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Renaissancismus

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Der Renaissancismus ist eine Sicht auf die Renaissance beginnend mit der Rezeption von Jacob Burckhardt durch Friedrich Nietzsche. "Durch die von Nietzsche vermittelte Rezeption des Burckhardtschen Werkes wurde der Boden für eine dezidiert antibürgerliche Stoßrichtung jener Bewegung bereitet. In dieser Haltung bestand das eigentliche Merkmal des Renaissancismus." (Ladwig S. 15) Ein Produkt dieser Rezeption ist der Renaissancemensch. Dieses wiederum ist keineswegs begrifflich identisch mit dem Menschen der Renaissance. Es liegt dem die These zugrunde, daß der Mensch sich selbst "erfunden" habe. Die Renaissance ist danach das Produkt dieser Erfindung.

In der bürgerlichen Gesellschaft im 19. und 20. Jahrhundert vollzieht sich bedingt durch die Entwicklung der kapitalistischen Verhältnisse ebenfalls eine Art Wiederentdeckung des Menschen durch ein Rückbesinnen auf die Renaissance und ihre Bildungsbewegung im Bewußtsein eines allgemeinen Werteverfalls der eigenen Zeit. Dieses geht zusammen mit Ideen des aufkommenden Liberalismus. Der Renaissance-Forschung und dem Renaissancismus gemeinsam ist die Erfahrung einer existentiellen Krise, der sich das Bürgertum unter den Anforderungen der Moderne ausgesetzt sieht. "Die deutsche Renaissanceforschung des beginnenden 20. Jahrhundert konnte darauf vertrauen, daß das Thema >>Renaissance<< ein breites Publikum ansprach. Seit dem frühen 19. Jahrhundert lassen sich immer mehr Beispiele an der Renaissance finden. Nicht allein in der Architektur, sondern auch in der Malerei und Literatur, ja selbst beim Mobiliar suchte man die Vorlagen mit Vorliebe in der Renaissance." (Ladwig S. 14.)

Der Höhepunkt des Renaissancismus in der deutschen Literatur liegt in den Jahren 1890 bis 1910, wo es sich zu einem Renaissance-Kult ausweitet, was letzten Endes zu einer Verzerrung des Renaissancebildes führt. Die Renaissance-Forscher jedoch distanzieren sich aber hiervon, da sie ein objektives Bild der italienischen Renaissance zeichnen wollen. Zu den Literaten, die hierbei zu nennen sind, gehören Hugo von Hoffmannsthal, Rainer Maria Rilke und Thomas Mann. Mann ist allerdings derjenige, der diesen wiederum in der Literatur überwindet.

Literatur

  • Gerd Uekermann, Renaissancismus und Fin de siècle : d. ital. Renaissance in d. dt. Dramatik d. letzten Jahrhundertwende, Berlin [West] 1985.
  • Renaissance und Renaissancismus von Jacob Burckhardt bis Thomas Mann / hrsg. von August Buck, Tübingen 1990.
  • Wallace Klippert Ferguson: Renaissance Studies. University of Western Ontario, London (Ontario) 1963 (Nachdruck: Harper & Row, New York 1970).
  • Wallace Klippert Ferguson: The Renaissance in Historical Thought. Five Centuries of Interpretation, Mifflin, Boston 1948 (Nachdruck: AMS, New York 1981).
  • Lucien Febvre: Michelet und die Renaissance, Stuttgart 1995.
  • Perdita Ladwig: Das Renaissancebild deutscher Historiker 1898-1933, Frankfurt/M., New York 2004.
  • Walther Rehm: Der Renaissancekult um 1900 und seine Überwindung, in: Ders. Der Dichter und die neue Einsamkeit. Aufsätze zur Literatur um 1900. Göttingen 1969.
  • Volker Reinhardt, Jacob Burckhardt und die Erfindung der Renaissance. Ein Mythos und seine Geschichte, Bern 2002.