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Patientenverfügung

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Eine Patientenverfügung ist eine Willenserklärung zur medizinischen Behandlung für den (späteren) Fall, dass keine Einwilligungsfähigkeit mehr bestehen wird. Oft wird eine solche Verfügung auch Patiententestament genannt.

Meist erstellen ältere Menschen eine Patientenverfügung. Das Hauptmotiv dafür ist die Angst, als Pflegefall wehrlos einer ungewollten Behandlung ausgeliefert zu sein. Abgelehnt werden in Patientenverfügungen am häufigsten die Dialyse, die Beatmung und die künstliche Ernährung.

Rechtslage in Deutschland

Definition im zukünftigen Recht

Am 18. Juni 2009 verabschiedete der Deutsche Bundestag eine gesetzliche Regelung zur Patientenverfügung (Drittes Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts). Diese benötigt (als Einspruchsgesetz) nicht die Zustimmung des Bundesrats und tritt voraussichtlich am 1. September 2009 in Kraft.[1] Dort wird eine Patientenverfügung definiert als die schriftliche Festlegung eines einwilligungsfähigen Volljährigen für den Fall seiner Einwilligungsunfähigkeit, ob er in bestimmte, zum Zeitpunkt der Festlegung noch nicht unmittelbar bevorstehende Untersuchungen seines Gesundheitszustandes, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einwilligt oder sie untersagt (Legaldefinition nach Absatz 1 Satz 1 des voraussichtlichen § 1901a BGB).[2]

Abgrenzung

Welche Person statt des Patienten die Entscheidungen am Lebensende treffen bzw. die Entscheidungen des Patienten durchsetzen wird (s. u.), ergibt sich nicht aus der Patientenverfügung.

Die Patientenverfügung ist insofern von einer Vorsorgevollmacht und einer Betreuungsverfügung zu unterscheiden.

In der Vorsorgevollmacht wird nicht verfügt, was am Lebensende zu tun oder zu unterlassen ist, sondern wer (als so genannter Bevollmächtigter) medizinische oder andere Anordnungen treffen soll. Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht ergänzen also einander und sollten nebeneinander erstellt werden.

Eine solche Person kann auch durch das Vormundschaftsgericht bestimmt werden. Sie wird dann als Betreuer bezeichnet. Mit einer Betreuungsverfügung unterbreitet der Verfügende dem Gericht lediglich einen Vorschlag für die Auswahl der Person des Betreuers. Die Betreuungsverfügung kann auch auf die Patientenverfügung verweisen, um den Betreuer daran zu binden.

Verbindlichkeit

Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 17. März 2003[3] sind Patientenverfügungen (wie auch aktuelle Willensäußerungen) prinzipiell verbindlich. Dies folge „aus der Würde des Menschen, die es gebietet, sein in einwilligungsfähigem Zustand ausgeübtes Selbstbestimmungsrecht auch dann noch zu respektieren, wenn er zu eigenverantwortlichem Entscheiden nicht mehr in der Lage ist“[4].

Eine gegen den erklärten Willen des Patienten durchgeführte Behandlung ist (soweit sie wie eine Zwangsernährung mit einer Magensonde in die körperliche Integrität eingreift) eine rechtswidrige Handlung, deren Unterlassung der Patient analog § 1004 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 823 Abs. 1 BGB verlangen kann.[5] „Dies gilt auch dann, wenn die begehrte Unterlassung [...] zum Tode des Patienten führen würde. Das Recht des Patienten zur Bestimmung über seinen Körper macht Zwangsbehandlungen, auch wenn sie lebenserhaltend wirken, unzulässig [...].“[5]

Die Missachtung des in einer Patientenverfügung geäußerten Willens könnte auch als Körperverletzung strafbar sein (der erwähnte Zivilsenat des BGH lässt strafrechtliche Fragen nach beiden Seiten offen)[6][7].

Im Fall des unabwendbaren tödlichen Verlaufs ist eine auf die Situation bezogene Patientenverfügung auf jeden Fall verbindlich, wenn der Verfügende nicht erkennbar von der Verfügung abrückt (BGH, XII ZB 2/03).

Patientenverfügungen sind verbindlich, wenn der Wille des Patienten für die konkrete Behandlungssituation eindeutig und sicher festgestellt werden kann, weshalb eine Patientenverfügung gerade bei einer immer wieder auftretenden, die Entscheidungsfähigkeit nur vorübergehend einschränkenden Erkrankung, unproblematisch ist.

In anderen Fällen ist eine Patientenverfügung für einen Arzt, einen Betreuer oder einen Bevollmächtigten grundsätzlich verbindlich, wenn

  • der Verfügende nicht erkennbar von der Verfügung abrückt, und
  • die Patientenverfügung im Zustand der Einwilligungsfähigkeit (Entscheidungsfähigkeit) verfasst wurde.
  • Ferner wird empfohlen, die Verfügung möglichst in regelmäßigen Abständen erneut durch Unterschrift zu bestätigen, wobei neueste Behandlungsmethoden möglichst ausdrücklich ein- oder ausgeschlossen werden sollten.

Nur im Zustand der Einwilligungsfähigkeit kann eine Patientenverfügung rechtswirksam errichtet werden. Von einer Einwilligungsfähigkeit ist auszugehen, wenn der Patient die Tragweite seiner Entscheidung erfassen und seinen Willen diesbezüglich frei bestimmen kann. Auf Geschäftsfähigkeit kommt es hierbei nicht an. Im Zweifel dürfte ein entsprechendes ärztliches Attest von Vorteil sein.

Sollte eine Patientenverfügung nicht die Voraussetzung der unmittelbaren Verbindlichkeit erfüllen, ist sie dennoch ein wichtiger Hinweis für den Betreuer oder Bevollmächtigten. Denn ein Betreuer oder Bevollmächtigter hat im Grundsatz nach dem angenommenen mutmaßlich freien Willen des Betroffenen so zu entscheiden, wie der Betroffene selbst entscheiden würde, wenn er selbst entscheiden könnte, es sei denn es wäre unverhältnismäßig, so zu entscheiden. Grundsätzlich hat der natürliche Wille des Betreuten aber Vorrang vor dem angenommenen mutmaßlich freien Willen.

Patientenverfügungen binden den Betreuer, er hat „dem Patientenwillen gegenüber Arzt und Pflegepersonal in eigener rechtlicher Verantwortung und nach Maßgabe des § 1901 BGB Ausdruck und Geltung zu verschaffen“ (BGH, XII ZB 2/03 vom 17. März 2003).

Wenn die Patientenverfügung mit dem Gewissen des Betreuers im Widerspruch steht und ihm Unzumutbares auflastet, hat er dem Patientenwillen den Vorrang zu geben, auch soweit die Erkrankung noch keinen tödlichen Verlauf genommen hat, so der geplante (§ 1901a Abs. 2 Satz 2 BGB im (zurück gezogenen) Referentenentwurf der Bundesregierung vom November 2004 sowie im Diskussionsentwurf des MdB Stünker, SPD, März 2007). Andererseits wird ein Betreuer nur für Aufgabengebiete benannt, die der Betroffene nicht mehr selbst regeln kann oder geregelt hat. Durch eine Patientenverfügung ist der jeweilige Bereich aber bereits geregelt, so dass hier die Bestellung eines Betreuers ausscheidet. Ein Bevollmächtigter ist gleichfalls an eine Patientenverfügung gebunden.

Patientenverfügungen binden auch den Arzt und Pfleger, die zu ihrer Tätigkeit der Zustimmung des Patienten bedürfen. Diese hat der nicht mehr einwilligungsfähige Patient in seiner Patientenverfügung näher umschrieben. Eine diesem Patientenwillen widersprechende Behandlung oder Pflege ist nicht zulässig (BGH XII ZR 177/03 vom 8. Juni 2005) und zu beenden. Der Arzt oder Pfleger kann sich weder auf eine etwa in einer Pflegevereinbarung vereinbarte künstliche Ernährung noch sein Berufsethos oder Gewissen zur Rechtfertigung seines Handelns berufen. Er kann aber die Behandlung in andere Hände übergeben und so seinem Gewissen entsprechen. Das Bundesverfassungsgericht sieht keine strafrechtlichen Konsequenzen für den Betreuer/Bevollmächtigten oder den Arzt oder das Pflegepersonal für den Fall, dass eine Patientenverfügung befolgt wird, obwohl das Leben des Patienten gerettet werden könnte (BVerfG, 1 BvR 618/93, Beschluss vom 2. August 2001). Daher sehen die derzeitigen Gesetzentwürfe (Stand Frühjahr 2007) keinen Änderungsbedarf im Strafrecht.

Das Bundesjustizministerium zu der Frage, wann Patientenverfügungen verbindlich sind:

„Wenn in einer Patientenverfügung Festlegungen für ärztliche Maßnahmen in bestimmten Situationen enthalten sind, sind diese verbindlich, wenn durch diese Festlegungen ihr Wille für eine konkrete Behandlungssituation eindeutig und sicher festgestellt werden kann. Die Ärztin oder der Arzt muss eine derart verbindliche Patientenverfügung beachten. Die Missachtung des Patientenwillens kann als Körperverletzung strafbar sein. Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in seiner Entscheidung vom 17. März 2003 betont, dass es die Würde des Menschen gebietet, ein im einwilligungsfähigen Zustand ausgeübtes Selbstbestimmungsrecht – etwa in Form einer Patientenverfügung – auch dann noch zu respektieren, wenn die Verfasserin oder der Verfasser der Patientenverfügung zu einer eigenverantwortlichen Entscheidung nicht mehr in der Lage ist. Das betont auch die Bundesärztekammer in ihren Grundsätzen zur ärztlichen Sterbebegleitung, in denen es heißt: ‚Patientenverfügungen sind verbindlich, sofern sie sich auf die konkrete Behandlungssituation beziehen und keine Umstände erkennbar sind, dass der Patient sie nicht mehr gelten lassen würde.“[8]

Form und Auslegung

Im zukünftigen Recht

Nach der voraussichtlich ab September 2009 geltenden Rechtslage (s. o.) muss die Patientenverfügung in Schriftform verfasst sein (nach Absatz 1 Satz 1 des voraussichtlichen § 1901a BGB[2]). Der Widerruf kann jedoch (Absatz 1 Satz 3 dieses neuen § 1901a BGB[2]) jederzeit „formlos“ (also ohne Formzwang, auch mündlich) erfolgen (Absatz 1 Satz 3 dieses neuen § 1901a BGB[2]).

Liegt keine Patientenverfügung im Sinne dieses Gesetzes vor oder ist vorliegende Situation des Patienten nicht in der Patientenverfügung geregelt, so können jedoch unter anderem auch „frühere mündliche [...] Äußerungen“ im Rahmen der Bestimmung des mutmaßlichen Willens des Patienten entscheidend sein.[9]

Im derzeitigen Recht

Die Verfügung ist zwar nach derzeitigem (im Gegensatz zu s. o.) Recht prinzipiell formfrei, soll aber in schriftlicher Form hinterlegt werden, damit sie besser beweisbar ist. Nach der Rechtsprechung des XII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes (BGH, XII ZB 2/03 vom 17. März 2003) folgt die Beurteilung einer Patientenverfügung allgemeinen Regeln, da sie nur eine besondere Form der Willenserklärung darstelle. Damit kommt es für ihre Wirksamkeit entscheidend darauf an, dass sie genau den Fall trifft, der zu entscheiden ist: Eine Patientenverfügung, die regelt, dass im Fall eines Schlaganfalls keine künstliche Ernährung gegeben werden soll, würde also keine bindende Wirkung entfalten, wenn die Hirnfunktionen durch eine Demenz beeinträchtigt wären. Eine Patientenverfügung kann demnach auch jederzeit vom Verfasser – ebenfalls ohne bestimmte Form, also auch mündlich – aufgehoben oder abgeändert werden.

Weil das Recht der Patientenverfügung kompliziert ist und diese sehr genau sein muss, um Wirkung zu entfalten, empfiehlt es sich, sie zusammen mit einem Rechtsanwalt, einem Arzt oder einem Notar zu entwerfen, der Erfahrung mit der Materie hat. Von standardisierten Vorlagen, in denen nur angekreuzt werden muss, ist daher abzuraten.

Ermittlung des Patientenwillens

Die Patientenverfügung ist keine Arbeitserleichterung für Angehörige und Ärzte, sondern eine rechtlich verbindliche Anweisung. Entgegen einer weit verbreiteten Vorstellung kommt Angehörigen oder Ehegatten in diesem Zusammenhang keinerlei Entscheidungsbefugnis zu. Die Äußerungen dieser Personen können lediglich dann, wenn der wirkliche Wille nicht (z. B. durch eine Patientenverfügung) feststeht, herangezogen werden, um den mutmaßlichen Willen des Patienten zu erforschen.

Problematisch ist, ob eine Patientenverfügung auch in jedem Falle gilt bzw. wie die Grenze zwischen dem Wortlaut und einem (nur fiktiv ermittelbaren) mutmaßlichen Willen zu ziehen sei. Befürworter einer Reichweitenbeschränkung argumentieren, dass Sterbesituationen nicht vorhersehbar seien und daher der Wille nicht sicher festgestellt werden könne. Daher müsse nach dem mutmaßlichen Willen entschieden werden, der nach den Lebensentscheidungen, Wertvorstellungen und Überzeugungen des Patienten zu ermitteln sei. „Den mutmaßlichen Willen des Patienten zu erforschen bedeutet, nach bestem Wissen und Gewissen zu beurteilen, was der Patient für sich selbst in der Situation entscheiden würde, wenn er es könnte“, formuliert die Bundesärztekammer. Ausschließlich der Wille des Patienten und nicht, was andere in seiner Situation tun würden, ist für die Heilbehandlung und deren Abbruch nach geltendem deutschen Recht die alleinige Richtschnur. Der Bundesgerichtshof formuliert in seiner Grundsatzentscheidung vom 17. März 2003 (XII ZB 2/03):

Die Willensbekundung des Betroffenen für oder gegen bestimmte medizinische Maßnahmen darf deshalb vom Betreuer nicht durch einen ‚Rückgriff auf den mutmaßlichen Willen‘ des Betroffenen ‚korrigiert‘ werden, es sei denn, daß der Betroffene sich von seiner früheren Verfügung mit erkennbarem Widerrufswillen distanziert oder die Sachlage sich nachträglich so erheblich geändert hat, daß die frühere selbstverantwortlich getroffene Entscheidung die aktuelle Sachlage nicht umfaßt.“

Im Fall, dass der Wille des Patienten nicht eindeutig festgestellt werden kann, hat der Betreuer oder der Bevollmächtigte nach dem mutmaßlichem Willen zu entscheiden, ob eine Behandlung abgebrochen oder fortgesetzt wird, und zwar unabhängig davon, in welchem Stadium sich die Krankheit befindet (BVerfG, 1 BvR 618/93; BGH, XII ZB 2/03). Hat das Gericht Kenntnis von einer Bevollmächtigung, darf es auch dann keinen Betreuer bestellen, wenn der Betroffene mittels Patientenverfügung lebensrettende Behandlungen ausschließt (BVerfG, 1 BvR 618/93).

Zur Beurteilung des mutmaßlichen Patientenwillens durch das Vormundschaftsgericht kann ein Eintrag im „Zentralen Vorsorgeregister“ hilfreich sein. Die Bundesnotarkammer führt ein „Zentrales Vorsorgeregister“, in welchem man auch seine privatschriftliche Vorsorgevollmacht registrieren lassen kann.[10] Es dürfen Angaben über Vollmachtgeber, Bevollmächtigte, die Vollmacht und deren Inhalt in das Register aufgenommen werden. Eine Auskunft aus dem Register erhält nur das Vormundschaftsgericht (oder das Landgericht als Beschwerdegericht), an Ärzte oder Krankenhäuser wird sie nicht erteilt.[11]

Konfliktfälle

Problematisch kann sein, wer letztlich und über wessen Verhalten zu entscheiden hat. Zwischen den Entscheidungsbefugnissen von Betreuer (bzw. Bevollmächtigtem), behandelndem Arzt und Vormundschaftsgericht können hier Konflikte bestehen.

Falls Betreuer und Arzt nicht übereinstimmen, kann (nach der Rechtslage bis zum Inkrafttreten der Neuregelung) das Vormundschaftsgericht entscheiden. Im eingangs zitierten Beschluss des BGH XII ZR 2/03 vom 17. März 2003 hatte der Betreuer nicht der vom Arzt vorgesehenen lebenserhaltenden künstlichen Ernährung zugestimmt, sondern wollte den Patienten vielmehr mit nur leidlindernder Medikation und Gabe von Wasser sterben lassen. Für diesen Fall hat der BGH entschieden, dass diese Verweigerung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung bedarf, also der Betreuer die letzte Entscheidung nicht ohne den Richter treffen kann.

In dem Beschluss[7] vom 8. Juni 2005 hat der BGH dies präzisiert: Dem Pflegepersonal steht keine eigene Entscheidungsbefugnis zu gegen ein von Betreuer und Arzt beschlossenes „Abschalten der Maschinen“, um den Patient schmerzfrei sterben zu lassen. Auch aus der Gewissensfreiheit ergibt sich kein Recht, sich durch aktives Handeln über das Selbstbestimmungsrecht des durch seinen Bevollmächtigten oder Betreuer vertretenen Patienten hinwegzusetzen und seinerseits in dessen Recht auf körperliche Unversehrtheit einzugreifen[12]; jedenfalls nicht aus der Menschenwürde, dem Selbstbestimmungsrecht oder der Freiheit des Gewissens für das Pflegepersonal [7] [13] [14]. Es kann jedoch (hier: vom Pflegepersonal) jedenfalls nichts verlangt werden, was gegen das Strafrecht verstößt.[6]

Der Referentenentwurf der Bundesregierung vom November 2004 und der Diskussionsentwurf von MdB Stünker zur Änderung des Betreuungsrechts (Stand März 2007) schrieben den Beschluss von 2003 fest und erweiterte dies um die Fallvariante, dass der Arzt die Einstellung der künstlichen Ernährung anbietet und der Betreuer dies ablehnt. Der Bosbach-Entwurf (CDU) sah in jedem Fall eine Genehmigungspflicht des Vormundschaftsgerichtes vor.

siehe auch: Schiedsstelle Patientenverfügung.

Besondere Situation bei Notfällen

Ein praktisches Problem der rechtlich wirksamen Patientenverfügung liegt darin, dass sie bei einem Notfall oft nicht vorliegt und in der Eile der Notsituation auch nicht ermittelt werden kann. Deswegen werden Wiederbelebungsmaßnahmen häufig auch dann durchgeführt, wenn der Betroffene dem widersprochen hatte. Allerdings ist beim Verbot der Wiederbelebung darauf zu achten, ob der Verfügende diese nicht nur für den Fall seines Siechtums verboten hat und keine Einwände gegen notärztliche Maßnahmen bei einem Unfall oder plötzlichen Anfall erhoben hat.

In der gebotenen Eile einer Notfallsituation wird sich zudem nur schwer feststellen lassen, ob eine vorliegende Verfügung gültig ist und den zuletzt geäußerten Willen des Patienten richtig wiedergibt.

Ein vorhandener Eintrag im „Zentralen Vorsorgeregister“ ist hierbei wenig hilfreich, da Auskünfte aus dem Register nicht an Ärzte oder Krankenhäuser erteilt werden.

Das in der Schweiz (siehe dort) praktizierte Verfahren böte auch in Deutschland hier praktische Hilfe: Ebenso wie ein Organspendeausweis könnte ein in der Brieftasche enthaltener Hinweis auf das Bestehen und den Verwahrer einer Patientenverfügung ungewollte Notfallmaßnahmen wenigstens teilweise verhindern.

Gesetzesentwicklung

Der 66. Deutsche Juristentag hat sich am 20. September 2006 mit großer Mehrheit für eine gesetzliche Regelung der Sterbehilfe und der Verbindlichkeit von Patientenverfügungen ausgesprochen.[15] Das bedeutet, dass Behandlungsabbrüche und das Unterlassen lebenserhaltender Maßnahmen auch schon vor der Sterbephase rechtlich erlaubt sein sollen. Im Strafgesetzbuch soll ausdrücklich klar gestellt werden, dass sich Ärzte in solchen Fällen nicht strafbar machen. Hierzu hat sich unverzüglich eine kontroverse Debatte in der Öffentlichkeit ergeben.

Ende 2006 wurde aus den Reihen des Bundestags die Vorlage zweier Gesetzesentwürfe zur gesetzlichen Regelung der Sterbehilfe und der Patientenverfügung angekündigt. Der Bundestag hat sich am 29. März 2007 in Vorbereitung einer gesetzlichen Neuregelung mit der Patientenverfügung befasst. Hierzu werden mehrere Gesetzesentwürfe aus den Reihen des Bundestags vorgelegt, die unterschiedlich weit reichten bzw. unterschiedlich hohe Anforderungen an eine wirksame Patientenverfügung stellten.[16] Ausgehend von der Beratung am 29. März 2007 wurden drei neue Entwürfe vorgelegt.[17]

Zuerst haben am 6. März 2008 der Abgeordnete Joachim Stünker und 205 weitere Abgeordneten verschiedener Fraktionen einen gemeinsamen Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht.[18] Die Erste Beratung im Bundestag, in deren Ergebnis der Gesetzentwurf an die Ausschüsse Recht, Finanzen, Familie und Gesundheit überwiesen worden ist, gab es am 26. Juni 2008.[19] Der so genannte Fraktionszwang war hier aufgehoben.

Am 21. Oktober 2008 haben der Abgeordnete Wolfgang Bosbach und 50 weitere Abgeordnete einen fraktionsübergreifenden Gruppenantrag vorgestellt, der auf dem Entwurf Bosbachs aus dem März 2007 basiert, aber u. a. dahingehend geändert wurde, dass eine Patientenverfügung vom Betreuer durchzusetzen ist, die zur Niederschrift vor einem Notar (nach dessen Belehrung über die rechtlichen Wirkungen und Widerrufsmöglichkeiten) vor nicht mehr als 5 Jahren errichtet wurde. Der abermals erweiterte Entwurf, der auch noch Bestimmungen zu Vorsorgevollmachten, Betreuungsverfügungen, zum Behandlungsverzicht sowie zur Finanzierung von Beratungsleistungen durch die Krankenkassen enthält, wurde dem Bundestag am 16. Dezember 2008 vorgelegt.[20]

Ein weiterer Gesetzentwurf wurde am 11. November 2008 von einer Gruppe von 33 Bundestagsabgeordneten um die Abgeordneten Wolfgang Zöller und Hans Georg Faust vorgelegt. Er verfolgt das Ziel, nur das allernötigste im genannten Bereich gesetzlich zu regeln. Eine nochmals geänderte Fassung dieses Entwurfs, die jetzt zusätzlich Regelungen zur Form der Patientenverfügung und zur Ermittlung des Patientenwillens bei Entscheidungsunfähigkeit enthält, wurde 18. Dezember 2008 in den Bundestag eingebracht.[21] Die erste Beratung zu diesen beiden Gesetzentwürfen fand im Bundestag am 21. Januar 2009 statt.[22]

Nach einer Sachverständigenanhörung im Rechtsausschuss des Bundestags am 4. März 2009 fand die 2./3. Lesung der Entwürfe am 28. Mai 2009 statt; sowohl die Gruppe um Stünker als auch um Zöller haben Anfang Mai letzte Änderungen an ihren Entwürfen vorgenommen. Dieser Abstimmungstermin ist wegen Streitigkeiten über die Modalitäten der Abstimmung kurzfristig von der Tagesordnung abgesetzt worden. Die Abstimmung wurde am 18. Juni 2009 nachgeholt. An diesem Tag stimmte der Bundestag nach zweiter und dritter Beratung ab über die drei vorgelegten Entwürfe sowie über einen Antrag[23] einen kleinen Gruppe von Abgeordneten (der darauf abzielte, das Thema Patientenverfügung überhaupt nicht gesetzlich neu zu regeln).[24]

Mit einer Mehrheit von 317 Stimmen bei 233 Nein-Stimmen und 5 Enthaltungen hat der Bundestag den „Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Betreuungsrechts“ der Abgeordneten Stünker, Kauch, Jochimsen und weiterer Abgeordneter angenommen.[25]

Rechtslage in der Schweiz

In der Schweiz wird die rechtliche Verbindlichkeit der Patientenverfügung im neuen Erwachsenenschutzrecht in Art. 370 ff des Zivilgesetzbuches[26] auf Bundesebene geregelt. Es ist von den eidgenössischen Räten beschlossen und tritt voraussichtlich 2011 in Kraft. Darin ist auch die Möglichkeit für das Übertragen einer Vollmacht für medizinische Entscheidungen geregelt. Zudem wird den Angehörigen eines urteilsunfähigen Patienten das Entscheidungsrecht eingeräumt.

Darüber hinaus gibt es eine ganze Reihe verschiedener Organisationen, welche Patientenverfügungen erarbeitet haben. Zu den wichtigsten Herausgebern gehören Nonprofitorganisationen wie Caritas Schweiz, Pro Senectute, Dialog Ethik und Patientenorganisationen, sowie die Sterbehilfeorganisationen Exit und Dignitas. Bei einigen dieser Organisationen ist es auch möglich, die erstellte Patientenverfügung zu hinterlegen, beispielsweise bei Dialog Ethik und Exit; dabei erhalten die Personen, die eine Patientenverfügung unterschrieben haben, einen Ausweis im Kreditkartenformat. Dieser erlaubt dem Arzt, in einem Notfall Angehörige und die Organisation anzufragen, damit die Patientenverfügung vorliegt, wenn Entscheidungen anstehen. Die Organisationen bieten Angehörigen auch Unterstützung bei Problemen mit der Durchsetzung der Verfügungen. Meist sind allerdings auch Ehegatten und nahe Angehörige im Besitz dieser Dokumente.

Rechtslage in Österreich

In Österreich wurde im Mai 2006 ein Patientenverfügungsgesetz erlassen, das am 1. Juni 2006 in Kraft trat. Damit können Patienten bis zu fünf Jahre im Voraus bestimmen, welche Behandlungsmethoden sie ablehnen, sollten sie zum Zeitpunkt der Behandlung nicht mehr in der Lage sein, Entscheidungen zu treffen. Unterschieden wird zwischen der „verbindlichen“ und der „beachtlichen“ Patientenverfügung. Für eine verbindliche Patientenverfügung sind überaus hohe Formvorschriften zwingend vorgesehen, unter anderem eine medizinische Beratung durch einen Arzt und eine rechtliche Beratung durch einen Notar, einen Rechtsanwalt oder die Patientenanwaltschaft. Wenn nicht alle Formvorschriften eingehalten werden, liegt eine „beachtliche“ Verfügung vor, die den Ärzten zumindest als Orientierungshilfe dient.

Seit dem 1. Juli 2007 (Inkrafttreten des Sachwalterrechts-Änderungsgesetzes) ist im österreichischen Recht auch die Vorsorgevollmacht als vorrangiges Rechtsinstitut gegenüber einer Sachwalterschaft gesetzlich normiert worden. Die Regelungen finden sich in den § 284f, § 284g und § 284h ABGB.

Geschichte

Im den Jahren von 1976 bis 1980 existierte eine „Initiative für Humanes Sterben auf Wunsch von Sterbenden“ des Bundes für Geistesfreiheit in Nürnberg, aus der 1980 die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben hervorging. Diese Initiative verteilte eine „Verfügung an Ärzte“, in welcher sich die Betreffenden für den Fall eigener Äußerungsunfähigkeit gegen Therapien der bloßen Sterbensverlängerung aussprechen konnten. Gleichzeitig war diese Verfügung mit einer Organspendeerklärung verbunden. Im Jahr 1978 präsentierte der Kölner Arbeitsrechtler Uhlenbrock der Öffentlichkeit ein so genanntes „Patiententestament“, das in den Folgejahren von einem Verlag verkauft worden war. Diesem wurde bereits eine kleine Hinweiskarte beigefügt, die man im Geldbeutel etc. bei sich tragen konnte. Die Hamburger Ärztekammer verteilte 1979 ein solches „Testament“ an Patienten.

Medizinische Aspekte

Eine Patientenverfügung kann die krankheitsbedingte Prognose eines Patienten verschlechtern. Patientenverfügungen könnten bei den behandelnden Ärzten zu einer „negativen therapeutischen Grundeinstellung“ führen. Daraus könnte dann ein Selbstläufer werden, der die Prognose tatsächlich verschlechtert.[27] Dieser Effekt ist auch als „Futility“ (Aussichtslosigkeitsannahme) bekannt. In zwei Studien[28][29]zeigte sich, dass bei Patienten mit einer schweren intrazerebralen Blutung die Annahme einer schlechten Prognose ein unabhängiger Risikofaktor für die tatsächliche Sterblichkeit und das neurologische Ergebnis war.[30]

Literatur

  • Gerhard Geckle: Patientenverfügung und Testament, Haufe Verlag, 2. Auflage 2008, ISBN 978-3-448-08594-5
  • Axel Bauer, Thomas Klie: Patientenverfügungen/Vorsorgevollmachten – richtig beraten?, 2. Aufl, Heidelberg 2005, ISBN 978-3811430648
  • Matthias Winkler: Vorsorgeverfügungen – Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht, Betreuungs- und Organverfügung, 3. Aufl., München 2007 (Beck’sche Musterverträge Band 44), ISBN 978-3-406-55841-2

Siehe auch

Einzelnachweise/Fußnoten

  1. Zy­pries: End­lich mehr Rechts­si­cher­heit beim Um­gang mit Pa­ti­en­ten­ver­fü­gun­gen. (HTML) In: Pressemitteilungen. Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Bundesministeriums der Justiz, 18. Juni 2009, abgerufen am 24. Juni 2009 (Druckansicht).
  2. a b c d Gesetzentwurf der Abgeordneten Joachim Stünker, Michael Kauch, Dr. Lukrezia Jochimsen, Jerzy Montag und anderer: Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Betreuungsrechts. (PDF) In: BT-Drs. 16/8442. Deutscher Bundestag, 6. März 2008, S. 4, abgerufen am 29. Juni 2009 (Drittes Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts, § 1901a Abs. 1 BGB): „§ 1901a Patientenverfügung (1) Hat ein einwilligungsfähiger Volljähriger für den Fall seiner Einwilligungsunfähigkeit schriftlich festgelegt, ob er in bestimmte, zum Zeitpunkt der Festlegung noch nicht unmittelbar bevorstehende Untersuchungen seines Gesundheitszustandes, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einwilligt oder sie untersagt (Patientenverfügung), prüft der Betreuer, ob diese Festlegungen auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zu- treffen. Ist dies der Fall, hat der Betreuer dem Willen des Betreuten Ausdruck und Geltung zu verschaffen. Eine Patientenverfügung kann jederzeit formlos widerrufen werden. (2) [...]“
  3. Bundesgerichtshof, XII. Zivilsenat: Beschluss vom 17. März 2003, Aktenzeichen XII ZB 2/03. (PDF) Bundesgerichtshof, abgerufen am 19. Juni 2009 (Leitsatzentscheidung (BGB §§ 1896, 1901, 1904)): „Leitsätze: a) Ist ein Patient einwilligungsunfähig und hat sein Grundleiden einen irreversiblen tödlichen Verlauf angenommen, so müssen lebenserhaltende oder -verlängernde Maßnahmen unterbleiben, wenn dies seinem zuvor - etwa in Form einer sog. Patientenverfügung - geäußerten Willen entspricht. Dies folgt aus der Würde des Menschen, die es gebietet, sein in einwilligungsfähigem Zustand ausgeübtes Selbstbestimmungsrecht auch dann noch zu respektieren, wenn er zu eigenverantwortlichem Entscheiden nicht mehr in der Lage ist. Nur wenn ein solcher erklärter Wille des Patienten nicht festgestellt werden kann, beurteilt sich die Zulässigkeit solcher Maßnahmen nach dem mutmaßlichen Willen des Patienten, der dann individuell - also aus dessen Lebensentscheidungen, Wertvorstellungen und Überzeugungen - zu ermitteln ist. b) Ist für einen Patienten ein Betreuer bestellt, so hat dieser dem Patientenwillen gegenüber Arzt und Pflegepersonal in eigener rechtlicher Verantwortung und nach Maßgabe des § 1901 BGB Ausdruck und Geltung zu verschaffen. Seine Einwilligung in eine ärztlicherseits angebotene lebenserhaltende oder –verlängernde Behandlung kann der Betreuer jedoch nur mit Zustimmung des Vormundschaftsgerichts wirksam verweigern. Für eine Einwilligung des Betreuers und eine Zustimmung des Vormundschaftsgerichts ist kein Raum, wenn ärztlicherseits eine solche Behandlung oder Weiterbehandlung nicht angeboten wird - sei es daß sie von vornherein medizinisch nicht indiziert, nicht mehr sinnvoll oder aus sonstigen Gründen nicht möglich ist. Die Entscheidungszuständigkeit des Vormundschaftsgerichts ergibt sich nicht aus einer analogen Anwendung des § 1904 BGB, sondern aus einem unabweisbaren Bedürfnis des Betreuungsrechts. c) Zu den Voraussetzungen richterlicher Rechtsfortbildung.“; vgl. auch die entsprechende Pressestelle des Bundesgerichtshofs: Pressemitteilung Nr. 52/03. (HTML) Bundesgerichtshof, , abgerufen am 19. Juni 2009 (Bundesgerichtshof zur vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung von Betreuerentscheidungen im Zusammenhang mit lebensverlängernden Maßnahmen an einwilligungsunfähigen Patienten). sowie bei dejure unter XII ZB 2/03 zu weiteren Nachweisen)
  4. Bundesgerichtshof, XII. Zivilsenat: Beschluss Aktenzeichen XII ZB 2/03. (PDF) Bundesgerichtshof, , S. 1 [Leitsatz a)], abgerufen am 19. Juni 2009 (Links nicht im Original; Vgl. auch das entsprechende Zitat aus den Gründen ab S. 15 f.:„Liegt eine solche Willensäußerung, etwa - wie hier - in Form einer sogenannten "Patientenverfügung", vor, bindet sie als Ausdruck des fortwirkenden Selbstbestimmungsrechts, aber auch der Selbstverantwortung des Betroffenen den Betreuer; denn schon die Würde des Betroffenen (Art. 1 Abs. 1 GG) verlangt, daß eine von ihm eigenverantwortlich getroffene Entscheidung auch dann noch respektiert wird, wenn er die Fähigkeit zu eigenverantwortlichem Entscheiden inzwischen verloren hat.“ (Link nicht im Original)).
  5. a b Bundesgerichtshof, XII. Zivilsenat: Beschluss vom 17. März 2003, Aktenzeichen XII ZR 177/03. (PDF) Bundesgerichtshof, S. 4, abgerufen am 19. Juni 2009: „a) Die mit Hilfe einer Magensonde durchgeführte künstliche Ernährung ist ein Eingriff in die körperliche Integrität, der deshalb der Einwilligung des Patienten bedarf (vgl. Senatsbeschluß BGHZ 154, 205 = FamRZ 2003, 748, 750). Eine gegen den erklärten Willen des Patienten durchgeführte künstliche Ernährung ist folglich eine rechtswidrige Handlung, deren Unterlassung der Patient analog § 1004 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 823 Abs. 1 BGB verlangen kann. Dies gilt auch dann, wenn die begehrte Unterlassung - wie hier - zum Tode des Patienten führen würde. Das Recht des Patienten zur Bestimmung über seinen Körper macht Zwangsbehandlungen, auch wenn sie lebenserhaltend wirken, unzulässig (Senatsbeschluß aaO 751).“
  6. a b Bundesgerichtshof, XII. Zivilsenat: Beschluss vom 8. Juni 2005, Aktenzeichen XII ZR 177/03. (PDF) Bundesgerichtshof, S. 8, abgerufen am 19. Juni 2009: „2. Das Oberlandesgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - nicht geprüft, ob möglicherweise strafrechtliche Verbote die Beklagte bzw. deren Organe oder Personal hinderten, dem Unterlassungsverlangen des Klägers nachzukommen. Die strafrechtlichen Grenzen einer Sterbehilfe im weiteren Sinn ("Hilfe zum Sterben", vgl. im einzelnen BGHSt 40, 257), auf die das klägerische Verlangen zielt, erscheinen dem Senat bislang nicht hinreichend geklärt (zum Meinungsstand etwa: Zwischenbericht der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags, Ethik und Recht der modernen Medizin. Patientenverfügungen, BT-Drucks. 15/3700 S. 37 ff., 45). Sie sind jedoch für die Entscheidung des vorliegenden Falles von Bedeutung; denn die Beklagte kann nicht zivilrechtlich zu einem Verhalten verurteilt werden, mit dem die Organe und Beschäftigten der Beklagten Gefahr laufen, sich zu den Geboten des Strafrechts in Widerspruch zu setzen. Das vorliegende Verfahren bietet - im Hinblick auf die hier allein zu treffende Kostenentscheidung - keinen geeigneten Rahmen, die Frage nach diesen Grenzen abschließend zu beantworten. Der Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits war danach letztlich ungewiß. Dem trägt die beiderseitige Kostenlast Rechnung.“
  7. a b c Bundesgerichtshof, XII. Zivilsenat: Beschluss vom 17. März 2003, Aktenzeichen XII ZR 177/03. (PDF) Bundesgerichtshof, S. 1 (Leitsatz a), abgerufen am 19. Juni 2009 (Leitsatzentscheidung (BGB §§ 1896, 1901, 1904)): „a) Verlangt der Betreuer in Übereinstimmung mit dem behandelnden Arzt, daß die künstliche Ernährung des betreuten einwilligungsunfähigen Patienten eingestellt wird, so kann das Pflegeheim diesem Verlangen jedenfalls nicht den Heimvertrag entgegensetzen. Auch die Gewissensfreiheit des Pflegepersonals rechtfertigt für sich genommen die Fortsetzung der künstlichen Ernährung in einem solchen Fall nicht (im Anschluß an BGHZ 154, 205). b) Hat sich der Rechtsstreit durch den Tod des Patienten erledigt, rechtfertigt der Umstand, daß die strafrechtlichen Grenzen einer Sterbehilfe im weiteren Sinn ("Hilfe zum Sterben") bislang nicht hinreichend geklärt erscheinen, eine gegenseitige Kostenaufhebung nach § 91 a ZPO.“
  8. Broschüre des Bundesjustizministeriums (pdf-Datei 323 kb)
  9. Gesetzentwurf der Abgeordneten Joachim Stünker, Michael Kauch, Dr. Lukrezia Jochimsen, Jerzy Montag und anderer: Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Betreuungsrechts. (PDF) In: BT-Drs. 16/8442. Deutscher Bundestag, 6. März 2008, S. 4, abgerufen am 29. Juni 2009 (Drittes Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts, § 1901a Abs. 2 bis 4 BGB): „§ 1901a Patientenverfügung ([...] (2) Liegt keine Patientenverfügung vor oder treffen die Festlegungen einer Patientenverfügung nicht auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zu, hat der Betreuer unter Beachtung des mutmaßlichen Willens des Betreuten zu entscheiden, ob er in eine ärztliche Maßnahme nach Absatz 1 einwilligt oder sie untersagt. Der mutmaßliche Wille ist aufgrund konkreter Anhaltspunkte zu ermitteln. Zu berücksichtigen sind insbesondere frühere mündliche oder schriftliche Äußerungen, ethische oder religiöse Überzeugungen, sonstige persönliche Wertvorstellungen und das Schmerzempfinden des Betreuten. Um solche Anhaltspunkte zu ermitteln, soll der Betreuer nahen Angehörigen und sonstigen Vertrauenspersonen des Betreuten Gelegenheit zur Äußerung geben, sofern dies ohne erhebliche Verzögerung möglich ist. (3) Die Absätze 1 und 2 gelten unabhängig von Art und Stadium einer Erkrankung des Betreuten. (4) Die Absätze 1 bis 3 gelten auch für Bevollmächtigte.“
  10. Zentrales Vorsorgeregister der BNotK
  11. § 78a Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BNotO sowie VRegV als Ausführungsvorschrift
  12. Hufen NJW 2001, 849, 853
  13. Bundesgerichtshof, XII. Zivilsenat: Beschluss vom 8. Juni 2005, Aktenzeichen XII ZR 177/03. (PDF) Bundesgerichtshof, S. 7, abgerufen am 19. Juni 2009: „d) Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts stand der Beklagten gegenüber dem Unterlassungsbegehren des Klägers auch kein Verweigerungsrecht zu, das sich aus den in Art. 1, 2 und 4 GG verbürgten Rechten der Beklagten oder ihrer Pflegekräfte ableiten ließe. Zwar sind die Pflegekräfte der Beklagten auch in ihrer beruflichen Tätigkeit Träger der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG). Das bedeutet jedoch nicht, daß damit auch ihre ethischen oder medizinischen Vorstellungen vom Schutzbereich des Art. 1 Abs. 1 GG umfaßt sind oder mit dem verlangten Unterlassen in diesen Schutzbereich eingegriffen würde (vgl. Hufen in einer nicht veröffentlichten gutachtlichen Stellungnahme zu der angefochtenen Entscheidung; zum Maßstab für einen Eingriff in die Menschenwürde vgl. etwa BVerfGE 30, 1, 26). Ein Verstoß gegen Art. 2 GG ist nicht ersichtlich; insbesondere fand das Selbstbestimmungsrecht der Pflegekräfte am entgegenstehenden Willen des Klägers bzw. des für ihn handelnden Betreuers - also an den "Rechten anderer" (Art. 2 Abs. 1 GG) - ihre Grenze. Die Frage, ob das Verlangen des Klägers die Gewissensfreiheit (Art. 4 Abs. 1 GG) des Pflegepersonals berührte, kann letztlich dahinstehen. Soweit das Strafrecht die künstliche Ernährung eines willensunfähigen Patienten gebietet (vgl. dazu unter 2.), bedarf es eines Rückgriffs auf Art. 4 Abs. 1 GG nicht; niemand darf zu unerlaubten Handlungen gezwungen werden. Im übrigen verleiht die Gewissensfreiheit dem Pflegepersonal aber kein Recht, sich durch aktives Handeln über das Selbstbestimmungsrecht des durch seinen Betreuer vertretenen Klägers hinwegzusetzen und seinerseits in dessen Recht auf körperliche Unversehrtheit einzugreifen (Hufen NJW 2001, 849, 853). Darin liegt auch der Unterschied zur Normsituation des § 12 Abs. 1 Schwangerschaftskonfliktgesetz, auf den sich das Oberlandesgericht zu Unrecht beruft: Danach ist zwar niemand verpflichtet, an einem Schwangerschaftsabbruch mitzuwirken. Die Vorschrift berechtigt aber auch niemanden, durch positives Tun in die Rechte Dritter einzugreifen, um Abtreibungen zu verhindern.“ zu weiteren Zitierungen siehe unter XII ZR 177/03
  14. Vgl. auch Bundesgerichtshof, XII. Zivilsenat: Beschluss vom 31. August 2005, Aktenzeichen XII ZR 177/03. (PDF) Abgerufen am 19. Juni 2009 (Berichtigungsbeschluss).
  15. Beschlüsse ; 66. Deutsche Juristentag ; Stuttgart 19. bis 22. September 2006. (PDF) Deutscher Juristentag e.V., S. 7-14 (insbesondere S. 9), abgerufen am 19. Juni 2009.; vgl. auch: Stellungnahme der Deutschen Hospiz Stiftung zum Gutachten „Patientenautonomie und Strafrecht bei der Sterbebegleitung“ für den 66. Deutschen Juristentag, Stuttgart 2006 (PDF-Datei; 453 kB)
  16. Deutscher Bundestag, 16. Wahlperiode, Protokoll der 91. Sitzung am 29. März 2007 (Debatte S. 9120–9158, zu Protokoll gegebene Reden S. 9275–9285, PDF) (2,27 MB); Volltexte aller Gesetzentwürfe und ergänzende Materialien; Stellungnahme des Vormundschaftsgerichtstages e.V. (PDF); Übersicht über die Gesetzentwürfe;Die derzeitige Rechtslage im Vergleich zum Gruppenantrag Bosbach, Röspel, Winkler, Fricke MdB et al.
  17. Synopse der drei am 15. Mai 2009 vorliegenden Diskussionsentwürfe (Bosbach, Zöller, Stünker). In: Online-Lexikon Betreuungsrecht. 17. Mai 2009, abgerufen am 24. Juni 2009.
  18. Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Betreuungsrechts (Bt-Drs. 16/8442, PDF) (616 kB)
  19. Deutscher Bundestag, 16. Wahlperiode, Protokoll der 172. Sitzung am 26. Juni 2008 (S. 18260–18274, PDF) (3,31 MB)
  20. Entwurf eines Gesetzes zur Verankerung der Patientenverfügung im Betreuungsrecht (Patientenverfügungsgesetz – PatVerfG, Bt-Drs. 16/11360, PDF) (368 kB)
  21. Entwurf eines Gesetzes zur Klarstellung der Verbindlichkeit von Patientenverfügungen (Patientenverfügungsverbindlichkeitsgesetz – PVVG, Bt-Drs. 16/11493, PDF) (232 kB)
  22. Deutscher Bundestag, 16. Wahlperiode, Protokoll der 199. Sitzung am 21. Januar 2009 (S. 21492–21511, PDF) (1,50 MB)
  23. Gesetzliche Überregulierung der Patientenverfügung vermeiden (Bt-Drs. 16/13262, PDF) (56 kB)
  24. Deutscher Bundestag, 16. Wahlperiode, Protokoll der 227. Sitzung am 18. Juni 2009 (S. 5094–25127, PDF) (2,97 MB)
  25. Namentliche Abstimmungen Patientenverfügung. (HTML) Deutscher Bundestag, 18. Juni 2009, abgerufen am 19. Juni 2009.; Stünker-Entwurf mit Mehrheit angenommen - Bundestag beschloss Gesetz zur Regelung von Patientenverfügungen. (HTML) In: Aktuelle Themen. Deutscher Bundestag, 19. Juni 2009, abgerufen am 19. Juni 2009.
  26. http://www.admin.ch/ch/d/ff/2009/141.pdf – Schweizerisches Gesetzbuch
  27. [1] Frank Erbguth, Und wenn es doch gut ausgeht? Wie Patientenverfügungen medizinische Verläufe beeinflussen, in „Dr. med. Mabuse“ Nr. 165, Januar/Februar 2007, S. 38–40
  28. Becker KJ et al., Neurology. 2001; 56:766-772
  29. Zahuranec DB et al., Neurology. 2007; 68:1651–1657
  30. Zitiert nach „Patientenverfügungen verschlechtern die Prognose!“, MMW-Fortschr. Med. Nr. 39 / 2007 (149. Jg.), S. 14

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