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Blauzungenkrankheit

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Die Blauzungenkrankheit (auch Bluetongue genannt) ist eine virale Infektionskrankheit von Schafen, Kühen und anderen domestizierten und wild lebenden Wiederkäuern.

Krankheitserreger

Der krankheitsauslösende Erreger ist das Blue-Tongue-Virus (BTV), ein Orbivirus aus der Familie der Reoviridae und er gehört somit zu den unbehüllten doppelsträngigen RNA-Viren, (dsRNA). Von diesem Virus sind verschiedene Serotypen bekannt, die jeweils eine unterschiedliche Virulenz aufweisen.

Übertragung

Diese Infektionskrankheit wird durch Culicoides imicola, einer Mücke aus der Familie der Gnitzen, auch von Stechmücken (Culicidae) und durch Zecken auf biologischem Wege übertragen (siehe auch Virusinfektion). In Griechenland, Bulgarien und der Türkei, wo die Blauzungenkrankheit 2001 auch aufgetreten ist, könnten auch Culicoides obsoletus und Culicoides pulicaris als mögliche Vektoren von Bedeutung sein. Dort war im Gegensatz zu den beiden Letztgenannten die Culicoides imicola nicht nachzuweisen.

All diese blutsaugenden Insekten nehmen das im Blut eines bereits infizierten Tieres zirkulierende Virus während des Saugaktes auf und übertragen es bei der nächsten Nahrungsaufnahme auf ein anderes ggf. noch nicht infiziertes Tier. Sowohl eine Übertragung durch Kontaktinfektion bzw. Schmierinfektion unter Tieren wie eine generelle Übertragbarkeit auch auf den Menschen ist nicht beknnt.

Die empfänglichste Tierart für diese Infektionskrankheit ist das Schaf, wobwei jedoch nicht alle Schafsrassen gleich empfänglich sind. Auch Ziegen und andere Haustiere erkranken weniger häufig. Als Erregerwirte bzw. Reservoirwirte gelten haupsächlich Rinder, die selbst nur selten erkranken, sowie Wildwiederkäuer (Antilopen, Hirscharten) und afrikanische Wildnager.

Vorkommen und Ausbreitung

Die Krankheit wurde erstmalig in Südafrika festgestellt und von dort mit Merinoschafen in andere Teile Afrikas verschleppt. Dort tritt sie überwiegend während der Sommerregenzeit auf. Diese saisonale Erscheinungsform der Erkrankung hängt eng mit der Flugzeit der Culex-Mücken zusammen. Die Seuchenhöhepunkte sind daher bei feuchtwarmem Wetter und während der Schwärmperiode. Durch Winde können infizierte Mücken bis zu 200 Kilometer weit versetzt werden und anschließend am neuen Ort den Erreger weiterverbreiten.

Durch die Klimaerwärmung ist die Krankheit aus Afrika über die Mittelmeer-Inseln auch nach Süd- und Mitteleuropa vorgedrungen. Weiterhin wurde die Blauzungenkrankheit auch in arabischen, asiatischen, europäischen und nordamerikanischen Ländern nachgewiesen. Im Jahre 2000 hat sich Bluetongue in Schafbeständen auf Sizilien, Sardinien, Korsika und auf den Balearen bestätigt. Die Vektoren der Blauzungenkrankheit wurden in der warmen Jahreszeit zunehmend auch in vielen anderen Gebieten der EU gefunden. In den Jahren 2001 und 2002 wurden Seuchenausbrüchen in Südeuropa (Griechenland, Kroatien, Mazedonien, Italien, Albanien) gemeldet. Die Viruserkrankung ist auch schon in der Toskana bei Schafen und Rindern festgestellt worden und breitet sich stetig nordwärts aus. Nach Voraussage des Spezialisten Philip Mellor vom Institute for Animal Health wandere mit jedem weiteren Grad der Temperaturerhöhung im Verlauf der aktuellem Klimaerwärmung die krankheitsübertragende Mückenart 90 km weiter nach Norden.

Bis Anfang 2003 wurden Krankheitsfälle auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawien, Tunesien und Singapur aber auch in Südamerika (Brasilien, Argentinien) gemeldet. Durch Tierbewegungen, über das Sperma und den Handel infizierter Tiere einerseits, die Verschleppung von Insekten durch Flugzeuge und starke Winde andererseits kann der Erreger jederzeit in weitere freie Regionen eingeschleppt werden. Dort er kann jedoch nur überleben, wenn geeignete Vektoren und eine empfängliche Wirtspopulation vorhanden sind.

Krankheitsbild

Die Blauzungenkrankheit ist eine zyklische (phasenweise in verschiedenen typischen Stadien ablaufende) Allgemeinerkrankung. Nach einer Inkubationszeit von fünf bis zwölf Tagen treten folgende Symptome auf:

  1. Fieber
  2. Hyperämie (vermehrte Blutfülle) der Kopfschleimhäute
  3. Hämorrhagien (innere Blutungen)
  4. Ödembildung (Schwellung infolge der Ansammlung von Flüssigkeiten im Gewebe) an Lippen, Augenlidern und Ohren
  5. Zyanose (blaurote Färbung infolge mangelnder Sauerstoffsättigung des Blutes) im Maulbereich und der Zunge
  6. Geschwüre und Erosionen (medizinisch: nässender, nicht blutender, nur die oberste Schicht der Haut oder Schleimhaut betreffender Substanzverlust) an den Schleimhäuten
  7. häufig schaumiger Speichelfluss, Nasenausfluss (eventuell eitrig) und Atembeschwerden
  8. Lahmheiten, hervorgerufen durch Muskel- und Klauensaumentzündung
  9. mitunter auch Aborte (Fehlgeburten) und angeborene Missbildungen


Sehr oft sterben die erkrankten Tiere. Bei einem mildem Verlauf ist aber auch eine Heilung mit oder ohne medikamentöser Unterstützung möglich.