Ischoren
Die Ischoren zählen wie die Ingrier zu den Finno-Ugriern. Sie leben im Leningrader Oblast, der historischen Landschaft Ingermanland. Eigenbezeichnungen sind: Karjalaiset (Karelier) und Isurit. Die Bevölkerungszahl lag 1989 bei 820. Nur ein Drittel beherrschte noch die Ischorische Sprache.
Die traditionell orthodoxen Ischoren werden häufig mit den protestantischen Ingriern verwechselt oder zu einer gemeinsame Gruppe zusammengefasst. Dies ist jedoch falsch, da beide Gruppen eine eigene Geschichte, Konfession und insbesondere die ingermanländischen Finnen eine eigene Identität haben.
Geschichte
Die Ischoren sind im 10. Jahrhundert aus Süd-Karelien nach Ingermanland (in etwa das heutige Gebiet Leningrad um St. Petersburg) eingewandert, wo sie zunächst im Bereich des Newazuflusses Ischora (Iskera) siedelten und einheimische Finno-Ugrier, insbesondere Teile der Woten, integrierten. Sie bildeten einen Teil der tschudischen (finnischsprachigen) Bevölkerung des Nowgoroder Fürstentums bzw. der mittelalterlichen Republik Nowgorod. 1228 werden die Ischoren (Ischora) als Gebiet und Volksstamm in russischen Chroniken erwähnt. Im frühen 16. Jahrhundert waren die nach umstrittenen Schätzungen etwa 70.000 Ischoren bereits zum christlichen Glauben in seiner orthodoxen Variante bekehrt. Mehr als ein Jahrhundert lang, bis zum Ende des Nordischen Krieges 1721, war das Land der Ischoren schwedisch. Die protestantischen Finnen (Ingrier) stellten am Ende dieses Zeitraums die Bevölkerungsmehrheit im Gebiet. Nach der russischen (Rück-)Eroberung setzte sich der Prozess der friedlichen Russifizierung der Ischoren fort, der auch viele Aspekte der Kultur einschloss. 1897 gab es noch 21.700 Ischoren, bis 1926 war ihr Zahl sogar auf 26.137 gewachsen.
Nach der Oktoberrevolution 1917 in Russland wurde zunächst eine Schriftsprache für die Ischoren geschaffen und etwa 20 Bücher erschienen bis zur Mitte der 1930er Jahre. Dann wurde die Schriftsprache wieder abgeschafft und die neu entstandenen Schulen geschlossen. Der 2. Weltkrieg stellte einen schwerwiegenden Einschnitt da. Nach Finnland geflohene oder evakuierte Ischoren mussten ausgeliefert werden und wurden bis 1956 deportiert. Seit dieser Zeit hat äußerer Druck offenbar zur Aufgabe ischorischer Identität durch die Mehrheit der ursprünglich ischorischen Bevölkerung geführt. 1959 wurde ihre Zahl nur noch mit 1.026 angegeben.