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Zen

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Zen-Buddhismus oder Zen (jap.: 禅 - Zen) ist eine in China ab dem 5. Jahrhundert nach Christus entstandene Linie des Mahayana-Buddhismus, die wesentlich vom Taoismus beeinflusst wurde. Der chinesische Name 禅 (Chan) stammt von dem Sanskritwort Dhyana (ध्यान), das in das Chinesische als 禅那 (Chan'na) übertragen wurde. Ab dem 12. Jahrhundert wurde das Zen auch nach Japan übertragen. Die im Westen verwendeten Begriffe zum Zen stammen meistens aus dem Japanischen.

Überlieferung

Von verschiedenen Zen-Meistern wird etwa ab dem Jahre 1000 n. Chr. die Zen-Lehre folgendermaßen charakterisiert (Zitat nach "Zen-Worte vom Wolkentor-Berg" von Urs App):

Eine Übermittlung außerhalb jeglicher Doktrin,
die sich weder auf Worte noch auf Schriften stützt.
Ein direktes Hinweisen auf des Menschen Herz:
Wer sein eigenes Wesen schaut, ist ein Erwachter (Buddha).

Die Übermittlung erfolgt persönlich von Lehrer zu Schüler in so genannten Dharma-Linien. Nach dem Shobogenzo des Zen-Meisters Dogen beginnt die Lehrer-Schüler-Kette mit dem Buddha Vipasyin und führt dann über fünf weitere legendäre Buddhas zu dem historischen Buddha Shakyamuni. Dieser habe einst eine Blume zwischen seinen Fingern gedreht, worauf einzig sein Schüler Kashyapa diese Geste als zentralen Punkt der Lehre unmittelbar verstanden und gelächelt habe.

So soll sich die Linie fortsetzen über 26 indische Meister zu Bodhidharma, der die Lehre nach China gebracht haben soll und so zum ersten Patriarch des Chan (Zen) wurde. Historisch gesehen liegen die Anfänge des Chan in China jedoch im Dunkeln. Bodhidharma gilt zwar als historische Persönlichkeit, jedoch ist nichts über seine Art der Meditation bekannt und seine Legende liegt erst ab dem 7. Jh. u.Z. vor. Wenn auch die Reihenfolge der nachfolgenden Zen-Patriarchen unsicher ist, so wird oft folgende Liste angegeben:

  1. Bodhidharma (skt. बोधिधर्म, chin. Damo 達摩, jap. Daruma だるま) *? - †536?
  2. Hui-ke (慧可, jap. Daiso Eka) *487 - †593
  3. Seng-can (僧燦, jap. Konchi Sosan) * ? - †606
  4. Dao-xin (道信, jap. Dai'i Doshin) *580 - †651
  5. Hung Ren (弘忍, jap. Dai'man Konin) *601 - †674
  6. Hui Neng (慧能, jap. Daikan Eno) *638 - †713

Nach dem 6. Patriarchen teilt sich die Linie in verschiedene Schulen auf. Für das China der Zeit um 950 spricht man von den 5 Häusern:

In der Folge entstanden bis in die Gegenwart weitere Schulen, darunter:

Praxis

Zentrales Element der Zen Praxis ist das Zazen (Sitzmeditation), das in aufrechter Körperhaltung und in vollkommener Achtsamkeit auf das Fließen des Atems durchgeführt wird. Häufig dient dazu ein Sitzkissen (Zafu), das zusammen mit der darunter liegenden Matte (Zafuton) den Praxis-Platz in einer Meditationshalle (Zendo, Dojo) bildet. Welcher Sitz auch immer gewählt wird, sollen die Knie Bodenkontakt haben. Das gilt für den vollen Lotus-Sitz, den halben Lotus-Sitz, den Burmesischen, wie auch für den Fersensitz (Seiza). Zazen wird auf einem Stuhl praktiziert, wenn körperliche Bedingungen ein Sitzen auf dem Boden nicht gestatten, aber auch in diesem Fall ist die Körperhaltung aufrecht und der Rücken frei von jeder Lehne. Für die Zeit des Zazen wird der Körper nicht bewegt, da die äußere Disziplin der Disziplin des Geistes eine Stütze sein soll. „Das Denken ist ein wilder Affe“, heißt es im Linji Lu, den Unterweisungen des großen Zen-Meisters Linj (Rinzai). Indem der Übende/die Übende alle seine/ihre Gedanken zur Ruhe bringt, ermöglicht er/sie das Erleben der Stille und Leere, in der die mystische Erfahrung der Erleuchtung (Satori), ein oft plötzlich eintretendes Erleben universeller Einheit möglich ist. In diesem Zusammenhang ist oft vom Erwachen und von Erleuchtung (pali und sanskrit: bodhi) vom Buddha-Werden, oder der Verwirklichung der eigenen Buddha-Natur die Rede. Diese Erfahrung der Nicht-Dualität ist der Sprache und Kommunikation kaum zugänglich und kann auch einer Person ohne vergleichbare Erfahrung nicht vermittelt werden. So ist es im Zen mehr als unüblich, darüber mit einer anderen Person, als dem Zen-Lehrer zu sprechen. Ein weiteres Element der Praxis ist das achtsame Gehen (Kinhin), das zwischen zwei Zazen Perioden geübt wird. Mehrmals am Tag gibt es auch die Praxis der Rezitation, wo die Übenden gemeinsam mit voller Stimme und Konzentration Texte lesen. Die japanischen Silben weisen nicht nur den europäischen Übenden zurück auf sein eigenes Denken und Bewusstsein und erlauben ihm keine Ablenkung ins diskursive Denken des scheinbaren Verstehens von Worten. Neben kurzen Texten, wie der Dreifachen Zuflucht und Dharanis, werden zentrale Texte des Mahayana, wie Lotus-Sutra und Herz-Sutra, aber auch die gesamt Liste der Linienhalter von Buddha Shakyamuni bis zum derzeitigen Roshi der Linie rezitiert. Samu ist die Bezeichnung für das meditative Arbeiten im klösterlichen Kontext, das ebenso zum vollkommenen Gewahrsein führen kann, wie die Übung des Zazen. Viele Zen-Geschichten berichten über die Verwirklichung von Wesensschau (kensho) und Erwachen (satori) beim Gemüseschälen in der Küche, oder beim Fegen des Hofes. Als weiteres Hilfsmittel werden, besonders in der Rinzai-Schule, sogenannte Koans eingesetzt (paradoxe Rätsel historischer Zen-Meister), die nicht mit dem rationalen Denken gelöst werden können. Koan-Praxis wird zumeist in mehrtägigen, häufig einwöchigen Übungsperioden (Sesshin) durchgeführt, wobei der Schüler mehrmals täglich dem Meister seine Sicht („Lösung“) des Koans in einem kurzen formalen Austausch (Sanzen) präsentiert.

Zen in Japan

Die japanische Kultur wurde durch Zen stark beeinflusst. Aus dem Bemühen von Gelehrten, Künstlern und der Samurai um ein tieferes Verständnis von Zen entstanden (vorwiegend in der Rinzai-Schule) eine Reihe verschiedener Disziplinen, die auch als Wege des Zen bekannt wurden:

Zen wurde zur Geisteshaltung wichtiger Familien der Kriegerkaste (Samurai) und gewann so Einfluss auf die Kriegskünste (Budo). Dadurch entstanden jedoch auch Verbindungen zum japanischen Nationalismus, die nach dem Zweiten Weltkrieg auch aus Reihen des Zen selbst kritisiert wurden.

Zen in der Moderne

In der Neuzeit ist die Verbreitung des Zen in Japan zurückgegangen, jedoch wächst die Zahl der Anhänger in den westlichen Ländern. Begünstigt durch fehlenden Dogmatismus gibt es auch Verbindungen zur katholischen Kirche. Wichtige Vermittler als Priester und gleichzeitig Zen-Meister sind:

Ein wichtiger zeitgenössischer Dharma-Lehrer ist der Vietnamese Thich Nhat Hanh, der Zen (Mahayana) mit Elementen des Theravada-Buddhismus (Vipassana) verknüpft und damit die Entwicklungs- und Anpassungsfähigkeit (insbesondere was die Adaption des Buddhismus für den Westen anbelangt) des Zen einmal mehr unter Beweis stellt.

Literatur

Quellentexte

  • Sabine Hübner: Das torlose Tor. Teishô zu den 48 Kôan des MUMONKAN (ISBN 3-932337-00-X)
    Das Mumonkan in Text und Kommentar

Kritik

Moderne Zen-Literatur

  • Robert M. Pirsig: Zen und die Kunst ein Motorrad zu warten (ISBN 3-596-22020-3)
    Roman, der auf dem Hintergrund einer Motorradfahrt durch die USA philosophische Probleme (auch aus Platos Dialogen) unkonventionell behandelt.
  • Janwillem van de Wetering: Der leere Spiegel (ISBN 3-499-14708-4)
    Lebendige Schilderung des 2-jährigen Aufenthaltes eines Holländers in einem Zen-Kloster in Kyoto.
  • Janwillem van de Wetering: Reine Leere (ISBN ?)
    Eine Lehre die die Leere zum Ziel hat, muss zwangsläufig leer sein. Mehr als nur ein Wortspiel.
  • Willigis Jäger: Aufbruch in ein neues Land. Erfahrungen eines spirituellen Lebens (ISBN 3-451-05381-0)
    Freiburg, Herder 2003.
  • Christian Rusche: Die verschollenen Schriften von Tao-hsin (eBook)
    Verloren geglaubte Aussprüche eines legendären Zen-Meisters tauchten vor wenigen Jahren in China auf. Sind sie echt, oder eine Fälschung? Zen Fiction von Christian Rusche.
  • Zensho W. Kopp: Der große Zen-Weg (ISBN 3-897-67408-4)
    Unterweisungen eines westlichen Zen-Meisters, Schirner Verlag 2004
  • Zensho W. Kopp: ZEN und die Wiedergeburt der christlichen Mystik (ISBN 3-897797-426-2)
    Ein Wegfüher zum wahren Selbst, Schirner Verlag 2004