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Geburtskirche

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Als Geburtskirche bezeichnet man eine Kirche in Betlehem, die über der vermuteten Geburtsstätte Jesu Christi errichtet wurde. Die Geburtskirche gehört zu den wenigen Beispielen vollkommen erhaltener Bauten aus frühchristlicher Zeit.

Geschichte der Geburtskirche

Die „Geburtsstelle“ Jesu Christi

Die Höhle, die die Christen als Geburtsstätte Jesu ansehen, wurde ab dem 2. Jahrhundert verehrt. Kaiser Hadrian errichtete 135 ein Adonisheiligtum über ihr, wahrscheinlich auch um damit die Jesusverehrung wieder zu unterbinden. Kaiser Konstantin der Große und seine Mutter Helena ließen an der Geburtsstätte eine Memorialkirche errichten, die sie Jesus Christus weihten. Der Bau muss um 334 vollendet worden sein. Er war eine fünfschiffige, 27 Meter lange Basilika mit einem Atrium, ohne Vorhalle und einem achteckigen Ostabschluss. Das Oktogon war 17 Meter breit und hatte in der Mitte eine 4 Meter breite Öffnung, durch die man in die Geburtsgrotte hinab sehen konnte. 386 kam der heilige Hieronymus nach Bethlehem, wo er seine lateinische Bibelübersetzung Vulgata vollendete; in seinem umfangreichen Werk berichtet er wiederholt von der Geburtsgrotte, so z.B. in seinem 46. Brief, Kap. 11,3: "Hier in einer kleinen Erdspalte wurde der Schöpfer des Himmels geboren." ("Ecce in hoc parvo terrae foramine caelorum conditor natus est.") Die konstantinische Basilika ist – nachdem sie im Samariteraufstand von 529 beschädigt wurde – im späten 5.oder frühen 6. Jahrhundert vollständig abgerissen worden. Sie wurde von Kaiser Justinian I. durch einen nur wenig größeren Neubau – die heutige Geburtskirche – ersetzt. Der Neubau wurde der heiligen Gottesmutter geweiht. Während andere Kirchenbauten im Hl. Land 614 von den gegen das Byzantinische Reich vorrückenden Persern zerstört wurden, blieb diese Kirche verschont und steht bis heute noch. Vermutet wird, dass ein Relief über dem Eingangstor, das die Heiligen Drei Könige in orientalischer Kleidung darstellte, der Grund dafür war. Die Kreuzfahrer restaurierten die Kirche gründlich (1161–1169). Auch die Mamluken ließen die Kirche im 13. Jhdt. stehen. Unter den Türken, die die Mamorverkleidung abmontierten, verfiel die Kirche zunehmend. 1670 begann die griechisch-orthodoxe Kirche, die Kirche zu renovieren. Am mutmaßlichen Geburtsort in der Geburtsgrotte wurde exakt auf der Mittelachse der Basilikla 1717 von der katholischen Kirche ein silberner Stern mit der Inschrift Hic de virgine Maria Jesus Christus natus est (Hier wurde Jesus Christus von der Jungfrau Maria geboren) angebracht. Seine 14 Zacken symbolisieren die 14 Geschlechter im Stammbaum Jesu.

In der Folge kam es zu Auseinandersetzungen zwischen den einzelnen Konfessionen über die Verwendung des Gebäudes, sodass die Hohe Pforte 1757 eine Regelung festsetzen musste. Der zufolge gehört der Hauptaltar und die rechten Seitenaltäre den Griechen, zwei Seitenaltäre links den Armeniern. Den Katholiken (Lateinern) blieben neben dem Dreikönigsaltar und dem Stern untern dem Geburtsaltar nur die Hieronymus-Grotten und der Platz links von der Kirche, wo sie sich eine eigene Kirche bauen durften.

Nachdem der silberne Stern in der Geburtsgrotte 1847 entfernt worden war, wurde er zwar 1852 von Sultan Abdülmecid I. wieder neu gestiftet, dennoch führte unter anderem dieser Vorfall zum Ausbruch des Krimkriegs.

Während der Zweiten Indifada kam es im April 2002 zu einer 39 Tage dauernden Belagerung der Anlage durch die israelische Armee, nachdem sich bewaffnete palästinensische Kämpfer in die Geburtskirche geflüchtet und dort verschanzt hatten.

Architektur der heutigen Geburtskirche

Die Kirche von außen
Mittelschiff der Geburtskirche

Die moderne Geburtskirche ist eine fünfschiffige Kirche mit Atrium und Vorhalle. An die Stelle des achteckigen Chorabschlusses ist ein Drei-Konchen-Chor mit Querschiff und quadratischer Vierung getreten. Die Basilika hat einen offenen Dachstuhl. Nur die drei Konchen sind gewölbt; die Mauern der Konchen sind deshalb dicker als im Schiff. Die Säulen sind nicht aus Marmor sondern aus einem rötlichen, in Palästina gebrochenen dolomitischen Gestein. Im Mittelschiff und in der nördlichen Chorpartie befinden sich unter dem jetzigen Fußboden Reste von Bodenmosaiken aus dem 5. Jahrhundert, die mit Holzdeckeln geschützt sind. An den Wänden des Schiffes sind die Mosaiken aus dem 8. Jahrhundert zu sehen, welche Konzilien darstellen. Im Nordschiff finden sich Mosaiken, die Szenen des ungläubigen Thomas und der Himmelfahrt Christi zeigen. An den Säulen im Langhaus haben sich Malereien aus der Kreuzfahrerzeit erhalten. Auf der rechten Seite gelangt man über eine Tür zum Kloster der Griechisch-Orthodoxen, auf der linken Seite gibt es zwei Verbindungstüren zur römisch-katholischen Katharinenkirche bzw. dem Kreuzgang davor. Über zwei schmale Treppen gelangt man in die Geburtsgrotte, in der die Geburtsstelle unter dem Geburtsaltar gezeigt wird, bezeichnet mit einem Silberstern, auf dem die lateinische Inschrift „Hic de Virgine Maria Jesus Christus Natus Est“ steht. Rechts davon befindet sich jener Platz, an dem die Krippe gestanden sein soll.

Römisch-katholische Katharinenkirche

Der Altarraum der Bethlehemer Katharinenkirche 2006
Die Katharinenkirche von außen
Jesuskind im Seitenaltar der katharinenkirche

Links, direkt an die Geburtskirche angebaut, befindet sich die 1881 von den Franziskanern an Stelle einer früheren Kirche neu errichtete Katharinenkirche (der heiligen Katharina von Alexandria geweiht) mit einem Kreuzgang und dem Casa Nova-Komplex. Dieser beherbergt unter anderem das römisch-katholische Pfarrzentrum von Betlehem. Das Mittelschiff der dreischiffige Kirche war bis 1999 mit vielen Rädern, dem Attribut der heiligen Katharina, verziert. Dann folgte eine Restaurierung für das Jubiläumsjahr 2000 mit dem Papstbesuch, bei der der Raum hinter dem Hauptaltar vergrößert wurde. In den schlimmsten Tagen der Zweiten Intifada wurde 2002 bis 2003 eine neue Orgel vom Orgelbauer Riegler aus Wien aufgebaut. Über eine Treppe gelangt man zum nördlichen Teil des Grottensystems, in dem sich die Gräber des Hl. Hieronimus, der Hl. Paula und der Hl. Eustachia befinden. Die Gebeine der Heiligen wurden inzwischen nach Rom in die Kirche Santa Maria Maggiore gebracht. Über eine Verbindungstür gelangt man direkt in die Geburtsgrotte, diese darf jedoch nur zu Weihnachten geöffnet werden. Die bekannteste Sehenswürdigkeit ist das Jesuskind aus Holz. Die lebensgroße Krippenfigur wird das Jahr über unter dem rechten Seitenaltar, auf Stroh gebettet, gezeigt. Zu Weihnachten liegt es jedoch (ohne weitere Figuren) unter dem Hauptaltar. Seit dem Umbau hat der Altar sogar eine spezielle ovale Schale als Liegestatt dafür integriert.

Weihnachtszeremoniell

Am Mittag des Heiligen Abends (24. Dezember) reist der Lateinische Patriarch von Jerusalem mit dem Auto nach Betlehem. An der Stadtgrenze (jetzt nach der Trennmauer) wird der Konvoi von berittenen Polizisten und Pfadfindergruppen mit Dudelsackmusik empfangen. Der Zug zieht hinauf zum Krippenplatz und der Patriarch kehrt im Casa Nova der Franziskaner ein. Er zelebriert die Christmette und das Hochamt am Christtag (25. Dezember) in der Katharinenkirche und kehrt dann nach Jerusalem zurück. Die Mette findet also nicht in der Geburtskirche selbst statt, der Patriarch darf dabei nur kurz über die Verbindungstür von den Hieronymus-Grotten zur Geburtsgrotte gehen.

Ähnliches geschieht am 6. und 7. Januar, an dem die orthodoxen Kirchen Weihnachten feiern (24. und 25. Dezember nach dem Julianischen Kalender) durch den Griechischen Patriarchen. Er feiert allerdings die Messe in der Geburtskirche.

Der Armenische Patriarch feiert – in kleinerem Rahmen – ebenfalls in der Geburtskirche, jedoch am 5./6. Januar des Julianischen Kalenders, also nochmals 12 Tage später.

Commons: Geburtskirche – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien


Koordinaten: 31° 42′ 16,9″ N, 35° 12′ 43,5″ O