Architekt

Architekten befassen sich mit der technischen, wirtschaftlichen, funktionalen und gestalterischen Planung von Bauwerken und Gebäuden aller Art. Ihre Kernkompetenz ist das über das Bauen hinausgehende Schaffen von Architektur.
Das Berufsbild der Architekten ist nicht klar definiert, es reicht von den Baukünstlern, die sich mit Architekturtheorien beschäftigen und reine Entwurfsarchitekten sind, über Ingenieure bis hin zu den Bauleitern, die die Bauplanung und Bauausführung koordinieren und deren Augenmerk vor allem auf Terminen und Kosten liegt. Das Berufsbild, das die Architekten entwickelt haben, ist in verschiedenen Ländern, in den Büros und an den Hochschulen unterschiedlich und ständig in Bewegung.
Geschichte
Der Beruf des Architekten ist traditionell generalistisch angelegt: die Baumeister vergangener Zeiten erstellten in Personalunion den Entwurf und die Statik und beaufsichtigen den Bauablauf. Je nach Epoche kamen sie aus ganz verschiedenen Klassen und Berufszweigen, zum Beispiel waren sie im Römischen Reich meistens Militär-ingenieure (vgl. Vitruv), im Mittalalter oft Mönche, in der Renaissance Künstler, Bildhauer oder Wissenschaftler.
Erst im 19. Jahrhundert, im Zuge des ökonomischen und technischen Fortschritts durch die Industrialisierung bildete sich der Beruf des Architekten als eigene akademische Disziplin heraus. Es gab enorme Fortschritte in der Bautechnologie, neue Bauaufgaben (Geschoßwohnungen, Feuerwehrwachen, Schulen), die nicht mehr von semi-professionellen Baumeistern zu bewältigen waren. Es entstanden Architekturschulen und -akademien.
Zunehmend bildeten sich die Fachdisziplinen Architektur und Bauingenieurwesen heraus. Die Architekten beschäftigten sich schwerpunktmäßig mit der Gestaltung der Bauwerke, die Bauingenieure mit der Berechnung des Tragwerks. Die Komplexität der Aufgaben nahm seitdem kontinuierlich weiter zu, so daß sich im 20. Jahrhundert weitere Fachdisiplinen etablierten: Städtebau, Landschaftsarchitektur, Innenarchitektur, Bauphysik etc. In Spanien und dem überwiegend spanischsprachigen Südamerika existiert seit dem Mittelalter der Beruf des 'Ingeniero de Caminos, Canales y Puertos'. Dies ist mit dem deutschen Tiefbauingenieursstudium vergleichbar und bedeutet sehr frei übersetzt 'Ingenieur für Wege, Kanäle und Häfen'. Das Wort 'Caminos' ist nicht 1:1 ins Deutsche übersetzbar und beinhaltet alles vom unbefestigten Fußweg bis zur Autobahn. Das Ingenieursstudium dauert 7 Jahre, dieser Titel hat in Spanien ein ähnlich hohes Ansehen wie in Deutschland Arzt oder Anwalt. Wer 3 der 7 Jahre des Studiums absolviert hat, darf sich Architekt nennen.
Gegen Ende des 20.Jahrhunderts kommen viele Berufe dazu, die viele Aufgaben des klassischen Architekten übernehmen. Baumanagement und Facility-Management übernehmen die Koordination der Bauausführung, große Firmen bieten komplette Planung- und Ausführungspakete an, so daß sich traditionelle Aufgabenfelder der Architekten verlagern. In manchen Bereichen ist auch in Deutschland ein Rückzug der Architekten auf den Aspekt des Entwerfens zu beobachten, wie es in den USA zum Beispiel schon weit verbreitet ist.
Der Trend zur Spezialisierung macht heute auch vor dem an sich generalistisch angelegten Architektenberuf nicht halt. Neben dem Architekten, der sich hauptsächlich mit Hochbau beschäftigt gibt es in Deutschland noch die Berufsgruppen der Landschaftsarchitekten, Innenarchitekten und Städtebauarchitekten. Weiterhin findet in den einzelnen Büros eine zunehmende Spezialisierung auf bestimmte Bauaufgaben (Verwaltungs- und Gewerbebau, Kulturbau, Wohnungsbau etc.) oder auf bestimmte "Leistungsphasen" der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (z.B. Entwurf, Ausführungsplanung, Ausschreibung oder Bauleitung) statt. Außerdem lässt sich noch eine Spezialisierung auf bestimmte Nischen feststellen, wie z. B. das Ökologische Bauen oder die Sanierung von Altbauten beobachten.
Arbeitsfelder
Übliche Arbeitsfelder, die Architekten in Deutschland abdecken sind:
- Entwurfsplanung von Bauwerken und Gebäuden aller Art. (siehe auch Wettbewerb (Architektur)
- Genehmigungsplanung
- Ausführungsplanung; Koordination zwischen den verschiedenen Fachplanern wie z.B. Haustechnik, Tragwerksplanung oder Bauphysik.
- Sie agieren als Sachwalter ihres Bauherren gegenüber den ausführenden Firmen, und sorgen für die Herbeiführung der erforderlichen Verträge (Ausschreibung und Vergabe).
- Bauüberwachung, Bauleitung
- Aufgaben in der öffentlichen Verwaltung.
- Repräsentation des fertigen Projekts
Arbeitsweise
So umfassend die Inhalte der Disziplin Architektur sind, so vielfältig und komplex ist auch die Arbeit des Architekten. Nach wie vor arbeiten die meisten Architekten in Architekturbüros für Bauplanung oder Bauleitung. Durch den sich seit Jahren verändernden Markt sind jedoch immer mehr Architekten in auch in anderen Bereichen tätig.
Architekturbüros
Abgesehen von kleineren Bauvorhaben wie Ein- oder Zweifamilienhäusern ist der Planungsprozess meist stark arbeitsteilig organisiert. Dies betrifft nicht nur die Arbeit innerhalb der Architekturbüros sondern auch die Zusammenarbeit mit den externen Projektbeteiligten.
Nur noch wenige Architekten bearbeiten das komplette Leistungsspektrum der HOAI mit allen Leistungsphasen. Vielmehr befassen sich die Mitarbeiter mittlerer und größerer Büros i.d.R. schwerpunktmäßig mit Teilbereichen des Planungsprozesses, wie z.B. dem Entwurf, der Ausführungsplanung, der Ausschreibung und Vergabe von Bauaufträgen oder der Bauleitung. Auch eine Spezialisierung von Architekturbüros auf entweder die Leistungsphasen 1-5 (Planung) oder die Leistungsphasen 6-9 (wirtschaftliche und bauliche Umsetzung) ist inzwischen weit verbreitet.
Da bei jedem Bauvorhaben die Arbeit verschiedener Fachingenieure wie Statiker und Haustechniker, bei größeren Projekten zunehmend auch weiterer Experten wie Verkehrsplaner, Landschaftsplaner, Fassadenplaner oder Facility Manager, integriert werden muss, ist beim Architekten ein hohes Maß an Kommunikations- und Koordinationsfähigkeit sowie Durchsetzungsvermögen gefordert. Auf dem insgesamt stark schrumpfenden und sich verändernden Markt sind auch in zunehmenden Maße Qualitäten in der Präsentation von Projekten gegenüber möglichen Bauherren und der Öffentlichkeit erforderlich.
Je nach Arbeitsschwerpunkt des einzelnen Architekten sind verschiedene Qualifikationen gefordert. Benötigt der Entwurfsarchitekt vor allem herausragende Fähigkeiten konzeptioneller und darstellerischer Art, sind beim Ausführungsplaner ebenso gestalterische wie auch technisch-konstruktive Kenntnisse gefragt. In der Bauleitung sind vor allem organisatorische Fähigkeiten und detaillierte Kenntnisse des Bauablaufes erforderlich.
Diese Spezialisierung ist jedoch nicht so zu verstehen, dass die an einem Bauvorhaben beteiligten Architekten isoliert voneinander arbeiten. Die verschiedenen Projektphasen sind stark miteinander verzahnt und voneinander abhängig. Ein Grundverständnis des gesamten Planungsprozesses ist daher für den einzelnen unerlässlich.
Die digitale Revolution der letzten Jahrzehnte hat natürlich erst recht nicht vor planenden Berufen wie dem Architekten haltgemacht. Zwar werden im Planungsprozess immer noch traditionelle Mittel wie Skizzen oder Modellbau angewandt. Die endgültige Planung und Darstellung von Projekten wird allerdings fast ausschließlich mit Hilfe von CAD-Programmen am Computer erstellt. So ist die Beherrschung von mindestens einem CAD-Programm heute für Architekten unerlässlich. Oft werden aber auch Erfahrungen mit verschiedenen Programmen sowohl in der zweidimensionalen als auch dreidimensionalen Darstellung erwartet.
Weit verbreitete CAD-Programme in Deutschland sind AutoCAD, ArchiCAD, SPIRIT, Nemetschek Allplan und im 3-D Bereich Cinema 4D.
Aufgrund der stark schwankenden Auftragslage und des infolgedessen ungleichmäßigem Arbeitsaufkommens innerhalb der meisten Architekturbüros sind sehr flexible Arbeitszeiten nicht unüblich. Vor wichtigen Terminen, wie z.B. Abgaben von Bauanträgen sind daher Überstunden meist unerlässlich. Vor der Abgabe von Wettbewerbsbeiträgen sind auch durchgearbeitete Nächte durchaus nichts ungewöhnliches.
Arbeit in anderen Bereichen
Zunehmend sind Architekten auch außerhalb ihres klassischen Betätigungsfeldes beschäftigt. Dies können die Projektsteuerung auf Seite des Bauherren sein oder eine Tätigkeit in der Immobilienwirtschaft. Viele Architekten arbeiten als Technische Sachverständige, Gutachter oder Berater. Auch als Vertreter von Herstellern von Bauprodukten sind Architekten tätig.
Deutschland
Architektenkammer
In Deutschland darf sich nur Architekt nennen, wer in die Architektenliste einer Architektenkammer eingetragen ist. Dafür benötigt man neben dem abgeschlossenen Architekturstudium Berufserfahrung von mindestens zwei Jahren; Details regeln die Architektengesetze der Bundesländer.
Arbeitsmarkt
In Deutschland sind Architekten etwa je zu einem Drittel selbständig, in der freien Wirtschaft angestellt oder in der öffentlichen Verwaltung tätig. Der Berufsstand befindet sich seit Mitte der 90er Jahre jedoch in einer schweren Krise, in der sich die wirtschaftliche Situation der Architekten in Deutschland zunehmend verschlechtert.
Die Ursachen für diese Situation sind u.a.:
- Vorhandene, hohe Architektendichte
- Beliebtheit des Studienganges, keine Regulierung der Studentenzahlen
- Wegbrechen von Aufgabenfeldern (s.o.)
- Bereits erreichter Standard der Bausubstanz in Deutschland
- Bevölkerungsrückgang
- Wirtschaftliche Gesamtsituation
- mehrjährige Stagnation der Baukosten und somit der Honorare
Als sehr kapitalintensive, auf Investitionen der freien Wirtschaft und der öffentlichen Hand angewiesene Branche wird die Bauwirtschaft in besonders starkem Maße von der gegenwärtigen Wirtschaftskrise und der prekären Finanzlage der öffentlichen Kassen in Mitleidenschaft gezogen. Der in Deutschland zu beobachtende Bevölkerungsrückgang führt außerdem zu einer nachlassenden Nachfrage im Wohnungsbau. Infolgedessen hat die Mehrheit der deutschen Architekturbüros mit erheblichem Auftragsmangel zu kämpfen. Für zahlreiche Büros hat diese Situation existenzbedrohende Züge angenommen.
Das Berufsbild des Architekten ist seit Jahren zunehmend Veränderungen unterworfen. Viele einst klassische Betätigungsfelder von der konzeptionellen Entwicklung von Großprojekten über die Ausführungsplanung bis zur Bauleitung werden inzwischen von Projektentwicklern, Baukonzernen oder anderen Konkurrenten angeboten. Infolgedessen hat sich das Betätigungsfeld solcher Architekturbüros, die nicht in der Lage sind, auf diese Entwicklung in angemessener Weise zu reagieren, in den letzten Jahren mehr und mehr eingeengt.
Die Folge ist unter anderem eine im Vergleich zu anderen akademischen Berufen überdurchschnittlich hohe Arbeitslosigkeit. Die Bundesarchitektenkammer stellte Ende 2003 bei Hochbauarchitekten eine offizielle Arbeitslosenquote von 9,5% fest. Da in dieser Statistik arbeitslose Universitäts-Absolventen und die zahlreichen nicht sozialversicherungspflichtigen, erwerbslosen Freiberufler nicht berücksichtigt sind, ist aber von einer hohen Dunkelziffer auszugehen. Die tatsächliche Quote dürfte daher erheblich höher liegen. Für die von der ungünstigen Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt besonders stark betroffene Stadt Berlin gibt die örtliche Kammer die Arbeitslosenquote mit über 20% an.
Der Arbeitsmarkt für Architekten ist in der freien Wirtschaft vollständig dereguliert und liberalisiert. Zwar ist die bis 1998 gängige Praxis, Architekten als Scheinselbstständige ohne Zahlung von Sozialleistungen zu beschäftigen, inzwischen nicht mehr die Regel. Die schlechte wirtschaftliche Situation der Branche seit nunmehr 10 Jahren hat dennoch zu einer dramatischen Verschlechterung der Arbeitsbedingungen geführt. Einer oft hohen Arbeitsbelastung steht daher verglichen mit Berufen ähnlich hoher Qualifikation ein deutlich geringerer Verdienst gegenüber.
Das Internetmagazin Spiegel Online hat am 12. Mai 2005 einen Gehaltsreport für Architekten veröffentlicht mit dem Ergebnis, dass die Gehaltssituation der Architekten weiter unter Druck steht. Es bestehen erhebliche regionale Unterschiede; die Situation in Bayern und Baden-Württemberg (Durchschnitt 36.400 Euro p.a. bis 46.722 Euro p.a.) ist wesentlich besser als in den östlichen Bundesländern (Durchschnitt 32.500 Euro p.a.). Junge Architekten mit bis zu zwei Jahren Berufserfahrung kommen auf 26.623 Euro. 30.600 Euro sind es bei einer Berufserfahrung von zwei bis fünf Jahren. Bei zehn und mehr Jahren Berufserfahrung liegt das Gehalt bei rund 41.700 Euro p.a. Das Gehaltsniveau bewegt sich damit am unteren Ende der Skala der Verdienstmöglichkeiten von Akademikern.
Aufgrund des gegenwärtig völlig übersättigten Arbeitsmarktes bieten sich nur sehr eingeschränkte Karrieremöglichkeiten. Dies bestätigt auch eine im Mai 2005 veröffentlichte Studie der Zeitschrift stern, in der die berufliche Perspektive von 26 beliebten Studienfächern untersucht wurde. Der Studiengang Architektur erzielte hierbei das schlechteste Ergebnis und belegte noch hinter Philosophie den letzten Platz.
Schweiz
In der Schweiz ist die Architekturszene in zwei Verbände gefasst. Einerseits der Bund Schweizer Architekten (BSA) und andererseits die schweizerische Ingenieur und Architekten Gesellschaft (SIA). Speziell in der Schweiz ist auch der Beruf des Hochbauzeichners, welche eine unterstützende Funktion in einem Architekturbüro übernimmt.
Weiterführende Informationen
Literatur
- Hanno Wolfensberger: "Architektendämmerung. 10 Abgesänge auf einen Berufsstand" ISBN 3593349221
Siehe auch
- Stararchitekt, Liste bekannter Architekten oder Kategorie:Architekt (Kategorie mit bekannten Architekten)
- Fachdiszipinen: Innenarchitekt, Landschaftsarchitekt, Städtebau, Stadtplanung, Bauingenieur
- Berufspolitik: Architektenrecht, Freie Berufe
- Portal Architektur und Bauwesen
Weblinks
- Bundesarchitektenkammer
- Berufsverband BDA - Bund deutscher Architekten
- Berufsverband BDB - Bund deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure e.V.
- Berufsverband "Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein"