Mirza Ghulam Ahmad
Mirza Ghulam Ahmad (* 1835; † 1908) ist der Begründer der Ahmadiyya Muslim Jamaat (Glaubensgemeinschaft). Er stammt aus Qadian in Indien. 1891 verkündete er, dass er der "Verheißene Messias und Mahdi sei", der in den islamischen und christlichen Quellen vorausgesagt worden war. Sein Anspruch bildet die Grundlage der Ahmadiyya Muslim Gemeinde. Zur spirituellen Erbauung hielt er ab 1894 Jalsa Salanas ab.
Vorfahren
Mirza Hadi Beg, ein Vorfahre persischer Abstammung, wanderte zur Zeit des Mogul-Kaisers Babar nach Indien ein. Im Punjab ließ er sich nieder und gründete ein Dorf namens Islampur (Dorf des Islam), heute Qadian. Die Familie Mirza bekleidete unter der Herrschaft der Mogulen einflussreiche Staatsämter. In ihrer Hochzeit umfasste ihr Besitz Qadian und 85 weitere Dörfer, insgesamt 12840 Hektar. Mit dem Untergang der Mogul-Herrschaft nahm auch der Einfluss- und Machtbereich der Familie ab. Mitte des 19. Jahrhundert war der Grundbesitz auf Qadian zusammengeschrumpft. Mirza Ghulam Murtaza trat in das Herr es Maharadschas ein. Nach der Festigung der Sikh-Herrschaft wurden vom Sikh-Herrscher Maharadscha Ranjit Singh fünf Dörfer zurückgegeben. Im Jahre 1839 starb der Sikh-Herrscher und das Sikh-Reich begann sich aufzulösen. Gleichzeitig erweiterten die Briten ihren Machtbereich bis in den Punjab. Mirza Ghulam Murtaza diente der britischen Regierung ebenso treu, wie er der Sikh-Regierung gedient hatte. Für seine Dienste erhielt er später eine Rente von 200 Rupie. Anlässlich des Todes von Mirza Ghulam Murtaza schrieb viele Jahre später Sir Robert Egerton, ein Finanzsekretär des Punjab, an Ghulam Ahmads Bruder: "Ich werde die Wiederherstellung Ihres Familienbesitzes und das Wohlergehen Ihrer Familie im Auge behalten, sobald sich eine günstige Gelegenheit ergiebt." Aber diese Gelegenheit ergab sich nie. Trotzdem wurde von diesem Zeitpunkt an behauptet, dass die Mirza-Familie, und Ghulam Ahmad selbst, von der britischen Regierung eine bevorzugte Behandlung genossen habe.
Hazrat Mirza Ghulam Ahmad wurde am 13.2.1835 als zweiter Sohn von Mirza Ghulam Murtaza (†1876) und Chiragh Bibi (†1868) geboren. Seine Zwillingsschwester starb wenige Tage nach ihrer Geburt. Sein Vater war ein Oberhaupt des Punjab und der größte Landeigentümer im Dorf Qadian. Obwohl er keine Reichtümer besaß, so hatte er doch einige Bedienstete und eine anerkannte Stellung von Autorität. Dies bedeutete auch, dass Ghulam Ahmad Privatunterricht bei verschiedenen Lehrern erhalten sollte.
Überzeugungsfundamente
Die Anhänger glauben, dass in spiritueller Hinsicht die Wiederkunft von Jesus Christus durch die Ankunft von Hazrat Mirza Ghulam Ahmad erfolgte. Ebenfalls gehört es zu ihren Überzeugungsfundamenten, dass Ghulam Ahmad die Endzeitverkörperung der Qualitäten Krischnas sei, der ein Avatar der Aryaner und ein Prophet Gottes gewesen wäre und von Gott Offenbarungen erhalten hätte.
Gleichzeitig betont die Ahmadiyya den Wahrheitsanspruch des Islam und anerkennt aber auch gleichzeitig alle Religionen in ihrem Ursprung als wahr an. Buddhas, Konfuzius, Krischna und Zoroastras werden als Gesandte Allahs angesehen, jedoch nicht als Verkörperung Gottes.
Hazrat Mirza Ghulam Ahmad (Friede sei auf Ihn) hat den (religiös motivierten) Krieg für abgeschafft erklärt gemäß dem Hadith:
Muhammed sagte: »Ich schwöre bei Allah, in dessen Hand mein Leben ist, daß der Sohn der Maria bald zu euch herabkommen wird. Er wird ein gerechter Richter sein und die Kreuze zerbrechen, er wird das Schwein töten und die Kriegssteuer (Jizya) abschaffen. Er wird Reichtum in einem solchen Ausmaß verteilen, daß keiner ihn mehr annehmen wird; und eine Niederwerfung (Sadschda) wird besser sein als die Welt und das, was sie enthält.« (Hadith: Bukhari, Muslim, Trimidhi)
worin sich die strikte pazifistische Haltung begründet. Hier liegt auch ein Grund für den Hass der anderen islamischen Gruppen, die damals den bewaffneten Kampf gegen die Engländer (Besatzungsmacht in Indien) gepredigt hatten. Die Ahmadis halten es für eine bessere Lösung auszuwandern, als Krieg zu führen.
Kontroversen
Die Lehren von Hazrat Mirza Ghulam Ahmad und der Glaube seiner Anhänger haben große Kontroversen zwischen muslimischen Gruppen hervorgerufen, besonders in Pakistan. Dort erreichten fundamentalistische Führer, dass das Parlament Ahmadi-Muslime zu Nicht-Muslimen erklärte. Sie glauben im Unterschied zu anderen muslimischen Richtungen:
- an die Prophetenschaft von Mirza Ghulam Ahmad
- daran, dass Ahmad der Messias ist, das heißt der "Gesalbte", den die Bibel als kommenden bzw. wiederkommenden Christus prophezeit
- daran, dass Ahmad der Mahdi - die von Gott geleitete Person - ist
- daran, dass mit der Wiederkunft des Messias der religiös motivierte Krieg - der Jihaad - abgeschafft ist
- daran, dass die Verse des Qur'an nicht abrogiert werden können.
- daran, dass Hazrat Isâ (Jesus Christus) nach Kaschmir auswanderte und in Srinagar begraben liegt.
Prophetenschaft
Der Streit um die Prophetenschaft ist ein Streit, ob zugrunde liegende arabische Wort im Qur'an als Idiom oder buchstäblich zu verstehen ist. Man kann den Ausdruck, Hazrat Muhammad (saw) war das Siegel der Propheten übersetzen als Größter und Bester Prophet oder Letzter Prophet. Einige Muftis meinen, dass Hazrat Muhammad (saw) der Letzte Prophet war und mit ihm die Prophetenkette abgeschlossen ist. Dieser Auffassung widerprechen aber einige Ahadith. Es widerspricht auch der Eigenschaft Allahs, der Sprechende zu sein. Diese Eigenschaft Allahs hört nie auf und es war immer der Weg Allahs zu den Menschen auch durch Propheten zu sprechen. Nach Überzeugung der Ahmadis bedeutet Siegel deswegen lediglich, dass alle nachfolgenden Propheten keine neue Religion begründen und kein neues religiöses Buch (wie den Qur'an) bringen. In diesem Sinne war Hazrat Ghulam Ahmad ein Erneuerer des Islam, gilbt aber als Prophet, weil er auch viele Prophezeiungen von Allah erhielt. Abweichend ist die Ahmadiyya Anjuman Isha'at-e-Islam Lahore's (AAIIL) der Auffassung, dass Hazrat Mirza Ghulam Ahmad nur ein Reformer und Messias, nicht aber Prophet war.
Christen wie Muslime glauben, dass Hazrat Isâ (Jesus Christus) wiederkommen müsse. In den Ahadith ist manchmal von Messias die Rede und manchmal von Mahdi. Ein Hadith erklärt aber, dass dies nur zwei Attribute ein und derselben Person sind: 'Der Mahdi ist kein anderer als der Messias.' [Ibn-Majah]
Ein Mahdi ist eine Person, die direkt von Allah geleitet wird. Dies sind in hohem Maße nur Propheten. Während Ahmadi-Muslime glauben, dass der Mahdi einen spirituellen und intellektuellen Jihaad führen wird, erwarten andere islamische Gruppen einen blutigen Mahdi, der den Islam im bewaffneten Kampf wieder erstarken lässt. Man erkennt eine Parallele zu den Juden, die von Hazrat Isâ (Jesus Christus) enttäuscht waren, als er sich nicht als der erhoffte Anführer für einen bewaffneten Aufstand gegen die römischen Besatzer entpuppte.
Das Blut des Gelehrten ist wertvoller als das Blut eines Märtyrers. (Hadith) In diesem Sinne wird das Brechen des Kreuzes (das meint die Widerlegung der christlichen Glaubenssätze) durch den Jihaad der Feder und den Jihaad des Arguments erfolgen. Es ist ein Missverständnis zu glauben, dass eine Religion mit dem Schwert verbreitet werden kann. Eine Religion hat nur dann Kraft, wenn die Menschen diese aus Überzeugung selbst annehmen. Sowieso ist der Große Jihaad die Verbesserung des eigenen Charakters, Moral und Spiritualität.
Qur'an-Verse können nicht abrogiert werden
Mirza Ghulam Ahmad wies den Glauben einiger Muslime seiner Zeit zurück, dass ein Vers im Qur'an könne einen andere aufheben Abrogation. Er war davon überzeugt, dass der Qur'an eine Offenbarung des Wortes Gottes war und als solches keine Widerprüche enthält. Jeder scheinbare Widerpruch im Qur'an führte er auf Missverständisse und Falschinterpretationen zurück.
Jesus in Indien
Einige Muslime haben sich die Auffassung der Christen zu eigen gemacht, dass Hazrat Isâ von Gott (leiblich) in den Himmel erhoben wurde. Ahmadis glauben, dass Hazrat Isâ die Kreuzigung bewusstlos überlebte, nach seiner Genesung den Jüngern erschien und nach Kaschmir auswanderte, wo er hochbetagt starb.
Heiratspraxis
Zu Anfang war die Heirat zwischen einem Ahmadi und einen Nicht-Ahmadi noch üblich. Inzwischen gibt es aber weltweit genug Ahmadis, sodass die Heirat mit einem Nicht-Ahmadi nicht mehr zwingend erforderlich ist. Im Allgemeinen führen gemischtreligiöse Ehen meist zu unüberbrückbaren Problemen, wenn beide Ehepartner ihre Religion ernsthaft ausüben, z.B. bei der Kindeserziehung. Was soll beispielsweise ein Kind christlich-islamischer Eltern denn nun glauben, war Hazrat Isa (Jesus Christus, as) nun ein Prophet oder ein Gott und war Hazrat Muhammad (saw) ein Betrüger und Lügner oder ein Prophet. Es sind hier kaum praktizierbare Kompromisse möglich. Zwischen einem Ahmadi-Muslim und einem Nicht-Ahmadi-Muslim gäbe es ähnliche Schwierigkeiten bzgl. der Person Hazrat Mirza Ghulam Ahmads (as). War er der Verheißene Messias und Imam Mahdi, oder ein Schwindler und Lügner. Weitere Fragen tun sich auf: Ist der Jihaad mit geistlichen Mitteln und auf der Basis mit Argumenten zu führen, oder mit der Waffe. Warten im Paradies 72 Jungfrauen auf den Märtyrer oder sind die Paradiesbeschreibungen eher allegorisch zu deuten.
Fakt ist, dass gemischtreligiöse Ehen relativ zu religionshomogenen Ehen häufig scheitern. Um ein Anwachsen der Scheidungsrate zu vermeiden, wurden vom Khalifa gemischtreligiöse Ehen verboten. Die Anweisungen des Khalifa werden von den Ahmadis gewöhnlich befolgt. Es gibt aber immer noch die Möglichkeit eine Ausnahmegenehmigung vom Khalifa zu bekommen. Diese Genehmigung wird in der Regel auch erteilt, allerdings mit eindringlichen Hinweisen auf die Risiken einer solchen Ehe. Die Regelung hat also den Hintergrund empirischer Erfahrungen und basiert nicht auf einer Anordnung des Koran oder auf ideologischen Überlegungen.
Nachfolge
Nach dem Tod von Hazrat Mirza Ghulam Ahmads (as) wird die Ahmadiyya Muslim Jamaat durch seine Nachfolger, Khalifa genannt, geführt. Insgesamt gibt es schätzungsweise 200 Millionen Anhänger der Ahmadiyya. Ein Großteil davon lebt in Pakistan Europa und Afrika. Der aktuelle 5. Khalifa residiert in London.
- Kalif: Hazrat Hakeem Maulvi Nooruddin
- Kalif: Hazrat Mirza Basheeruddin Mahmood Ahmad
- Kalif: Hazrat Hafiz Mirza Nasir Ahmad
- Kalif: Hazrat Mirza Tahir Ahmad
- Kalif: Hazrat Mirza Masroor Ahmad
Der Messias-Wettstreit
Dr. John Alexander Dowie (* 1848; † 1907) war ein katholischer Führer und gründete 1896 die The Christian Catholic Apostolic Church in Zion und nannte sich der erste Apostel. In endzeitlicher Erwartung erbaute er 1901 Zion City in Illinois, USA. Ebenfalls 1901 beanspruchte er öffentlich Elijah, der Erneuerer zu sein. Er hasste den Islam und versprach, dass der Islam vernichtet würde. Hazrat Mirza Ghulam Ahmad hörte davon und forderte Alexander Dowie zu einem Gebetsduell (Mubahala) heraus. Beide sollten zu Gott beten, er möge die Wahrheit ans Licht bringen, indem der den Lügner zu Lebzeiten des anderen vernichten möge. Über diese Herausforderung wurde öffentlich in amerikanischen Zeitungen berichtet. Alexander Dowie hat darauf sehr arrogant reagiert, er würde den muslimischen Messias unter seinem Fuß zertreten. Doch Alexander Dowie wurde krank und starb, von Familien und Freunden verlassen, nach einem Siechtum elendig 1907, ohne sein Versprechen halten zu können. Als er starb titelte die Sunday Herald of Boston in ihrer Schlagzeile Great is Mirza Ghulam Ahmad, the Promised Messiah! Foretold pathetic end of Dowie....
Literatur
- Masud Ahmad: Jesus starb nicht am Kreuz; Frankfurt (Verlag der Islam); ISBN 3-921458-81-1
- Jesus in Kaschmir; Frankfurt (Verlag der Islam); ISBN 3-921458-10-2
- Iain Adamson: Mirza Ghulam Ahmad von Qadian; Frankfurt (Verlag der Islam); ISBN 3-921458-72-2
Werke
- Mirza Ghulam Ahmad: Jesus in Indien; Frankfurt (Verlag der Islam); ISBN 3-921458-39-0
- Mirza Ghulam Ahmad: Philosophie des Islam; Frankfurt (Verlag der Islam); ISBN 3-921458-97-8
- Mirza Ghulam Ahmad: Ein Missverständnis ausgeräumt; Frankfurt (Verlag der Islam); ISBN 3-921458-53-6
Biographie
Personendaten | |
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NAME | Ahmad, Mirza Ghulam |
KURZBESCHREIBUNG | ist der Begründer der Ahmadiyya Muslim Jamaat (Glaubensgemeinschaft) |
GEBURTSDATUM | 1835 |
GEBURTSORT | Qadian |
STERBEDATUM | 1908 |
STERBEORT | Qadian |