α 1. Buch der König(reich)e (1Sam)
ΒΑΣΙΛΕΙΩΝ Β 2. Buch der König(reich)e (2Sam)
ΒΑΣΙΛΕΙΩΝ Γ 3. Buch der König(reich)e (1Kön)
ΒΑΣΙΛΕΙΩΝ Δ 4. Buch der König(reich)e (2Kön)
ΠΑΡΑΛΕΙΠΟΜΕΝΩΝ Α 1. Buch Paralipomenon
/der ausgelassenen Dinge
(1Chron)
ΠΑΡΑΛΕΙΠΟΜΕΝΩΝ Β 2. Buch Paralipomenon
/der ausgelassenen Dinge
(2Chron)
ΕΣΔΡΑΣ Α 1. Buch Esdras
(sonst: 3. Buch Esra)
ΕΣΔΡΑΣ Β 2. Buch Esdras
(sonst: 1. und 2. Esra/Esra und Nehemia)
ΕΣΘΗΡ Ester
ΙΟΥΔΙΘ* *Judit
ΤΩΒΙΤ* *Tobit (Tobias)
ΜΑΚΚΑΒΑΙΩΝ Α* *1. Buch der Makkabäer
ΜΑΚΚΑΒΑΙΩΝ Β* *2. Buch der Makkabäer
ΜΑΚΚΑΒΑΙΩΝ Γ* *3. Buch der Makkabäer
ΜΑΚΚΑΒΑΙΩΝ Δ* *4. Buch der Makkabäer
ΨΑΛΜΟΙ Psalmen
ΩΔΑΙ*
(darin ΠΡΟΣΕΥΧΗ ΜΑΝΑΣΣΗ)
*Oden
(mit Gebet des Manasse)
ΠΑΡΟΙΜΙΑΙ Sprüche
(Sprichwörter, Sprüche Salomos)
ΕΚΚΛΗΣΙΑΣΤΗΣ Ecclesiastes
(Kohelet, Prediger)
ΑΣΜΑ Hohes Lied
ΙΩΒ Job
(Ijob, Hiob)
ΣΟΦΙΑ ΣΟΛΟΜΩΝΤΟΣ* *Weisheit Salomos
ΣΟΦΙΑ ΣΕΙΡΑΧ* *Jesus Sirach
(Ecclesiasticus)
ΨΑΛΜΟΙ ΣΟΛΟΜΩΝΤΟΣ* *Psalmen Salomos
ΩΣΗΕ Osee (Hosea)
ΑΜΩΣ Amos
ΜΙΧΑΙΑΣ Michäas (Micha)
ΙΩΗΛ Joel
ΟΒΔΙΟΥ Abdias (Obadja)
ΙΩΝΑΣ Jonas (Jona)
ΝΑΟΥΜ Nahum
ΑΜΒΑΚΟΥΜ Habakuk
ΣΟΦΟΝΙΑΣ Sophonias (Zefanja)
ΑΓΓΑΙΟΣ Aggäus (Haggai)
ΖΑΧΑΡΙΑΣ Zacharias (Sacharja)
ΜΑΛΑΧΙΑΣ Malachias (Maleachi)
ΗΣΑΙΑΣ Isaias (Jesaja)
ΙΕΡΕΜΙΑΣ Jeremias (Jeremia)
ΒΑΡΟΥΧ* *Baruch
ΘΡΗΝΟΙ* *Klagelieder (...Jeremias)
ΕΠΙΣΤΟΛΗ ΙΕΡΕΜΙΟΥ* *Brief des Jeremia
ΙΕΖΕΚΙΗΛ Ezechiel (Hesekiel)
ΣΩΣΑΝΝΑ* *Susanna (...im Bade)
ΔΑΝΙΗΛ Daniel (mit Zusätzen)

Verhältnis zu anderen Kanonici

Hauptartikel: Bibelkanon

Die Septuaginta enthält alle Bücher des Tanach, die sowohl Juden als auch Christen als kanonisch anerkennen. Sie enthält zudem einige Bücher und Zusätze, die im Judentum nicht zum Bibelkanon gehören, weil ihre hebräischen Vorlagen entweder verloren sind oder sie auf Griechisch verfasst wurden.

Die römisch-katholische Kirche erkennt die LXX-Zusätze zu Ester und Daniel, die Bücher Tobit, Judit, die ersten beiden Makkabäerbücher, Jesus Sirach, Weisheit Salomos, Baruch und den Brief des Jeremia als deuterokanonische Schriften an. Das 3. und 4. Makkabäerbuch sowie das 1. (für sie 3.) Buch Esdras erkennt sie nicht an. Das 2. Buch Esdras unterteilt sie in die Bücher Esra und Nehemia.

Die meisten orthodoxen Kirchen haben die deuterokanonisch genannten Bücher als Anaginoskomena in ihren Kanon aufgenommen, zusätzlich auch das 1. Buch Esdras und das 3. Makkabäerbuch. In einigen orthodoxen Kirchen werden auch das Buch der Oden, die Psalmen Salomos, das 3. und 4. Buch der Makkabäer, das Gebet Manasses und ein 4. Buch Esra als kanonisch anerkannt.

Der Protestantismus hat nur die Bücher des Tanach in seinen Bibelkanon übernommen. In den lutherischen Kirchen gelten die deuterokanonisch genannten Zusätze und Bücher sowie das Gebet Manasses als Apokryphen, die in ihren Bibelausgaben oft als Anhang mit abgedruckt werden. In den reformierten Kirchen werden grundsätzlich nur die Bücher der Hebräischen Bibel anerkannt und in ihren Bibelausgaben abgedruckt.

Die LXX ordnet die biblischen Bücher nicht wie der Tanach in drei Hauptteile ein, die einen abgestuften Offenbarungsrang zeigen, sondern stellt sie nach ihren literarischen Gattungen zusammen. Dabei trennt sie Geschichtsbücher, die der Tora folgen und im Tanach als Nevi'im gelten, von Prophetenbüchern. Poetische und weisheitliche Bücher, die im Tanach überwiegend im dritten Hauptteil stehen und als Ketubim gelten, rücken also in der LXX vor die Schriftpropheten. Zudem gehen dort die „kleinen“ den „großen“ Propheten voraus und werden nicht wie im Tanach als ein gemeinsames Zwölfprophetenbuch, sondern als einzelne Bücher gezählt. Somit bilden die großen Prophetenbücher in der LXX das Kanonende.

Alle christlichen Konfessionen haben die so entstandene Vierteilung des Kanons in Pentateuch, Geschichtsbücher, Weisheits- und Prophetenbücher, die Abfolge dieser Teile sowie die Binnenreihe jedes Hauptteils weitgehend von der LXX übernommen, aber die „kleinen“ hinter die „großen“ Propheten gestellt und sie damit den Geschichtsbüchern wieder angenähert.

Textgeschichte

Übersetzung der Tora

Der Text der Septuaginta geht nicht auf einen einzigen Übersetzer oder eine einzige Übersetzergruppe zurück. Vielmehr weichen Stil und Genauigkeit der Übersetzung in den einzelnen Büchern so weit voneinander ab, dass eine unabhängige Entstehung der einzelnen Teile der Übersetzung angenommen werden muss. In der Regel wurde ein biblisches Buch von einem Übersetzer bearbeitet.

Als erstes wurde um 250 v. Chr. – in der Regierungszeit von Ptolemaios II. – nur der Pentateuch übersetzt. Die übrigen Bücher folgten nach und nach. Im Vorwort zur griechischen Übersetzung von Jesus Sirach (ca. 132 v. Chr.) ist die Rede von einer griechischen Übersetzung „des Gesetzes, der Propheten und der übrigen Bücher“. Aus dieser Aussage geht hervor, dass zu dieser Zeit das gesamte Alte Testament in seiner damaligen Gestalt - der Umfang der „übrigen Bücher“ (Ketubim) war womöglich noch fließend - in griechischer Übersetzung vorlag.

Wichtige Handschriften

Eine der ältesten Handschriften, die die Septuaginta vollständig enthält, ist der Codex Sinaiticus aus dem 4. nachchristlichen Jahrhundert. Dieser Codex ist eine griechische Bibelausgabe mit Altem und Neuem Testament und bietet für das Alte Testament den Text der Septuaginta. Gleiches gilt für den ebenfalls aus dieser Zeit stammenden Codex Vaticanus und den etwas später zu datierenden Codex Alexandrinus.

Textkritik

Verhältnis zum Masoretischen Text

Die Septuaginta ist eine Übersetzung der hebräischen Bibel. Bemerkenswert ist, dass die Septuaginta an zahlreichen Punkten vom heute gebräuchlichen hebräischen Bibeltext, dem Masoretischen Text, abweicht. Der auffallendste Unterschied ist dabei zunächst der unterschiedliche Umfang des Kanons: Der Masoretische Text hat viele der in der Septuaginta vertretenen Schriften nicht in seinen Kanon aufgenommen (zu Einzelheiten s.u.). Es gibt aber auch zahlreiche Abweichungen bei den identischen Büchern, wobei Art und Umfang der Abweichungen von Buch zu Buch unterschiedlich sind. Große Unterschiede finden sich etwa im Buch Jeremia, wo der Text der Septuaginta eine grundlegend andere Anordnung hat als der heute gebräuchliche hebräische Text und um etwa ein Siebtel kürzer ist. In den Samuelbüchern hat die Septuaginta oft Lesarten, die sich mit den Qumranfunden decken; es fehlen aber auch ganze Textabschnitte im Vergleich zum längeren Masoretischen Text. Letzteres gilt in kleinerem Umfang auch für das Buch Exodus. Gering sind die Unterschiede dagegen z. B. im Buch Jesaja: Hier fehlen nur wenige Verse des masoretischen Textes im griechischen Text.

Eine seit der Reformationszeit verbreitete Erklärung der Unterschiede war, dass sich die Übersetzer um 200 v. Chr. viele Freiheiten herausgenommen hätten bzw. den Text sogar verfälschend und entstellend wiedergegeben hätten. Diese Sichtweise wird seit den Qumranfunden allerdings kaum mehr vertreten. Denn die Qumranrollen bezeugen sehr oft einen hebräischen Bibeltext, der von der heute bekannten hebräischen Fassung (Masoretischer Text) abweicht, aber mit der Septuaginta übereinstimmt. Das legt die Annahme nahe, dass die Übersetzer der Septuaginta auf Basis einer anderen, älteren Textgrundlage gearbeitet haben. Der Grund für die Unterschiede ist demnach in der hebräischen Textgeschichte zu suchen: Die hebräischen Texte wurden nach ihrer Übersetzung ins Griechische noch verändert und haben erst nach 200 v. Chr. ihre heute bekannte Fassung bekommen. Diese These bestätigt sich auch durch Beobachtungen am Masoretischen Text, so etwa daran, dass die zusätzlichen Abschnitte der masoretischen Samuelbücher literarkritisch als spätere Einfügungen oder die zusätzlichen Texte des masoretischen Jeremiasbuchs als systematische und gezielte Ergänzungen erkennbar sind.

Für die textkritische Arbeit am hebräischen Text ist festzuhalten, dass (entgegen einer immer noch weit verbreiteten Ansicht) dem Masoretischen Text keinesfalls ein genereller Vorzug gegenüber Lesarten der Septuaginta gegeben werden kann.

Verhältnis zu Qumrantexten

Besonders deutlich wird dies durch die Funde der Schriftrollen vom Toten Meer. Diese stimmen zwar oft mit Masoretischem Text und Septuaginta überein; in etlichen Fällen haben sie jedoch gemeinsam mit der Septuaginta die gleiche Lesart gegen den Masoretischen Text. Dies macht es wahrscheinlich, dass die Septuaginta an diesen Stellen ursprünglichere hebräische Lesarten überliefert hat und erlaubt den Schluss, dass dies auch bei vielen derjenigen Unterschiede zwischen Septuaginta und Masoretischem Text gilt, für die es kein Vergleichsmaterial aus Qumran gibt. Neuere katholische Bibelübersetzungen, wie z. B. die deutsche Einheitsübersetzung, greifen teilweise auf Lesarten der Septuaginta zurück, um einen korrupten (entstellten) oder unklaren hebräischen Text zu korrigieren bzw. zu interpretieren oder um einen ursprünglicheren hebräischen Text wiederzugeben (z. B. in 1. Samuel 1,9).

Im Übrigen bietet die Septuaginta oft die einzige Möglichkeit, die Wortbedeutung sonst nicht belegter Vokabeln (Hapax legomena) des hebräischen Textes zu übersetzen, denn im Vergleich zum Althebräischen ist das Altgriechische eine besser überlieferte Sprache mit umfangreicheren Vergleichsmöglichkeiten.

Verhältnis zu Revisionen

Ein wesentliches Problem der textkritischen Verwendung der Septuaginta liegt in den verschiedenen Revisionen, denen sie unterzogen wurde (s.o.): Bevor die Septuaginta für die Textkritik des hebräischen Textes eingesetzt werden kann, muss zunächst ihr eigener ursprünglicher Wortlaut hergestellt werden, d.h. es muss Textkritik der Septuaginta erfolgen. Den ursprünglichen Wortlaut der Septuaginta wissenschaftlich fundiert herzustellen, ist die Aufgabe des von Alfred Rahlfs und Rudolf Smend gegründeten Göttinger Septuaginta-Unternehmens, dessen kritische Ausgabe inzwischen für etwa zwei Drittel der Bibelbücher erschienen ist.

Rezeption im Judentum

Hellenistisches Judentum

Die Septuaginta wurde zur Gebrauchsbibel der hellenistischen Juden und wurde im Synagogengottesdienst verwendet. Allerdings verlor sie nach der Tempelzerstörung (70 n. Chr.) mehr und mehr an Einfluss. Denn nach dem Verlust seiner zentralen Kultstätte konzentrierte sich das Judentum auf seine Heilige Schrift als Zentrum der Religion. In diesem Zusammenhang kam eine breite Bewegung auf, die den hebräischen Text als kanonische Norm durchzusetzen versuchte und darum bemüht war, einen einheitlichen hebräischen Text herzustellen (den Masoretischen Text) und die anderen hebräischen Texttypen sowie die griechische Übersetzung außer Gebrauch zu bringen. Da diese Bemühungen im Laufe der ersten nachchristlichen Jahrhunderte Erfolg hatten, versiegte im Judentum die Überlieferung verschiedener hebräischer Texttypen (wie sie noch in Qumran zu finden sind) zugunsten des Masoretischen Textes ebenso wie die Überlieferung der Septuaginta.

Revisionen

Bereits um die Zeitenwende herum lassen sich die Anfänge dieser Konzentration auf den masoretischen Texttypus beobachten: Aus dieser Zeit sind jüdische Revisionen der Septuaginta erhalten, die den Septuagintatext an den Wortlaut des entstehenden Masoretischen Texttypus annähern. Das älteste erhaltene Dokument dieser Revisionsarbeit ist die griechische Zwölfprophetenrolle, die in einer Höhle in Nahal Hever am Toten Meer gefunden wurde. Sie hat den Septuaginta-Text in Form der sogenannten Kaige-Rezension (die außerdem noch für das Richterbuch und für Teile der Samuel- und Königebücher erhalten sind).

Eine andere Möglichkeit der Angleichung an den hebräischen Text bestand in Neuübersetzungen, wie sie später unter anderen Aquila[1], Symmachos und Theodotion unternahmen. Alle drei Übersetzer zeichnen sich gegenüber der Septuaginta durch eine große Nähe zum masoretischen Text aus; besonders Theodotion benutzte dabei die Septuaginta als Vorlage und steht ihr recht nahe. Leider sind diese Neuübersetzungen, die Origenes in seine Hexapla aufnahm, nur bruchstückhaft überliefert. Sie sind eines der letzten Zeugnisse dafür, wie das antike Judentum am Alten Testament in griechischer Sprache arbeitete, bevor der hebräische Text in seiner masoretischen Form zum allein gültigen Kanon wurde.

Rezeption im Christentum

Aufnahme im Neuen Testament

Die Schriftsteller des Neuen Testaments nehmen nur in einigen Büchern (Lukasevangelium, Apostelgeschichte) den hebraistischen Stil der Septuaginta auf. Ansonsten hat das Griechisch im Neuen Testament für jeden der Schriftsteller einen typischen, eigenen Charakter, da es sich um griechische Originaltexte und nicht um Übersetzungen handelt. Die oft vorgenommene Zusammenfassung des Septuaginta-Griechisch und des Griechisch des Neuen Testaments unter dem Stichwort Bibelgriechisch ist daher nicht sachgemäß.

Viele der Zitate des Alten Testaments, die sich im Neuen Testament finden, sind der Septuaginta entnommen, wobei Abweichungen im Detail oft darauf hinweisen, dass die Schriftsteller aus dem Gedächtnis zitierten.

Alte Kirche

Da ein Großteil des Urchristentums aus dem griechischsprachigen Judentum hervorging (die sogenannten Hellenisten; vgl. Apostelgeschichte 6), verwundert es nicht, dass das Alte Testament von den Verfassern des Neuen Testamentes meist nach der Septuaginta zitiert wurde. Auch die meisten Kirchenväter zitierten das Alte Testament nach der Septuaginta, denn nur wenige Kirchenväter waren des Hebräischen überhaupt mächtig. Zudem wurde so die christlicherseits postulierte Einheit des Alten Testaments mit dem auf Griechisch abgefassten Neuen Testament stärker deutlich.

Auch Streitgespräche mit dem Judentum oder Polemiken gegen das Judentum nahmen in der Regel den Text der Septuaginta als Basis für ihre Auseinandersetzung. Dies trug mit dazu bei, dass sich die Juden von der Septuaginta ab- und dem hebräischen Text zuwandten, führte aber auch dazu, dass Origenes seine große philologische Arbeit (die Hexapla) erstellte, um die Streitfragen über den Text wissenschaftlich zu klären.

Revisionen

Wie im Judentum, so gab es auch christlicherseits Revisionen des Septuaginta-Textes. Zahlreich überliefert sind hexaplarische Rezensionen, die den Septuaginta-Text (angeregt von der Hexapla des Origenes) an den masoretischen Text annähern. Eine womöglich die Septuaginta als ganze umfassende Rezension (und somit eine Neuedition) ist die antiochenische oder lukianische Rezension, die sich vor allem durch stilistische Glättungen auszeichnet.

Kirchlicher Gebrauch

Die Septuaginta ist in den Ostkirchen auch heute noch die wichtigste Version des Alten Testaments. In Griechenland und Zypern wird sie bis heute im Gottesdienst gebraucht. Die meisten anderen Ostkirchen benutzen ein Altes Testament, das aus der Septuaginta in die jeweilige Landessprache übersetzt ist.

Die Römisch-Katholische Kirche benutzte dagegen über mehr als ein Jahrtausend sowohl die Septuaginta als auch die Vulgata, eine Übersetzung der Bibel durch Hieronymus ins Lateinische. Hieronymus, einer der wenigen guten Hebräischkenner der alten Kirche, veränderte allerdings seinen ursprünglichen Auftrag, die Vulgata ausschließlich auf Grundlage der Septuaginta zu übersetzen, indem er auch den hebräischen Text als Übersetzungsgrundlage heranzog. Dennoch übernahm er viele Lesarten der Septuaginta, was die zahlreichen Übereinstimmungen zwischen Vulgata und Septuaginta gegenüber dem Masoretischen Text erklärt. Ebenfalls übernahm er weitgehend den Kanon der Septuaginta. Dieser Entscheidung folgen katholische Bibeln bis heute (siehe auch Spätschriften des Alten Testaments).

Martin Luther verwendete dagegen das hebräische Alte Testament für seine deutsche Bibelübersetzung und legte seinen (kürzeren) Kanon zugrunde. Septuaginta und Vulgata benutzte er als Hilfsmittel für seine Übersetzung. Einige der zusätzlichen Bücher der Septuaginta und Vulgata gab er seiner Übersetzung als Anhang bei (die sogenannten Apokryphen).

Literatur

Textausgaben
  • Alfred Rahlfs (Hrsg.): Septuaginta, id est Vetus Testamentum Graece iuxta LXX interpretes. Stuttgart 1935 u.a. (Editio altera quam recognovit et emendavit Robert Hanhart, Stuttgart 2006)
  • Alfred Rahlfs: Septuaginta: Vetus Testamentum Graecum. Suppl.: Verzeichnis der griechischen Handschriften des Alten Testaments. Band 1,1: Die Überlieferung bis zum VIII. Jahrhundert. Bearb. von Detlef Fraenkel. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2004 ISBN 3-525-53447-7
  • Göttinger Akademie der Wissenschaften (Hrsg.): Vetus Testamentum Graecum auctoritate Academiae Scientiarum Gottingensis editum. Göttingen 1924ff.
  • Martin Karrer, Wolfgang Kraus (Hrsg.): Septuaginta Deutsch. Band 1: Das griechische Alte Testament in deutscher Übersetzung. Stuttgart 2009, ISBN 978-3-438-05122-6
Wörterbücher
  • Friedrich Rehkopf: Septuaginta-Vokabular. Göttingen 1989
Einführungen
  • K. H. Jobes, M. Silva: Invitation to the Septuagint. Grand Rapids 2000.
  • Michael Tilly: Einführung in die Septuaginta. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2005, ISBN 3-534-15631-5
  • Folker Siegert: Zwischen hebräischer Bibel und Altem Testament. Eine Einführung in die Septuaginta. MJSt 9. Münster 2001
Textkritik
  • Emanuel Tov: Der Text der Hebräischen Bibel. Handbuch der Textkritik. Stuttgart u.a. 1997, ISBN 3-17-013503-1
  • Emanuel Tov: Die griechischen Bibelübersetzungen. In: ANRW II.20.1, Berlin u.a. 1987, S. 121-189
  • Ernst Würthwein: Der Text des Alten Testaments. Eine Einführung in die Biblia Hebraica. Deutsche Bibelgesellschaft, 5. überarbeitete Auflage, Stuttgart 1988, ISBN 3-438-06006-X
Forschung
  • Kristin De Troyer: Die Septuaginta und die Endgestalt des Alten Testaments. Untersuchungen zur Entstehungsgeschichte alttestamentlicher Texte. Vandenhoeck & Ruprecht, UTB 2599, Göttingen 2005, ISBN 3-8252-2599-2
  • S. Kreuzer, J. P. Lesch (Hrsg.): Im Brennpunkt: Die Septuaginta. Band 2, BWANT 161, Stuttgart u.a. 2004
  • Heinz-Josef Fabry, U. Offerhaus (Hrsg.): Im Brennpunkt: Die Septuaginta. Studien zur Entstehung und Bedeutung der Griechischen Bibel. BWANT 153, Stuttgart u.a. 2001
  • Robert Hanhart: Studien zur Septuaginta und zum hellenistischen Judentum. FAT 24, Tübingen 1999
  • Herbert Hunger u.a.: Die Textüberlieferung der antiken Literatur und der Bibel. (1. Auflage 1961) dtv wissenschaft, München 1988
  • Alfred Rahlfs: Septuaginta-Studien I-III. 2. Auflage, Göttingen 1965
  • Martin Hengel, Anna Maria Schwemer (Hrsg.): Die Septuaginta zwischen Judentum und Christentum. WUNT 72, Mohr Siebeck, Tübingen 1994
Textausgaben
Forschungsprojekte
Ressourcen
Sekundärliteratur

Einzelbelege

  1. Michael Tilly: Aquila. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 28, Bautz, Nordhausen 2007, ISBN 978-3-88309-413-7, Sp. 50–53.