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Keramik

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Die Bezeichnung Keramik stammt aus dem Altgriechischen. „Keramos“ war die Bezeichnung für Ton und die aus ihm durch Brennen hergestellten formbeständigen Erzeugnisse. Die Produktion von Keramik gehört zu den ältesten Kulturtechniken der Menschheit.

Heute ist der Begriff breiter gefasst. Keramiken sind weitgehend aus anorganischen, feinkörnigen Rohstoffen unter Wasserzugabe bei Raumtemperatur geformte und danach getrocknete Gegenstände, die in einem anschließenden Brennprozess oberhalb 900°C zu harten, dauerhafteren Gegenständen werden. Der Begriff schließt auch Werkstoffe auf der Grundlage von Metalloxiden ein.

Während Keramiken eine wesentliche Rolle bei der Entwicklung der Kultur spielten, werden sie heute im zunehmenden Maße für hochtechnische Einsatzzwecke, z.B. bei der Sinterung, genutzt. Ihre Verbreitung als Alltagsgegenstände verdanken sie ursprünglich beispielsweise der erweiterten Möglichkeiten zur Aufbewahrung von Nahrung. Ton und Keramik boten jedoch schon früh auch Anreize zur künstlerischen Gestaltung.

Eine strenge Systematik der Keramik – wie beispielsweise bei Metall-Legierungen – ist kaum möglich, weil es hinsichtlich der Rohstoff-Zusammensetzung, des Brennvorgangs und des Gestaltungsprozesses fließende Übergänge gibt. Keramische Produkte werden deshalb häufig nach den jeweils im Vordergrund der Betrachtung stehenden Aspekten unterschieden:

  • Beschaffenheit des Scherbens: Grob- und Feinkeramik
  • Verwendungszweck: z.B. Baukeramik, Sanitärkeramik, Tischgeschirr, Zierkeramik, technische Keramik
  • Besondere Eigenschaften: z.B. feuerfeste Keramik (ehedem für Küchengeräte von Bedeutung), Hochtemperaturkeramik (Verbrennungsmotoren), Wasseraufnahmevermögen, Porosität
  • Regionale Keramiktypen: z.B. Westerwälder Keramik, Bunzlauer Keramik; ursprünglich auch Majolika und Fayence

Bedeutsam ist die Unterteilung in Grob- und Feinkeramik. Zur ersteren gehört die große Gruppe der Baukeramik (z.B.: Bau- und Dachziegel, Kanalisationsrohre); die Produkte sind dickwandig, häufig inhomogen, von oft zufälliger Färbung. Feinkeramik ist dagegen feinkörnig (unter 0,05 mm), von definierter Färbung (z.B. weiß für Haushaltskeramik, Tischgeschirr und Sanitärkeramik); hierher gehören auch die künstlerischen Erzeugnisse. Feinkeramik erfordert bezüglich Aufbereitung der Rohmasse, der Formgebung und des Trocknens sowie Brennens eine erheblich größere Sorgfalt als bei Herstellung von Grobkeramik nötig ist. Die Eigenschaften keramischer Produkte werden bestimmt durch Art und Menge der in ihnen enthaltenen Kristalle und die als Bindung funktionierende Verglasungen. Keramiken sind formbeständig, geschmacks- und geruchlos.

Siehe auch: Künstlerische Keramik

Keramische Rohstoffe

Allgemeine Anforderungen

Die Auswahl und Mischung der Rohstoffe muss folgenden Forderungen genügen: Gute Formbarkeit der Masse, geringer Schwund beim Trocknen und Brennen, hohe Standfestigkeit beim Brennen, geringe oder keine Verfärbung des Endproduktes, gutes Haften der Glasur.

Plastische Rohstoffe

Kaolin, auch Porzellanerde genannt, ist ein Verwitterungsprodukt von Feldspat. Es besteht weitgehend aus Kaolonit, einem hydratisierten Mischkristall aus Aluminium- und Siliziumoxid, begleitet von Quarzsand, Feldspat und Glimmer. Letztere Verunreinigungen werden durch Schlämmen und Sieben entfernt, das Endprodukt muss möglichst plastisch, beim Trocknen formstabil und nach dem Brennen weiß sein. Zur Erzielung der gewünschten Eigenschaften werden Kaoline unterschiedlicher Herkunft gemischt; um ein gutes Gießverhalten zu erreichen, gibt man Plastifizierungsmittel, wie Wasserglas und/oder Soda zu. Tone, Lehme sind ebenfalls Verwitterungsprodukte des Feldspates und verwandter Mineralien. Die Hauptbestandteile sind Illit, Montmorillonit und Kaolonit, die Korngrößen reichen herab bis 0,002 mm. Je nach Verwendungszweck unterteilt man diese Rohstoffe ein in Steinzeugtone, Steinguttone, Töpfertone und -Lehme. Mergeltone haben einen hohen Gehalt an Kalk, der stark verflüssigend wirkt. Da an solchen Scherben Blei- und Zinnglasuren sehr gut haften, werden sie häufig für Kacheln und Fliesen eingesetzt. Bentonite sind ein Verwitterungsprodukt vulkanischen Ursprungs, sie wirken bereits bei geringen Zugaben sehr stark plastifizierend, verbessern die Formbarkeit und die Standfestigkeit während des Trocknungsprozesses.

Nichtplastische Rohstoffe

Feldspate sind im Vergleich zum Kalk ebenfalls gute Flussmittel, die aber mit steigender Brenntemperatur eine höhere Verdichtung der Erzeugnisse bewirken. Der Trocknungsschwund wird zwar reduziert, der Schwund beim Brennen steigt jedoch. Quarz senkt als Magerungsmittel den Trocknungs- und Brennschwund, verschlechtert jedoch die Plastizität. Quarz wird als feinstkörniger Sand oder als gemahlenes Ganggestein eingesetzt, er muss möglichst rein sein, um unerwünschte Verfärbungen zu vermeiden. Kalk wird als geschlämmte Kreide oder als gemahlener Kalkstein eingesetzt. Als Magerungsmittel unterstützt er die Formstabilität beim Trocknen, beim Brennen wirkt er als Flussmittel. Allerdings liegen sein Sinter- und sein Schmelzpunkt nahe beieinander, bei zu hohen Brenntemperaturen besteht mithin die Gefahr von Deformationen. Schamotte, als gemahlener gebrannter Ton oder Tonschiefer, ist ein Magerungsmittel, das die Porosität erhöht und die Trocknungs- und Brennschwindung reduziert. Magnesiummineralien (Talkum, Magnesit) verleihen den Erzeugnissen eine hohe Temperaturwechselfestigkeit; sie werden bevorzugt für elektrotechnische Produkte eingesetzt.

Andere Zusatzstoffe

Organische Plastifikatoren sind z.B. Leim, Wachse, Gelatine, Dextrin, Gummiarabikum, Paraffinöl. Sie verbessern die Formbarkeit und verbrennen beim Brennprozess. Feingemahlene Ausbrennmittel wie Säge- und Korkmehl, Stärke, Kohlenstaub machen den Scherben porös und leicht und können interessante Oberflächeneffekte erzeugen; sie verbrennen ebenfalls beim Brand.

Aufbereitung der Rohstoffe

In der industriellen Keramikproduktion werden die Komponenten, nachdem sie teilweise vorgebrannt wurden, entsprechend der Rezeptur gemeinsam in Trommelmühlen fein gemahlen. Nach dem Schlämmen unter Zugabe von Wasser wird dieses in Filterpressen wieder weitgehend entfernt. Der zurückbleibende Filterkuchen wird getrocknet und nochmals gemahlen. In dieser Form wird die Rohmasse entweder gelagert oder sofort unter Zugabe von Wasser und verflüssigenden Hilfsstoffen in Maschinen geknetet und ggf. entlüftet. Daneben hat in jüngerer Zeit die halbnasse und die trockene Aufbereitung bei der industriellen Herstellung Bedeutung gewonnen. In der Töpferwerkstatt wird z.T. noch heute dieser Prozess in aufwändiger Handarbeit durchgeführt. Da Mahlwerke oft nicht zur Verfügung stehen, kommt dem Schlämmen große Bedeutung zu. Die Homogenisierung der Masse wurde in mühsamer Knetarbeit erreicht, heute stehen dafür meist Maschinen zur Verfügung. Ziel ist es, eine möglichst homogene, geschmeidige und blasenfreie Arbeitsmasse zu erzeugen.

Die Formgebung

Die Formgebung erfolgt bei Grobkeramik durch Strangpressen (z.B. Rohre) oder durch Formpressen. Feinkeramik wird (analog der historischen Entwicklung) durch folgende Verfahren geformt:

  • Modellieren
  • Aufbauarbeit aus einzelnen Strängen (z.B. bei Hohlgefäßen)
  • Drehen rotationssymmetrischer Hohlgefäße auf der Töpferscheibe
  • Gießen dünnflüssiger Mischungen in geteilte Gipshohlformen, die das Wasser aufsaugen
  • Formgebung auf Motorgetriebenen Scheiben in Hohlformen mit Hilfe von Schablonen (sog. Eindrehen und Überdrehen)
  • Pressen und Stanzen oder Fräsen
  • Spritzguss

Industriell hat die halbtrockene und die trockene Formgebung Bedeutung erlangt, weil die Trocknungszeiten sehr verkürzt werden und eine hohe Maßhaltigkeit der Produkte erreicht wird.

Das Trocknen

Nach der Formgebung ist der Rohling feucht durch

  1. mechanisch eingeschlossenes Wasser in den Hohlräumen
  2. physikochemisch gebundenes Wasser (Adhäsion, Kapillarwasser)
  3. chemisch gebundenes Wasser (Kristallwasser)

Die Trocknungsgeschwindigkeit hängt außer von dem umgebenden Klima stark von der Rezeptur der Rohmasse ab. Um die Trocknungsgeschwindigkeit zur Vermeidung von Rissen niedrig zu halten, können die Rohlinge abgedeckt werden. Industriell erfolgt das Trocknen in Klimagesteuerten Räumen. Das unter Nr. 2, insbesondere aber das unter Nr. 3 genannte Wasser wird allerdings erst durch den Brand vertrieben.

Der Brennprozess

Der Brennprozess (Rauh- oder Schrühbrand) ist sehr problematisch und erfordert eine sorgfältige Steuerung. Im so entstehenden „Scherben“ werden die Kristalle miteinander verfilzt und durch glasige Anteile verkittet. Anteil und Art der Kristall- und Glasphase sowie der Poren bestimmen die Eigenschaften des gebrannten Gutes. Die angewandten Temperaturen (bis etwa1350 °C; teilweise erheblich höher) hängen von der Rohmischung, also von dem zu erzeugenden Produkt ab und müssen in vielen Fällen während des Brennprozesses variiert werden (Temperaturprofil). Überdies ist es häufig wichtig, dass der Prozess zeitweilig unter reduzierender Atmosphäre verläuft (z.B. Vermeiden von Gelbfärbung durch Eisenverunreinigungen bei weißem Geschirr oder bei Sanitärkeramik). Eingesetzt werden Kammer-, Tunnel-, Ringöfen. Für den Handwerksbetrieb kommen elektrische Öfen oder mit fossilen Brennstoffen befeuerte Öfen infrage. Hier ist zu unterscheiden zwischen offenen Systemen, bei denen die Brenngase (mit unterschiedlicher Flammführung) in unmittelbaren Kontakt mit der Ware treten und Muffelöfen, bei denen die Brenngase das Brenngut indirekt erhitzen.

Glasuren

Glasuren sind dünne, glasartige Überzüge, die zwei wesentliche Forderungen erfüllen. Zum einen machen sie den porösen Tonkörper wasserdicht und geben ihm eine leicht zu reinigende Oberfläche. Zum anderen ermöglichen sie eine abwechslungsreiche, dekorative Gestaltung der Keramiken. Glasuren können farbig, transparent oder deckend, glänzend, halbmatt oder matt sein. Sie können weich und niedrig schmelzend (max. 1000 °C) oder hart und hoch schmelzend (Über 1200 °C) sein. Nach ihrer chemischen Zusammensetzung kann man z.B. zwischen Borosilikat-, Feldspat-, Salz- und bleihaltigen Glasuren unterscheiden. Die Glasuren werden häufig (z.B. Tonwaren) erst nach dem Schrühbrand der Ware aufgebracht (Tauchen, Spritzen, Pinseln, Stempeln) und in einem erneuten Brennprozess (Glattbrand), der aber unterhalb der Brenntemperatur des Rohlings liegen muss, verglast.

Orientierende Einteilung Keramischer Massen

Orientierende Übersicht

1 Irdengut

  • Tonerde bzw. Kaolin u. ggf. Quarz u./o. Feldspat, Kalk. Poröse, nicht durchscheinende, kristallisierte Scherben.

1.1 Baukeramik

  • Nicht feuerfest. Ziegelsteine, Formsteine (1200 ··· 1350 °C), Klinker, Dränrohre (1000 ··· 1150 °C), Dachziegel

1.2 Feuerfeste Massen

  • Schamottesteine für Herde, Öfen (1300 °C). Sillimanit, Magnesit, u.a. zur Auskleidung von Industrieöfen in der Eisen- und Zementindustrie (1500 °C)

1.3 Sonstiges Irdengut

1.3.1 Steingut

  • Reinweißer bis elfenbeinfarbener, poröser Scherben mit durchsichtiger Glasur. Rauhbrand 1150 ··· 1250 °C; Glasurbrand >960 °C, aber unterhalb der Raubrandtemperatur; meist durchscheinend oder farblos.

1.3.1.1 Kalk- oder Weichsteingut

  • Ton, Kaolin, Quarz, Kalk. Brenntemperatur 1120 ··· 1150 °C. Besonders für Unterglasurmalerei geeignet.

1.3.1.2 Feldspat- oder Hartsteingut

  • Ton, Kaolin, Quarz, Feldspat. Brenntemperatur 1220 ··· 1250 °C. Frostsichere Wandplatten, Sanitärartikel, Geschirr.

1.3.1.3 Mischsteingut

  • Ton, Kaolin, Quarz, Kalk, Feldspat. Wandplatten, Geschirr.

1.3.2 Tonwaren

  • Flussmittelreiche Tone, bis 40 % Kalk

1.3.2.1 Unglasierte Tonwaren

  • Gelb bis rot gebrannte wetterfeste Keramik. Terrakotta (Zugabe von Schamotte- oder Ziegelmehl); Figuren, Gebrauchs- und Ziergegenstände, Blumentöpfe.

1.3.2.2 Glasierte Tonwaren

1.3.2.2.1 Majolika

  • Eine zuverlässige Differenzierung zwischen Majolika und Fayence ist nicht möglich, weil diese Bezeichnungen in der Literatur wechselweise benutzt werden. Ursprünglich: Farbiger poröser Scherben mit undurchsichtiger farbiger Glasur.

1.3.2.2.2 Fayence

  • Eine zuverlässige Differenzierung zwischen Majolika und Fayence ist nicht möglich, weil diese Bezeichnungen in der Literatur wechselweise benutzt werden. Ursprünglich: Weißer, gelbgrauer oder hell-rot-braune, poröser Scherben, weiße deckende Glasur.

1.3.2.2.3 Sonstige Töpferware

  • Weißer, ocker bis rotbrauner poröser Scherben mit mattem, feinkörnigem Bruch. Brenntemperatur 1000 ··· 1200 °C. Von Hand (Töpferscheibe, Gießverfahren) oder mittels Presse geformte Tonwaren. Geschirr, Gerätschaften für Haus und Garten, Zierkeramik.

2 Sinterzeug

  • Tonerde bzw. Kaolin u. gff. Quarz u./o. Feldspat, Kalk. Nichtkristallisierte dichte Massen, nicht oder nur an den Kanten durchscheinend, hohe Festigkeit

2.1 Steinzeug

  • Dicht, nicht durchscheinend. Scherben farbig oder weiß.

2.1.1 Grobsteinzeug (nicht weißbrennend)

  • Brenntemperatur 1100 ··· 1400 °C. Häufig Lehm- oder Anflugglasur. Klinker, Fliesen, Tröge, Kanalisationsrohre, Gefäße für die chem. Industrie.

2.1.2 Feinsteinzeug (weiß- oder hellbrennend, ähnlich dem Porzellan)

  • Ton, Quarz, Feldspat. Brenntemperatur 1250 ··· 1300 °C (gemeinsamer Rauh- und Glasurbrand). Porzellanähnlich. Geschirr, Sanitärartikel, chemische Geräte, Mosaiken, Ziergefäße. Übergangsform zum Porzellan: Porzellangut, Halbporzellan, Vitreous China.

2.2 Porzellan

  • Hartporzellan: Dichter transparenter Scherben. Kaolin, Quarzsand, Feldspat. Rauhbrand 900 °C, Glasurbrand 1400 °C. Gebrauchs- und Ziergeschirr

Weichporzellan hat eine ähnliche Zusammensetzung aber eine niedrigere Temperatur für den Glasurbrand. Bevorzugt für Zierplastiken.

3 Keramische Sondermassen

3.1 Hochtemperatur-Sondermassen (auch Mischkeramik genannt)

  • Hochfeuerfeste Oxidkeramik mit geringen Beigaben verschiedener Metalle. Zähigkeit der Metalle ist hier mit der Korrosionsbeständigkeit und Feuerfestigkeit der Keramik vereint. Verwendung als Turbinenschaufeln oder als Schneidwerkzeuge.

3.2 Elektrotechnische Sondermassen

Als Grobkeramik werden die Klassen 1.1; 1.2; 2.1.1 bezeichnet. Alle anderen zählen zur Feinkeramik: Ausgewählte Rohstoffe, sorgfältige Aufbereitung der Mischungen, aufwändigere Formgebung, z. T. von Hand, z. T. dekorative Glasuren

Literatur

  • „Kleine Enzyklopädie Technik“, Bibliographisches Institut, Leipzig, 1972
  • „Lueger Lexikon der Technik“, hier „Werkstoffe und Werkstoffprüfung – Grundlagen“ (vier Bände), Rowohlt, ISBN 3499 19008 7
  • P. Rada, „Die Technik der Keramik“, Verlag Werner Dausien, Hanau/M, 1989, ISBN 3-7684-1868-5
  • Sven Frotscher, "dtv-Atlas Keramik und Porzellan, München, 2003, ISBN 3-423-03258-8