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Hermann Graf (Jagdflieger)

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Hermann Graf (* 12. Oktober 1912 in Engen; † 4. November 1988 in Rastatt) war Oberst und Jagdflieger der Luftwaffe im Zweiten Weltkrieg.

Graf war einer der erfolgreichsten und höchstdekorierten Jagdflieger der Wehrmacht, nahm jedoch nach dem Krieg in der sowjetischen Kriegsgefangenschaft eine distanzierte Haltung zur deutschen Kriegsführung ein und mußte sich deswegen in der deutschen Nachkriegsöffentlichkeit gegen Vorwürfe des Verrats und der prosowjetischen Spionage zur Wehr setzen.[1]

Jugend

Er absolvierte eine Verwaltungslehre als Grundbuchbeamter und wurde anschließend Angestellter. Nebenbei widmete er sich seinem Hobby, der Segelfliegerei. Nachdem er alle Segelfliegerprüfungen bestanden hatte, wurde er 1939 zur Wehrmacht eingezogen.

Frankreichfeldzug

Im April 1939 machte er einen Unteroffizierslehrgang. Während des Krieges gegen Frankreich flog er 21 Einsätze, ohne einen einzigen Schuss abzufeuern. Im Frühjahr 1940 wurde Graf ins Jagdgeschwader 51 versetzt. Er flog auch über Griechenland und Kreta, hatte aber nach diesen gesamt 50 Einsätzen immer noch keinen Abschuss.

Russlandfeldzug

Erst am 4. August 1941 erzielte er seinen ersten Sieg in der Nähe von Kiew.

Nachdem die Zahl der Luftsiege schnell anstieg, wurde er im Dezember 1941 zum Leutnant der Reserve befördert und erhielt den Ehrenpokal der Luftwaffe, Ende Januar 1942 erhielt Graf für 45 Abschüsse das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes verliehen.

Bereits im Mai 1942 konnte er 100. Luftsiege melden und erhielt dafür das Eichenlaub, zwei Tage später wurden ihm die Schwerter verliehen. Am 9. September 1942 gelang Graf der Abschuss des 172. Feindflugzeuges, eine damals noch nicht erreichte Marke, die zur Verleihung der Brillanten führte.

Als erster Jagdflieger der Welt meldete er 200 Luftsiege. Am 26. September 1942 schoss er über dem Flugplatz Pitomnik bei Stalingrad seinen 200. bis 202. Gegner ab. Darauf wurde er zum Hauptmann befördert; seit dem 16. September 1942 trug er bereits das Ritterkreuz mit Eichenlaub, Schwertern und Brillanten, das ihm als fünftem Soldaten der Wehrmacht verliehen worden war.

Nach einer schweren Verwundung im Luftkampf Ende des Jahres 1942 wurde er in der Genesungsphase zum Kommandeur der Jagdflieger-Ergänzungsgruppe Ost ernannt.

Geschwaderkommodore

Im März 1943 stellte er das Jagdgeschwader 50 auf, das er bis zum September 1943 führte. Im September 1943 wechselte er als Kommodore zum Jagdgeschwader 11. Hier errang er 10 bestätigte Abschüsse gegen viermotorige Bomber vom Typ B-17 und B-24. Bei einem Luftkampf am 29. März 1944 hatte er zwei schwere Bomber abgeschossen, als er von einer P-51 angegriffen wurde. Da er keine Munition mehr hatte, rammte er die gegnerische Maschine und rettete sich schwer verletzt mit dem Fallschirm. Dies war sein 212. Luftsieg und gleichzeitig sein letzter bestätigter Abschuss. Anschließend musste er für sechs Monate ins Lazarett.

Nach weiteren Beförderungen wurde Graf Ende 1944 Geschwaderkommodore seines Jagdgeschwaders 52, zuletzt im Range eines Obersten. In dieser Funktion beteiligte er sich im Januar 1945 an der Meuterei der Jagdflieger gegen Reichsmarschall Hermann Göring. Obwohl er Startverbot hatte, beteiligte er sich weiterhin an Gefechten. Dass er diese Anweisung ignorierte, wurde jedoch nicht gemeldet und somit waren auch keine anerkannten Luftsiege für ihn zu verbuchen.

Kriegsende

Beim Kriegsende marschierte er mit seiner Jagdstaffel Richtung Westen und wurde von amerikanischen Truppen gefangen genommen, jedoch wie mehrere andere prominente Jagdflieger, z. B. Erich Hartmann, an die Sowjetunion ausgeliefert.

Nachkriegszeit und Gefangenschaft

Nach dem Krieg kam er in russische Kriegsgefangenschaft, aus der er fünf Jahre später frei kam. Er distanzierte sich von den Verbrechen des Hitler-Regimes und erklärte, der Krieg sei ein Fehler gewesen, da er den Morden der Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD Vorschub geleistet habe. Dies führte zu Anfeindungen und sogar zu der Behauptung, er sei ein sowjetischer Spion.

Trivia

Graf war ein begeisterter Fußballspieler und gründete eine im Reich populäre Fußballmannschaft, die „Roten Jäger“, für die bekannte Spieler (darunter Fritz Walter) an den jeweiligen Standort seines Geschwaders abkommandiert wurden. Er pflegte engen Kontakt zum damaligen Reichstrainer und späteren Bundestrainer Sepp Herberger. Sein Kamerad Günther Rall schreibt in seinen Memoiren, dass Graf sich bei einem Fußballspiel den Kiefer verletzte, was dazu führte, dass man ihn oft nur schwer verstehen konnte.

Auszeichnungen

Siehe auch

Literatur

  • Dirk Bitzer / Bernd Wilting: Stürmen für Deutschland: Die Geschichte des deutschen Fußballs von 1939 bis 1945. Campus-Verlag, Frankfurt a.M. 2003, ISBN 3-593-37191-X, S. 152ff.
  • Günter Fraschka: Oberst Hermann Graf. Fliegen, Kämpfen, Fußball spielen. In: ders., Mit Schwertern und Brillanten: Leben und Taten der 27 hoechstdekorierten deutschen Soldaten des Zweiten Weltkriegs, 7. bearb. Aufl., Limes-Verlag, Wiesbaden u.a. 1977, S. 65-76
  • Bernd Ottnad (Hrsg., im Auftrag der Kommission für Geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg): Baden-württembergische Biographien, Bd. 2, Kohlhammer, Stuttgart 1999, ISBN 3-17-014117-1, S. 166f.

Einzelnachweise

  1. Günter Fraschka, Oberst Hermann Graf, S. 74