Ergodenhypothese
Die Ergodenhypothese der statistischen Mechanik ist die Annahme, dass sich das System gewissermaßen so „chaotisch“ benimmt[1], dass alle Zustände des Systems gleich wahrscheinlich sind: Präzise wird angenommen, dass für „fast alle“[2] Messgrößen A der zeitliche Mittelwert gleich dem Ensemble- oder Scharmittelwert ist.
- (in Worten: für fast alle Messgrößen A gilt Zeitmittel=Scharmittel)
Die Ergodenhypothese ist zwar meistens erfüllt, aber für wichtige Fälle (siehe unten) nicht. Für die zutreffenden Fälle gilt ferner, dass ein dynamisches System nur insofern ergodisch (genauer: quasi-ergodisch) ist, als die Aussage gilt dass die Trajektorie (d.h. die Bahn des Systems jedem Punkt im Phasenraum) in endlicher Zeit beliebig nahe kommt. Dagegen hat Ludwig Boltzmann in seiner ursprünglichen aus dem Jahr 1887 stammenden Hypothese angenommen, dass die Bahn jeden Punkt wirklich erreicht. [3]
Die Ergodenhypothese wird häufig auch als Ergodentheorem bezeichnet (wobei meist das Quasi-Ergodentheorem gemeint ist). Wichtig ist sie vor allem als Grundlage der statistischen Mechanik und als Hypothese vom molekularen Chaos. Obwohl sie anschaulich einfach erscheint, ist ihre strenge mathematische Rechtfertigung extrem schwierig, und - wie gesagt - in vielen wichtigen Fällen gilt sie nicht.[4]
Man verwendet diesen Begriff auch in der Systemtheorie zur Klassifizierung von Systemen bzw. der von ihnen erzeugten Signale. Ein ergodisches Signal ist ein stochastisches (dem Zufall unterworfenes) stationäres Signal, das sowohl aperiodisch als auch wiederkehrend ist. Dies ist z. B. der Fall, wenn das Signal eine markante Wellenform hat, ohne dass sich diese in festen Intervallen wiederholt. Ergodische Systeme tendieren dazu, ein Ausgangssignal zu erzeugen, das von der Initialanregung nur wenig abhängig ist.
Im Fall spontaner Symmetriebrechung wird die Ergodenhypothese verletzt (Ergodizitätsbrechung). Es gibt dann disjunkte ergodische Bereiche im Phasenraum. Dies kann bei Phasenübergängen geschehen, sowie bei Glasübergängen, d.h. beim Erstarren einer Flüssigkeit, oder bei Spingläsern.
Einzelnachweise
- ↑ zum Beispiel durch ein von Außen wirkendes sog. „Wärmebad“
- ↑ das heißt: mit vernachlässigbar-vielen Ausnahmen
- ↑ siehe Richard Becker, Theorie der Wärme, 1. Aufl., Springer-Verlag, S. 97
- ↑ zur quantenmechanischen Formulierung: siehe Albert Messiah, Quantenmechanik, Band 1, 2. Aufl., S. 17