Allmende
Die Allmende (auch: Allmande, in der Schweiz Allmend,in Dithmarschen Meent; von mittelhochdt. "was allen gemein ist"; nach einigen von "Alemannen" abzuleiten, nach anderen - wohl eher zutreffenden - Quellen mit "allgemein" zusammenhängend, Allmendgut, wohl auch Gemeingut, Gemeinheit, Mark genannt) ist ein im Besitz einer Dorfgemeinschaft befindliches Grundeigentum. Die Allmende ist jener Teil des Gemeindevermögens, der nicht unmittelbar im Interesse der ganzen Gemeinde zur Bestreitung derer Ausgaben verwandt wird, sondern an dem alle Gemeindemitglieder das Recht zur Nutzung haben.
Die Allmende besteht meist aus unbeweglichem Gut wie Wald, Gewässer zur Löschwasserversorgung oder eine Gemeindewiese, auf der alle ihre Nutztiere weiden lassen können (vgl. Alm).
In Allmenden werden nach volkswirtschaftlicher Theorie Ressourcen stärker ausgebeutet, als dies ökonomisch sinnvoll ist, wie durch die Tragik der Allmende deutlich wird. In der Praxis existieren aber bis heute die Formen der Genossenschaft, des Kibbuz, die entgegen der Theorie funktionieren.
Formen
Die Allmende wird entweder von allen Gemeindemitgliedern oder nur von einzelnen bestimmten Berechtigten (der so genannten Realgemeinde oder Nutzungsgemeinde) benutzt:
- Nutzung durch alle Gemeindemitglieder: Im ersteren Fall benutzt sie entweder die ganze Gemeinde ungeteilt oder sie wird alljährlich nach Losen verliehen oder auch alljährlich unter öffentlicher Autorität verwaltet und nur der Ertrag wird verteilt.
- Nutzung durch einzelne Berechtige: Im letztern Fall bleibt die Allmende zwar Eigentum der Korporation, jedoch mit der Besonderheit, dass ihre Benutzung nicht allen Gemeindegliedern, sondern nur einer bestimmten Anzahl, meist den Besitzern bestimmter Güter (Bauernhöfe, Hofgüter, im Gegensatz zu den bloßen Katen), zusteht.
Die einzelnen Nutzungsanteile (Gemeindeteile, Rechtsame, Meenten, Waren, Gewalten) sind in der Regel als Zubehörungen der betreffenden Bauerngüter zu betrachten. Diese Nutzungsrechte an den Allmanden hängen mit den Verhältnissen der alten Markgenossenschaften zusammen, welche an Wald und Wiese noch nicht ein Alleineigentum, sondern nur ein durch Hofbesitz bedingtes Miteigentum zu ideellen Teilen kannten (und kennen).
Geschichte und Entwicklung
Im frühen Mittelalter gab es praktisch in jedem Dorf eine Allmende. Sie ging auf das Gemeineigentum der alten Markgenossenschaft, die Gemeine Mark zurück. In Spanien gab es mit fortschreitender reconquista in den Gebieten mit freien Männern neu besiedelte Kommunen, zu deren Bestellung sich die Anrainer zusammenfanden. Daraus erwuchs eine bis heute vereinzelt erhaltene Grundeigentumsstruktur bedeutender "ejido"-Flächen (Feld-, Flur- und Waldgemeinschaften), die von den Kommunen in gemeinsamer Regie kultiviert und genutzt wurde.
Im 15. und 16. Jahrhundert eigneten sich in vielen Fällen in Deutschland und England die weltlichen Herrscher die Gemeindeflächen an, was mit ein Grund für den deutschen Bauernkrieg war.
Ende des 19. Jahrhunderts wurde im Rahmen der Intensivierung des Landbaues vielfach eine Teilung der Allmenden herbeigeführt, welche juristisch nichts anderes ist als völlige Veräußerung des Eigentums der Korporation an die Gemeindeglieder.
Das ursprüngliche Rechtsgut der Allmende hat sich nur noch sehr vereinzelt in Süddeutschland und der Schweiz erhalten, während in den meisten Fällen die Allmende in das Eigentum der Einzelberechtigten oder der politischen Gemeinde oder in dasjenige einer besondern Nutzungsgemeinde (Real-, Nachbar-, Alt-, Markgemeinde) übergegangen ist.
Heute gibt es in Süddeutschland und vor allem der Schweiz noch vereinzelt Allmenden (vgl. Realgemeinde).
Moderne Allmenden: Wissensallmende
Als moderne Allmende im übertragenen Sinn von Wissensallmende werden heute auch andere gemeinsam genutzte Ressourcen angesehen. Dazu zählen z.B. das Computer-Betriebssystem GNU/Linux (Freie Software) oder die Wikipedia (Kollektive Intelligenz, Open Content); bei letzterer liegt jedoch eine klare privatrechtliche Fundierung vor. In diesem Zusammenhang spricht man oft auch von Wissenskommunismus.
Bei dieser Form von Allmenden, die auf Informationen als Ressource basieren, kommt die Allmendeproblematik nicht zum tragen: Informationen verlieren nicht an Wert, wenn sie häufiger genutzt werden. Im Gegenteil, oft gewinnen Informationen an Wert (oder Popularität) wenn sie sich mehr und mehr verbreiten.
Siehe auch
- Tragik der Allmende (auch Allmendeproblematik)
- Gemeinschaftseigentum
- Weidegenossenschaft
- Interessentenschaft
- Privateigentum
- Gemeineigentum
- Daseinsvorsorge
Literatur
Allmende im Mittelalter:
- Hartmut Zückert: Allmende und Allmendaufhebung, Lucius & Lucius 2003, ISBN 3828202268
Moderne Allmende:
- Garret Hardin: Die Tragödie der Allmende, 1968
- Elinor Ostrom: Die Verfassung der Allmende. Jenseits von Staat und Markt, Mohr Siebeck, 1999, ISBN 316146916X
- Volker Grassmuck: Freie Software zwischen Privat- und Gemeineigentum, 2002, ISBN 3-89331-432-6