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Schamil Salmanowitsch Bassajew

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Schamil Salmanowitsch Bassajew (russisch Шамиль Салманович Басаев; * 1965 in Wedeno, Tschetschenien) ist ein tschetschenischer Terrorist und ein Anführer von tschetschenischen Separatisten.

Frühe Aktivitäten

Er stammt aus einer Familie tschetschenischer Rebellen. Sein Großvater kämpfte nach der Oktoberrevolution für die Errichtung eines unabhängigen Kaukasus-Emirats. Nach seinem Schulabschluss 1982 leistete einen Grundwehrdienst in den sowjetischen Streitkräften. Später arbeitete er auf der Aksaiiskij Kolchose im Gebiet Wolgograd. Vergeblich bemühte er sich um ein Jurastudium an der Moskauer Lomonossow Universität. 1987 nahm er ein Agraringenieursstudium auf, das er jedoch 1988 wegen schlechter Noten abbrechen musste.

Während des Putsches gegen Michail Gorbatschow im August 1991 gehörte er, mit einigen Handgranaten bewaffnet, zu den Verteidigern des Weißen Hauses, in dem sich Boris Jelzin verschanzt hatte. Im November 1991 entführte Bassajew ein sowjetisches Flugzeug mit 178 Passagieren nach Ankara. Die Geiseln wurden schließlich in Tschetscheniens Hauptstadt Grosny freigelassen. 1991 bis 1992 wurde er in Pakistan von islamistischen Extremisten ausgebildet. Er ging nach Abchasien und kämpfte von 1992 bis 1993 als Kommandeur eines tschetschenischen Bataillons für die Abspaltung der autonomen Republik von Georgien, wurde dort stellvertretender Verteidigungsminister. Bassajews Einheit war verantwortlich für die Tötung tausender georgischer Zivilisten in Sochumi und im abchasischen Dorf Leselidse. 1994 verließ er Abchasien und nahm eine dreimonatiges Partisanentraining in Afghanistan auf.

Aufstieg zur tschetschenischen Leitfigur

Während des Ersten Tschetschenien-Kriegs von 1994 bis 1996 wurde er zusammen mit Aslan Maschadow zu einer Leitfigur der Rebellenbebewegung. Im Juni 1995 organisierte er im Krankenhaus der südrussischen Stadt Budjonnowsk eine Geiselnahme, bei der über 150 Menschen getötet wurden. Bassajew und seine Mittäter erhielten freies Geleit. 1996 wurde er Kommandeur der tschetschenischen Streitkräfte. Im August leitete er den erfolgreichen Angriff zur Einnahme der tschetschenischen Hauptstadt Grosny.

Seine Frau und zwei Kinder wurden im Mai 1995 von einem russischen Kampfhubschrauber getötet.

Als Tschetschenien de facto (aber nicht de jure) unabhängig wurde, wechselte Bassajew für kurze Zeit in die Politik. Zu den tschetschenischen Präsidentschaftswahlen im Januar 1997 trat er gegen Maschadow als Präsidentschaftskandidat an, unterlag jedoch. Ein Jahr später ernannte ihn Maschadow zum Premierminister, befristete diese Position aber auf sechs Monate.

Islamischer Fundamentalismus

Das Verhältnis zwischen Maschadow und Bassajew galt als gespannt. Bassajew hielt Maschadow gegenüber Russland für zu nachgiebig. Sein Bündnispartner war der aus Saudi-Arabien stammende Terrorist Ibn al-Chattab. Bassajew und Chattab streben die Herrschaft des Wahabismus, einer ultrakonservativen Richtung des Islams, in Tschetschenien an. In ihrem Herrschaftsbereich wurde das islamische Scharia-Gericht eingeführt. Seit 1996 sollen sie von Osama bin Laden finanziell unterstützt worden sein.

Im August 1998 begann Bassajew gemeinsam mit Chattab eine Rebellion in der russischen Republik Dagestan, die an Tschetschenien grenzt. Das tat er, ohne die Zustimmung von Aslan Maschadow, den er in seiner Funktion als tschetschenisches Staatsoberhaupt ignorierte. Die Eskalation zu einem bewaffneten Konflikt, die durch die wahabitischen Banden ab dem Juni 1999 herbeigeführt wurde, ist der wesentliche Auslöser des Zweiten Tschetschenien-Kriegs. Durch das Bestreben Bassajews, Teile Dagestans aus dem Einflussbereich der Russischen Föderation zu lösen, wurde eine Verteidigungsreaktion der russischen Streitkräfte provoziert. Damit wurde der Waffenstand, der seit 1996 geherrscht hatte, und der niemals wirklich stabil war, entgültig gebrochen. In der Folge gelang es den russischen Streitkräften, die nicht zuletzt durch die energische Politik von Wladimir Putin wesentlich besser ausgerüstet und zahlenmäßig weit überlegen waren, die tschetschenischen Separatisten im August 1999 zunächst aus Dagestan zu vertreiben. Der im Herbst folgenden russischen Offensive konnten die Rebellen nichts gleichwertiges entgegensetzen, obwohl die Tschetschenen nicht zuletzt durch Bassajew zu bedingungslosem Widerstand aufgestachelt wurden. Sie wurden von den russischen Streitkräften ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung, die sich ebenfalls auf den Kampfplätzen befand, zusammengeschossen. Man testete dabei auf russischer Seite auch die Wirkung neuer Waffensysteme, wie zum Beispiel von Aerosolbomben oder einem neuen Raketenwerfertyp. In seiner Ignoranz der massiven Überlegenheit der russischen Streitkräfte und seinen sturen Verteidungsbefehlen demonstrierte Bassajew seine Unfähigkeit, eine höhere militärische Kommandostelle auszufüllen. Im Gegensatz zu vielen seiner tschetschenischen Untergebenen, die bei der Verteidigung Grosnys ums Leben kamen, verlor Bassajew bei den Kämpfen nur ein Bein. Bassajew lebt seither im Untergrund. Aufgrund seiner Behinderung konnte er sich nach 1999 nicht mehr direkt an Anschlägen beteiligen.

Eskalation öffentlichkeitswirksamer Gewalt

Im Oktober 2002 organisierte er die Geiselnahme im Moskauer Dubrowka-Theater, die Mowsar Barajew leitete. Bei der Erstürmung des Theaters starben 129 Geiseln und 41 Geiselnehmer. Später rühmte er sich, junge Frauen aus Tschetschenien zu Selbstmordattentäterinnen (russisch Smertnizy) ausgebildet zu haben.

Im Mai 2004 ließ Bassajew den tschetschenischen Präsidenten Achmat Kadyrow ermorden.

Im August bekennt er sich zu den Bombenanschlägen auf zwei russische Passagiermaschinen, bei denen 89 Menschen umkamen.

Er war auch Organisator der Geiselnahme von Beslan, bei der zwischen dem 1. und 3. September mindestens 335 Menschen ums Leben kamen, darunter viele Schulkinder. Der russische Inlandsgeheimdienst FSB hat 300 Millionen Rubel (8,2 Millionen Euro) auf seinen Kopf ausgesetzt.

In der tschetschenischen Bevölkerung gilt Bassajew bei einigen als populär, wird aber von anderen für die Eskalation der Gewalt verantwortlich gemacht.

Eine friedliche Lösung des Tschetschenien-Konflikts schließt Bassajew aus. Der Krieg werde 20 bis 25 Jahre dauern. Er werde erst beendet, wenn das Gesetz Allahs in Jerusalem herrscht. Bassajew ist ein sehr gefährlicher Mensch und ihn kennzeichnet ein ausgeprägter Hang, anderen Menschen Leid zuzufügen. Er ist persönlich nicht durch Vorgesetzte kontrollierbar, wie sein Verhalten in den Jahren 1998 und 1999 gezeigt hat. Deshalb kann auch davon ausgegangen werden, das Bassajew nicht von Al Qaida Befehle entgegennimmt. Weiterhin zeichnete er sich in der Vergangenheit durch politische und militärische Entscheidungen aus, die ihn als unfähigen Strategen und Politiker erscheinen lassen. Er stellt daher eine Gefahr nicht nur für den Zusammenhalt der Russischen Föderation als auch für das Fortbestehen des tschetschenischen Volkes dar, dass er durch seine Gewaltaktionen in krassen Gegensatz zur Meinung der Weltöffentlichkeit bringt.

Siehe auch: Rijadus-Salichin, Osama bin Laden, Terrorismus