Zum Inhalt springen

Zufallsvariable

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 2. Juni 2005 um 21:38 Uhr durch Stefan Birkner (Diskussion | Beiträge) (Eigenschaften: erw unabhängig). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Eine Zufallsvariable oder Zufallsgröße ist eine numerische Größe, die als Ergebnis von zufälligen Versuchen oder Ereignissen entsteht. Es werden den möglichen Ergebnissen eines Versuchs (reelle) Zahlen zugeordnet. Der konkrete Wert für ein Elementarereignis wird als Realisation der Zufallsvariable bezeichnet.

Während früher der Begriff Zufallsgröße der übliche deutsche Begriff war, setzt sich heute (ausgehend vom englischen random variable) der etwas irreführende Begriff Zufallsvariable immer stärker durch. Man sollte jedoch beachten, dass Zufallsgrößen in der Wahrscheinlichkeitsrechnung Funktionen sind. Die "zufällige" Annahme verschiedener Werte hat also wenig mit den Eigenschaften von Variablen in anderen mathematischen Fachgebieten, wie z.B. der Analysis, zu tun; vielmehr spielen Zufallsgrößen in der Wahrscheinlichkeitsrechnung die Rolle von Konstanten.

Beispiel

Wir betrachten ein Würfelspiel mit beliebig vielen Würfen. Die Wahrscheinlichkeit, dass bei einem bestimmten Wurf eine Sechs fällt liegt bei 1/6. Nun definieren wir eine Funktion X(n) = 1/6. Diese Funktion ist eine (diskrete) Zufallsvariable, die jedem Elementarereignis „im n-ten Versuch fällt eine Sechs“ dessen Wahrscheinlichkeit zuordnet.

Mathematische Beschreibung

Eine Funktion X, die jedem Elementarereignis ω eines Ergebnisraums Ω eine reelle Zahl x zuordnet, heißt Zufallsgröße X.

X: Ω → R mit X(ω) = x

Zusätzlich muss noch folgendes gelten:

Das bedeutet, dass alle Elementarereignisse, deren Realisation unterhalb eines bestimmen Wertes liegt, ein Ereignis bilden müssen.

In einer abstrakteren Formulierung der Wahrscheinlichkeitstheorie bezeichnet als Zufallsvariable eine messbare Funktion von einem Wahrscheinlichkeitsraum in einen Maßraum. Normalerweise wählt man als Bildraum die Menge der reellen Zahlen, ausgestattet mit der Borelschen σ-Algebra.

Eigenschaften

diskret
Eine Zufallsvariable wird als diskret bezeichnet, wenn sie nur endlich viele oder abzählbar unendlich viele Werte annimmt. Beispiel: Würfelspiel.
stetig
Eine Zufallsvariable wird als stetig bezeichnet, wenn ihre Verteilungsfunktion stetig ist.
kontinuierlich
andere Bezeichnung für stetig.
unabhängig
Zwei Zufallsvariablen sind unabhängig, wenn ihre Ereignisräume stochastisch unabhängig sind.

Im Zusammenhang mit Zufallsgrößen sind insbesondere wichtige Kennzahlen, wie der Erwartungswert, die Varianz oder höhere mathematische Momente.

Zeitlich zusammenhängende Zufallsgrößen können auch als Stochastischer Prozess aufgefasst werden.

Ein Folge von Realisationen einer Zufallsvariablen nennt man auch Zufallssequenz.

Anwendungen

In Anwendungen bezeichnet man die Ergebnisse einer als zufällig aufgefassten Prozedur verschiedene Werte annehmen kann. Die Prozedur kann beispielsweise eine Auslosung sein, die Berechnung einer Pseudozufallszahl oder die Messung einer statistisch verteilten und/oder mit Messfehler behafteten Größe. Beispielsweise ist die Augenzahl eines Würfels eine Zufallsvariable, die die Werte 1, 2, 3, 4, 5 oder 6 annehmen kann.

Wenn die Menge der möglichen Werte einer Zufallsvariablen endlich (wie beim Würfel) oder abzählbar unendlich ist, nennt man die Zufallsvariable diskret. Wenn die Wertemenge überabzählbar ist, typischerweise also aus reellen Zahlen besteht (wie bei der idealisierten Messung einer physikalischen Größe), heißt die Zufallsvariable stetig (kontinuierlich). Daneben gibt es auch Mischformen.

Die Wahrscheinlichkeiten der möglichen Werte einer diskreten Zufallsvariable bilden eine Wahrscheinlichkeitsverteilung. Die Wahrscheinlichkeit, beim Würfeln mit zwei Würfeln die Gesamtaugenzahl Z zu erreichen, folgt zum Beispiel der Wahrscheinlichkeitsverteilung P(Z)=(6-|7-Z|)/36.

Für die Beschreibung stetiger Zufallsgrößen verwendet man Wahrscheinlichkeitsdichten und/oder kumulative Wahrscheinlichkeitsverteilungen, da einem einzelnen Ereignis keine Wahrscheinlichkeit größer Null zugeordnet werden kann. Für stetige Zufallsgrößen ist vielmehr die Betrachtung von Intervallen sinnvoll.

Funktionen von Zufallsvariablen

Wenn eine Zufallsvariable X auf dem Ergebnisraum Ω und eine messbare Funktion f: R → R gegeben ist, dann ist auch Y = f(X) eine Zufallsvariable auf dem selben Ergebnisraum, da die Verknüpfung messbarer Funktionen wieder messbar ist. Die gleiche Methode, mit der man von einem Wahrscheinlichkeitsaum (Ω, P) nach (R, dFX) gelangt, kann benutzt werden, um die Verteilung von Y zu erhalten. Die kumulierte Verteilungsfunktion von Y lautet

Beispiel

Es sei X eine relle Zufallsvariable und Y = X2.

Dann ist

Fallunterscheidung nach y:

y < 0:

y ≥ 0:

Literatur

  • Erich Härtter: Wahrscheinlichkeitsrechnung für Wirtschafts- und Naturwissenschaftler. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1974, ISBN 3525031149

Vorlage:Wikibooks2 Vorlage:Wikibooks2