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Überexpression

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Unter Proteinüberexpression versteht man die Herstellung eines bestimmten Proteins in prokaryontischen oder eukaryontischen Zellen unter Verwendung eines rekombinanten Vektors. Entscheidend ist dabei , dass eine möglichst große Menge des Proteins gewonnen werden kann. Man unterscheidet

  • homologe Expression (d. h. Protein und Expressionswirt sind von gleicher Spezies) und
  • heterologe Expression (Protein und Wirt sind unterschiedlicher Spezies).

Standardmäßig benutzt man zur heterologen Expression E.coli-Zellen, da diese Bakterien schnell in großen Ansätzen vermehrt werden können und so die Proteinausbeute optimal ist. So können viele humane Proteine in Bakterienzellen hergestellt und dann aufgereinigt werden (klassisches Beispiel: Insulin). Anders wäre die große Menge an Insulin, die sich Diabetiker spritzen müssen, nur schwer zu erlangen. Bei komplexeren Proteinen versagt diese einfache Methode jedoch, da Bakterien nicht alle Mechanismen der Proteinweiterverarbeitung in der Zelle besitzen, wie sie höhere Organismen aufweisen. Deshalb ist es z. B. bei Membranproteinen notwendig, auf ein Expressionssystem umzusteigen, welches in der Entwicklungsstufe möglichst nahe dem des Zielproteins steht (z.B. eukaryontische Hefezellen oder Insektenzellen).

Im Folgenden sind die grundlegenden Vorgehensweisen der Proteinüberexpression anhand des Beispiels "Insulin" beschrieben:

Klonierung und Transformation

Promotor-Bereich eines typischen Überexpressionsvektors

Um ein Bakterien dazu zu bewegen, das menschliches Protein Insulin herzustellen, muss man ihm die Bauanleitung dafür zur Verfügung stellen. Dies geschieht, indem man das Insulin-Gen in die Bakterienzelle einschleust. Mit dem Gen alleine kann die Zelle aber nichts anfangen. Deshalb bringt man das Insulin-Gen vorher in einen Vektor, der als Sonde funktioniert und alle wichtigen Informationen enthält, damit das Gen abgelesen werden kann. Im Artikel "Klonierung" ist beschrieben, wie ein solcher Vektor mit Gen-Insert hergestellt wird.

Der Vektor enthält neben dem Insulin-Gen noch einen Promotor (rot), welcher als Startpunkt für die Ablesung des Gens (Transkription) fungiert. Noch dazu kann der Promotor induziert werden; er wird also erst dann aktiv, wenn man eine bestimmte Substanz zugibt.

Transformation und Selektion

Hinter dem Insulin-Gen befindet sich noch ein "Tag", ein kleines Genstück, welches dazu führt, dass am Insulin-Protein ein Bereich angehängt wird, der später zur Reinigung des Proteins aus der Bakterienkultur notwendig ist.

Der Vektor mit Insulin-Gen wird in E.coli-Bakterienzellen eingebracht (Transformation). Ein Antibiotikum-Resistenzgen auf dem Vektor sorgt dafür, dass nur die Zellen im Antibiotikum-haltigen Nährmedium wachsen, die den Vektor auch wirklich aufgenommen haben (Selektion).

Proteinsynthese und -aufreinigung

Eine Kolonie wird benutzt, um eine größere Menge Nährmedium anzuimpfen. Auch dieses Medium enthält Antibiotikum. Die resistenten Zellen vermehren sich im Nährmedium bei 37°C durch Zweiteilung. Sobald eine bestimmte Bakterienzahl pro Milliliter Medium (OD ~ 0.9) erreicht ist, wird IPTG (Isopropyl-ß-Thio-Galactosid) zugegeben. Dieser Stoff dienst als Induktor für das Anschalten der Genablesung (siehe auch: Operon): das Insulin-Gen wird vervielfältigt (Transkription), das Protein wird hergestellt (Translation).

Der regulierbare Promotor hat den Vorteil, dass die Proteinsynthese erst bei maximaler Zelldichte aktiviert werden kann. So ist es auch möglich, evtuell für die Bakterien toxische Proteine herstellen zu lassen, die bei andauernder Aktivität des Promotors das Wachstum der Zellen behindern würden.

Nachdem die Zellen einige Stunden lang das Protein hergestellt haben, werden die Bakterien "geerntet". Dazu überführt man das Nährmedium in Zentrifugationsgefäße und zentrifugiert bei geringer Drehzahl. Die Zellen setzen sich dabei am Boden des Röhrchens ab und bilden einen Klumpen (Pellet). Das Nährmedium kann abgegossen werden.

Von der Kolonie zum Pellet

Da sich das überexprimierte Insulin noch in den Bakterienzellen befindet, müssen diese erst ausgeschlossen werden (Zellaufschluss). Eine weit verbreitete Methode ist die ULtraschall-Behandlung, die die Zellmembranen beschädigt und dazu führt, dass die Bakterien sich auflösen. Da in diesem Gemisch nun auch Proteinasen vorhanden sind, die normalerweise in abgetrennten Bereichen der Zellen arbeiten und defekte Proteine abbauen, ist es entscheidend, dass Proteinase-Hemmstoffe (Proteinase-Inhibitoren) zugegeben werden. Diese Hemmstoffe blockieren die proteinabbauende Wirkung der Proteinasen. Andernfalls würde das Insulin angegriffen und beschädigt werden.