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J. F. Weule

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Weule-Turmuhrwerk von 1877 in der Erlöserkirche (Lüdenscheid)

J. F. Weule ist der Name einer von 1836 bis 1966 bestehenden Turmuhrenfabrik und Glockengießerei in Bockenem im Ambergau.

Gründung

Die Gründung des Unternehmen erfolgte am 20. Oktober 1836 durch den Uhrmacher Johann Friedrich Weule (* 18. April 1811 in Alt Wallmoden; † 12. Oktober 1897 in Bockenem). Im April 1847 vernichtete ein Brand viele Gebäude in Bockenem. Dies veranlasste Weule, 1848 eine Feuerwehr zu gründen. Der Männerturnverein 1848 geht auch auf ihn zurück. Indem er am 8. Mai 1848 den Auftrag übernahm, für die Marktkirche in Goslar eine Turmuhr zu bauen, legte er den Grundstein zu einem Unternehmen, das bis 1953 erfolgreich expandierte. Er entwickelte eine Uhr, die nur einmal wöchentlich und nicht mehr täglich aufgezogen werden musste. Sie wurde 1857 erstmals an die St. Petrikirche in Buxtehude geliefert.

Erweiterung und Modernisierung

Ein neues Fabrikgebäude am Steintor wurde 1862 bezogen. Der Unternehmensgründer übergab das Unternehmen 1879 an seinen Sohn Friedrich Weule (* 8. Januar 1855; † April 1952). Dieser ließ 1886 den Betrieb mit einer Dampfmaschine ausstatten. Ab 1898 wurde ein Generator angetrieben.

Die Elektrifizierung wurde 1900 auch auf die Aufzüge der Turmuhren ausgedehnt. Etwa um 1913 übernahm Friedrich Weules Sohn, der Ingenieur Friedrich Weule junior (* ca. 1880) die Geschäftsführung. Während des Ersten Weltkriegs wurde dieser eingezogen, und der Vater vertrat ihn im Unternehmen, die nun Granaten und anderes Kriegsgerät herstellte. Außerdem begann man, ab 1917 statt Bronze- nun Eisenhartgussglocken zu gießen. Zu diesem Zweck wurde 1918 das Kooperationsunternehmen Ulrich & Weule gegründet. Bronzeglocken wurden im Krieg eingesammelt und umgeschmolzen. Nicht bekannt ist, wann neben der Turmuhrenproduktion der Glockenguss begonnen wurde. Nach dem Krieg übernahm wieder der Sohn die Leitung. Er entwickelte den Betrieb weiter und brachte ihn auch über die Krisenjahre zwischen 1930 und 1932. Friedrich Weule senior zog sich später auf die Dillsburg in der Nähe von Bockenem zurück.

1933 bis 1945

Zum hundertjährigen Bestehen im Jahre 1936 erschien eine Festschrift Friedrich Weules jun., in der dieser sich als glühender Verehrer Adolf Hitlers ausgab. Als der Bockenemer Bürgermeister im April 1933 auf Grund des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums zwangsweise beurlaubt und danach entlassen wurde, stellte sich Weule für den Posten zur Verfügung. In dieser Zeit reiste er nach Berlin, um Adolf Hitler anzubieten, Ehrenbürger von Bockenem zu werden. Nach sieben Monaten gab er die Funktion auf, weil er sich um seinen Betrieb kümmern musste.

1939, zu Beginn des Zweiten Weltkriegs erklärte man die Turmuhrenfabrik zum kriegswichtigen Betrieb und errichtete später ein Arbeitslager für etwa 30 russische Kriegsgefangene. Etwa 100 Personen stellten Geschosse und Geräte für die Marine her. Die Uhrenabteilung fertigte Kaffeekessel für Feldküchen. Am 8. April 1945 besetzten die amerikanischen Truppen Bockenem.

Weiterführung nach 1945, Ende 1966

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden bald wieder Turmuhren und Glocken gefertigt. Man ging überwiegend vom Bronze- zum Eisenguss über. Durch die Zerstörungen im Krieg und Neubauten der Nachkriegszeit bestand eine deutlich Nachfrage.

1951 stieg ein zweiter Teilhaber ein, und man versuchte Textilmaschinen zu bauen. Doch am 18. März 1953 scheiterte das Vorhaben wegen Konkurses. Etwa 140 Mitarbeiter wurden arbeitslos. Einige konnten am 20. Dezember 1954 wieder an ihre gewohnte Arbeit gehen, weil die Wilhelmshütte aus Bornum den Betrieb übernahm und weiterführte.

Außer Turmuhren und Glocken wurden Zifferblätter, Zentraluhren, Gebäudeuhren, Läutemaschinen und Glockenspiele gebaut und vertrieben. In dieser Zeit wurde überwiegend Niedersachsen beliefert. Bekannt wurde besonders die Heimkehrerglocke im Grenzdurchgangslager Friedland bei Göttingen. Nach der Übernahme wurde das Produktionsprogramm um Herd- und Ofenteile erweitert. Doch als die Wilhelmshütte 1966 ebenfalls Konkurs anmeldete, war auch der Betrieb Weule nicht mehr zu halten. Im Dezember 1970 wurde das Turmuhren- und Heimatmuseum Bockenem gegründet, das seitdem alte Weule-Uhren und Glocken sammelt und ausstellt.

Das Fabrikgebäude wurde nach 1966 zuerst noch als Lagerraum benutzt und ab September 1979 schrittweise abgerissen. Eine Brandstiftung am 13. Juni 1980 richtete großen Schaden an. Schließlich wurden im Juni 1987 die letzten Gebäude abgetragen und nur der erhaltenswerte Glockenturm dem Museum übergeben. An J. F. Weule erinnern heute ein Straßenname am ehemaligen Fabrikgelände und ein Grabstein auf dem Friedhof von Bockenem.

Literatur

  • Manfred Klaube: Der Ambergau, Wirtschafts - Sozial – und Politikgeschichte. Stadt Bockenem, Clausthal-Zellerfeld 2001
  • Manfred Klaube: Die braunen Jahre- der Ambergau in der NS-Zeit. Clausthal-Zellerfeld 1995
  • Friedrich Freitag: Vom Hainberg zum Weinberg – Geschichtsbilder aus dem Ambergau. 1952
  • Friedrich Weule jun.: 100 Jahre J.F.Weule (1836-1936) Turmuhrenfabrik. 1936