Dreiphasenwechselstrom

Dreiphasenwechselstrom (umgangssprachlich Dreh- oder Kraftstrom) ist ein Begriff aus der Elektrotechnik und bezeichnet ein System von miteinander verketteten elektrischen Wechselströmen, im Gegensatz zum Einphasenwechselstrom.
Werden in einem Generator drei um jeweils 120° im Kreis versetzt angeordnete Spulen einem rotierenden Magnetfeld ausgesetzt, so entsteht in den Spulen durch Induktion fortlaufend eine Wechselspannung, die zeitlich um jeweils eine Drittelperiode (oder 120° bei einem Kreisumlauf) gegenüber den anderen Spulenspannungen versetzt ist.
Drehstromnetze
Ein Drehstromnetz ist ein Stromnetz, in dem Dreiphasenwechselstrom verwendet wird. Da man den Drehstrom gut transformieren kann und Drehstrommotoren klein, kompakt und wartungsarm und billig hergestellt werden können, sind heute alle öffentlichen Stromnetze Drehstromnetze.
In Drehstromnetzen wird meist der Mittelpunktsleiter geerdet. Hierbei werden im Niederspannungsbereich Vierleitersysteme, im Hochspannungsbereich über 1000 Volt Dreileitersysteme verwendet. Im Niederspannungsbereich und in Höchstspannungsnetzen ist der Mittelpunkt starr geerdet, in Mittelspannungs- und Hochspannungsnetzen ist dieser häufig induktiv über eine Drosselspule/Erdschlusslöschspule geerdet.
Bei mit Drehstrom angetriebenen Bahnen wird meist eine Phase geerdet.
Dreileiter-System
Diese drei Wechselstrom-Phasen lassen sich jeweils einzeln zur Versorgung elektrischer Verbraucher nutzen. Wenn die Belastung aller drei Phasen gleich groß ist (symmetrische Belastung), dann ist die geometrische Summe (siehe Vektorrechnung) der Ströme in den einzelnen Phasen zu jedem Zeitpunkt gleich Null. Daher lassen sich für solche Bedingungen die Generatorspulen an ihrem einen Ende zu einem so genannten Sternpunkt oder Mittelpunkt zusammenschalten. Dieser Sternpunkt ersetzt die Rückleitung. Die elektrischen Verbraucher müssen in diesem Falle mit ihrem Rückleitungs-Ende ebenfalls zu einem Sternpunkt zusammengeschlossen werden. Durch dieses so entstandene Dreileiter-System lässt sich ein elektrisches Energieübertragungsnetz besonders ökonomisch aufstellen.
Bei Motorantrieben lässt sich mit dem Drehstromsystem durch seine Phasenverschiebung ein rotierendes Magnetfeld erzeugen, welches einen einfach gestalteten Rotor zum Drehen bringen kann, siehe Drehstrom-Asynchronmaschine. In der Bauweise sind Drehstrommotoren besonders einfach und sehr leistungsfähig.
Die Bezeichnungen der Außenleiter (Phasen) mit R, S und T ist teilweise noch in Gebrauch. Sie sind jedoch veraltet. Die aktuell üblichen Bezeichnungen sind L1, L2 und L3. 'L' steht dabei für 'Live'.
Dreiphasen-Fünf-Leiter-System
Beim Endverbraucher von Stromnetzen und bei Aufsplittung in Einphasenwechselstrom-Leitungen ist jedoch eine gleichmäßig verteilte Entnahme nicht mehr gewährleistet. Hier wird dem Dreileiternetz ein zusätzlicher Ausgleichsleiter (Null-Leiter oder Neutralleiter N) zugefügt, über den die meist geringen Ausgleichsströme zum Sternpunkt des Versorgungssystems zurückfließen. Zusammen mit dem Schutzleiter (engl.:Protective Earth PE, Farbe der Leitungsisolierung: Grün-Gelb) ergibt sich dann ein "Dreiphasen-Fünf-Leiter-System".
Einphasenwechselstrom
Durch Nutzung des Dreileiter-Dreiphasen-Systems mit drei getrennten Kreisen in der Hin- und einer gemeinsamen Rückleitung lässt sich eine einfache Versorgung mit Einphasenwechselstrom von Ue = 230 Volt zwischen einem der 400-Volt-Phasenleiter und dem Rückleiter (Neutralleiter) für Haushalte und Einphasenverbrauchern bereitstellen.
Die Rechnungsformel für die Spannung lautet mit Ue als Einphasen-Spannung und Up als Dreiphasenspannung

Ein Vorteil der Nutzung von Drehstrom für mehrere Wechselstromverbraucher ist, dass nur 4 Leiter anstatt 6 bei getrenntem Einphasen-Wechselstrom für die Einspeisung (Hausanschluss) benötigt werden. Diese Merkmale machen den Dreiphasen-/Einpasenwechselstrom (z. B. 400/230V) zur wichtigsten und wirtschaftlichsten Stromart der Elektroenergie.
Das reine Dreileiter-System ohne seperate Rückleiter wird verwendet, wenn die nahezu symmetrische Belastung annähernd erreicht werden kann und für begrenzte Ausgleichs- und kapazitive Ladeströme der Leitung die Erde als Rückleitung ausreicht, wie z. B. in Hochspannungs-Freileitungs-Netzen von z. B. 6 - 400 kV (regionales Übertragungs-Netz der Netzbetreiber - vom Kraftwerk zum Umspannwerk)
Vorteile der Drehstromsysteme
Erzeugung eines magnetischen Drehfeldes
Dreiphasenwechselstrom bietet als Stromsystem im Gegensatz zu Einphasenwechselstrom und Gleichstrom die Möglichkeit, mit Hilfe einer so genannten Drehstromwicklung verhältnismäßig einfach ein sich drehendes Magnetfeld (Drehfeld) zu erzeugen. Derartige Drehfeldmotoren sind einfach im Aufbau, robust, betriebssicher, wartungsfrei und wirtschaftlich.
Konstantes Drehmoment
Im Gegensatz zur Einphasenmaschine ist die übertragene Leistung und mithin das nutzbare Drehmoment bei Dreiphasenmaschinen in weiten Bereichen konstant.
Leiter und Verluste bei der Energieübertragung
Zur Übertragung von Gleichstrom und Einphasenwechselstrom werden zwei Leiter benötigt. Sollen drei unverkettete Wechselspannungen übertragen werden, wären sechs Leiter erforderlich. Verkettet man drei Stränge eines Dreiphasen-Wechselstromsystems in einer Stern- oder Dreieckschaltung (120 elektrische Grade räumlich (120 elektrische Grade räumlich im Stator-Blechpaket versetzte Wicklungen), genügen zur Energieübertragung drei Leiter, soferne es sich um eine reine symmetrische Belastung (z. B. Motoren) handelt. Die Verkettung der Stränge zu einem gemeinsamen Dreiphasen-Wechselstromsystem ermöglicht also grungsätzlich die Einsparung von drei Übertragungsleitungen und damit die Verringerung der Kosten für das Leitungs- und Isolationsmaterial um bis zu 50 %. Außerdem werden bei symmetrischer Belastung auch die Verluste reduziert. Weil bei symmetrischer Belastung die Summe der Augenblickswerte der drei Außenleiterspannungen und der Strangströme null ist und so z. B der Sternpunktleiter stromlos wird, kann er in kompensierten Systemen auch weggelassen oder mit geringerem Leiter-Querschnitt als die Außenleiter ausgeführt werden.
Transformierbarkeit der Spannungen
Während drei Einphasen-Transformatoren drei Eisenkerne mit mindestens sechs Schenkeln erfordern, genügt bei einem Drehstrom-Transformator ein Eisenkern mit drei Schenkeln. Durch die Verkettung der magnetischen Flüsse der drei Strangströme lassen sich drei Schenkel einsparen. Neben der Einsparung von aktivem Eisen hat ein Drehstromtransformator auch geringere Eisenverluste als drei Einphasen-Transformatoren mit gleicher Gesamtleistung, da die Verluste mit dem Eisenkern-Gewicht linear ansteigen.
Spannungen verschiedener Höhe
In einem Gleichstrom- und einem Einphasenwechselstromnetz mit zwei Netzleitern steht dem Verbraucher bei direktem Anschluss lediglich eine einzige Spannung zur Verfügung. Dagegen bietet sich in einem Vierleiter-Drehstromnetz die Möglichkeit des Anschlusses an zwei verschieden hohe Spannungen. Die Spannungen zwischen den einzelnen Außenleitern ist um den Faktor 1,73 (=Quadratwurzel aus 3) größer (400 V), als die zwischen den Außenleitern und dem Neutralleiter bzw. Mittelpunkts-Leiter mit (230 V) gemessenen Spannung.
Siehe auch
- Elektrischer Strom
- Wechselstrom
- Sternschaltung
- Dreieckschaltung
- Stern-Dreieck-Schaltung
- Lichtmaschine
Weblinks
- Simulationsprogramme (DOS) zum download
- von-grambusch.de "Fachtheorie" und "Der Drehstrom" anklicken
- Der Dreh mit dem Drehstrom