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Alarmismus

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Alarmismus ist ein politisches Schlagwort, mit dem die unnötige oder übertriebene Warnung vor Problemen unterstellt wird. Wer den Begriff verwendet, drückt damit in der Regel aus, dass er die Warnungen und Ängste nicht teilt oder für stark überzogen hält.

Der Umgang mit fast allen öffentlich diskutierten Problemen wurde zeitweilig als „alarmistisch“ (umgangssprachlich: „Panikmache“) bezeichnet. Das bedeutet nicht, dass diese Probleme nicht existieren oder übertrieben sind, sondern nur, dass sie von einigen so betrachtet werden. In öffentlichen und politischen Diskussionen wird der Alarmismus-Vorwurf auch als Totschlagargument genutzt, um eine differenzierte Auseinandersetzung mit einem Thema zu umgehen.

Matthias Horx beschränkt den Begriff Alarmismus nicht auf das Verbreiten der Botschaft, sondern sieht darin ein soziologisches Phänomen. Solche (Zukunfts-)Ängste würden durch eine bestimmte Interpretation von Gefahrenmomenten hervorgerufen, die durchaus reale Ursprünge (oder Teilaspekte) aufweisen können. Die Gefahren würden jedoch symbolisch überhöht und auf ein vereinfachtes, katastrophales Modell reduziert.[1]

Eine alarmistische Epidemie verläuft laut Horx in vier Phasen: Inkubation, Fieberphase, Ritualphase und Abklingphase.[1] Die Rolle des „Vektors“, also des Überträgers der Zukunftsängste erfüllen ihm zufolge grundsätzlich die Massenmedien, da sich Sensationen und Katastrophen deutlich besser verkaufen ließen als alltägliche, unbedeutende Ereignisse.

Eng mit dem Alarmismus verwandt sind überwiegend per E-Mail verbreitete „Horrormeldungen“, welche als Hoax bezeichnet werden. Diese haben jedoch keinerlei realen Hintergrund, werden aber meist aus gutem Glauben „zur Warnung anderer“ weiter verbreitet.

Alarmismus ist grundsätzlich kein neues gesellschaftliches Phänomen. Historische Belege für hysterische Angstepidemien sind aus der gesamten Geschichte der Menschheit belegt. Dem Publizist Friedrich Sieburg zufolge basiert das katastrophische Lebensgefühl auf einem psychologischen „Angstlust“-Effekt:

„Die Weltuntergangsstimmung durch scharfe Analysen ins allgemeine Bewusstsein zu heben und sie gleichzeitig auch noch zu genießen, gehört zu den Lieblingsbeschäftigungen des Menschen von Heute ... Der Alltag mit seinen tristen Problemen ist langweilig. Aber die bevorstehenden Katastrophen sind hochinteressant. Niemand soll uns um unsere Krise bringen! Wir haben ein Recht auf Sie! Aber daß mir niemand zum jüngsten Gericht zu spät kommt!“[2]

Die folgenden Beispiele listen Themen, die von manchen zeitweise als „alarmistisch“ bezeichnet wurden (das bedeutet jedoch keineswegs, dass die Themen selbst „unwichtig“ oder gar falsch wären): Die Folgen der Überalterung in westlichen Gesellschaften, die wirtschaftlichen Folgen der Einführung eines Mindestlohns, der internationale Terrorismus, die Wirkungen von DDT sowie die Folgen von dessen Verbot, das Waldsterben, die globale Erwärmung und die Kosten des Klimaschutzes, das Ozonloch und die Kosten des Montrealer Protokolls zum Schutz der Ozonschicht, die Kosten des Ausbaus oder drohende Stromausfälle durch erneuerbare Energien, Rinderwahn, Vogelgrippe, SARS, Schweinegrippe, Elektrosmog, Impfschäden oder gentechnisch veränderte Lebensmittel.

Historisch ist dieses Phänomen beispielsweise zur Einführung der Eisenbahn zu beobachten (damals wurde propagiert, man würde bei der hohen Geschwindigkeit ersticken).

Einzelnachweise

  1. a b M. Horx, Anleitung zum Zukunftsoptimismus, Campus Verlag, Frankfurt/Main, 2007.
  2. F. Sieburg (1957) zitiert nach: K. Harpprecht, Untergang des Abendlandes? Welch ein Unsinn!, in: Die Zeit, 14. Juni 2006.

Linguistische Aspekte des Alarmismus. Am Beispiel der TV-Berichterstattung der Vogelgrippe 2006.