Kaukasische Sprachen
Kaukasische Sprachen im weiteren Sinn bezeichnet alle Sprachen, die im Kaukasusgebiet gesprochen werden. Dazu zählen Indogermanische Sprachen (z.B. Armenisch, Ossetisch, Russisch); Turksprachen (Aserbaidschanisch, Karatschaisch, Balkarisch, Kumykisch und andere) sowie die eigentlichen Kaukasischen Sprachen, die hier behandelt werden sollen.
Unter dem Begriff Kaukasische Sprachen im engeren Sinn werden eine Reihe von Sprachen zusammengefasst, die im Kaukasusgebiet vom Schwarzen Meer zum Kaspischen Meer verbreitet sind und von rund 7 Millionen Menschen gesprochen werden. Auffallend ist die starke Zergliederung, die wohl durch die Gebirgslage und die Abgeschiedenheit mancher Region hervorgerufen wird. So zählt man annähernd 40 Sprachen zu dieser Gruppe, die heute nicht mehr als eine Sprachfamilie aufgefasst wird, sondern in mehrere Familien unterteilt wird. Die Lehre von den Kaukasischen Sprachen wird als Kaukasistik bezeichnet.
Familien
Nach jüngster Auffassung werden die Kaukasischen Sprachen in vier Familien unterteilt:
- Kartwelische Sprachen (auch südkaukasische Sprachen):
- Georgisch (3,310,917 Sprecher)
- Lasisch (50,000)
- Mingrelisch (360,000)
- Swanisch (43,000)
- Abchasisch-adygeische Sprachen (auch nordwestkaukasische Sprachen):
- Abasisch (24,449)
- Abchasisch (79,385)
- Adygisch (96,331)
- Kabardisch (311,078)
- Ubychisch (ausgestorben)
- Nachische Sprachen (auch nordkaukasische Sprachen):
- Batsisch (3,000)
- Tschetschenisch (604,655)
- Inguschisch (153,483)
- Dagestanische Sprachen (auch nordostkaukasische Sprachen):
- Awarisch-Andisch-Didoisch:
- Awarisch (385,043)
- Andische Sprachen:
- Andisch (9,000)
- Botlichisch (3,000)
- Ghodoberisch (2,500)
- Karataisch (5,000)
- Achwachisch (5,000)
- Bagwalalisch (4,000)
- Tindisch (5,000)
- Tschamalalisch (4,000)
- Didoische Sprachen
- Tsezisch (Dido) (7,000)
- Chwarshisch (1,000)
- Hinuchisch (200)
- Bezhtaisch (2,500)
- Hunzibisch (600)
- Lakisch-Dargwische Sprachen
- Lesgische Sprachen
- Archisch (1,000)
- Tabasaranisch (54,574)
- Agulisch (8,782)
- Rutulisch (11,933)
- Zachurisch (10,719)
- Buduchisch (1,000)
- Chinalugisch (1,000)
- Udisch (4,000)
- Lezgisch (304,087)
- Kryzisch (6,000)
- Awarisch-Andisch-Didoisch:
Geschichte und Verschriftlichung
Ob sich diese Familie aus einer gemeinsamen Sprache entwickelt haben, ist unsicher und wird sich auch kaum beantworten lassen, da außer beim Georgischen keine frühen schriftlichen Zeugnisse vorliegen. Jedenfalls sind die kaukasischen Sprachen die Nachfolger von Sprachen, die schon seit Jahrtausenden gesprochen wurden. Typisch sind die vielen Konsonanten (beim Ubychischen mehr als 80) sowie ein komplexes Lautsystem.
Das Georgische hat seit dem 5. Jahrhundert eine eigene Schrift und gilt als älteste Schriftsprache Osteuropas. Sie wurde im Mchedruli-Alphabet niedergeschrieben. Außer dieser Sprache wurden weitere elf zu Schriftsprachen ausgebaut, alle jedoch erst im 19. beziehungsweise 20. Jahrhundert. Für diese Sprachen wurden neben dem Georgischen Alphabet auch arabische, lateinische und kyrillische Alphabete verwendet.
Beziehungen zu anderen Sprachen
Die kaukasischen Sprachfamilien stehen isoliert, das heißt man kann sie mit keiner anderen Sprachengruppe in Zusammenhang bringen. Es gibt lediglich Beziehung zu ausgestorbenen Sprachen des alten Orients.
Hurritisch und Urartäisch
Die Hurriter lebten im 3. und 2. Jahrtausend vor Christus in Nordmesopotamien, das Reich Urartu hatte in Ostanatolien in der ersten Hälfte des ersten Jahrtausends vor Christus bestand. Beide Sprachen (Hurritisch und Urartäisch) werden heute als Vorfahren der nordostkaukasischen Sprachen betrachtet.
Hattisch
Manchmal wird auch eine Beziehung zwischen dem Hattischen, der Sprache der Hattier, die vor den Hethitern in Zentralanatolien lebten, gebracht. Das Hattische gilt jedoch heute als isolierte Sprache.
Baskisch
Viele kaukasische Sprachen haben ein Kasussystem, bei der der Handlungsträger eines Satzes mit einem speziellen Kasus, dem Ergativ gekennzeichnet wird. Da auch das Baskische diesen Kasus kennt, wurden die kaukasischen Sprachen mit ihr in Verbindung gebracht. Jedoch sind diese Ähnlichkeiten nur oberflächlich, eine Verwandtschaft lässt sich nach heutigem Wissensstand daraus nicht ableiten.