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Micropayment

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Bei Micropayments handelt es sich um Bezahlungen von Kleinbeträgen, die z.B. beim Kauf eines Brötchens oder dem Erwerb eines digitalen Musikstückes anfallen würden. Nach herrschender Meinung fallen hierunter Beträge zwischen 0,01 und 5,00 Euro; darüber hinausgehende Summen werden entsprechend als Macropayments bezeichnet. Diese Grenze wird allerdings in Praxis und Theorie nicht einheitlich verwendet. Den unteren Micropayment-Bereich bezeichnet man häufig auch als Picopayment.

Die Bedeutung micropaymentfähiger Zahlungssystemen erwuchs insbesondere in den letzten Jahren im Zuge der steigenden E-Commerce-Umsätze. Mit dem Handel digitaler Güter entstanden hier komplett neue Geschäftsfelder. Wegen der Möglichkeit der kostengünstigen Distribution über das Internet gepaart mit der immanenten Eigenschaft digitaler Güter, gegen Null tendierender Reproduktionskosten (First-Copy-Costs) zu besitzen, ist hier insbesondere das Niedrigpreissegment angesprochen (z.B. Nachrichten, Echtzeit-Börsenkurse, Musik-Downloads, ...)

Problematik

Bei geringwertigen Gütern stellt die Wirtschaftlichkeit der Bezahlung ein zentrales Problem dar: Herkömmliche Verfahren, wie Kreditkartenzahlung oder die Lastschrift sind ungeeinet, da hier die Kosten für die Zahlungsabwicklung oftmals den Warenwert übersteigen. Die Ausweichstrategie vieler Anbieter, ein weitgehend kostenloses Angebote durch Werbung zu finanzieren, ist vielfach nicht zielführend. Erstens wird die steigende Zahlungsbereitschaft der Kunden für (geringwertige) digitale Güter und Dienstleistungen hierdurch nicht abgeschöpft (Stichwort "Überwindung der Kostenloskultur"), und zweitens stehen den weitestgehend fixen Einnahmen durch die Werbung evt. schwer kalkulierbare Ausgaben durch den Traffic, den die Nachfrager verursachen, gegenüber. Insgesamt besteht somit scheinbar eine Zahlungssystemlücke: benötigt werden Verfahren, mit denen niedrigpreisige Güter wirtschaftlich abgerechnet werden können. Die Erfolgsaussichten von Micropayment-Systemen werden allerdings – insbesondere im angelsächsischen Raum – kritisch diskutiert. Gegner führen oftmals das Konstrukt der mentalen Transaktionskosten Vorlage:Lit an: dem Kunden ist ab einer gewissen Preisuntergrenze bereits die Überlegung, ob ein Gut den hierfür verlangten Preis wert ist, zu „kostspielig“ (Opportunitätskosten). Die „geistigen Kosten“ resultieren aus der Zeit, die u.a. jeweils für die Begutachtung der Eigenschaften des Gutes und für die Entscheidungsfindung benötigt wird. Muss nun eine Menge niedrigpresiger Güter jeweils abgewägt werden, so kann es sein, dass die mentalen Kosten hierfür die Preise der Güter bereits übersteigen. Zur Reduzierung der mentalen Transaktionskosten wird auf bekannte Maßnahmen wie Produktbündelung verwiesen, also der Zusammenfassung mehrerer Produkte zu einem Paket. Damit wird oftmals der Micropayment-Bereich verlassen.

Historie

Micropayments an sich sind nicht unbedingt ein neuzeitliches Phänomen: mit Bildschirmtext etwa war es in Deutschland in den 80er Jahren bereits möglich, nach einem pay-per-view- oder pay-per-click-Modell Beträge zwischen 0,01 und 9,99 DM pro Seite bzw. bis zu 1,30 DM pro Minute abzurechnen. Dennoch wurde das Thema erst Mitte der 90er Jahre durch Start-Up-Unternehmen wie DigiCash oder FirstVirtual, die sich mit umfangreichen Feldtests als Pioniere an die Etablierung neuer, unkonventioneller Zahlungssysteme heranwagten, intensiv angegangen. Die hohen Erwartungen und die anfängliche Euphorie mussten jedoch schnell der Ernüchterung weichen: so scheiterten nachfolgende Pilotierungen von Banken schnell an mangelnder Nachfrage seitens der Kunden und Händler. Dies war weniger auf einen mangelnden Bedarf, als auf produktspezifische Unzulänglichkeiten zurückzuführen. Die Liste derjenigen Systembetreiber, die bis heute kamen und gingen, ist lang und man kann sagen, dass sich – auch wenn sich hier und da allmählich vielversprechende Tendenzen zeigen - noch kein System vollends durchgesetzt hat.

Systematisierung

Viele der derzeit um Teilnehmer buhlenden Zahlungssysteme werben mit der Fähigkeit zur Abrechnung von Kleinbeträgen. Im Wesentlichen lassen sich diese Systeme in drei Typen unterscheiden: Vorausbezahlte Systeme, Billing-/Inkasso-Systeme und Mobilfunkbasierte Systeme.

Vorausbezahlte Systeme

Bei der Nutzung vorausbezahlter ("Pre-Paid")-Systeme ist der monetäre Belastungszeitpunkt dem eigentlichen Kauf zeitlich vorgelagert. Das Guthaben ist also quasi garantiert und es kann zum Kaufzeitpunkt von kostspieligen Liquiditätskontrollen und Kontozugriffen abgesehen werden. Zu den vorausbezahlten Systemen zählen eGeld-, Bonuspunkte-/Rabattsysteme und virtuelle Konten.

eGeld

Unter eGeld werden solche Systeme zusammengefasst, die unter die Definition des im 1998 erschienenen Berichtes der Europäischen Zentralbank Vorlage:Lit und unter die eGeld-Richtlinie 2000/46/EG Vorlage:Lit fallen. Damit handelt es sich bei eGeld um Produkte, die in breitem Umfang für Zahlungen an Unternehmen, außer an die ausgebende Stelle, genutzt werden können. (Letzteres bedeutet, dass etwa Ein-Zweck-Karten - wie die Telefonkarte, bei dem die systembetreibende Institution gleichzeitig der Geld-Empfänger ist - aus dieser Definition ausgeschlossen werden; stattdessen soll eine bargeldähnliche, breite Zahlungsmöglichkeit gegeben sein)

Man unterscheidet Systeme auf Softwarebasis, bei denen kunden- und ggf. händlerseitig eine Wallet-Software installiert werden muss, die die Funktionen einer elektronischen Geldbörse, wie Guthabenspeicherung und -saldierung, bereitstellt.

Beispiel: ECash der Firma DigiCash

Des Weiteren gehören zu eGeld hardwarebasierte Lösungen in Form von Smart Cards. Hierbei werden die Funktionen der elektronischen Geldbörse von einem Mikrochip bereitgestellt.

Beispiel: die Geldkarte des ZKA.

Bonuspunkte-/Rabattsysteme

Bei Bonuspunkte- und Rabattsystemen handelt es sich um Geldsurrogate, bei denen die Händler vorauszahlen. Hierbei werden im Vorhinein beim Systembetreiber Bonuspunkte zu ihrem monetären Gegenwert eingekauft, die dann anschließend an die Kunden weitergegeben werden können. Letztere können mit den gesammelten Punkten Produkte aus dem Angebot der am System angebundenen Unternehmen erwerben – sei es zu vergünstigten Konditionen oder vollständig punktefinanziert.

Beispiele: WebMiles von Bertelsmann,Crandy-Bonus von NCS mobile payment Bank oder HappyDigits der Firma Customer Advantage Program.

Virtuelle Konten

Unter Virtuelle Konten werden eine Reihe von heterogenen Systemen zusammengefasst. Charakteristisch ist, dass es sich nicht um eGeld im obigen Sinne handelt und dass ein bestimmtes Guthaben existiert, welches sukzessive aufgebraucht werden kann. Hierzu zählen zum einen sogenannte Scratch-Cards, bei denen ein kartenidentifizierender Code freigerubbelt werden muss, unter dessen Angabe anschließend ein zugehöriges Guthaben für verbraucht werden kann. Das Guthaben ist nicht auf der Karte selbst gespeichert, sondern auf einem Schattenkonto beim Systembetreiber.

Beispiele: T-Pay-Micromoney der Deutschen Telekom, Crandy der NCS mobile payment Bank GmbH oder die paysafecard der Paysafecard AG.

Weiterhin fallen hierunter Onlinekonto-basierte Verfahren, bei denen zunächst ein Guthaben geschaffen bzw. aufgeladen werden muss. Anschließend können z.B. per E-Mail Werteinheiten zwischen Personen oder Kunden und Händlern übertragen werden.

Beispiele: PayPal von eBay oder MoneyBookers der gleichnamigen Firma. Das web.cent-System der Firma web.de stellt ein Mischkonzept aus virtuellem Konto und Bonuspunkte-System dar.

Billing-/Inkasso-Systeme

Billing-/Inkasso-Systeme senken die Kosten pro Transaktion dadurch, dass zunächst eine Reihe von Einzelzahlungen kumuliert werden („Billing“), die dann anschließend periodisch in einem zweiten Schritt addiert mittels herkömmlicher Zahlungsverfahren beglichen werden. Als Inkassostellen treten neben den Banken auch häufig Telekommunikationsprovider auf.

Beispiele: Click&Buy von FirstGate oder Infin-Micropayment der Firma infin.

Mobilfunkbasierte Systeme

Mobilfunkbasierte Micropayment-Systeme bilden eine Querschnittsfunktion: mittels mobiler Endgeräte ermöglichen sie die ortsunabhängige Bezahlung durch die oben aufgeführten Systemtypen. Neben der ubiquitären Zahlungsmöglichkeit sind des Weiteren die hohe Penetrationsrate von Mobiltelefonen, die mit den Geräten verbundene Identifizierbarkeit der Kunden sowie die günstigen Voraussetzungen der Mobilfunknetze hinsichtlich der Übertragungssicherheit von Vorteil.

Beispiele: PayBox der PayBox AG oder m-pay von Vodafone.

Literatur

  • Marius Dannenberg, Anja Ulrich: E-Payment und E-Billing - Elektronische Bezahlsysteme für Mobilfunk und Internet, Wiesbaden 2004, ISBN 3-409-12446-2.
  • Karl-Heinz Ketterer, Karsten Stroborn (Hrsg.): Handbuch ePayment, Köln 2002, ISBN 3-87156-463-X.
  • René Teichmann, Martin Nonnenmacher, Joachim Henkel: E-Commerce und E-Payment - Rahmenbedingungen, Infrastruktur, Perspektiven, Wiesbaden 2001, ISBN 3-409-11805-5.
  • Europäische Union (Hrsg.): Richtlinie 2000/46/EG (...) über die Aufnahme, Ausübung und Beaufsichtigung der Tätigkeit von E-Geld-Instituten, Brüssel 2000, URL.
  • Friedrich Thießen (Hrsg.): Bezahlsysteme im Internet, Frankfurt a. M. 1999, ISBN 3-7819-0642-6.
  • Knut Böhle, Ulrich Riehm: Blütenträume - über Zahlungssysteminnovationen und Internet-Handel in Deutschland, o.O. 1999, URL.
  • Europäische Zentralbank (Hrsg.): Report on electronic money, o.O. 1998, URL.
  • Europäische Kommission (Hrsg.): 97/489/EG - Empfehlung (...) zu den Geschäften, die mit elektronischen Zahlungsinstrumenten getätigt werden, Brüssel 1997, URL.
  • Nick Szabo: The Mental Accounting Barrier to Micropayments, o.O. 1996, URL.

Siehe auch: Picopayment, Mediumpayment, Macropayment, elektronisches Bezahlen, Payment-Service-Provider

Anbieter

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