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Kurden

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Datei:Kurdisches Siedlungsgebiet.JPG
Das kurdische Siedlungsgebiet

Die Kurden sind ein im Nahen Osten siedelndes Volk.

Es gibt schätzungsweise 30 bis 35 Millionen Kurden. Davon sind ca. 20 Millionen in der Türkei, ~6 Millionen im Iran, ~4,0 Millionen im Irak, ~1,0 Million in Syrien, ~0,7 Millionen in Westeuropa und ~0,4 Millionen in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion beheimatet.

Des Weiteren gibt es eine kleinere Anzahl von Kurden in Libanon und Israel. Die Kurden sind nach Türken, Persern und Arabern die viertgrößte Volksgruppe im Nahen Osten.

Herkunft der Kurden

Die Kurden sind weder Türken, Perser noch Araber. Wahrscheinlich ist, dass die Vorfahren der Kurden während der zweiten großen Wanderungsbewegung der indogermanischenum 2000 v. Chr. von West-Iran sich im Gebiet, das später als Kurdistan bezeichnet wurde, ansiedelten. Das Volk der Kurden ging aus mehreren Völkern und Stämmen hervor. Ihre Kultur, Sprache und Mythologie ist jedoch tief in der iranischen Kultur verwurzelt.

Über die Abstammung der Kurden gibt es verschiedene Thesen, wobei zu beachten gilt, dass über diesen langen Zeitraum sicher Völkervermischungen stattgefunden haben:

  1. Nachfahren der Hurriter, die das Mitanni-Reich gründeten (um 1500 v. Chr.). Deren Name Churri, von denen sich laut dieser Theorie auch der Name Kurde ableitet. Das Siedlungsgebiet der Churriter stimmt fast exakt mit den Grenzen Kurdistans überein. Die Hurriter sprachen allerdings eine nicht-indoeuropäische Sprache.
  2. Abstammung von den Medern, (Kurmandsch hergeleitet von Kur/Kurd und Mandsch für "Meder"). Viele der Kurden sehen sich heute als Nachfahren der Meder. Dies hat sich auch dadurch verstärkt, dass das altmedische Wort Turd/Kurd "stark" bedeutet. Man findet diese Form im sogenannten Kurmanji, einem kurdischen Dialekt, wobei die medische Übersetzung "Starker Meder" wäre.
  3. Abstammung von den Skythen. Xenophon berichtet in der Anabasis (III,5,15) von einem Stamm der Karduchen. Allerdings bezweifeln die meisten Historiker und Archäologen, dass größere Teile der Skythen in dem späteren kurdischen Volk aufgegangen sind, denn die Heimat der Skythen war Kasachstan, Südrussland und die Ukraine.

Keine dieser Thesen konnte bislang wissenschaftlich bestätigt werden.

Der geographische Name "Kurdistan" taucht das erste mal in arabischen und seldschukischen Quellen auf.

Siedlungsgebiet

Das traditionelle Siedlungsgebiet der Kurden ist Kurdistan. Daneben gibt es noch andere größere Gebiete innerhalb der Staaten, die schon länger von Kurden bewohnt werden. In der Türkei ist es das Gebiet bei Ankara und Konya, das seit Generationen von Kurden bewohnt wird. Die meisten Kurden wurden nach Aufständen hierhin vertrieben. Nach den Kämpfen der türkischen Regierung gegen die PKK flüchteten viele Kurden nach Mersin, Adana und Istanbul, so dass diese Städte größere kurdische Gemeinden haben.

Im Iran leben etwa 1-1,5 Mio. Kurden in der Provinz Chorassan. Das Gebiet ist etwa 100.000 km² groß. Im Jahre 1388 kamen durch Vertreibungen durch Tamerlan viele Kurden hierher. 1587 und 1628 fanden Deportationen durch den Safawiden Schah Abbas I. statt. Durch ein Abkommen zwischen Osmanen und Safawiden werden 1590 etwa 10.000 alevitische Kurden aus dem Osmanischen Reich hierhin deportiert. Die meisten Kurden aus Chorassan sind Schiiten.

Bevölkerungsentwicklung

Wie weiter oben erwähnt leben mehr als 30 Mio. Kurden. Die Kurden der Türkei weisen gegenüber den Türken eine fast dreimal so hohe Wachstumsrate auf. In die Zukunkft projeziert würden dann mit diesen Raten im Jahr 2050 47,8 Mio. von 105,8 Mio. Kurden sein, was einen Anteil von 45% ausmacht. Für die Kurden ist Polygamie und Heirat zwischen Cousin`s selbstverständlichkeit. Das begründet auch die hohe Kindersterblichkeit in den östlichen Regionen. In den Staaten Irak, Iran und Syrien werden die Anteile gleich hoch bleiben, da Araber und Perser auch ähnlich hohe Wachstumsraten haben. Im Irak würden dann 24,5 % bei 53 Mio., im Iran 11,2 % bei 192,5 Mio. und in Syrien 11,6 % von 33,7 Mio. Kurden sein. Ingesamt würden damit auf der ganzen Welt etwa 87 Mio Kurden leben. Außer den arabischen Syrern sind die Kurden das am schnellsten wachsende Volk dieser Region.

Geschichte

Frühgeschichte/Altertum

Meder. Die blühendste Periode, nach kurdischer Sicht, war im 7. Jahrhundert vor Chr. im Meder-Reich.

Mittelalter

Im 7. Jahrhundert erobern die Armeen des Kalifen Omar die kurdischen Gebiete, so dass die Kurden zum Islam zwangsbekehrt worden sind. Zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert unter islamischer Herrschaft gründeten Kurden mehrere Dynastien, wie die der Marwaniden, der Rawendiden, der Hasanwayhiden, der Schaddadiden und der Ayyubiden. Die Marwandiden lebten im nördlichen und westlichen Kurdistan mit Wintersitz in Diyarbakir und Sommerresidenz in Farqin (Silvan), die Rawendiden in Aserbaidschan, das in der Zeit überwiegend kurdisch besiedelt war, mit der Hauptstadt Täbriz, die Hasanwayhiden im Osten Kurdistans, also nordöstlich von Kermanschah und die Schaddadiden außerhalb Kurdistans in Transkaukasien, auf dem Gebiet des heutigen Armeniens und Aserbaidschans. Im Jahre 1750 - 1789 herrschte sogar der Kurde Karim Khan Zand über den ganzen Iran. Diese Zand-Dynastie endete aber schon 1794.

Ayyubiden. Im 12. Jahrhundert gründete Saladin, der zu Rawendis Zweig des Hadabani Stammes gehörte, die Ayyubiden-Dynastie von Syrien. Dieses Reich erstreckte sich über Teile von Ost- und Westkurdistan, Chorassan, Ägypten und dem Jemen. Das Ayyubidische Reich war aber keines falls ein Kurdisches Reich, viele seiner Bewohner waren Araber und andere Völker. Es war ein islamisches Reich, denn die Bewohner bezeichneten sich als Muslime und nicht als Araber oder Kurden.

Osmanen. Ein großer Wendepunkt ist die Schlacht von 1514 bei Caldiran (nahe Van) zwischen Osmanen und Safawiden. Schah Ismail I. unterliegt Sultan Yavuz Selim I. Danach kommt fast ganz Ostanatolien unter osmanische Herrschaft. Auf seinem Zug in die Osttürkei bringt der Sultan bei Sivas an die 40.000 Aleviten um, welche türkische und kurdische Gruppen umfassen (wobei die ersteren überwiegen), um Kollaboration mit den Safawiden zu unterbinden. 1596 verfasst Serefhan, Fürst von Bitlis und Sohn von Idris Bitlisi, das Geschichtswerk Serefname (Prachtschrift) mit dem ersten vollständigen Überblick über die kurdische Geschichte. Unter anderem wird darin behauptet, dass das Fürstentum Bitlis von Malatya bis zum Urmiasee reichte. Die historische Korrektheit dieses Geschichtswerkes wird jedoch bezweifelt.

20. Jahrhundert

Bis zur Zeit des Ersten Weltkriegs wurde das kurdische Bewusstsein einerseits durch die Stammeszugehörigkeit geprägt, andererseits durch den sunnitischen Islam. Unter dem Einfluss europäischer Ideen entwickelten sie dann ein eigenes Nationalgefühl. Durch die alliierten Siegermächte wurde ihnen zunächst ein eigener kurdischer Staat (Kurdistan) in Aussicht gestellt. Jedoch wurde ihr Siedlungsgebiet auf die Territorien verschiedener Staaten aufgeteilt, wo man sie - mit wenigen politischen Rechten ausgestattet - als ethnische Minderheit anerkannte. In der Türkei werden sie als "Bergtürken" diffamiert, und der Gebrauch der kurdischen Sprache war bis vor kurzem verboten.

-Iran: In den dreißiger Jahren gab es immer wieder Aufstände, die durch Simko Aga angeführt wurden. Simko Aga wurde gefangen genommen und hingerichtet. Am 22. Januar 1946 wurde die Republik Mahabad gegründet. Bis zu islamischen Revolution herrschte Friedhofsruhe in den kurdischen Gebieten. Allerdings überwarfen sich die Kurden mit Chomeini, der ihnen keine Autonomie geben wollte. Daraufhin begann die Armee den Dschihad gegen die Kurden, die mit Bombardierungen der Städte und Dörfer vielen Zivilisten das Leben kostete.

-Irak: Zu einer begrenzten Selbstverwaltung und Beteiligung an der Regierung kam es im Irak 1970 bis 1974.Nach dem zweiten Golfkrieg 1991 verfügte die UNO im Irak eine Schutzzone nördlich des 36. Breitengrades. Im dritten Golfkrieg 2003 beteiligten sich kurdische Kräfte auf Seiten der USA an der Eroberung nordirakischer Städte. Seitdem genießen die irakischen Kurden einen besonderen Status als Verbündete der USA. Das Ziel der irakischen Kurden, mehr Autonomie und Einfluss zu bekommen, wird vor allem von der Türkei sehr missbilligt, da man einen entsprechenden Einfluss auf die Kurden in der Türkei befürchtet. Trotz Prosteste seitens der Türkei konnten die Kurden im Irak ihren Einfluss ausweiten und erreichten bei der Wahl am 30. Januar 2005 75 Sitze im Parlament und stellen mit Celal Talabani den ersten kurdischen Staatspräsidenten. Über die Angliederung von Gebieten an die kurdische autonome Region wird zäh verhandelt. Dabei ist Kerkuk der brisanteste Aspekt. Dort konnte eine Allianz der kurdischen Parteien die Mehrheit der Sitze im Stadtrat erringen. Die Wahlen in Kerkuk wurden von den meisten Turkmenen und Arabern boykottiert, da die Kurden angeblich viel mehr Rückkehrer in die Stadt liessen, als Saddam Hussein damals vertrieben haben soll.

-Syrien: Die Grenze zwischen Syrien und der Türkei wurde durch den Verlauf der Bagdadbahnlinie festgelegt. Dadurch gibt es in Syrien drei kurdische Enklaven, nämlich Cizire, Kurd-Dag und Ain-el-Arab. Diese Enklaven sind Hunderte Kilometer voneinander getrennt, was die Kommunikation unter den Kurden erschwert. Nach der Gründung Syriens unter französischem Protektorat konnten die Kurden ein Radio betreiben und Zeitschriften wie Hewar (Hilferuf) veröffentlichen. Viele wichtigen Kurden sind von der Türkei nach Syrien geflohen, wo sie ihre politischen Arbeiten fortsetzen. So hatte Xoybun ihren Sitz jahrelang in Damaskus. Nachdem Syrien 1945 ein souveräner Staat wurden die Rechte der Kurden schrittweise beschnitten. Schließlich wurden Kurden aus dem öffentlichen Dienst ausgeschlossen, verhaftet und die kurdischen Ortsnamen verändert. Nach dem ersten Krieg gegen Israel putschten die Offiziere und es folgten Jahre sozialer Unruhen. Am 23. August 1962 wurde in den kurdischen Gebieten eine außerordentliche Volkszählung durchgeführt. Dabei wurden 120.000 Kurden als Flüchtlinge deklariert und ihrer syrischen Staatsbürgerrechte beraubt. Heute haben immer noch 200.000 Kurden ihren Pass nicht zurück. Syrien begann vor kurzem diese Ausbürgerung teilweise rückgängig zu machen. Im März 1963 übernahm die Baath-Partei die Herrschaft und 1971 wurde Hafiz al-Assad Präsident. Er blieb es bis zu seinem Tod am 10. Juni 2000. Assad stoppte zwar die Diskriminierungen gegen die Kurden, aber unternahm nichts, um ihre Rechte wieder herzustellen Die rechtliche Lage der Kurden hat sich kaum gebessert. Assad gewährte der PKK nach dem Militärputsch in der Türkei von 1980 Zuflucht. In der Bekaa-Ebene im Libanon konnte die PKK ihre Leute ausbilden und bewaffnen. Der Sturz von Saddam Hussein und der Baath-Regierung mit Hilfe der Kurden im Irak polarisierte auch Syrien. Die Baath-Regierung unter Baschar al-Assad nutze ein Fußballspiel als Provokation und Gelegenheit, um hunderte Kurden zu verhaften und die Parteien der Kurden zu verbieten.

Politik

Bislang sind die Bemühungen um eine staatliche Souveränität auch daran gescheitert, dass die Kurden untereinander zerrissen sind. In einer feudalen Gesellschaft galt nämlich, dass das Recht des Herrn oder geistlichen Oberhauptes vor dem Recht des Volkes kam. Es fehlte das nationale Gefühl. Aber in den letzten hundert Jahren kam auch der Nationalismus nach Kurdistan, so dass die Kurden immer mehr zusammen rückten. Das machte sich auch dadurch bemerkbar, dass die Kurden vermehrt Parteien bildeten, die sich europäische Parteien zum Vorbild nahmen. In den frühen 20er Jahren wurde im Libanon die Organisation Xoybun gegründet, die unter anderem den Ararat-Aufstand anführte. Die bekanntesten Parteien sind KONGRA-GEL (ehemals PKK und KADEK), die Komala, die PDK, die PSK , die Ansar al Islam und die YNK. Die meisten dieser Organisationen verfolgten jahrelang ihre Ziele mit Terror. Dabei fanden in der Türkei mehr als 35.000 Zivilisten und Soldaten den Tod. In Syrien sind bekannte kurdische Parteien die Al Party, die kurdische Volksunion (Hevgirtin Gel) und die Yekiti (Partei der Einheit).

Die größten Aufstände im 20. Jahrhundert

Religion

Bei den Kurden sind verschiedene Religionen vertreten. Die Mehrheit(ca. 80%) der Bevölkerung sind Muslime sunnitischer Glaubensrichtung. Etwa 10% sind Schiiten. Daneben gibt es andere Glaubensrichtungen wie alevitischer, Jeziden, Yaseran, Christen, Juden, Kaka´i, Shabak, Sarli...etc. Manche gehen auf bestimmte Auslegungen des Koran bzw. Islam zurück (z.B. Sufi oder die Bajwan aus der Schia), andere haben einen ganz anderen Hintergrund (Christen, Juden etc..).

Kultur

Es gibt eine reiche Volksliteratur in kurdischer Sprache. Zu erwähnen wäre das Epos Mem u Zin, das 1695 von dem Dichter Ahmede Xanê geschrieben worden ist. Der aus Mardin stammende Dichter Cigerxwin (Sexmus Hasan), der von 1903 bis 1984 lebte, schrieb für Zeitschriften wie Hewar. Er studierte ausführlich den Marxismus-Leninismus und hinterließ acht Gedichtsammlungen. 1935 wird der erster Roman der Neuzeit in kurdischer Sprache “Schivane Kurd” von Ereb Schemo verfasst. Zeitgenössische Schriftsteller sind Helîm Yûsiv, Haydar Isik, Mehmet Uzun, Mahmut Baksi, Suzan Samanci, Yusuf Yesilöz, Sükrü Gülmüs, Rohat Alakom, Taha Hamid, Muhammed Hamo, Salim Barakat und Nezir Bulut.


Am 21. März wird das kurdische Neujahrsfest Newroz, in Anlehnung an das iranische Fest, begangen. Allerdings wurde das Newrozfest in der Türkei in den letzten Jahren vom Staat übernommen und türkisiert. Damit wollte man der PKK und den Kurden die Möglichkeit entziehen, dass Newrozfest als ein kurdisches Fest zu feiern. Es ist anzumerken, dass das Newrozfest auch von den Türken Zentralasiens gefeiert wird, dass aber die Türkei dieses Fest nicht als staatliches Fest feierte. Trotz der Bemühungen des Staates das Newrozfest als türkisches Fest zu proklamieren, feiern nur sehr wenige Türken das Fest.

Sprache

Für die Sprache siehe im Artikel unter kurdische Sprache

Berühmte Kurden

Ereignisse in Deutschland

  • Am 17. September 1992 werden die vier Mitglieder der Demokratischen Partei Kurdistans Dr. Sadegh Sharafkandi, Fattah Abdoli, Homayoun Ardalan und Nouri Dehkordi bei einem Attentat im Berliner Restaurant Mykonos (Charlottenburg-Wilmersdorf) von Geheimdiestangehörigen des Iran erschossen.
  • Jedes Jahr findet ein Kultur-Festival in Deutschland (meist in NRW) statt, welches von bis zu 150.000 Kurden aus ganz Europa besucht wird.

Literatur

  • Günter Kettermann: Atlas zur Geschichte des Islam, Darmstadt 2001
  • Klaus Kreiser, Werner Diem, Hans Georg Majer (Hgg.): Lexikon der Islamischen Welt, 3 Bände, Stuttgart u.a. 1974 (Urban-Taschenbücher 200).
  • Strohmeier, M./Yalçin-Heckmann, Lale: Die Kurden. C.H.Beck Verlag. München. 2. Auflage 2003. ISBN 3-406-42129-6
  • Fischer Weltgeschichte. Band 36. Fischer Taschenbuch Verlag. 2000. ISBN 3-8289-0400-9
  • Informationen zur politischen Bildung. Heft 277. Türkei. 4. Quartal 2002. ISBN 0046-9408

Das folgende Werk ist für eine wissenschaftliche Betrachtung des Themas "Kurden" unentbehrlich:

  • David McDowall: A Modern History of the Kurds. London (I.B. Tauris Publishers) 2000.