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Corps Germania München

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Corps Germania zu München
Das Große Corpswappen der Germania. Es zeigt im rechten oberen Feld den Zirkel in gold auf rotem Grund, links oben die Farben auf weißem Grund, links unten die Germania mit Schild und Schwert und rechts unten das kleine Bundeszeichen mit Waffenspruch und Stiftungsdatum.
Das Große Corpswappen der Germania. Es zeigt im rechten oberen Feld den Zirkel in gold auf rotem Grund, links oben die Farben auf weißem Grund, links unten die Germania mit Schild und Schwert und rechts unten das kleine Bundeszeichen mit Waffenspruch und Stiftungsdatum.
Universitäten: LMU, TUM, UniBW, HfP, HM
Stiftungsdatum: 14. November 1863 in München
Verband: Weinheimer Senioren Convent (WSC)
Wahlspruch: Für Ehre und Freundschaft!
Waffenspruch: Ensis sit noster vindex!
Corpsburschenband:
Fuchsenband:
Zirkel der Germania:
Homepage: http://www.corps.cc

Das Corps Germania zu München ist eine schlagende Studentenverbindung im Weinheimer Senioren-Convent (WSC), deren Mitglieder als „Münchner Germanen“ bekannt sind. Ihm gehören Studenten und Absolventen der Münchener Hochschulen an. Jeder Student oder Absolvent einer Münchner Hochschule kann um Mitgliedschaft im Corps nachsuchen.

Couleur

Die Couleur des Corps Germania besteht aus dem Corpsburschenband in den Farben „blau-gold-rot“ bzw. dem von den Füchsen getragenen Fuchsenband in „gold-rot“, jeweils mit goldener Perkussion. Als Kopfbedeckung wird für gewöhnlich eine weiße Tellermütze getragen, Alte Herren tragen oft das bequemere Tönnchen.

Corpsburschen und Füchse tragen zu offiziellen Veranstaltungen eine blaue Kneipjacke, die Chargierten und der Fuchsmajor eine weiße Pekesche. Der Fuchsmajor trägt als Zeichen seines Amtes über das Burschenband gekreuzt auch das Fuchsenband.

Organisation

Kern des Corps ist der Kreis der studierenden Mitglieder, den so genannten Aktiven, der sich in den Corpsburschen-Convent (CC) und den Renoncen-Convent (RC) untergliedert. Dem CC gehören die Vollmitglieder, dem RC die Füchse an. Immer drei Corpsburschen werden mit der Führung sog. Chargen betraut und durch Wahl aus dem CC heraus bestimmt. Die Chargen treten durch ihre Wahl aus dem engeren Corps heraus und führen für ein Semester die Zeichen x (Senior), xx (Consenior) und xxx (Sekretär) - die sog. Chargensterne - als Zusatz zu Ihrem Namen. Der Senior ist der höchste Repräsentant nach außen und leitet den Corpsburschenconvent. Zudem vertritt er die Aktiven gegenüber dem Philisterconvent. Der Consenior leitet die tägliche Fechtstunde und bereitet federführend die Veranstaltungen der Aktiven vor. Der Sekretär ist für den offiziellen Schriftverkehr des Corps zuständig.

Ein wichtiges Amt hat der Fuchsmajor inne: er leitet den Renoncenconvent und bildet die Füchse in Comment, Corpsgeschichte und Universitätsgeschichte aus. Die Füchse werden meist nach zweisemestriger gegenseitiger Probezeit (und zwei gefochtenen Partien) ins engere Corps recipiert (Reception). Nach einigen Semestern als Corpsbursche und mindestens zwei weiteren Partien wird das Mitglied inaktiviert. Inaktive Corpsburschen sind von wesentlichen Verpflichtungen, z.B. Teilnahme an allen am Ort stattfindenden Veranstaltungen, befreit, damit sie sich ohne Belastungen auf die Examina vorbereiten können.

Nach Abschluss des Studiums wird der bisherige inaktive Corpsbursche zum Alten Herrn und bleibt dem Corps in der Regel ein Leben lang verbunden. Die Alten Herrn der Germania sind Mitglieder im Verband Alter Münchner Germanen und stehen den jungen Corpsmitgliedern beratend zur Seite. Stellvertretend für die Gesamtheit der Alten Herren nimmt diese Aufgabe zwischen den Allgemeinen Conventen der Philistersausschuss wahr.

Geschichte

Von der Gründung bis zum ersten Weltkrieg

Die Aktiven des Corps Germania im Sommersemester 1864
Die Aktiven des Corps Germania im Sommersemester 1864

Am 14. November 1863 wurde Germania von acht Studenten um den Schleswiger Bernhard Wieck an der Polytechnischen Schule zu München als Burschenschaft Germania gestiftet. Einer der Stifter, Heinrich Lindau aus Ansbach, verstarb bereits einen Monat später, ein zweiter Stifter, Wilhelm Buchheit aus Aufsess, verstarb im Februar 1864. Trotzdem konnte der junge Bund neue Mitglieder gewinnen und so sein Überleben sichern. Anfangs wurden die Farben schwarz-gold-rot getragen, sie sind heute noch im Herzschild des Corpswappens zu sehen. Als Burschenschaft lehnte Germania die Bestimmungsmensur ab, bekannte sich aber zum Prinzip der Satisfaktion mit der Waffe.

Germania benannte sich am 22. März 1865 in Deutsche Landsmannschaft Germania um und wäre möglicherweise auch für längere Zeit Landsmannschaft geblieben, wenn die Verhandlungen über einen Beitritt zum Wetzlarer Allgemeinen Landsmannschaften-Senioren-Convent nicht an den Bedenken der Hannoveraner Landsmannschaften gescheitert wäre. So erklärte sich Germania nur zwei Jahre später, genau am 10. Dezember 1867, zum Corps und schloss sich im Februar 1868 mit den Corps Cisaria, Vitruvia und Rheno-Palatia zum Polytechnischen SC an der Polytechnischen Schule zu München (heute TUM) zusammen.

Dieser Polytechnische SC (PSC) sollte - trotz ausdauernden Streits zwischen den Mitgliedscorps, vor allem in den ersten 25 Jahren, und regelmäßigen Aus- und Wiedereintritten - insgesamt über sieben Jahrzehnte lang Bestand haben. Das Corps Germania war von den Corps am Polytechnikum das erste, welches in offizielle Beziehungen zum SC an der LMU treten konnte und mit den Kösener Corps Mensuren ausmachte. Dieses offizielle Verhältnis kann füglich als Urzelle des verbandsübergreifenden Münchner SC aus Kösener und Weinheimer Corps bezeichnet werden. Die ersten Mensuren mit einem auswärtigen Corps fanden im übrigen bereits 1872 in Innsbruck mit dem Corps Athesia statt.

Ebenfalls 1868 erklärte sich Germania zum Waffencorps, bereits 1874 wurde aber das Lebensprinzip angenommen. Dies hatte zur Folge, dass Germanen nur in äußerst seltenen Fällen auch das Band eines anderen Corps trugen; bis 1988 - also in den ersten 125 Jahren des Bestehens der Germania - gab es insgesamt nur fünf dieser Fälle, davon einer vor Annahme des Lebensprinzips. Wie in allen folgenden Kriegen meldeten sich die aktiven Germanen auch 1870 geschlossen zu den Waffen, 1871 konnten alle 31 Kriegsteilnehmer wieder in der Heimat begrüßt werden. Das zehnte Stiftungsfest fiel im Jahre 1873 der Cholera-Epidemie "zum Opfer", aus diesem Grund wurde das 11. Stiftungsfest in besonderer Weise begangen (siehe auch Stammbuchblatt weiter unten auf dieser Seite). Am Reformationstag 1893 wurde der Corpsphilisterverein Germania zu München gegründet, dieser trat 1896 in den seit 1889 bestehenden Münchner Corpsphilisterverband (MCPhV) ein. Der MCPhV ist heute mit über 1.300 Mitgliedern aus allen Corps Deutschlands und Österreichs der größte Corpsphilisterverband Deutschlands. Die Prinregentenzeit war für das Corps geprägt von - u.a. durch Gabriel v. Seidl - sehr engen Beziehungen zur Münchner Künstlergesellschaft Allotria um Franz von Lenbach. Anekdotisch sei hier angemerkt, dass der langjährige Corpsdiener der Germania, Franz Berr, dem großen Lenbach im Jahre 1893 für dessen Bismarck-Portrait mehrmals Modell saß; Berrs Stirn und Augen sollen denen des Altkanzlers zum Verwechseln ähnlich gewesen sein.

Von Prof. Ludwig Hohlwein gestaltetes Festplakat, erschaffen zum 50. Bundesfest der Germania im Jahr 1913
Von Prof. Ludwig Hohlwein gestaltetes Festplakat, erschaffen zum 50. Bundesfest der Germania im Jahr 1913
Ein kurzer Abriss der Lebensgeschichte von Franz Berr, soweit aus den Corpsannalen der Germania ersichtlich:

Corpsdiener Franz Berr wurde am 15. November 1871 im Alter von 29 Jahren mit einem anfänglichen Monatsgehalt von fünf bayerischen Gulden eingestellt. Die folgenden 72 Semester lang stand er in ununterbrochenem Dienst des Corps und hat in dieser Zeit nicht nur jede Offiziellität von Anfang bis Ende mitgemacht, sondern auch alle Umzüge durch die verschiedenen Corpsheime mit einem Leiterwagen selbst durchgeführt. Zudem hat Berr bei über zweitausend Partien "seine" Germanen bandagiert, und das in einer Zeit, in der die Beteiligten an Mensuren oft von der Polizei abgefasst wurden und in der Folge mit Haftstrafen rechnen mussten.

All die Jahre seines Dienstes für die Germania waren für den gelernten Schuster von großem Respekt für "sein Corps" und von unbändigem Stolz auf seine Zugehörigkeit zu einem so starken Bund geprägt. Ein Convents-Beschluss war wie das Evangelium für ihn und noch für den über 60-jährigen war ein 20-jähriger Corpsbursche einfach eine Autorität. Jeder Tag, an dem er dem Corps Dienste verrichtete, endete mit den folgenden Fragen: "Herr Senior, hams noch an Auftrag? - Herr Consenior, hams noch an Auftrag? - Herr Sekretär, hams noch an Auftrag, also nachher derf i gehn?" und nie wäre es dem ehemaligen Schweren Reiter (er hatte den Feldzug von 1866 mitgemacht und eine etwas verkrüppelte Hand als "Andenken" behalten) in den Sinn gekommen, seinen - oft recht zugigen - Posten vor dem Lokal, in welchem der wöchentliche Convent oft bis in die späte Nacht "tagte", vor der Zeit zu verlassen. Zum Ausgleich hat er dann bei den Strichlisten für den Bierkonsum auf der Kneipe die Genauigkeit nicht allzu sehr übertrieben und aus der Hektoliter-Banz'n gut und gern seine 110 Maß Bier gezapft. Dauerhaft übel genommen hat's ihm bei Germania niemand...

Der Respekt für Berr ging über das Corps Germania hinaus: so wurde er seinerzeit von zwei Alten Herrn des Münchner Corps Franconia für eine mehrtägige Tour in die Berge als Begleiter gebucht; zum Rucksacktragen freilich auch, vor allem aber wegen seiner Kenntnisse im Singen von Gstanzl'n, und eben auch, um den dritten Mann beim Tarocken abzugeben. Es ist leider nicht überliefert, um wieviele Taler die beiden studierten Amateure von dem ausgepichten Spieler Berr erleichtert wurden.

Seinen eigenen Corpsdiener-SC hatte er übrigens auch, gemeinsam mit dem Staberl von den Vitruven (seinem Leibfuchsen), dem Max von den Cisaren und dem Kaspar von den Rheinpfälzern, also gemeinsam mit den Corpsdienern der Corps des alten PSC (der Corps an der damaligen Polytechnischen Schule, der späteren TH, jetzigen TU München), traf er sich zum wöchentlichen Stammtisch im Hofbräuhaus am Platz'l. Den Staberl hat er dabei meist recht grob behandelt, aber - Gott sei's gedankt! - hat dieser zu Lebzeiten nicht erfahren, dass einst der Berr den vom Staberl eigens "für eine Mess' und eine gute Sterbestund" in Andechs am Altar deponierten Taler umgehend wieder "auspapierlte" und... den Corpsdiener-SC bei der Andechser Klingenweihe von eben diesem Taler großzügig freigehalten hat. Wir wollen hoffen, dass der Vitruven-Staberl auch so - ohne p.p. Messe - ruhig und friedlich in die nächste Welt hat gehen dürfen.

Eine seiner größten Stunden erlebte Berr als Modell für das 1893 entstandene Bismarck-Portrait des großen Franz von Lenbach, jener hatte ihn anlässlich der Beerdigung eines Alten Herrn der Germania "entdeckt" und die Ähnlichkeit mit dem Alt-Reichskanzler festgestellt. Besonders gut ging es ihm auch dann, wenn ihm sein Alter Herr Reck, seinerzeit Direktor des Nürnberger Stadttheaters, am Thomastag die Direktionsloge überließ. Dann genoss er die Blicke, welche sich vom Parkett hinauf zum vermeintlichen hohen See-Offizier, für den er wegen seiner marineblauen und reichlich goldbetressten Uniform samt goldumrandeter Mütze gehalten wurde, erhoben. Diese Ovation ließ er genau so huldvoll wie eine echte königliche Hoheit geschehen.

Als sich im Jahr 1907 das Ende seiner Dienstzeit nahte, räumte Berr den Kneipsaal im bisherigen Corpsheim im "Herzl" aus (es stand der Umzug ins neuerstandene Corpshaus an!). Der damals noch junge Germanen-Philister Hans Herpich (1884-1974) hatte sich anerboten, ihm in diesen letzten Stunden seines Dienstes Gesellschaft zu leisten. Berr hatte natürlich die meiste Arbeit schon vorher getan, und als die beiden dann gemeinsam die letzten Bilder von der Wand genommen hatten, da sank der alte Graukopf auf einen Stuhl und heulte wie ein kleines Kind. Das war der Abschied des alten Berr von seiner letzten Kneipe...

Nach genau 36 Jahren treuer Dienste wurde Berr zum 15. November 1907 hochgeehrt - und von seinen Germanen mit etlichen "Goldfüchsen" versehen - in den Ruhestand verabschiedet, er war aber auch in den folgenden Jahren auf jeder großen Kneipe in seiner Livree mit hoher Mütze anwesend. Die älteren Semester wollten bei diesen Gelegenheiten immer nur vom Berr bedient werden. Leider ist der Ruf "Berr, Bier!" allzu schnell für immer verklungen, am 4. Juli 1910 ist er seinem schweren Zuckerleiden erlegen und nicht nur bei Germania wurde sein Hinscheiden betrauert.

Das Pflichtgefühl und die Dienstauffassung eines Berr sind inzwischen leider auch zu Grabe getragen worden und werden wohl nimmer wieder erstehen. Memento mori!

Am 9. November 1907 konnte das von Cbr. Seidl geplante und erbaute Corpshaus[1] nach anderthalbjähriger Bauzeit eingeweiht werden. Die Freude über dieses Ereignis wurde auch in verschiedenen Liedtexten zum Ausdruck gebracht, der folgende Ausschnitt aus dem zur Einweihungsfeier von Otto Wiedemann eigens komponierten Festlied sei hierfür Exempel:

„Und fest wie dieses Haus gegründet
steht auch Germanias stolzer Hort.
Das Blau-Gold-Rot, das uns verbindet,
für alle Zeiten blüh' es fort.“

Im Jahr 1912 trat Germania gemeinsam mit den anderen Corps des SC an der Technischen Hochschule dem Weinheimer Senioren-Convent (WSC) bei, möglicherweise eine Reaktion auf den zwei Jahre zuvor erfolgten Abbruch der Beziehungen zwischen den Kösener Corps des Universitäts-SC und des PSC. Es entstand ein starker SC der Weinheimer Corps mit seinerzeit neun Corps, heute existieren noch deren sieben in München. Das 50. Bundesfest wurde im Jahr 1913 mit besonderem Aufwand begangen, unter anderem ließ das Corps beim damals bekanntesten Grafiker Deutschlands, Ludwig Hohlwein, das Festplakat gestalten, der Festball im Künstlerhaus am Lenbachplatz bildete den gesellschaftlichen Höhepunkt der Feierlichkeiten.

Vom ersten Weltkrieg bis zur Auflösung 1936

Der nur ein Jahr später ausbrechende erste Weltkrieg brachte für Germania den Verlust von 19 ihrer Corpsbrüder mit sich, der Aktivenbetrieb ruhte von 1914 bis 1919, und die dem Kriege folgenden Jahre hindurch war auch das Corpsleben von den schweren wirtschaftlichen Verhältnissen der Zeit geprägt.

Die Korporationen erlebten in den Jahren zwischen 1920 und 1933 trotz der wenig erbaulichen wirtschaftlichen Situation einen beachtlichen Aufschwung, auch für Germania fallen in diese Periode die Semester mit den stärksten Aktivenzahlen ihrer Geschichte. Die Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde bei Germania zunächst begrüßt, erhoffte man sich doch unter anderem Straffreiheit für Mensuren von der neuen Regierung.

Doch bereits nach kurzer Zeit wurde klar, dass die Nazis nicht bereit sein würden, die von akademischer Freiheit und Conventsprinzip geprägten Corps weiter bestehen zu lassen. Schon die verbindliche Einführung des Führerprinzips auch bei den studentischen Korporationen lief allem zuwider, was an Traditionen in über 130 Jahren Corpsstudententum entstanden war.

Nach der durch den NSDStB erzwungenen Auflösung des Corps im Wintersemester 1935/36 pflegte Germania einen Teil ihrer Traditionen gemeinsam mit dem Corps Vitruvia, mit dem ja seit langer Zeit besonders enge Beziehungen bestanden hatten, in der Kameradschaft "Andreas Hofer" so gut es eben ging weiter, eine Wiedererrichtung des Corps in seiner alten Form lag zu dieser Zeit außerhalb der denkbaren Möglichkeiten. Mensuren beispielsweise wurden in dieser Zeit - unter anderem wegen der damit verbundenen Gefahr des Verlustes der Fähigkeit zur Verbeamtung der Beteiligten - nur noch sehr selten und unter strikter Geheimhaltung gefochten, die Nazis hatten auch vor dieser für die Corps essentiellen Frage nicht halt gemacht. In diese für das Corps so schwierige und ungewisse Zeit fällt auch der Verlust von 21 Corpsbrüdern an allen Fronten des zweiten Weltkrieges, alleine in Stalingrad starben drei Germanen.

Von der Wiedergründung 1949 bis heute

Die Herrschaft der Nationalsozialisten hätte Germania beinahe die Existenz gekostet, nur dem Einsatz des seinerzeitigen Philistervorsitzenden Friedrich Kohler ist es zu danken, dass am 15. Juli 1949 der Beschluss gefasst werden konnte, das Corps wieder erstehen zu lassen. Am 10. November 1949 wurde Germania durch Aktivmeldung von acht Alten Herren und unter Wiederaufnahme der alten Traditionen rekonstituiert und besteht seither ununterbrochen. Nicht alle während der Kameradschaftszeit und kurz nach der Wiedergründung aufgenommenen Mitglieder waren dazu bereit, auf die Farben der Germania zu fechten. Von diesen Mitgliedern, unter ihnen auch der spätere Bundesinnenminister Friedrich Zimmermann, trennte sich das Corps nach einer Bedenkzeit von zwei Semestern. Trotzdem gelang es in den folgenden Jahren, Germania mit Leben zu füllen. Und so konnte 1963 ein unbeschwertes 100. Bundesfest begangen werden. Trotz einiger Probleme konnte auch die für studentische Korporationen schwierige Periode der so genannten Studentenbewegung überstanden werden.

Germania ist Gründungsmitglied des Münchner Senioren-Convents (MSC), der seit 1951 als einziger SC Deutschlands die Corps von KSCV und WSC an den Münchner Universitäten vereint. Während besonders in der Anfangszeit des Corps vor allem noch die Studenten der TH zum Corps fanden, gehören die Münchner Germanen heute allen Münchner Hochschulen an, auch - seit deren Errichtung Mitte der 1970er Jahre - der Universität der Bundeswehr. Besondere Beziehungen mit anderen Corps bestehen außerhalb der Verhältnisse noch mit den Kösener Corps Gothia, Lusatia und Marchia-Brünn zu Trier sowie dem Weinheimer Corps Rheno-Nicaria.

Das Corpshaus

Das von Gabriel v. Seidl erbaute Corpshaus der Germania kurz nach seiner Fertigstellung (Aufnahme aus dem Jahr 1908)

Das Germanenhaus gilt vielen als das schönste Corpshaus von München. Es wurde von dem bedeutenden Münchener Baumeister und Corpsstudenten Gabriel von Seidl bereits in der Planungsphase speziell an die Bedürfnisse einer Studentenverbindung angepasst. Erbaut wurde das Haus in den Jahren 1906/07 zum Gesamtpreis von knapp 204.000 Mark. Wegen der Bedeutung seines Erbauers für die Münchner Baugeschichte und seiner gut erhaltenen Fassade steht das Haus seit 1980 unter Denkmalschutz.

Ein repräsentatives Außenbild sowie ein funktionelles Inneres prägen das Haus. Nach dem Einlass bietenden Portal gelangt man über eine Freitreppe in das mit zwei tragenden Säulen ausgestaltete Vestibül mit dem Ehrenmal für die in den beiden Weltkriegen gefallenen Corpsbrüder. Auf derselben Etage befindet sich die Bibliothek mit einer schön erhaltenen Stuckdecke, in der auch der regelmäßige Corpsburschen-Convent stattfindet. In der zweiten Etage findet man einen prächtig gestalteten Kneipsaal mit einem anschließenden (nach Originalvorlagen) holzvertäfelten Besprechungszimmer der Alten Herren, in dem die Fuchsenstunde stattfindet.

In der obersten Etage erreicht man einen über 9 Meter hohen, holzvertäfelten sowie mit Parkettboden und großem Wandspiegel ausgerüsteten und von Kristallleuchtern beleuchteten Ballsaal mit Drachenfels, in dem Feiern für bis zu 200 Personen möglich sind. Die Decke dieses Ballsaals ist an Stahlbändern "in den Dachstuhl hinein" aufgehängt, eine weitere architektonische Besonderheit. Über dem Ballsaal sind einige Studentenbuden sowie Bad und Küche der Aktiven angesiedelt während die funktionalen Bereiche wie Paukboden, Archiv, Weinkeller, weitere Unterkünfte und die Gastonomieküche sich in den Untergeschossen befinden.

Im Zweiten Weltkrieg und in der Nachkriegszeit erlitt das Haus erhebliche Schäden, das Dach und der unmittelbar darunter liegende Ballsaal wurden durch einen Bombentreffer im Jahr 1944 arg in Mitleidenschaft gezogen. Zudem gingen in den Kriegs- und Nachkriegsjahren wertvolle Innenvertäfelungen durch sprichwörtliches "Verheizen" ebenso verloren wie Gegenstände mit Bezug zur Corpsgeschichte durch Plünderungen. Zudem war das Haus in den Nachkriegsjahren an den Bayerischen Werbefunk vermietet, so dass bis 1957 nur eine eingeschränkte Nutzung durch das Corps möglich war. Nach langwierigen gerichtlichen Auseinandersetzungen mit dem bayerischen Staat und dem Ende des Mietverhältnisses konnte im Jahr 1960 der Aktivenbetrieb im mittlerweile aufwendig renovierten Corpshaus wieder aufgenommen werden.

Es ist dem Corps in den vergangenen Jahrzehnten durch außerordentliche Anstrengungen gelungen, viele der durch die Kriegsfolgen entstandenen Schäden zu beseitigen. Diese Anstrengungen schließen mit ein, dass es nur unter größtem Einsatz gelang, einen Abriss des Hauses im Zuge der Anlage des Altstadtrings in den frühen 1960er Jahren zu verhindern. So konnte das Germanenhaus, geehrt durch eine Festkneipe, im Wintersemester 2007/2008 sein zweites Jahrhundert beginnen.

Bekannte Münchner Germanen

  • Eugen Jäger (1842-1926), Verleger und Publizist, Abgeordneter zum Bayerischen Landtag, Abgeordneter zum Deutschen Reichstag, einer der acht Stifter und erster Senior des Corps Germania
  • Bernhard Wieck (1845-1913), Ingenieur, Direktor der Berliner Grundrentengesellschaft, 1899-1913 erster Amts- und Gemeindevorsteher von Grunewald, einer der acht Stifter und erster Kassier des Corps Germania
  • Gabriel Ritter von Seidl (1848-1913), Architekt, Kgl. Professor, Ehrenkonservator des Bayer. Nationalmuseums, Ehrenmitglied der Bayer. Akademie der Künste, Ehrenbürger von München, Speyer und Bad Tölz, Ritter des zivilen Ordens Pour le Mérite, Erbauer des Corpshauses der Germania
  • Gabriel Ritter von Sedlmayr (1850-1931), Ökonom, Besitzer der Franziskaner-Leist-Brauerei (heute: Spaten-Franziskaner-Bräu), Vorstandsmitglied des Bayer. Brauerbundes, Vorsitzender des Aufsichtsrats der Hypotheken- und Wechselbank
    Stammbuchblatt zum 11. Bundesfest der Germania, gestaltet von Gabriel Seidl
  • August Dengler (1854-1939), Offizier, Kgl. Bayer. Generalmajor, 1902-1905 als Major zum Bayerischen Detachement der Kaiserlichen Schutztruppe nach Tsingtao kommandiert, Ritter des militärischen Ordens Pour le Mérite
  • Hugo Auvera (1857-1918), Ökonom, Kgl. Kommerzienrat, Mitinhaber und Geschäftsführer der Porzellanwerke Lorenz Hutschenreuther, Ehrenbürger des Marktes Hohenberg a. d. Eger
  • Michael Doeberl (1861-1928), Historiker, Professor für Bayerische Landesgeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München, Nestor der bayerischen Geschichtsschreibung, Gründungsvorsitzender der Kommission für bayerische Landesgeschichte und Verfasser der dreibändigen "Entwicklungsgeschichte Bayerns", Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Ehrenbürger der Stadt Waldsassen
  • Adolf Kroeber (1867-1916, gefallen), Brücken- und Eisenbahningenieur, Leiter des Eisenbahnwesens im Kaiserl. Gouvernement der Kolonie Deutsch-Ostafrika, Linienkommandant für das Eisenbahnnetz im Stabe Lettow-Vorbecks
  • Hans Erlwein (1872-1914, gefallen), Architekt, Dresdner Stadtbaurat, Mitglied des Magistrats von Dresden, Königlich sächsischer Professor und Erbauer des Corpshauses der Baruthia in Erlangen[2]
  • Erwin Ferber (1885-1976), Universitätsprofessor für anorganisch-chemische Technologie, Rektor der Technischen Universität Breslau von 1937 bis 1945
  • Wilhelm Gottsauner (1887-1977), Kunstmaler und Grafiker, Schöpfer des Ehrenmals für die gefallenen Corpsstudenten auf der Wachenburg
  • Karl Eymann (1888-1962), Ingenieur und Direktor der I.G. Farbenindustrie AG, Träger der DECHEMA-Medaille
  • Roland Betsch (1888-1945), Ingenieur, Schriftsteller
  • Carl Knott (1892-1987), Ingenieur, Direktor der Siemens-Schuckert-Werke, Träger des Bayerischen Verdienstordens und des Großen Verdienstkreuzes mit Stern des Bundesverdienstkreuzes
  • Richard Rothe-Roth (1898-1972), Marine-Offizier, Konteradmiral, letzter Admiralstabschef der Kriegsmarine und 1943/44 Kommandant des Panzerschiffs Admiral Scheer
  • Karl Roemer (1899-1984), Jurist, von 1953 bis 1973 erster deutscher Generalanwalt bei der Gründung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften in Luxemburg [1]
  • Fritz Junghans (1901-1962), Jurist, Präsident des ADAC von 1938 bis 1945 (damals DDAC), NSKK-Oberführer "ehrenhalber"[3]
  • Wilhelm Reissmüller (1911-1993), Verleger, Herausgeber des Donaukurier, Träger des Bayerischen Verdienstordens und des Großen Verdienstkreuzes mit Stern des Bundesverdienstkreuzes
  • Kurt Böhner (1914-2007), Prähistoriker und Archäologe, Direktor des Römisch-Germanischen Zentralmuseums in Mainz, Mitglied der Mainzer und der Heidelberger Akademie der Wissenschaften
  • Herbert Kupfer (geb. 1927), Ingenieur, Professor für Massivbau und ehem. Präsident der TU München
  • Oliver Kühn (geb. 1961), Architekt, Erbauer u.a. des Zentrums für Zeitgenössische Oper und Musik Berlin und des SV-Hochhauses in München.

Befreundete Corps einst und jetzt

Kartellcorps

Am 14.02.2009 wurde der Kartellvertrag zwischen dem Corps Baltica-Borussia Danzig zu Bielefeld (WSC) und Germania durch den ACC der Germania bestätigt, Baltica-Borussia als das ältere Corps hatte bereits vorher zugestimmt. Seit 1988 bestand zwischen den beiden Corps ein Freundschaftsverhältnis. Bereits dieses bedeutete für Germania die Abkehr vom strengen Lebensprinzip und ist daher als - unter bewusstem Bruch der über einhundertjährigen Tradition des Lebenscorps Germania unternommener - wichtiger Schritt für die Zukunftsfähigkeit des Corps zu sehen.

Freundschaftsverhältnis

Seit 1990 besteht mit dem Corps Frankonia-Brünn zu Salzburg im KSCV ein Freundschaftsverhältnis. Dieses Verhältnis hat eine über die besonderen Beziehungen zwischen den beiden Corps hinaus gehende Bedeutung, da es eines der wenigen zwischen Corps aus den beiden corpsstudentischen Dachverbänden KSCV und WSC ist.

Kooperationen

Mit den Weinheimer Corps Rheno-Nicaria Mannheim und Franco-Guestphalia Köln besteht seit dem Sommersemester 2006 resp. seit 2007 jeweils ein Kooperationsvertrag in Hochschulfragen, über die gemeinsame Durchführung von Seminaren und gegenseitige personelle Unterstützung. Die beteiligten Corps sehen diese Kooperation als richtungsweisende Reaktion auf den Bologna-Prozess.

Nicht mehr bestehende Freundschaftsverhältnisse

Vor der 1874 erfolgten Annahme des Lebensprinzips durch den Convent der Germania kam es zweimal zum Abschluss eines Freundschaftsverhältnisses mit einem auswärtigen Corps:

Von 1868 bis 1875 bestand mit dem Corps Rhenania Stuttgart ein Freundschaftsverhältnis. Dieses Verhältnis wurde von Seiten der Rhenania wegen der Annahme des Lebensprinzips durch Germania gebrochen.

Von 1874 bis 1878 bestand mit dem damals an der Technischen Hochschule Prag bestehenden freien Corps Frankonia Prag ein Freundschaftsverhältnis. Dieses Verhältnis endete durch die langjährige Suspension Frankonias und den anschließenden Anschluss des wiedererstandenen Corps an den KSCV. Bis heute wurde dieses Verhältnis nicht erneuert.

Literatur

  • Herpich, Hans: Monumenta Germaniae, Gedenkblätter zum 100. Bundesfest des Corps Germania zu München, Ingolstadt 1965.
  • Herpich, Hans: Monumenta Germaniae II, Gedenkblätter des Corps Germania zu München, Ingolstadt 1968.
  • Herpich, Hans und Hans Schmuck: 100 Jahre Corps Germania zu München, Festschrift zum 14.11.1963, Ingolstadt 1963.
  • Fick, R. (Hg.): Auf Deutschlands Hohen Schulen, Eine illustrierte kulturgeschichtliche Darstellung deutschen Hochschul- und Studentenwesens, Berlin und Leipzig 1900, S. 469f.
  • Peiper, Detlev und Günter Raab: Monumenta Germaniae IV, 130 Jahre Corps Germania zu München, Ingolstadt 1993.
  • Schmuck, Hans: Monumenta Germaniae III, Gedenkblätter des Corps Germania zu München, Ingolstadt 1978
  • Schneider, Friedrich und Ferdinand Stegmann: Festschrift zum fünfzigjährigen Bestehen des Corps Germania zu München 1863-1913, München 1913.

Einzelnachweise

  1. Veronika Hofer (Hg.): Gabriel von Seidl. Architekt und Naturschützer, München 2002, S. 17, 191.
  2. Günter Kloss: Hans Erlwein (1872-1914. Stadtbaurat in Bamberg und Dresden), Petersberg 2002, S. 78.
  3. Hochstetter, Dorothe: Motorisierung und "Volksgemeinschaft": das Nationalsozialistische Kraftfahrkorps (NSKK), 1931-1945, München 2005, S. 209, 224 und 286.
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