Junggesellenmaschine
Diese Baustelle befindet sich fälschlicherweise im Artikelnamensraum. Bitte verschiebe die Seite oder entferne den Baustein {{Baustelle}} .
|
Eine Junggesellenmaschine, ist ein phantastisches Vorstellungsbild, das Liebe in einen Todesmechanismus umwandelt. Sie ist zunächst eine unwahrscheinliche Maschine, deren Hauptstruktur auf mathematischer Logik beruht. Sie besteht immer aus zwei Bildbereichen, dem sexuellen und dem mechanischen, beide unterteilen sich wieder in einen männlichen und einen weiblichen Bereich.[1]
Begriffsgeschichte
Den Begriff „Junggesellenmaschine” (franz. „Machine Célibataire”, engl. „Bachelor Machine”) hat zuerst, ungefähr 1913, Marcel Duchamp in Zusammenhang mit Teilen seiner Arbeit benutzt, die er 1915-1923 zum Grossen Glas zusammensetzte. In seinen „Notes and Projects for The Large Glass” (1914-1923) kommen die Begriffe „Junggesellenmaschine” und „Wunschmaschine” vor[2]. Als „Junggesellenmaschine” bezeichnete Duchamp den unteren Teil seines „Grossen Glases”.[3]
1954, in „Les Machines Celibataires” entwickelt Michel Carrouges die Theorie der "zölibatären Maschinen". Er analysiert die in Kunst und Literatur etwa von 1850 bis 1925 variierten Vorstellungen von Mechaniken, die das Funktionieren der Geschichte, oder die Beziehung der Geschlechter untereinander, oder die Beziehungen des Menschen zu einer höheren Instanz beschreiben oder symbolisieren. Es wird ein Grundmuster erkennbar, das Duchamps Werk „Grosses Glas”, die Maschine in Franz Kafkas Roman In der Strafkolonie und andere erotisch aufgeladene Maschinen und Apparate in Werken von Künstlern und Literaten verbindet. Damit sind damalige Vorstellungen von der Struktur der Psyche verbunden: „Sigmund Freud bezeichnete die Psyche als Apparat.”[4][5]
In den 1960er und 1970er Jahren wird der Begriff „Junggesellenmaschine” durch Ausstellungen und Publikationen zu einem intellektuellen Code der Kulturszene.
Vorstellungsbild
Eine Junggesellenmaschine” ist eine geistige Maschine, die in einfacher Form aus zunächst zwei Ebenen besteht, die in Anlehnung an die freudsche Unterteilung in Über-Ich und Ich verständlich werden. In Junggesellenmaschinen, wie dem „Grossen Glas” von Duchamp und der Machine in der Strafkolonie von Kafka, enthält die obere Zone eine Inschrift, einen Code, eine Botschaft, die durch einen „Zeichner” in eine untere Zone weitergegeben wird: „bei Kafka ist es das Einschreiben des Urteils in den Rücken des Verurteilten mittels der Egge.” Das Es, das Libidoreservoir und letzte Bollwerk des Lebenswillens fällt in einer Junggesellenmaschine weg. Deshalb haben die aus der oberen Zone kommenden Einschreibungen oder Foltern stets Erfolg.[6]
Mythos
Der Mythos der Junggesellenmaschine steht in Verbindung mit dem zeittypischen Interesse für phantastische Maschinen bei H.G. Wells, Jules Verne und Francis Flagg (The Heads of Apex) am Beginn der Science Fiction Literatur. Seine heutige Bedeutung wird bereits 1940 im Roman „Morels Erfindung” von Adolfo Bioy Casares erkennbar: Morels Erfindung ist eine Maschine, die Welt aufnimmt und entsprechend der Logik einer Junggesellenmaschine als tote Aufzeichnung ewig reproduziert. In diesem Bild sind Charakteristika des sich selbst archivierenden digitalen Zeitalters bereits poetisch vorweggenommen.[7] Jean Baudrillard bemerkt in dieser Hinsicht den 1980er Jahren: „Bin ich nun Mensch, oder bin ich Maschine? Es gibt heute keine Antwort mehr auf diese Frage: realiter und subjektiv bin ich Mensch, virtuell und praktisch bin ich Maschine.” Die Menschen am Interface ordnen sich einer virtuellen Maschine unter (die Wirklichkeit simuliert), sie „frönen lieber dem Schauspiel des Denkens als dem Denken selber”.[8]
Im Klima der gesellschaftlichen Auseinandersetzungen der späten 1960er und frühen 1970er Jahre wird der Mythos weithin bekannt, neu interpretiert und erweitert. Das 1967 von Lewis Mumford veröffentlichte Werk „Mythos der Maschine” bezieht sich nicht ausdrücklich auf Junggesellenmaschinen, beschreibt aber die Entstehung und Entwicklung der Zivilisation in einem ähnlichen Sinn, als den von Machtinteressen geleiteten Konstruktionsvorgang einer hierarchisch aufgebauten, technisch-kulturellen Megamaschine. Die spätere Ausstellung „Junggesellenmaschinen / Les Machines Célibataires”, kuratiert von Harald Szeemann, ist nicht nur für Kunstinteressierte ein Ereignis und wandert in den 1970er Jahren durch halb Europa.
Ergänzungen: Deleuze und Guattari und Andere
Kleine Maschinensammlung
- Die Maschinen in den Romanen von Raymond Roussel, Locus Solus und Eindrücke aus Afrika (Impressions d'Afrique)
- Die Grube und das Pendel bei Edgar Allan Poe
- Das Fahrrad, der Supermann und der elektrische Sessel in Der Supermann (Le Surmâle) von Alfred Jarry.
Zitate
Literatur
- Carrouges, Michel: Les Machines Célibataires. Arcanes, Paris 1954.
- Carrouges, Michel; Duchamp, Marcel: Les Machines Célibataires. Editions du Chêne, Paris 1976. ISBN 2851080741, 9782851080745
- Casares, Adolfo Bioy: Morels Erfindung. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-518-41426-7, 9783518414262 (1940 im Original: La invención de Morel)
- Clair, Jean; Szeemann, Harald (Hrsg.), Junggesellenmaschinen / Les machines Célibataires. Ausstellungskatalog. Alfieri, Venezia, 1975
- Reck, Hans Ulrich; Szeemann, Harald (Hrsg.), Junggesellenmaschinen. Erweiterte Neuausgabe. Wien, Springer Verlag, 1999
- Duchamp, Marcel: Notes and Projects for The Large Glass. A. Schwarz (Hrsg.). Thames & Hudson, London, 1969
- Jarry, Alfred: Der Supermann. 1969 (Originalausgabe: Le Surmâle, Paris 1902)
- Kafka, Franz: In der Strafkolonie. Leipzig: Kurt Wolff 1919
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Michel Carrouges: Gebrauchsanweisung: Junggesellenmaschinen / Les machines Célibataires. Hrsg.: Jean Clair, Harald Szeemann. Alfieri, Venezia 1975, S. 21,1 ff.
- ↑ Marcel Duchamp: Notes and Projects for The Large Glass. Hrsg.: A. Schwarz. Thames & Hudson, London 1969, S. 209 (Note 140).
- ↑ Harald Szeemann: Junggsellenmaschinen: Junggesellenmaschinen / Les machines Célibataires. Hrsg.: Jean Clair, Harald Szeemann. Alfieri, Venezia 1975, S. 5,1.
- ↑ Harald Szeemann: Junggsellenmaschinen: Junggesellenmaschinen / Les machines Célibataires. Hrsg.: Jean Clair, Harald Szeemann. Alfieri, Venezia 1975, S. 5,2 f.
- ↑ Harald Szeemann: Junggsellenmaschinen: Junggesellenmaschinen / Les machines Célibataires. Hrsg.: Jean Clair, Harald Szeemann. Alfieri, Venezia 1975, S. 7,2 f.
- ↑ Harald Szeemann: Junggsellenmaschinen: Junggesellenmaschinen / Les machines Célibataires. Hrsg.: Jean Clair, Harald Szeemann. Alfieri, Venezia 1975, S. 5,2–6,1.
- ↑ Jean Clair: Die letzte Maschine: Junggesellenmaschinen / Les machines Célibataires. Hrsg.: Jean Clair, Harald Szeemann. Alfieri, Venezia 1975, S. 180 ff.
- ↑ Jean Baudrillard: Videowelt und fraktales Subjekt. In: Ars Electronica (Hrsg.): Kunst der Szene. Linz 1988 (90.146.8.18 [abgerufen am 7. Juli 2009]).
[[Kategorie:Mythologie|Mythologie]]
[[en:Bachelor Machine]]
[[fr:Machines Célibataires]]