Fritz Haarmann
Friedrich „Fritz“ Heinrich Karl Haarmann (* 25. Oktober 1879 in Hannover; † 15. April 1925 in Hannover) war einer der berüchtigsten Serienmörder des 20. Jahrhunderts. Er wird auch Vampir von Hannover genannt.
In einem Gerichtsprozess gestand Fritz Haarmann, dass er 24 Jungen ermordet hatte, die Zahl der vermissten Jungen beläuft sich auf 27 im Alter zwischen 13 und 20 Jahren. Nach eigenen Angaben hatte er seine Opfer durch einen Biss in den Hals getötet.
Hans Grans, den Haarmann in den ersten Verhören als Mittäter schwer belastete (er soll Haarmann Jungen zugeführt haben), wurde zuerst zum Tode verurteilt, ein entlastender Brief Haarmanns sorgte für einen erneuten Prozess gegen Grans, in dem er zu 12 Jahren Zuchthaus verurteilt wurde.
Vor dem Geständnis war Haarmann in eine Zelle gesperrt worden, die durch die Polizei präpariert wurde. Unter der Decke waren in jeder Ecke der Zelle Bretter angebracht, auf die Schädel plaziert wurden, deren Augenhöhlen mit rotem Papier ausgekleidet wurden. Von hinten wurden die Schädel beleuchtet. Haarmann selbst war an einer Kette innerhalb der Zelle gefesselt. Außerhalb der Reichweite der Kette wurde ein Sack mit Knochen der Leichen aufgestellt. Die Polizisten sagten Haarmann, dass die Seelen der Verstorbenen ihn jetzt holen kommen würden, wenn er nicht geständig wäre. Diese Tatsache wurde erst Anfang der 1960er Jahre bekannt.
Der folgende Prozess erregte sehr starkes Aufsehen in der Öffentlichkeit:
- zum Einen durch die Rolle der Polizei, die Fritz Haarmann als Spitzel engagiert hatte und jeglichen Verdacht, der gegen ihn geäußert wurde, unter den Tisch fallen ließ (beispielsweise wurden Vermisstenanzeigen erst mit starken Verzögerungen bearbeitet, 1918 wurde Haarmanns Wohnung in der Celler Heerstraße von der Polizei nach einem lebenden Jungen durchsucht. Die Durchsuchung wurde erfolglos abgebrochen – Haarmann erzählte später in einem Verhör, dass sich zum Zeitpunkt der Durchsuchung die zerteilte Leiche des gesuchten Jungen in der Wohnung befunden hatte) und
- zum anderen wurden Details der Tötungen in der Öffentlichkeit bekannt. Haarmann hatte die Leichen zerstückelt und in die Leine geworfen. 1924 entdeckten ein paar junge Burschen beim Fischen im Fluss mehrere menschliche Schädel.
Es wurde sogar spekuliert, dass er die Leichen zu Wurst verarbeitet habe. Haarmann hat sich zu dieser Frage nie konkret geäußert und ließ so Platz für Spekulationen. Bekannt ist aber, dass er einen gut laufenden Fleisch- und Wursthandel hatte.
Haarmann wurde am 19. Dezember 1924 zum Tod durch das Fallbeil verurteilt und am frühen Morgen des 15. April 1925 im Gefängnishof des Landgerichts Hannover enthauptet. Sein Kopf wurde der Forschung bereitgestellt. Zur Zeit befindet dieser sich in Göttingen. Vier Hirnschnitte daraus existieren in München.
Die sterblichen Überreste der Opfer des Massenmörders wurden nach einem mehrjährigen Kampf der Eltern der getöteten Jungen mit der hannoverschen Stadtverwaltung um den Wortlaut der Grabinschrift im Jahre 1928 auf dem Stadtfriedhof in Hannover-Stöcken in einem Ehrengrab bestattet (Abteilung 49 D, Nr. 189/192). Ein großer Granitstein in der Form eines Flügelaltars trägt in der Mitte zwischen dem Relief einer Flammenschale und einer geknickten Rose die Inschrift: „Dem Gedächtnis unserer lieben / von September 1918 bis Juli 1924 / verstorbenen Söhne.“ Das Wort „ermordet“ wurde von der Friedhofsverwaltung nicht zugelassen.
Der Philosoph Theodor Lessing hatte den Prozess beobachtet und den Fall im Buch Haarmann – Die Geschichte eines Werwolfs veröffentlicht. Hierbei ist Lessing auf die besondere Rolle der Polizei im Fall Haarmann eingegangen; sein Buch gilt im Fall Haarmann als ein seriöses zeitgenössisches Werk. Während der Ermittlungen wurde ein psychologisches Gutachten angefertigt, das als die „Haarmann-Protokolle“ veröffentlicht wurde. Die Befragung Haarmanns durch Prof. Dr. Ernst Schultze wurde im Film „Der Totmacher“ mit Götz George in der Hauptrolle nachgestellt.
Trivia
Fritz Haarmann wohnte in der Roten Gasse 4. Berühmt ist ein Abzählvers aus damaliger Zeit: „Warte, warte nur ein Weilchen, bald kommt Haarmann auch zu dir, mit dem kleinen Hackebeilchen, macht er Leberwurst (bzw. in manchen Versionen ‚Büchsenwurst‘ oder 'Frikassee') aus dir“. Er stammt aus einem Lied mit folgendem Text:
- In Hannover an der Leine,
Rote Gasse Nummer acht,
Wohnt der Massenmörder Haarmann,
Der die Leute umgebracht. - Aus den Augen macht er Sülze,
Aus dem Arsch, da macht er Speck,
Aus dem Darm, da macht er Würste,
Und den Rest, den schmeißt er weg. - Haarmann hat auch ein’ Gehilfen,
Grans heißt dieser junge Mann.
Und der lockte mit Behagen
Viele junge Männer an. - Warte, warte nur ein Weilchen,
Dann kommt Haarmann auch zu Dir.
Mit dem kleinen Hackebeilchen
Klopft er dann an deine Tür.
Literatur
- Theodor Lessing: Haarmann. Die Geschichte eines Werwolfs und andere Gerichtsreportagen. Hrsg. und eingel. von Rainer Marwedel. Frankfurt am Main: Luchterhand 1989. (Sammlung Luchterhand. 865) ISBN 3-630-61865-0 (Zuerst Berlin 1925)
- Friedhelm Werremeier: Haarmann. Der Schlächter von Hannover. Die grauenvollen Verbrechen des berüchtigten Serienmörders. München: Heyne 1995. (Heyne-Bücher. Allgemeine Reihe. 8577) ISBN 3-453-08907-3 (Zuerst Köln 1992)
- Die Haarmann-Protokolle. Christine Pozsár / Michael Farin (Hg.). Reinbek: Rowohlt 1995. (rororo. 60163. Sachbuch) ISBN 3-499-60163-X
- Thomas Kailer: „... der höllischen Ausgeburt den Kopf vor die Füsse legen ...“. Zur Psychologie der strafenden Gesellschaft. Der Fall Haarmann. In: Von der Polizei der Obrigkeit zum Dienstleister für öffentliche Sicherheit. Festschrift zum 100. Gebäudejubiläum des Polizeipräsidiums Hannover 1903-2003. Hans-Joachim Heuer [u.a.] (Hg.). Hilden 2003, S. 69-88. ISBN 3-00-011937-X
- Kathrin Kopisch: Der Fall Fritz Haarmann (1924). In: Hannoversche Geschichtsblätter. N.F. Bd. 55-56 (2001-02) [erschienen 2005], S. 97-116.
Weblinks
- Matthias Blazek: Todesurteil in Zuchthausstrafe umgewandelt – Teil 1; Teil 2 (Artikel der Celleschen Zeitung zum zweiten Prozess gegen Grans)
- Die Friedhöfe der Landeshauptstadt Hannover (Stadtfriedhof Stöcken mit dem Grab der Opfer)
Personendaten | |
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NAME | Haarmann, Friedrich Heinrich Karl |
ALTERNATIVNAMEN | Fritz; Vampir von Hannover |
KURZBESCHREIBUNG | einer der berüchtigsten Serienmörder des 20. Jahrhunderts |
GEBURTSDATUM | 25. Oktober 1879 |
GEBURTSORT | Hannover |
STERBEDATUM | 15. April 1925 |
STERBEORT | Hannover |