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Autismus

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Autismus (v. gr. αυτός: selbst) wird in der Medizin eine tiefgreifende Entwicklungsstörung genannt. Geprägt wurde der Begriff 1911 durch den schweizer Psychiater Eugen Bleuler. Autismus nannte er ein Grundsymptom der Schizophrenie, das die Zurückgezogenheit in die innere Gedankenwelt bei an Schizophrenie erkrankten Menschen meinte. Leo Kanner Vorlage:Lit und Hans Asperger Vorlage:Lit nahmen diesen Begriff auf und benannten so ein Störungsbild eigener Art. Im Unterschied zu Menschen mit Schizophrenie, die sich aktiv in ihr Inneres zurückziehen, beschrieben Kanner und Asperger Menschen, die primär, also von Geburt an, in einem Zustand der inneren Zurückgezogenheit leben. Damit unterlag der Begriff Autismus einem Bedeutungswandel. Heute wird der Begriff nur noch zur Bezeichnung des von Kanner und Asperger beschriebenen Störungsbildes gebraucht.

Autismusspektrum: Unterschiedliche Typen von Autismus

Es werden drei Typen von Autismus unterschieden:

  1. atypischer Autismus,
  2. frühkindlicher Autismus (auch infantiler Autismus oder Kanner-Autismus genannt) einschließlich der Variante des hochfunktionalen Autismus (engl. high-functioning autism) und
  3. Asperger-Syndrom.

Diese drei Typen bilden zusammen das Autismusspektrum (engl. autism spectrum disorders). Auf der einen Seite dieses Spektrums steht der atypische Autismus, der meist mit schwerer geistiger Behinderung auftritt. Auf der anderen Seite dieses Spektrums ist das Asperger-Syndrom angesiedelt, das in der Regel mit normaler bis überdurchschnittlicher Intelligenz auftritt. Sowohl die Übergänge innerhalb des Spektrums als auch der Übergang vom Asperger-Syndrom zur Normalität sind fließend. Allen Zuständen innerhalb dieses Spektrums sind die Merkmale eingeschränkte soziale Interaktion, eingeschränkte Kommunikation und reptitives Verhaltensmuster gemeinsam. Je nach Intensität der Ausprägung werden Patienten innerhalb dieses Spektrums eingeordnet.

Frühkindlicher Autismus ist gekennzeichnet durch eine schwere Ausprägung der Symptome, keine oder nur geringe sprachliche Entwicklung und besonders starke Objektbezogenheit. Meist geht er mit geistiger Behinderung einher. Beim frühkindlichen Autismus treten die Symptome bereits in den ersten Lebensmonaten auf, in jeden Fall vor dem dritten Lebensjahr. In der Variante des hochfunktionalen Autismus fehlt eine geistige Behinderung und die sprachliche Entwicklung tritt zwar verspätet ein, ist aber ansonsten normal.

Atypischer Autismus unterscheidet sich vom frühkindlichen Autismus dadurch, dass Kinder entweder nach dem dritten Lebensjahr erkranken oder nicht alle Symptome aufweisen (atypisches Erkrankungsalter oder atypische Symptomatik). Der atypische Autismus tritt in der Regel mit schwerer geistiger Behinderung auf.

Das Asperger-Syndrom ist die leichteste Ausprängung im Autismusspektrum. Die Erscheinungsformen sind vielgestaltig und die Übergänge zur Normalität fließend. Zusätzlich zu den Symptomen einer autistischen Störung liegen beim Asperger-Syndrom üblicherweise auch motorische Auffälligkeiten vor. Früher wurde das Asperger-Syndrom auch als „autistische Psychopathie“ bezeichnet.

Eine Differenzialdiagnose zwischen atypischem und frühkindlichem Autismus kann überlicherweise problemlos vorgenommen werden, da der atypische Autismus aufgrund seiner Unterschiede zum frühkindlichen Autismus definiert ist. Da atypischer Autnismus meist mit geistiger Behinderung einhergeht, ist auch eine Abgrenzung zum Asperger-Syndrom eindeutig gegeben. Schwierig werden kann eine Differenzierung zwischen frühkindlichem Autismus und Asperger-Syndrom, wenn der frühkindliche Autismus in der Form des hochfunktionalen Autismus auftritt. In der Variante des hochfunktionalen Autismus liegt keine Intelligenzminderung vor und die Symptome ähneln sehr denen des Asperger-Syndroms. Eine Differenzierung kann nur anhand der Entwicklung in der frühen Kindheit vorgenommen werden. Teilweise werden die Begriffe hochfunktionaler Autismus und Asperger-Syndrom auch synonym verwendet. Dies trägt der Tatsache Rechnung, dass beide Störungen sich in ihrem Auftreten ähneln, ignoriert jedoch, dass es sich letztlich um zwei verschiedene Störungen handelt.

Übersicht über die wichtigsten Unterschiede zwischen frühkindlichem Autismus und Asperger-Syndrom
frühkindlicher Autismus Asperger-Syndrom
erste Auffälligkeiten erste Lebensmonate ab 3. Lebensjahr
Blickkontakt selten, flüchtig selten, flüchtig
Sprache in der Hälfte der Fälle Fehlen einer Sprachentwicklung; ansonsten verzögerte Sprachentwicklung, anfangs keine kommunikative Funktion, Vertauschen der Pronomina keine bedeutsamen Auffälligkeiten, evtl. etwas verfrüht oder verzögert; grammatisch und stilistisch hoch stehende Sprache
Intelligenz meist erhebliche Intelligenzminderung; in der Variante des hochfunktionalen Autismus normale Intelligenz normale bis hohe Intelligenz, teilweise Hochbegabung
Motorik keine Auffälligkeiten, die auf den Autismus zurückzuführen sind motorische Störungen, Ungeschicklichkeit, Koordinationsstörungen

Symptome und Beschwerden

Experten sind sich darüber einig, dass die Ausprägung des Autismus individuell verschieden ist und somit keine festen und allgemeingültigen Aussagen getroffen werden können. Die beiden international gebräuchlichen Klassifikationssysteme für Krankheiten, ICD-10 und DSM-IV, nennen drei Punkte, die allen autistischen Störungen gemeinsam sind:

  1. Qualitative Beeinträchtigung der sozialen Interaktion,
  2. qualitative Beeinträchtigung der Kommunikation und
  3. repititive und stereotype Verhaltensmuster.

Darüber hinaus treten beim Asperger-Syndrom motorische Störungen auf.

Soziale Interaktion

Störungen in der sozialen Interaktion zeigen sich dadurch, dass sich Autisten von der Außenwelt abkapseln und in ihr Inneren zurückziehen. Je nach Ausprägung des Autismus geschieht das mehr oder weniger intensiv. Patienten mit frühkindlichen Autismus ziehen sich völlig in ihre innere Welt zurück; Patienten mit hochfunktionalem Autismus und Asperger-Syndrom hingegen stehen sozusagen mit einem Bein in ihrer und mit dem anderen in dieser Welt. Sie können am Gesellschaftsleben teilnehmen, ohne als Autisten erkannt zu werden, fallen jedoch meist wegen ihres als merkwürdig empfunden Verhaltens auf.

Autisten haben meist eine besonders starke Objektbezogenheit, häufig beschränkt auf eine bestimmte Art von Gegenständen. Ihre Aufmerksamkeit ist auf wenige Dinge, wie Wasserhähne, Türklinken, Fugen zwischen Steinplatten oder kariertes Papier gerichtet, die sie magisch anziehen. Je nach Ausprägung des Autismus kann das soweit gehen, dass alles andere an ihnen vorbei geht. Oft finden sie in Gegenständen einen für andere fremden Zweck, sortieren beispielsweise die Einzelteile einer Spielzeugeisenbahn nach Größe und Farbe, oder ihr einziges Interesse an einem Spielzeugauto ist es, die Räder unablässig zu drehen.

Anders als neuralgisch typische Menschen nehmen Autisten Menschen und Objekte in der selben Hinregion wahr.

Kommunikation

Bei frühkindlichem Autismus fehlt bei etwa der Hälfte der Patienten eine Sprachentwicklung ganz. Bei der anderen Hälfte der Patienten kommt es zu einer Verzögerung der Sprachentwicklung. Anfangs fehlt der Sprache die kommunikative Funktion. Wörter oder Sätze werden einfach wiederholt (Echolalie). Im Kindesalter vertauschen die Patienten oft die Pronomina. Sie reden von anderen als „ich“ und von sich selbst als „du“ oder in der dritten Person. Diese Eigenart bessert sich überlicherweise im Laufe der Entwicklung. Wortneuschöpfungen (Neologismen) treten häufig auf. Beim Asperger-Syndrom kann es sowohl zu einer frühen als auch zu einer geringfügung verspäteten Sprachentwicklung kommen. Patienten mit Asperger-Syndrom entwickeln eine grammatisch und stilistisch hoch stehende Sprache, die jedoch recht pedantisch sein kann. Sie haften an bestimmten Formulierungen (Perseveration).In der Kommunikation mit anderen Menschen haben sie Schwierigkeiten, Gesagtes über die genaue Wortbedeutung hinaus zu verstehen, zwischen den Zeilen zu lesen. Allen autistischen Störungen gemeinsam ist, dass die Sprache eintönig klingt (fehlende Prosodie).

Autismus äußert sich am auffallendsten in Schwierigkeiten in der Kontaktaufnahme zur Außenwelt und zu anderen Menschen. Manche Autisten scheinen die Außenwelt kaum wahrzunehmen und teilen sich ihrer Umwelt auf ihre ganz individuelle Art mit. Deshalb wurden autistische Kinder früher auch Muschelkinder oder Igelkinder genannt. Die Wahrnehmungen im visuellen und auditiven Bereich sind oft deutlich intensiver als bei neuralgisch typischen Menschen, daher scheint eine Abschaltfunktion im Gehirn die Reizüberflutung als Selbstschutz auszublenden. Autisten haben ein individuell unterschiedlich ausgeprägtes Bedürfnis nach Körperkontakt. Einerseits nehmen manche mit völlig fremden Menschen direkten und teils unangemessenen Kontakt auf, andererseits kann auch jede Berührung für sie aufgrund der Überempfindlichkeit ihres Tastsinns unangenehm sein.

Vor diesem Hintergrund gestaltet sich eine verstehende Kommunikation mit einem Autisten als schwierig. Emotionen werden oft falsch gedeutet oder gar nicht erst verstanden. Diese möglichen Probleme müssen bei der Kontaktaufnahme berücksichtigt werden und verlangen ein großes Einfühlungsvermögen.

Repititive und stereotype Verhaltensmuster

Veränderungen ihrer Umwelt, wie zum Beispiel umgestellte Möbel oder ein anderer Schulweg, führen bei Autisten zu Beunruhigung und Verunsicherung. Manchmal geraten Betroffene auch in Panik, wenn sich Gegenstände nicht mehr an ihrem gewöhnlichen Platz oder in einer bestimmten Anordnung befinden. Die Tatsache, dass Autisten eine intensive Wahrnehmung für Details haben und daher auch kleine Veränderungen bemerken, verschlimmert dieses Problem. Handlungen laufen aufgrund der Probleme bei Unregelmäßigkeiten stark ritualisiert ab.

Die Interessen von Autisten sind meist auf bestimmte Gebiete begrenzt. Autisten mit normal entwickelter Intelligenz können in dem Bereich ihres Spezialinteressen ein enormes Wissen ansammeln. In Ausnahmefällen zeigen ansonsten geistig behinderte autistische Menschen außergewöhnliche Begabungen in einem sehr begrenzten Gebiet, etwa im Rechnen, Malen, in der Musik oder in der Merkfähigkeit (Inselbegabung).

Sonstige Symptome

Menschen mit Autismus neigen zu visuellem Denken. Synästhesie tritt bei ihnen dergestalt auf, dass sie Sinneswahrnehmungen bestimmte Farben zuordnen. In ihrem Denken sind sie hyperspezifisch, d.h. sie sehen im Gegensatz zu neuralgisch typischen Menschen eher Details als das Ganze.

Ursachen

Die Ursachen von Autismus sind noch immer weitgehend ungeklärt. Früher vermutete man eine frühkindliche Form der Schizophrenie (Kinderschizophrenie, infantile Psychose). Es ist möglich, dass eine erbliche Komponente im Sinne einer Vulnerabilität (Anfälligkeit) existiert. In einzelnen Fällen kommt es bei Betroffenen zu Stoffwechselstörungen, die sich mit entsprechenden Diäten beheben lassen. Es gibt auch Vertreter der These, dass Autismus rein auf einer Störung des Stoffwechselsystems beruhe, diese Ansicht wird aber von den meisten Experten als Irrweg angesehen. Das autistische Verhalten geht wahrscheinlich auf eine Vielzahl von Wahrnehmungsstörungen zurück und stellt nur einen Anpassungsversuch dar, um in und mit der Umwelt einigermaßen im Gleichgewicht zu bleiben. Dabei ist zu beachten, dass Betroffene ihre Umgebung zwar mit intakten Sinnesorganen wahrnehmen, die zahlreichen Reize aber nicht richtig einordnen und zueinander in Beziehung bringen können.

Weil die betroffenen Kinder häufig normal aussehen, werden sie von Außenstehenden in der Öffentlichkeit schnell als unerzogen erlebt, und den Eltern wird die Schuld am Verhalten ihres derart auffälligen Kindes zugeschrieben. Solche Schuldzuweisungen und daraus resultierende Schuldgefühle enden nicht selten in Rückzug und Isolation der ganzen Familie. Die These, Autismus entstehe durch mangelnde Liebe (Terminus der sog. „Kühlschrankmutter“) oder durch Vernachlässigung im Säuglings- und Kindesalter, ist jedoch eindeutig widerlegt.

Bisher konnte nicht ausgeschlossen werden, dass es sich bei Autismus um ein Produkt der menschlichen Evolution handelt und nicht um eine Behinderung oder etwa Krankheit. Autismus ist vielleicht nur Teil der biologischen Vielfalt der Menschheit. Diese Annahme wird durch neue Forschungsergebnisse untermauert, in denen subklinische Formen von Autismus untersucht werden. Die Frage, ob Autismus vorliegt, wird hierbei zunehmend zu der Frage, wieviel Autismus ein Mensch hat. Fest steht, dass es sich bei Autismus um ein autistisches Spektrum handelt, bei dem alle denkbaren Zwischenstufen zwischen „Autismus“ und „Normal“ vorkommen Vorlage:Lit.

Verlauf und Behandlung

Dieser Absatz gibt einen allgemeinen Überblick über Verlauf und Behandlung der Störungen aus dem Autismusspektrum. Detailliertere Informationen bieten die jeweiligen Einzelartikel.

Eine Behandlung der Ursache gibt es nicht. Die Auswirkungen können sonderpädagogisch, heilpädagogisch und psychotherapeutisch behandelt werden. Es wurde über Erfolge einer Behandlung autistischer Kinder und Jugendlicher mit gezähmten Delfinen (Delfintherapie) berichtet. Die genaue Wirkung dieser Therapie ist noch nicht bekannt, vermutlich können Delfine besser als andere Tiere mit autistischen Menschen umgehen.

Beim frühkindlichen und atypischen Autismus bleibt eine Besserung des Symptombilds meist in engen Grenzen. Menschen mit diesen Autismusformen benötigen in der Regel eine intensive, lebenslange Betreuung und eine geschützte Unterbringung.

Bei Menschen mit hochfunktionalem Autismus oder Asperger-Syndrom hingegen ist der Langzeitverlauf meist positiv. Mit dem nötigen Verständnis und der erforderlichen Hilfe können sie ein normales Leben führen. Ihre positiven Eigenschaften wie Kreativität, Ehrlichkeit und großes Durchhaltevermögen können ihnen im Leben nützlich sein und zu beruflichem Erfolg verhelfen. Die Psychologen Oliver Sacks und Torey Hayden haben Bücher über ihre Patienten mit Autismus und deren Lebensweg veröffentlicht. Es existieren auch eine Reihe autobiographischer Bücher von autistischen Erwachsenen. Bekannt sind insbesondere die Werke der amerikanischen Kanner-Autistin Temple Grandin, die erfolgreich als Tierwissenschaftlerin arbeitet, sowie die Bücher der australischen Schriftstellerin und Künstlerin Donna Williams.

Autismus-Schleife

In der jüngsten Vergangenheit mehrten sich die Initiativen, Autismus und seine vielfältigen Ausprägungen ins öffentliche Bewusstsein zu holen und die positiven Eigenschaften von Menschen mit Autismus in den Vordergrund zu rücken. So wurde eine bunte Puzzleteil-Schleife, die an der Kleidung getragen werden kann, entwickelt. In Deutschland wurde 2004 der erste Verein zur Förderung und Integration von Menschen mit Asperger-Syndrom gegründet. Jährlich am 18. Juni wird seit 2005 der Autistic Pride Day begangen mit dem Ziel, die gesellschaftliche Akzeptanz von Menschen mit Autismus zu erreichen.

Differentialdiagnose

Autistisches Verhalten kann auch vorkommen insbesondere bei Schizophrenie, psychischem Hospitalismus (Deprivation, Deprivationssyndrom), Kindesmisshandlung, Verwahrlosung, schizoider Persönlichkeitsstörung, Fragilem X-Syndrom und Mutismus.

Unterscheidungskriterium bei Schizophrenie sind das Auftreten von Halluzinationen und Wahn, das beim frühkindlichen Autismus nicht gegeben ist. Frühkindlicher Autismus unterscheidet sich von autistischem Verhalten bei psychischem Hospitalismus, Kindesmisshandlung und Verwahrlosung dadurch, dass Autisten autistisches Verhalten primär, also von Geburt an, an den Tag legen; es wird bei ihnen nicht durch falsche Erziehung, mangelnde Liebe, Misshandlung oder Verwahrlosung ausgelöst. Im Gegensatz zum atypischen und frühkindlichen Autismus tritt bei der schizoiden Persönlichkeitsstörung keine Intelligenzminderung auf. Eine Abgrenzung zum hochfunktionalen Autismus und Asperger-Syndrom kann im Einzelfall schwierig sein. Hierbei ist die Anamnese wichtig. Der genetische Defekt, der das Fragile X-Syndrom auslöst, kann mit entsprechenden Analysemethoden nachgewiesen werden, sodass eine Unterscheidung vom frühkindlichem Autismus eindeutig erfolgen kann.

Historisches

Es gab zu verschiedenen Zeiten unterschiedliche Vorstellungen über die Entstehung von Autismus. Im zaristischen Russland etwa glaubte man, dass autistische Kinder als besonders religiöse Menschen zur Welt gekommen seien und dass diese sich freiwillig für ein Leben jenseits aller Konventionen entschieden hätten. Aus überlieferten Berichten weiß man, dass Autisten in Lumpen durch den russischen Winter liefen, ohne sich vor der Kälte zu schützen. Sie sprachen selten, ihr Verhalten war merkwürdig, sie missachteten Gesetz, Ordnung und soziale Regeln. Man nannte sie deshalb „heilige Narren“ und glaubte, dass in ihrem Verhalten göttliche Botschaften verschlüsselt seien.

Siehe auch

Psychische Störung - Liste psychischer Störungen - Liste der Syndrome - Liste der Krankheiten - Portal Psychotherapie

Literatur

Fachliches

  • Hans Asperger: Die „Autistischen Psychopathen“ im Kindesalter. In: Archiv für Psychiatrie und Nervenkrankheiten 117 (1944) 73-136
  • Leo Kanner: Autistic Disturbances of Affective Contact. In: Nervous Child 2 (1943), 217-250
  • Diane M. Kennedy: The ADHD Autism Connection: a Step Toward More Accurate Diagnosis and Effective Treatment. WaterBrook Press 2002, ISBN 1-578-56498-0
  • Helmut Remschmidt: Autismus. Erscheinungsformen, Ursachen, Hilfen. 2. Auflage C. H. Beck, München 2002, ISBN 3-406-44747-3

Erfahrungsberichte

  • Axel Brauns: Buntschatten und Fledermäuse. Leben in einer anderen Welt. Hoffmann und Campe, Hamburg 2002, ISBN 3-455-09353-1
  • John J. Ratey, Catherine Johnsons: Das Schattensyndrom - Neurologie und leichte Formen psychatrischer Störungen. Klett-Cotta, Stuttgart 1999, ISBN 3-608-91889-2
  • Katja Rohde: Ich Igelkind. Botschaften aus einer autistischen Welt. Nymphenburger, München 1999, ISBN 3-485-00826-5
  • Birger Sellin: Ich will kein Inmich mehr sein. Kiepenheuer & Witsch, Köln 1995, ISBN 3-462-02463-9
  • Temple Grandin, Catherine Johnson: Ich sehe die Welt wie ein frohes Tier. Wie ich als Autistin Menschen und Tiere einander näher bringen kann. Ullstein, München 2005, ISBN 3-5500-7622-3 - Temple Grandin ist Autistin und Professorin, die versucht, eine Innensicht des Autismus zu liefern. Das Adjektiv froh stammt vom Verlag, die Autorin hatte ursprünglich das Ajektiv ängstlich vorgesehen.
  • Franz Uebelacker: Ich lasse mich durch wilde Fantasien tragen. Selbstporträt eines autistischen Spastikers. Frieling, Berlin 1998, ISBN 3-8280-0503-9

Kinder- und Jugendliteratur

  • Laurie Lears, Karen Ritz: Unterwegs mit Jan. Leben mit einem autistischen Bruder. KiK-Verlag, Berg am Irchel 2000, ISBN 3-906-58137-3
  • Dirk Bracke: Ich bin nicht aus Stein. Rex-Verlag, Luzern 1998, ISBN 3-725-20678-3
  • Kolet Janssen: Mein Bruder ist ein Orkan. Anrich, Weinheim 1997, ISBN 3-891-06304-0