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Windisch (Slowenisch)

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Windisch ist eine Bezeichnung für die slowenische Sprache, häufig sinnentstellend auf das in Österreich gesprochene Slowenisch verengt. Aus politischen Gründen wird von manchen die Ansicht vertreten, dass Windisch als eigenständige Sprache anzusehen sei. Dies wird von der Sprachwissenschaft jedoch nahezu einhellig abgelehnt. Auch die Bezeichnung als slowenischer Dialekt ist nicht haltbar.

„Windisch“ als historischer Begriff

Das in Österreich gebräuchliche Wort Windische ist, ebenso wie das in Nord- und Ostdeutschland übliche Wendische, eine ursprüngliche deutsche Bezeichnung für Slawen, analog zu dem für Romanen gebräuchlichen Ausdruck Welsche. Davon zeugen Ortsnamen weit außerhalb des slowenischen Sprachraums wie Windischgarsten in Oberösterreich, Windischeschenbach in Bayern, Windischenbernsdorf in Thüringen, Windisch-Marchwitz in Schlesien, Windisch Kamnitz im Sudetenland und Windisch Proben in der Slowakei. Später wurde der Begriff auf die Slowenen verengt, die sich sprachlich vermutlich erst nach dem Ende der Völkerwanderung von den anderen slawischen Sprachen abhoben.

Als in Tübingen im 16. Jahrhundert von Primož Trubar das erste slowenische Druckwerk der Geschichte erschien, trug es den deutschen Titel Catechismus in der windischen Sprach. Das Adjektiv slowenisch wurde erst im 19. Jahrhundert ins Deutsche übernommen.

Noch im 16. Jahrhundert rühmten die Kärntner Landstände, Kärnten sei ein „windisches Erzherzogtum“, begabt mit besonderen Freiheiten und Vorrechten gegenüber allen anderen Fürstentümern des Reiches,[1] und mit seiner Herzogseinsetzung, die „einen stark windischen Akzent“ behielt,[2] ein zum Unterschied von den anderen Erbländern „windisches Land“ mit alter autonomer Fürstenwahl, worauf Rudolf IV. im Privilegium maius auch seinen Anspruch auf die der Kurfürstenwürde ebenbürtige Würde eines Erzjägermeisters gründete.[3]

„Windisch“ als politischer Begriff

Die Frage des Verhältnisses des Windischen zum Slowenischen ist manchmal Gegenstand von Polemik.

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs fand im gemischtsprachigen Gebiet Kärntens eine Volksabstimmung über die staatliche Zugehörigkeit des Gebiets zu Österreich oder zum SHS-Staat statt.[4] Laut Volkszählung von 1910 verwendete die Mehrheit der Bevölkerung des Abstimmungsgebietes Slowenisch als Umgangssprache, die Abstimmung ging jedoch zu Gunsten Österreichs aus.

Das für Slowenien enttäuschende, für Österreich erfreuliche Ergebnis führte bei Nationalisten auf beiden Seiten zur „Windischentheorie“, die behauptete, dass es in Kärnten neben „Deutschen“ und „Slowenen“ noch eine dritte Gruppe gebe: die „Nemčurji“ bzw. „Windischen“. Sie unterschieden sich von den Slowenen zwar nicht in ethnischer Hinsicht, aber durch ihre nach Norden orientierte („deutschfreundliche“) Gesinnung.

Die Mehrheit der slowenischsprachigen Kärntner bezeichnet sich heute als „Kärntner Slowenen“. Sie verstehen den Begriff „Windische“ pejorativ und als Versuch, die slowenische Bevölkerungsgruppe zu spalten und zu schwächen. Eine kleinere Gruppe bezeichnet sich als „Windisch“ und trägt diese Bezeichnung mit Selbstbewusstsein, wobei „schwebendes Volkstum“[5] etwa bei gemischter Herkunft wohl eine Rolle spielt. In der Volkszählung 2001 nannten 14.010 Kärntner Slowenisch als Umgangssprache und 556 Windisch.[6]

Linguistische Aspekte

Nach übereinstimmender Ansicht von Sprachwissenschaftlern ist die „windische Sprache“ in strukturlinguistischer Hinsicht lediglich eine - wenn auch besonders ursprüngliche - Varietät der slowenischen Sprache, wobei um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert sowohl von (deutsch)österreichischen als auch von slowenischen Nationalisten die Unterschiede zwischen der slowenischen Schriftsprache und den slowenischen Dialekten in Kärnten übertrieben dargestellt wurden.[7]

Die Unterscheidung zwischen „Windisch“ und „Slowenisch“ ist eher soziolinguistisch bzw. als politische Willensäußerung der Sprecher zu sehen.

Verwendung des Begriffs „Windisch“ in topographischen Bezeichnungen

Windische Mark ist die historische Bezeichnung zur Zeit der Donaumonarchie für eine Gegend in der Unterkrain (heute Slowenien). Kaiser Franz Joseph I. war offiziell „Herr von Triest, von Cattaro und auf der Windischen Mark“.

Windische Bühel ist die deutsche Bezeichnung für einen heute zum größten Teil in Slowenien liegenden Hügelzug in der ehemaligen Untersteiermark (slowenisch: Slovenske Gorice).

Windische Höhe (Vrše), eine Passhöhe westlich von Villach, die seit 1957 Pöllander Höhe heißt, „damit das sogenannte ‚Windisch‘ beseitigt werde. Die Bevölkerung strebt auf rein deutsche Sprache und deshalb auch dieser Schritt“.[8]

Das Wort windisch lässt auf eine ehemalige oder andauernde Besiedlung durch Slawen schließen und kommt in einigen Ortsnamen vor, darunter:

Siehe auch

Andere soziolinguistisch begründete Bezeichnungen für Sprachen:

Einzelnachweise

  1. Institut für Österreichkunde (Hrsg.): Österreich in Geschichte und Literatur, Jahrgang 6 (1962), S. 267.
  2. Hans-Dietrich Kahl: Der Staat der Karantanen. Fakten, Thesen und Fragen zu einer frühen slawischen Machtbildung im Ostalpenraum (7.–9. Jh.) - Država Karantancev: dejstva, teze in vprašanja o zgodnji slovanski državni tvorbi v vzhodnoalpskem prostoru (7.–9. stol.) (= Situla; 39, Suppl. = Razprave / Slovenska akademija znanosti in umetnosti, Razred za zgodovinske in družbene vede; 20). Ljubljana 2002 S. 407 (ISBN 961-6242-49-0, ISBN 961-6169-23-8).
  3. Matthias Werner: Spätmittelalterliches Landesbewußtsein in Deutschland (= Vorträge und Forschungen / Konstanzer Arbeitskreis für mittelalterliche Geschichte 61). Thorbecke, Ostfildern 2005, S. 194 (ISBN 3-7995-6861-1) und Claudia Fräss-Ehrfeld: Geschichte Kärntens. Band 2: Die ständische Epoche. Heyn, Klagenfurt 1994, S. 295 ff.
  4. Vgl. dazu ausführlich Heinz Pohl: Die ethnisch-sprachlichen Voraussetzungen der Volksabstimmung. Vortrag bei der Tagung Die Kärntner Volksabstimmung 1920 und die Geschichtsforschung: Leistungen, Defizite, Perspektiven am 6. und 7. Oktober 2000.
  5. Theodor Veiter: Das Recht der Volksgruppen und Sprachminderheiten in Österreich. Mit einer ethnosoziologischen Grundlegung und einem Anhang (Materialien). Braumüller, Wien 1970, S. 83, 292
  6. ftp://www.statistik.at/pub/neuerscheinungen/vz01knt_web.pdf Volkszählung 2001, Hauptergebnisse I – Kärnten, Tabelle 14
  7. Katherine Hunter: The Slovene-Speaking Minority of Carinthia: The Struggle for Ethnolinguistic Identity in the Gail Valley. Master Thesis an der Universität von Alberta, Edmonton 2000, S. 52.
  8. Antrag des Gemeindesrats von St. Stefan im Gailtal, zitiert nach Andreas Moritsch: Vom Ethnos zur Nationalität. Der nationale Differenzierungsprozeß am Beispiel ausgewählter Orte in Kärnten und im Burgenland (= Wiener Beiträge zur Geschichte der Neuzeit 18). Verlag für Geschichte und Politik, Wien 1991, S. 77 (ISBN 3-7028-0306-8, ISBN 3-486-55878-1).