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Gießen (Metall)

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Datei:Eisengießen.jpg
Eisengießen

Gießen ist das vermutlich älteste Verfahren der Urformung. Dabei entsteht ein fester Körper bestimmter Form aus formlosem Stoff. Bauteile werden gegossen, wenn ihre Herstellung durch andere Fertigungsverfahren unwirtschaftlich ist, nicht möglich ist oder besondere Eigenschaften des Gusswerkstoffs genutzt werden sollen.

Geschichtliche Entwicklung

Historische Fertigungsverfahren

Im Gegensatz zu Umformverfahren wie dem Schmieden, werden bei allen Gussverfahren Gussformen benötigt. Diese waren im Altertum aus Ton oder Holz, sofern sie nicht sogar in den Boden der Gießerei gegraben wurden. Später wurden Modelle des gewünschten Objekts geformt und als "verlorene Formen" in Sand eingebracht. Diese waren meist aus Wachs, welches beim Gießprozess durch das flüssige Metall ausgetrieben wurde (Wachsausschmelzverfahren).

Neuzeit

Im Zuge der Serienfertigung entstanden noch produktivere Verfahren. Zum Einen die Verwendung von Modellen aus Holz, deren Konturen in teilbare Form(-Sand)kästen (durch Einpressen mit hohem Druck) übertragen wurden, zum Anderen durch Dauerformen aus Formstahl. Diese im Formenbau hergestellten Stahlformen werden vor allem beim Spritzguss (Kunststoffverarbeitung), Kokillenguss und Druckguss (Leichtmetall wie Aluminium, Magnesium und Zink) verwendet. Entsprechend dem Aufbau der Druckgussmaschinen unterscheidet man bei diesen zwischen Warmkammer- und Kaltkammermaschinen. Die Warmkammermaschinen sind meist größer und erreichen heutzutage (2002) eine Presskraft bis 5.000 t.

Beim Kokillenguss wird das flüssige Metall in der Regel nur durch Schwerkrafteinwirkung in die Form eingebracht. Im Kokillenguss werden nahezu alle giessbaren Metalle verarbeitet.

Vorteile

Der Vorteil der Gießverfahren ergibt sich vor allem bei Großserien von Bauteilen, die einerseits eine vielfältige oder komplizierte Oberflächenstruktur aufweisen (Beispiel: berippte Wärmetauscher), andererseits keine sehr hohe Formgenauigkeit erfordern (Beispiel: Maschinengehäuse), so dass die Nachbearbeitung sich auf wenige passgenaue Flächen, wie beispielsweise (Gewinde-)Bohrungen beschränkt. Die Kosten für Modell- und Formenbau sind vergleichsweise hoch, die Herstellung der Bauteile (der Abguss) selbst dagegen niedrig. Waldi

Verschiedene Verfahren

Man unterteilt das Gießen in zwei Gruppen:

Verlorene Formen werden meist aus Sand mit geeigneten Bindemitteln hergestellt. Zur Formgebung ist ein Modell erforderlich, ein Muster des herzustellenden Gussstücks, das zur Kompensation der Schwindung des Gusswerkstoffes bei Erstarrung und Abkühlung maßlich geringfügig vom Gussstück abweicht.

Wie bei Formen unterscheidet man auch in Dauermodelle und verlorene Modelle.

Dauermodelle werden je nach Anforderung aus Kunststoff, Holz oder Metall hergestellt. Sie enthalten nicht nur das Abbild des Gussstücks, das abgegossen werden soll, sondern auch den sog. "Anschnitt", das sind die Kanäle, durch die der Gußwerkstoff in die Form gefüllt und verteilt sowie durch die die in der Form enthaltene Luft und beim Abguss entstehenden Gase abgeführt werden. Dauermodelle werden vom Formsand umgeben, der dann durch Rütteln und Pressen so verdichtet wird, dass er eigenstabil ist. In der Regel werden Gussstücke beidseitig geformt. Deshalb ist die Form geteilt in Unter- und Oberkasten, damit das Modell vor dem Abguss wieder entnommen werden kann. Das Modell darf deshalb keine Hinterschneidungen und muss sog. "Aushebeschrägen" haben, damit die Form bei der Entnahme des Modells nicht verletzt wird. Danach werden Ober- und Unterkasten wieder passgenau zusammengefügt und der Gusswerkstoff eingefüllt. Die "Teilfuge" der Form kann man am fertigen Gussteil oft erkennen, da es dort entweder nachträglich bearbeitet wurde oder noch den Rest des "Grates" enthält.

Die Bindemittel des Formsandes sind so ausgewählt, dass sie sich nach Möglichkeit durch die "Gießhitze" auflösen und der Formsand dadurch von selbst zerfällt, andernfalls muss er mechanisch zerstört werden, um das Gussstück entnehmen zu können. Formsande mit ihren Bindemitteln sind heute so weit entwickelt, dass sie auch für höherschmelzende Metalle (Gusseisen, Stahl) zu 90 % und mehr wiederverwendet werden können.

Verlorene Modelle dagegen werden vor dem Abguss der Form nicht entnommen, sie kann deshalb einteilig sein. Auch können hier Hinterschneidungen eingearbeitet sein und Aushebeschrägen sind nicht erforderlich. Die Modelle werden nach dem Eingießen des Gusswerkstoffs zerstört, indem sie entweder verdampfen, ausschmelzen oder sich anderweitig zersetzen (z. B. Polystyrol, Wachs etc.). Sie benötigen allerdings ein Vormodell oder einen Bearbeitungsschritt, da sie ebenfalls durch ein Formgebungsverfahren hergestellt werden.

Nach der Art der Modelle wird das Gießen in verlorene Formen unterteilt in:

- Gießen mit Dauermodellen

- Gießen mit verlorenen Modellen

Gießen in Dauerformen

Mit den Dauerformen kann eine größere Anzahl an Gussteilen gefertigt werden, d.h. es wird nicht für jeden einzelnen Abguss eine Form erzeugt. Diese Formen bestehen meist aus metallischen, selten aus nichtmetallischen Werkstoffen. Hier unterteilt man nicht in die Art der Formen und deren Herstellungsvarianten, sondern in die Art der Formfüllung, wobei diese durch das Einwirken unterschiedlicher Kräfte (z.b. Schwerkraft, Druckkraft, Zentrifugalkraft, o.ä.) realisiert werden kann.

Durch die ständig wiederkehrenden thermischen und mechanischen Beanspruchungen beim Abgießen muss der Werkstoff der Kokillen folgende Eigenschaften haben:

  • ausreichend hoher Schmelzpunkt
  • Temperaturbeständigkeit
  • Geringe Wärmedehnung
  • Hohe Temperaturwechselbeständigkeit
  • Maximale Verschleißfestigkeit
  • Gute Temperatur- und Wärmeleitfähigkeit
  • Gute mechanische Bearbeitbarkeit
  • anlassbeständig
  • nicht warmrissanfällig

Deswegen verwendet man dazu Gusseisen, Stahlguss, Stahl oder Kupferlegierungen. Auch hier werden Kerne eingesetzt. Bei einfachen Gussstückinnenkonturen werden Dauerkerne und bei komplizierteren Konturen verlorene Kerne verwendet (außer beim Druckgießverfahren).

Gegenüber den Fertigungsverfahren mit verlorenen Formen haben die Gießverfahren mit Dauerformen folgende Vorteile:

  • geringere Produktionsflächen
  • erhöhte Arbeitsproduktivität
  • erhöhtes Ausbringen
  • weniger Kernformstoff und Wegfall des Formstoffs
  • reproduzierbare Maßgenauigkeit und somit niedrigerer Putzaufwand, niedrigerer Ausschussanteil und geringere Zugaben für die mechanische Bearbeitung
  • verbesserte Oberflächengüte
  • rasche Abkühlung und bessere mechanische Eigenschaften des Gussteils

Dem gegenüber stehen folgende Nachteile:

  • teuere Formen, weil diese meist aus Metall bestehen
  • geringe Nachgiebigkeit und Gasdurchlässigkeit
  • Gussteile mit hoher Eigenspannungs- und Warmrisswahrscheinlichkeit
  • Gussoberflächen mit hohen Härtewerten

Deswegen wird das Gießen in Dauerformen für Großserien genutzt, damit sich die hohen Herstellkosten für die metallischen Formen wieder amortisieren.

Zu den Gießverfahren mit Dauerformen gehören der Druckguss, das Kokillengießen, der Spritzguss, das Schleudergießen und das Stranggießen Strangguss.

Sonderverfahren sind das Niederdruckgießverfahren, der Verbundguss, das Glockengussverfahren und der Kunstguss. Ein spezielles Gießverfahren für die Herstellung von Kleinserien aus Kunststoffen oder niedrigschmelzenden Legierungen ist das Vakuumgießen.

Guss in Stein

Der Guss in Stein ist eine prähistorische Art Gegenstände aus Metall herzustellen. Schon vor Jahrtausenden entwickelten die Menschen darin eine beeindruckende Geschicklichkeit und waren in der Lage feinste Gegenstände zu produzieren.

Die Materialien für Steinformen waren überwiegend gut zu bearbeitende Steinarten, wie Sand- oder Speckstein. Formen aus Granit sind äußert selten zu finden.

Das Negativ wird durch Meißeln, Schaben oder Schnitzen in den Stein eingearbeitet. Das flüssige Metall wird in die Form gefüllt und ausgehärtet. Danach kann man den fertigen Gegenstand aus der Form entnehmen.

Beim Gießen in Steinformen existieren vier Arten. Die erste ist der offene Herdguss. Hierbei verwendet man nur eine Formhälfte. Durch die offene Seite tritt eine starke Reaktion mit Sauerstoff ein, welche zu Bläschenbildungen auf dem Metall führt und dieses rau und porös werden lässt.

Eine zweite Variante ist der verdeckte Herdguss, welcher in zwei Formhälften gegossen wird. Diese Gussart erkennt man an Passlöchern, Dübeln oder Dübellöchern, welche ein Verschieben der beiden Formen verhindern sollen. Diese Gussstücke erkennt man auch an den Gussnähten. Eine weitere Variante nennt sich Kernguss, welcher zum Anfertigen von Gegenständen mit Hohlräumen verwendet wird.

Die vierte und letzte Art ist der Überfang- bzw. Verbundguss. Dabei handelt es sich um einen zweiten Aufguss auf ein halbfertiges Fabrikat. Diese Technik wird auch zur Reparatur oder Ausbesserung defekter oder misslungener Stücke genutzt.