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Altkatholische Kirche

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Die Alt-Katholische Kirche in Deutschland und Österreich und die Christkatholische Kirche in der Schweiz entstanden im Anschluss an das Erste Vatikanische Konzil (1870). Die katholischen Christen, die die Beschlüsse des ersten Vatikanischen Konzils nicht annahmen, wurden von der römisch-katholischen Kirche exkommuniziert und gründeten in der Folge schließlich eigene Gemeinden und Kirchen. Hauptkritikpunkte dabei waren die dogmatischen Definitionen vom Jurisdiktionsprimat und von der Unfehlbarkeit des Papstes.

Eine besondere Bedeutung bei den Altkatholischen Kirchen besitzt die Altkatholische Kirche der Niederlande als Sitz des Altkatholischen Erzbischof von Utrecht und erste altkatholische Kirche. Sie wurde durch die Exkommunizierung des römisch-katholischen Erzbistums Utrecht und seiner Suffragane Harlem und Deventer im Jahr 1723 vom Papst unabhängig. Von dieser haben alle anderen alt-katholischen Kirchen die apostolische Sukzession erhalten, so dass nach offizieller römisch-katholischer Auffassung die alt-katholische Kirche zwar als häretisch und schismatisch gilt, die Weihen der alt-katholischen Bischöfe (und Priester) aus Sicht des Heiligen Stuhls und der orthodoxen Kirchen jedoch für gültig erachtet werden.

Die älteste Gemeinde in Deutschland besteht auf Nordstrand, deren Ursprünge im Jahr 1654 liegen; sie wurde durch beim Deichbau beschäftigte niederländische Katholiken aus dem Erzbistum Utrecht gegründet.

Die altkatholischen und christkatholischen Kirchen sind in der so genannten Utrechter Union zusammengeschlossen.

Unterschiede zu anderen Konfessionen

Weitere Unterschiede zur römisch-katholischen Kirche sind:

  • Es werden nur Dogmen, die vor dem morgenländischen Schisma auf Konzilien verabschiedet wurden, anerkannt.
  • Größere Verantwortung und Rechte der Laien und der Synoden
  • Anerkennung der Bibel als übergeordnete Autorität
  • Aufhebung der verpflichtenden Beichte, der erzwungenen Ehelosigkeit von Geistlichen (Priesterzölibat) und der Ablässe
  • Gottesdienst seit 1871 in der Landessprache
  • Die Predigt ist im Gottesdienst ebenso zentral wie die Eucharistie.
  • Ablehnung der Eucharistie als fortdauerndes Sühneopfer
  • Das Abendmahl wird als reale Vergegenwärtigung des Opfers Christi verstanden, nicht als fortwährende Erneuerung des Sühneopfers Jesu Christi. Kommunionempfang in beiden Gestalten (Brot und Wein) ist die Regel bei der Eucharistiefeier. Christen anderer Konfessionen werden zur Teilnahme eingeladen.
  • Die Epiklese ist Bestandteil der Konsekration.
  • Maria und Heilige werden nicht als Vermittler zwischen Gläubigen und Gott oder Christus angerufen, sondern als Vorbilder im Glauben gesehen.
  • Die römisch-katholischen Mariendogmen des 19. und 20. Jahrhunderts (unbefleckte Empfängnis, leibliche Himmelfahrt) werden abgelehnt.
  • Frauen werden in den meisten Kirchen zu Priesterinnen geweiht (siehe Frauenordination).
  • Es wird niemand von den Sakramenten ausgeschlossen.


Die Alt-Katholische Kirche sieht in den meisten dieser Punkte keine Neuerungen gegenüber der alten Kirche. Vielmehr liege ihr ein ursprünglicher Katholizismus zu Grunde, der dem Evangelium von Jesus Christus entspreche. Die Änderungen durch das I. Vatikanische Konzil werden hierbei als die eigentlichen "Neuerungen" angesehen, ebenso wie die Mariendogmen des 19. und 20. Jahrhunderts.

Von römischen Katholiken werden die Alt-Katholiken oft nur als eine Spielart des Protestantismus betrachtet. Spätestens seit der Einführung der Priesterinnenweihe sei sie "endgültig dem protestantischen Flügel" zuzurechnen (Ludwig Schick in Glaube und Leben 22/1996 vom 2. Juni 1996). Besonders scharf griff Johannes Dyba die alt-katholische Kirche anlässlich der ersten Frauenordinationen an: "Die Alt-Katholiken zeigen ... einmal mehr, daß sie weder alt noch katholisch sind. Wer bei solchem Etikettenschwindel auf katholische Abfälle hofft, belastet in bedauerlicher Weise das ökumenische Klima" (Focus vom 20.5.1996).

Jedoch unterscheidet die Alt-Katholische Kirche sich in ihrem eigenen Selbstverständnis deutlich von den protestantischen Kirchen. Ein wesentlicher Unterschied liegt - neben der Bewahrung der apostolischen Sukzession - im Festhalten an der Siebenzahl der Sakramente:

  • Taufe
  • Herrenmahl (Eucharistie)
  • Buße (Beichte)

bis hierher reicht die Übereinstimmung mit den Protestanten (zumindest den Lutheranern). Katholisch sind darüber hinaus folgende Sakramente:

  • Firmung
  • Krankensalbung
  • Ehe
  • Ordination (Weihe zum Diakon, Priester oder Bischof)

Seit 1931 stehen die altkatholischen und christkatholischen Kirchen in voller Kirchengemeinschaft mit der Anglikanischen Kirche. Sie sind Gründungsmitglieder des Ökumenischen Rates der Kirchen und wirken maßgeblich in der ökumenischen Bewegung mit. Unionsversuche mit der Orthodoxen Kirche scheiterten dagegen, weil die Altkatholiken nach orthodoxer Ansicht die altkirchliche Praxis in Bezug auf die Priesterweihe von Frauen und der eheähnlichen Segnung von gleichgeschlechtlich liebenden Menschen verlassen haben. Die deutschen, österreichischen und schweizerischen Kirchen gehörten 1889 - neben der wichtigen Kirche in den Niederlanden - zu den Gründungsmitgliedern der Utrechter Union der Altkatholischen Kirchen.

Altkatholiken im deutschsprachigen Raum

Die Altkatholische Kirche ist eine kleine Kirche, die aber - vor allem durch Übertritte aus anderen Kirchen - stetig wächst. Ihre Gemeinden sind meist von überschaubarer Größe, oft herrscht eine familiäre Atmosphäre.

  • In Deutschland hat die alt-katholische Kirche heute etwa 25.000 Mitglieder. Sie ist wie die beiden Großkirchen eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Seit 1985 besteht mit den evangelischen Kirchen der EKD eine gegenseitige Einladung zum Abendmahl. In Bonn hat die alt-katholische Kirche Deutschland ihren Bischofssitz und einen Lehrstuhl an der Universität. Eine starke Konzentration von Altkatholiken findet sich im Nordrhein-Westfälischen (Köln, Bonn, Ruhrgebiet) und in Südbaden, direkt angrenzend an die christkatholische Konzentration der Schweiz; dies ist deckungsgleich mit dem Bereich des ehemaligen, sehr liberalen und deshalb zu Beginn des 19. Jahrhunderts aufgelösten Bistums Konstanz der Römisch-Katholischen Kirche.
  • In der Schweiz hat die Christkatholische Kirche mit 12.000 Mitgliedern den offiziellen Status einer Landeskirche. Die Universität Bern hatte bis 2001 eine eigene Christkatholische Fakultät, die seither als Departement für Christkatholische Theologie in die Christkatholische und Evangelische Theologische Fakultät eingegliedert ist. Die stärkste Konzentration an Christkatholiken liegt im aargauischen Bezirk Rheinfelden (22% aller Mitglieder). Dort liegt mit Möhlin auch jene Gemeinde mit dem größten Anteil an Christkatholiken (13% der Einwohner oder rund 1.100 Seelen). Weitere starke Konzentrationen befinden sich im Raum Olten und Basel. Diese Konzentrationen finden sich vor allem im Bereich des ehemaligen Bistums Konstanz.
  • In Österreich hat die Alt-Katholische Kirche etwa 18.000 Mitglieder.

Altkatholiken international

Außerhalb des deutschen Sprachraums gibt es altkatholische Kirchen in Dänemark, Frankreich, den Niederlanden, Tschechien (2.700 Mitglieder, ehemals vor allem sehr viele Sudetendeutsche), Italien, Serbien und Montenegro, Polen, Schweden, Slowakei (150), Slowenien, in den USA, Kanada und auf den Philippinen. Nicht in allen Ländern werden diese Kirchen als "Alt-Katholisch" bezeichnet; vor allem in den USA ist der Ausdruck "old catholic" mittlerweile von Vagantenbischöfen vereinnahmt worden, die keinerlei Bezug zur Alt-Katholischen Lehre und der Utrechter Union haben.

Geschichte

folgt

Literatur

  • Küry, U. und C. Oeyen: Die Altkatholische Kirche - ihre Geschichte, ihre Lehre, ihre Anliegen. Evangelisches Verlagswerk 1982. ISBN 3-7715-0190-3
  • Arbeitskreis Öffentlichkeitsarbeit im Katholischen Bistum der Altkatholiken an Deutschland (Hrsg.): Kirche für Christen heute - eine Information über die Alt-Katholische Kirche. Neuauflage in Vorbereitung. H. Hoffmann 1994. ISBN 3-87344-001-6.
  • Katholisches Bistum der Alt-Katholiken in Deutschland (Hrsg.): Christen heute - Zeitung d. Alt-Katholiken für Christen heute. Zeitschrift der Alt-Katholiken für Christen heute. ISSN 0930-5718. Web: http://www.christen-heute.de/

Siehe auch

Inoffizielle Seiten