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Industrielle Revolution

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Unter Industrieller Revolution versteht man die industrielle Umgestaltung der Arbeits- und Sozialordnung im Europa des 19. Jahrhunderts. Der Begriff Industrielle Revolution wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts von Friedrich Engels und L. Blanqui geprägt.

Erscheinungsformen

Mit dem Übergang zur Dampfenergie als Grundlage der Energieerzeugung an Stelle von Wasser- und Windenergie sah Engels eine Periode tiefgreifender sozialer und technologischer Veränderungen eingeleitet. Im historischen Rückblick wird die Industrielle Revolution als "Revolution" daher oft mit der Neolithischen Revolution, dem Übergang zur Jungsteinzeit, verglichen, da diese eine vergleichbar drastische soziale Veränderung mit sich brachte. Neben einer grandiosen Entwicklung der Produktivität und der Wissenschaften, erhoben sich entsprechend schwere soziale Fragen – wie zum Beispiel Massenarmut und Massenarbeitslosigkeit.

Die Industrielle Revolution begann in England und verbreitete sich von dort im 19. Jahrhundert nach Europa und in die USA.

Während vorher alle mechanische Energie durch Wind- oder Wassermühlen, die Betakelung von Segelschiffen oder durch Einsatz von Muskelenergie von Tier (Zugvieh) bzw. Mensch (Schmelzöfen, Wasserbauten - vgl. die "hydraulischen Kulturen") erzeugt wurde, wurden durch Verbesserungen der Dampfmaschine von James Watt neue Möglichkeiten geschaffen. Mit der Umwandlung von Dampfkraft in mechanische Kraft wurde der Bau von Fabriken weit entfernt von Wasserläufen möglich. Handarbeit konnten mechanisiert werden; aus Manufakturen entwickelten sich Fabriken und damit eine neue Produktionsweise, die zuerst in der englischen Baumwollverarbeitung, dann in weiteren Industriezweigen Einzug hielt.

So beseitigte die Dampfmaschine beispielsweise die Abhängigkeit von witterungsbedingten saisonalen Schwankungen der Energiequellen. Wind- und wassergetriebene Mühlen oder Pumpen wurden durch Dampfgetriebe ersetzt.

Wichtige Bestandteile der Industriellen Revolution waren neben der Fortentwicklung der Dampfmaschine die Entwicklung maschinell betriebener Fahrzeuge wie der Dampflokomotive durch Trevithick, Hackworth, Blenkinsop und Stephenson und des Dampfschiffs durch Robert Fulton zu Beginn des Jahrhunderts.

Diese Erfindungen zeitigten große soziale Umwälzungen. Die Energiekapazitäten der kleinen Mühlen und Manufakturen vermochten nicht mit der Dampfenergie zu konkurrieren. Mit Lokomotiven und Dampfern konnten Waren über Land und Meer sehr schnell und innerhalb einer berechenbaren Zeit transportiert werden, da die Dampfaggregate gleichbleibende Energie lieferten. Allgemein ließ sich eine starke Entwicklung neuer Erfindungen feststellen, diese waren insbesondere bei der neuartigen Nutzung nicht-menschlicher Energie und im Textilgewerbe auszumachen.

Dabei wurden vorhandene Prinzipien der Herstellung durch neue ersetzt (Landes, Wohlstand, S. 205):

  • "menschliche Fertigkeit und Anstrengung durch die - ebenso schnell wie gleichmäßig, präzise und unermüdlich arbeitende - (Arbeits-Maschine)";
  • "belebter durch unbelebte Kraftquellen, insbesondere durch die Erfindung von (Kraft-)Maschinen, die Wärme in Arbeit umwandeln und damit eine nahezu unerschöpfliche Energie eröffnen";
  • "Verwendung neuer Rohmaterialien in größeren Mengen, vor allem die Ersetzung pflanzlicher und tierischer Substanzen durch anorganische und schließlich synthetisch hergestellte Materialien".

Gründe der industriellen Revolution

Bis heute gibt es keine definitive Erklärung dafür, wieso es überhaupt zur Industriellen Revolution kam. Es steht lediglich fest, dass eine Vielzahl an miteinander verstrickten Ursachen wohl der Ursprung waren – welcher in England lag. Erst im 19. Jahrhundert breitete sie sich über West- und Mitteleuropa und den USA aus. Gegen Ende dieses Jahrhunderts wurden auch Russland und Japan erfasst. Manche Länder der „Dritten“ und „Vierten“ Welt durchschreiten erst heute (gegen Ende des 20. Jahrhunderts – Beginn des 21. Jahrhunderts) diesen Prozess. Die Ursachen der industriellen Revolution werden in den durch die Aufklärung bewirkten sozialen Veränderungen gesehen sowie der kolonialen Expansion des 17. Jahrhunderts.

Gründe für den Beginn der Industriellen Revolution in Europa

Warum trat die Industrielle Revolution gerade in Europa und nicht z.B. in dem technologisch weiter entwickelten China auf? Warum dann nicht schon in der Spätantike, in der Zeit der Diadochenreiche, im Bereich des östlichen Mittelmeers?
Benjamin Elman argumentiert, dass sich China in einer Gleichgewichtssituation auf hohem Niveau befand, in der die nichtindustriellen Methoden leistungsfähig genug waren, den Einzug von industriellen Methoden mit hohen Hauptkosten zu verhindern.

Anders argumentiert Kenneth Pommeranz, dass Europa und China 1700 schon bemerkenswert ähnlich waren, aber dass die entscheidende Ursache für die industrielle Revolution in Europa in den nahe der Industriegebiete gelegenen Kohle- und Rohstoffvorräten zu suchen sei. Zudem erweiterten Importe von Kolonialwaren u.a. Europas industrielle Möglichkeiten in einem für China nicht vorstellbarem Maß.

Wolfgang König von der Technischen Universität Berlin behauptet, dass die vielen einzelnen Staaten in Europa zu einem gegenseitigen Wettbewerb führten und somit den technischen Fortschritt voran trieben. China war dagegen ein zentral regiertes Riesenreich. Dieser Sachverhalt gilt als eine von mehreren Ursachen.

Im Gegensatz zu Europa verfolgte China lange Zeit eine Politik der Isolation. Ziel war es, das eigene Land vor Barbaren zu schützen.

Besonders günstige Voraussetzungen für den Beginn der Industrielle Revolution in England:

Triebkräfte für die Industrielle Revolution in England

England ist im 18. und 19. Jahrhundert die größte Kolonialmacht und kann kostengünstig Baumwolle aus Amerika importieren. Die Industrielle Revolution beginnt in England mit Textilindustrie. Als erste Antriebskraft für die Industrialisierung muss man allerdings die Bevölkerungsexplosion ab Mitte des 18. Jahrhunderts bis spät ins 19. Jahrhundert betrachten. Bessere medizinische Praktiken und Erkenntnisse sowie Ausbleiben von Hungersnöten sind Hauptgrund dafür. == Erst reichte die noch alte Landwirtschaft nicht aus, um die extrem steigende Bevölkerung zu ernähren, da diese erst noch auf der Dreifelderwirtschaft basierte. Folglich musste eine Agrarrevolution für mehr Nahrung sorgen. Die Dreifelderwirtschaft wurde durch die viel produktivere Fruchtwechselwirtschaft ersetzt.

Unternehmer begannen, sich mit der Agrarwirtschaft zu beschäftigen. Die vorher überwiegenden Bauern fingen an, in die Städte abzuwandern und dort Arbeit zu suchen. Diesen Vorgang nennt man Urbanisierung. Den Gesamtprozess der Agrarrevolution nennt man Enclosure Movement, was auch eine Modernisierung der Landwirtschaft bedeutet. (Intensivierung, Ertragssteigerung).

Parallel dazu ist der Wirtschaftsliberalismus eine wichtige Triebkraft. Der Wirtschaftsliberalismus wurde durch Adam Smith begründet und behandelt die Gewinnerzielung und den Wohlstand der Nation. Themen wie Investition und Rentabilität wurden wichtig für die Menschen und eine Unternehmerklasse bildete sich heraus. Durch die parallele Anhäufung von Arbeitskräften, verstärkte Nachfrage und der neuen Mentalität war die Anhäufung von Kapital (Akkumulation) möglich.

Der Wirtschaftsliberalismus führte auch zu einer Abwendung vom alten, Handel behindernden Merkantilismus. "Das freie Spiel der Kräfte" wurde zur erfolgreichen Wirtschaftstheorie. Der Staat zog sich aus der Wirtschaft zurück und freier Handel ohne teure Zölle war möglich.

Durch diese Einleitung der Industriellen Revolution kamen auch Erfinder auf immer neue Ideen. So erfand James Watt 1769 die Dampfmaschine. Sofort erkannten die Unternehmer die Effektivität dieser Dampfmaschine. Die Einführung der Dampfmaschine führte zu einer noch stärkeren Intensivierung der Industrie. So wurde z.B. die Textilindustrie von den vorher heimischen Kleinproduktionsstätten in große Fabriken umgelagert, wo dampfbetriebene Webstühle schnell und produktiv Stoffe herstellten. Die Textilindustrie ist in England am wichtigsten gewesen, deswegen bezeichnet man sie in diesem Falle als "Schrittmacherindustrie".

Folglich war eine höhere Nachfrage an Brennstoffen, was den Kohleabbau hervorbrachte, der natürlich auch durch weitere Erfindungen effektivisiert wurde. So wurde aus der Dampfmaschine die Eisenbahn erfunden. All das erzeugte eine hohe Nachfrage an Rohstoffen und Arbeitskräften.

Nacheinander baute jeder Industriezweig aufeinander auf und die Wirtschaft begann "sich selbst zu unterhalten".

Bevölkerungswachstum und Arbeitskräfteüberschuss

Während im 18. Jahrhundert die Sterberate etwa so hoch war wie die Geburtenrate, erhöhte sich die Zahl der Bevölkerung ggf. vor, jedenfalls während der industriellen Revolution explosionsartig. Handel und Handwerk wuchsen nicht mit (in Deutschland ergab sich das sog. Handwerksburschenelend, allgemein der "Pauperismus"), in den rasch wachsenden Städten entstanden neuartige Slums.

Gründe dafür waren:

  • die Fortschritte in der Medizin und besseren hygienischen Standards (=> Rückgang der Kindersterblichkeit)
  • der Rückgang der Epidemien,
  • die bessere Nahrungsversorgung (Umstellung auf Fruchtwechselwirtschaft),

Die Agrarrevolution

Schon in der frühen Neuzeit vergrößerten sich in England Großgrundbesitzer auf Kosten der Kleinbauern. Es wurden dazu die weit verstreuten Anbauflächen zusammengelegt und die Allmende (die gemeinsame Nutzfläche an Weide und Wald) aufgeteilt und, als Zeichen der Privatisierung, auch eingezäunt (besonders im 18. Jahrhundert wurden diese Einhegungen immer häufiger). Die Folge war, dass die Bauern immer weniger Holz und Weidefläche für ihr Vieh hatten. Die meisten verkauften nun ihren bescheiden Besitz, ließen sich bei den Großgrundbesitzern als Landarbeiter anstellen oder wanderten in die Städte ab, um als Lohnarbeiter eine neue Beschäftigung zu finden. Ebenso war der zunehmende Einsatz von Maschinen ein Grund für die Arbeitslosigkeit und Abwanderung der Bauern. In den so vergrößerten Besitzungen wurde auch die landwirtschaftliche Produktion durch Einsatz verschiedener neuer Technologien gesteigert.

  • Fruchtwechselwirtschaft anstatt der Dreifelderwirtschaft
  • Verschiedene natürliche Düngemittel (Stalldung, Knochenmehl, Kohlenasche, städtischer Abfall, Sand) erhöhten die Erträge beträchtlich
  • Ausländische Rinder wurden importiert, um durch Kreuzungen möglichst fleischreiche Tiere züchten zu können.
  • Landwirtschaftliche Geräte (Dresch- und Sämaschinen) wurden ständig weiterentwickelt, 1785 wurde der erste gusseiserne Pflug patentiert

Um 1800 waren noch etwa 75% aller Arbeitskräfte in der Landwirtschaft tätig. Die ständigen Neuerungen machten es möglich, auch die rasch zunehmende Stadtbevölkerung ausreichend mit Lebensmitteln zu versorgen. So wuchs der Markt, obwohl die Masse der Bevölkerung weiter in bitterer Armut lebte.

Der Calvinismus

Der Calvinismus war vor allem in England weit verbreitet. Sparsamkeit, Fleiß und jeglichen Luxus verbietende Askese waren die Leitmotive jener, die den wirtschaftlichen Liberalismus gegen jeden Versuch der staatlichen Bevormundung durchsetzten. Max Weber, deutscher Soziologe, interpretierte die calvinistische Ethik so:

  • „[…] Verwerflich ist nämlich das Ausruhen auf dem Besitz, der Genuss des Reichtums mit seiner Konsequenz von Müßigkeit […]“
  • „Zeitvergeudung ist […] die schwerste aller Sünden“
  • „Wer nicht arbeitet, soll nicht essen“

Weber vertritt die calvinistische Wirtschaftsethik:

  • Faulheit ist die größte Sünde
  • man soll sich nicht auf dem erwirtschafteten Kapital ausruhen – man muss es vermehren
  • Reichtum ist nichts verwerfliches

Es gibt/gab aber auch Gegner der Calvinismusthese – zum Beispiel der englische Philosoph Bertrand Russell:

  • „[…] in der heutigen Welt [gibt es] sehr viel Unheil […] aus dem Glauben an den überragenden Wert der Arbeit an sich.“
  • „[…] Klasse der Müßigen genoss Vorteile, die auf sozialer Ungerechtigkeit beruhten“
  • „Wenn […] niemand mehr gezwungen wäre, mehr als vier Stunden täglich zu arbeiten, würde jeder Wissbegierige seinen wissenschaftlichen Neigungen nachgehen können […]“

Russel spricht sich gegen die calvinistische Wirtschaftsauffassung aus:

  • viele Menschen würden zum Arbeiten gezwungen werden
  • zu viel Arbeit wäre ein Hemmstein für die Wissenschaften

Triebkräfte für die Industrielle Revolution in Deutschland

Von einem Deutschland als geeinigten Staat kann erst ab 1871 mit Gründung des Deutschen Reiches eine Rede sein. Durch den Deutschen Zollverein von 1834 wird in Deutschland erstmals eine spezielle Grundlage für die Industrielle Revolution geschaffen. Durch den Zollverein wurde eine einheitliche Wirtschaft politisch möglich, da es nun im Deutschen Bund keine Binnenzölle mehr gab. Im Geld und Bankenwesen gab es ebenfalls Veränderungen. Industrie und Wirtschaftsbanken entstanden, deren Hauptaufgabe bestand darin Kredite für industrielle Vorhaben zu beschaffen. In dieser Zeit entwickelte sich Frankfurt am Main zum deutschen Finanzzentrum. Mit der Verbesserung des Schulwesens, deren Vorläufer die preußische Bildungsreform von Humboldt war, entstanden ab 1825 aus Technischen Schulen die Hochschulen (z.B. München und Dresden). Auch auf die Verbindung von Theorie und Praxis wurde mit der Entwicklung von Fachschulen wert gelegt. Durch die Verbesserungen im Schulwesen gab es mehr qualifizierte Arbeiter. Durch die Veränderung und Neuentwicklung von Produktionstechniken konnte eine Erhöhung der Textilproduktion, die Steigerung des Kohleabbaus und eine Verbesserung des Verkehrswesens erreicht werden. Der größte Schritt wird mit dem Übergang vom Merkantilismus zum Wirtschaftsliberalismus gemacht, welcher ab 1860 in ganz Deutschland durchgesetzt wurde.

Der Wirtschaftsliberalismus

Änderungen im Bürgertum und Adel

Schon im 17. Jahrhundert lockerte sich das ständige Gesellschaftssystem in England: Kleinadel und besitzendes Bürgertum waren durch Heiraten miteinander verbunden – die entstandenen Eigentümer von Kapital und Großgrundbesitzen waren auch in der Politik – vor allem im Parlament, welche seit der Glorreichen Revolution entscheidend bei der Gesetzesgebung mitwirkte – bestimmend. Die Folge war, dass das Bürgertum und der Adel ihre persönlichen und politischen Freiheiten auch auf das Wirtschaftleben übertrugen. Es gab keine Wirtschaftsmonopole, keine wettbewerbsschädigenden Zunftschranken => der Staat überließ die Wirtschaft zunehmend dem Individuum. Der Grund besitzende Hochadel investierte ohne Standesdünkel sein Kapital ebenso in Produktion, Handel und Gewerbe wie die Unternehmer aus dem Groß- und Kleinbürgertum oder aus dem Bauernstand. In Kontinentaleuropa hingegen herrschte nach wie vor der Absolutismus und der Merkantilismus (Wirtschaft war dem Staatsinteresse völlig untergeordnet).

Adam Smith – von der freien Wirtschaft

Der schottische Nationalökonom, der die liberale Wirtschaftsauffassung vertrat, forderte einen freien Markt und einen freien Wettbewerb (Konkurrenzprinzip), denn seiner Ansicht nach würde sich eine freie Wirtschaft (nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage) selbst regulieren – ähnlich der Natur. Eingriffe seitens des Staates würden die Initiative der Unternehmer und damit auch die Produktion, den Handel und den Wohlstand des Landes gefährden. Denn er vertrat die Meinung, dass wenn Kapitalisten ihre eigenen Ziele (Eigeninteresse) verfolgten sich auch das Allgemeinwohl steigere. (Adam Smith, Untersuchungen über Natur und Ursprung des Volkswohlstandes)

Kapitalanhäufungen, Wirtschaftswachstum

Smith unterteilte die Gesellschaft in verschiedene ökonomische Klassen. Er unterschied dabei zwischen Produzenten und Verbraucher. Für Smith ist Arbeit nur produktiv, wenn das Endprodukt etwas „Greifbares“ ist – Dienstleistungen und Grundbesitz zählten also nicht dazu. Für ihn war ebenso die Vermehrung des Wohlstandes im sparsamen Umgang der Unternehmer (Kapitalist), der seine finanziellen Mittel möglichst Gewinn bringend investierte, begründet. Denn der jährliche Ertrag aus Land und Arbeit konnte, seiner Meinung nach, nur durch die Zahl der Arbeitskräfte oder Produktivkraft der Arbeitenden erhöht werden – und für beide Fälle ist Kapital von Nöten (Einsatz von Maschinen, Arbeitsteilung,…)(Adam Smith, Der Reichtum der Nationen).

Verlaufsformen der industriellen Revolution

Kapitalzufluss

Die neuen Industrieanlagen verlangten Kapital welches von verschiedenen Seiten kam: Adelige investierten ihr Kapital aus Grundpacht und Landwirtschaft; Großkaufleute ihr Vermögen aus dem (Kolonial-)Handel; Handwerker ihren Produktionsgewinn. Es wurden außerdem Kapitalgesellschaften gegründet: Unternehmungswillige Freunde und Familien legten ihr Erspartes zusammen um in zukunftsträchtige Betriebe, risikoreiche Unternehmen oder in Spekulationsgeschäfte zu investieren. Nordenglische Grubenbesitzer verbanden sich mit Londoner Kohlenhändler; Brauereibesitzer mit Malzlieferanten und Erfinder mit Kapitalgebern. Es wurden auch kleine Fabriken gegründet: zum Beispiel zwischen Maschinenbauer und Spinner. Denn im 18. Jahrhundert war der Kapitalbedarf noch relativ gering, sodass auch einzelne Arbeiter oder kleine Angestellte mit eigenem und geborgtem Geld den sozialen Aufstieg zum Unternehmer schaffen. Jede technische Erfindung wurde genutzt und verbessert, die Arbeitsteilung vorangetrieben und die Betriebe vergrößert. Zudem nahm die Pro-Kopf-Erzeugung in der englischen Industrie stetig zu. Auch der Absatz der Massengüter war gesichert: In England, in den Kolonien und in Kontinentaleuropa (wo englische Produkte bis in das 19. Jahrhundert den Markt beherrschten).

Hochkapitalismus und Weltwirtschaft

Diese Wirtschaftsform des industriellen Kapitalismus hatte die ständige Steigerung des Kapitals und möglichst hohe Gewinne zum Ziel. Voraussetzungen dafür waren:

  • gut ausgebaute Verkehrswege (vor allem zwischen Rohstoffbasen, Produktionsstätten und Verbrauchermärkten)
  • Abbau
  • Erhöhung der Schutzzölle (Schutz vor ausländischen Waren),
  • Ausbau der Monopole und
  • Errichtungen von autarken Wirtschaftseinheiten mit Hilfe der Kolonien

Zunahme der Erfindungen

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Zahl der gültigen Patente 1750-1850 in England:

Datei:Gb patentverteilung industrialisierung.gif

Patente nach Industriesektoren (England 1750-1851, Top 10)

Die „Spinning Jenny“ und der mechanische Webstuhl

Im 18. Jahrhundert waren zwei Kleidergarnituren ein Luxus => das bot den Textilproduzenten die Möglichkeit zur Absatzsteigerung bei preiswerteren Produkten. 1760 wurden in England 2,5 Millionen Pfund Baumwolle verarbeitet; 1860 waren es 366 Millionen Pfund => eine Steigerung um das 146-fache. Bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts wurde der größte Teil der aus den Kolonien importierten Baumwolle in Heimarbeit verarbeitet: die ganze Familie war beschäftigt. Doch die Weber konnten mehr Garn verarbeiten als vier Spinner(innen) in der selben Zeit händisch produzieren konnten. Die Nachfrage an Garn führte dazu, dass der Preis enorm anstieg und sogar Preise für Erfindungen ausgesetzt wurden, die Garnproduktion und Qualität steigern konnten.

James Hargreaves entwickelte 1764 eine Spinnmaschine, die nach seiner Tochter „Spinning Jenny“ genannt wurde. Welche dann auch schon mit Wasserkraft betrieben wurden. Durch diese Kombination konnte der Techniker Samuel Crompton 1779 noch viel feineres Garn herstellen. Die Produktion wurde nochmals enorm gesteigert als die Dampfmaschine die Wasserkraft ablöste. Das Ergebnis war, dass ein Spinner zu Beginn des 19. Jahrhunderts soviel Garn erzeugen konnte, wie 200 vor der Erfindung der „Jenny“. Das bedeutete aber gleichzeitig das Ende der Heimindustrie – sie konnte nicht mehr mit den größeren, dampfbetriebenen Maschinen Schritt halten. Anfang des 19. Jahrhunderts arbeiten etwa 100.000 in den entstandenen Spinnfabriken. Der Preis des Garns sank enorm. Ergebnis: Die billig gewordenen Baumwolltextilien ließen Absatz in England steigen und machten 1830 mehr als die Hälfte des Exports Englands aus.

Die Weberei blieb der Modernisierung in der Spinnerei lange zurück – bis der Londoner Pfarrer Edmund Cartwright 1784 den mechanischen Webstuhl erfand, aber er benötigte etwa 50 Jahre, bis er sich endgültig durchsetzen konnte. Der Grund war, dass gut 250.000 Handweber erbitterten und brutalen Widerstand leisteten und sogar Fabriken niederbrannten, aus Angst um ihren Berufsstand und der Modernisierung. Der Aufstand blieb aber erfolglos, denn die Idee der unbeschränkt freien Wirtschaft hatte sich durchgesetzt.

Die Dampfmaschine – James Watt

Vor der Industrialisierung waren die Menschen beim Produzieren auf die eigene Kraft und auf die von Wasser, Wind und Tieren angewiesen. Es gab aber schon Menschen, die sich mit dem Bau von Kraftmaschinen beschäftigten – es fehlte aber oft an technischen Möglichkeiten um ihre Ideen (welche in erster Linie praktischen Bedürfnissen entsprangen) in der Praxis umzusetzen. Sie wurden kaum wissenschaftlich-experimentell erprobt und weiterentwickelt.

Erst James Watt verband Wissenschaft und Praxis: Als Mechaniker an der Universität Glasgow sollte der gelernte Uhrmacher ein kleines Modell der Newcomenmaschine reparieren und wurde dabei auf die Schwächen dieser Dampfmaschine aufmerksam. Von da an testete er in jahrelangen Versuchsreihen die Eigenschaften des Dampfes und die Verwendbarkeit verschiedener Metalle. Trotzdem lag zwischen seiner neuen Dampfmaschine als Modell (1765) und einer kaufmännsich verwertbaren, wesentlich leistungsfähigeren Arbeitsmaschine mehr als ein Jahrzehnt. Watt wollte schon aufgrund seiner Schulden aufgeben und des Bankrotts seines ersten Financiers, doch sein zweiter, der Fabrikant Matthew Boulton, war von seinem Erfolg überzeugt.

Diese Dampfmaschine wurde innerhalb kurzer Zeit zur wichtigsten Arbeitsmaschine in den verschiedensten Bereichen (Pumpen, Hämmer, Gebläse und Walzen wurden dadurch angetrieben). Ein Grund, wieso Boulton soviel Geld in dieses Projekt steckte war wohl der, dass Watt seine Erfindung hat patentieren lassen – somit war jegliche Konkurrenz ausgeschaltet. Mit dem königlichen Patent durfte man schon seit dem 17. Jahrhundert Erfindungen auf begrenzte Zeit alleine nutzen. Das Patent wurde sogar vom Parlament verlängert.

Dies verweist auf eine weitere Ursache der Industriellen Revolution: einen funktionierenden Rechtsstaat mit ausgebildetem Handels- und Patentrecht.

Kohleabbau und Schwerindustrie

Seit dem 16. Jahrhundert wurde in England Kohle für den Hausbrand und herkömmliche Industrie verwendet. Um 1800 nahm der Bedarf noch zu, als Holzkohle durch das Roden der Wälder knapper und teurer wurde. Anfangs wurde nur im Tagbau abgebaut – aufgrund der fehlenden Pumpen für den Untertagbau (Wasserpumpen für das Schmutzwasser). Seit der Dampfmaschine (als Antrieb für Wasserpumpen) konnte Kohle aus immer größeren Tiefen abgebaut werden. Sie wurde auch zum Befördern von Menschen und Material in den Schächten genutzt., Sie wurde auch als Zugmaschine für beladene Karren auf Holz-, später dann Eisenschienen eingesetzt (gegen Ende des 18. Jahrhunderts).

Für die Eisenerzeugung wurde (bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts) Holzkohle verwendet – obwohl Abraham Darby schon 1709 aus Steinkohle Koks herstellte und damit Eisen zum Schmelzen brachte. Erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts konnte gutes Eisen billig und in großen Mengen erzeugt werden, welche anfänglich vor allem als Kriegsgerät verarbeitet werden sollten. Es wurden aber auch auf Gegenstände des Hausgebrauchs und für die Industrie hergestellt. Trotzdem brauchte man mehrere Tage um 10 Tonnen Stahl zu erzeugen. Henry Bessemer erfand 1855 die effizientere „Bessemerbirne“. Aber schon zuvor hatte Eisen Holz und Stein als Werkstoff abgeloest (kleine Gebäude, Brücken, Schiffe und aus Blei). h

Verkehrsmittel

Dampfschifffahrt und Eisenbau nahmen einen stürmischen Aufschwung und ersetzten nach und nach die von Pferden gezogenen Kutschen.

Die Städte wuchsen und wuchsen Das Bevölkerungswachstum wurde durch die industrielle Revolution noch zusätzlich zu der raschen Zunahme der Bevölkerung des 18. Jahrhunderts beschleunigt. Gründe waren neben Fortschritte in der Medizin und Hygiene, bessere Nahrungsmittelversorgung, Bauernbefreiung und Gewerbefreiheit (freie Wahl von Wohnsitz und Beruf, keine Erlaubnis um Heiraten zu dürfen). Viele Bauern verkauften ihr kleines, oft unrentables Stück Boden. Die vorwiegend ländlichen Heimarbeiten konnten mit der wachsenden und billigeren Konkurrenz der Fabrikerzeugnissen ebenso nicht mehr mithalten. => Hunger und wachsende Armut trieb ländliche Bevölkerung in die (neu gegründeten und) schnell wachsenden Industriestädte (Landflucht). Millionen von Menschen wanderten auch in die USA (generell nach „Übersee“) aus, weil sie keine Zukunft in den Städten sahen.

Der Übergang zur Industrialisierung verlief durchaus widersprüchlich, so kam es in England zur Erhebung der Maschinenstürmer ("Ludditen"). Arbeiter sahen ihren Lebensunterhalt bedroht und protestierten gegen diese Entwicklung teilweise mit Gewalt und Sabotage von Fabriken.

Die Industrialisierung führte zur Entstehung moderner Fabriken und bewirkte durch die Landflucht der Arbeiter das Wachstum großer Städte.

Die industrielle Reservearmee

Durch das Überangebot an Arbeitskräften (die „industrielle Reservearmee“) konnten Unternehmer die Löhne bis unter das Existenzminimum drücken. Der Grund der Unternehmer war auch die große Konkurrenz, der Preiskampf und Investition in technische Erneuerungen. Arbeiter die murrten oder arbeitsunfähig waren, wurden sofort durch andere ersetzt, die oft schon vor den Fabrikstore um Arbeit bettelten. In englischen Industriestädten betrug die durchschnittliche Arbeitsfähigkeit etwa 15 Jahre. In Manchester lag die durchschnittliche Lebenserwartung gar nur bei 18 Jahren.

Es herrschte ebenso strenge Arbeitsdisziplin – zum Beispiel wurde Lohn um einen halben Tageslohn gekürzt bei zehnminütigem Zuspätkommens. Ebenso musste bei fehlerhafter Ware Strafe gezahlt werden. Es gab auch keine Altersversorgung, Unfallversicherung, Schutz gegen Willkür der Unternehmer. Die staatliche Obrigkeit griff in die „freie Wirtschaft“ sozialpolitisch nicht ein – und wenn, dann kamen Polizei und Militär nur dann zum Einsatz, wenn es Arbeiterunruhen und Hungerdemonstrationen niederzuschlagen galt.

Die Arbeitsbedingungen waren schwer: Verlängerung der täglichen Arbeitszeit (bis zu 18 Stunden), keine Sonntagsruhe, katastrophale hygienische Zustände, unzureichende oder fehlende Sicherheitsvorkehrungen (Transmissionsbänder der Dampfmaschinen waren eine große Gefahrenquelle).

Schuld an diesem Elend waren aus der Sicht der Arbeiter die neuen Maschinen, die vor allem in der Textilindustrie hunderttausende Arbeiter arbeitslos machten. Deshalb kam es in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu Aufständen, die von der Obrigkeit brutal niedergeschlagen worden sind. Die Folgen waren Tote, Verletzte und Inhaftierte und Hinrichtungen der Anführer.

Auch Frauen müssen in die Fabrik

Die Arbeiter verdienten oftmals zu wenig um ihre Familie zu ernähren – es mussten auch Frauen und Kinder Lohnarbeiten annehmen. Vor allem in kinderreichen Familien war dies notwendig. Doch als Mutter von kleinen Kindern konnten Frauen nur schlecht bezahlte Heimarbeiten annehmen. Doch auch in Fabriken (Frauen arbeiteten überwiegend in der Textilindustrie) lag der Lohn weit unter dem der Männer, die die Frauen noch als zusätzliche Billigkonkurrentinnen am Arbeitsplatz ansahen. Viele Arbeiter wollten ihre Frauen auch viel lieber zu Hause haben. Auch viele Frauen waren dieser Ansicht, dennoch setzte sich in der proletarischen Frauenbewegung gegen Ende des 19. Jahrhunderts eine andere Auffassung durch. (Vgl. Clara Zetkin, Für die Befreiung der Frau.)

Die Wohnungssituation

Durch das Wachstum der Städte wuchs auch die Wohnungsnot. Es wurden in der Nähe der Fabriken oft Holzbaracken errichtet, in denen Arbeiter eng zusammengepfercht Unterschlupf fanden – sie mussten froh sein, überhaupt ein Dach über dem Kopf zu haben – egal ob in alten, verfallenen Gebäuden.

Lösungsversuche zur Verbesserung der Lage der Industriearbeiter

Eine Arbeiterbewegung bildet sich heraus, mit den Zielen einer Teilnahme an der Gesetzgebung, soziale Verbesserungen und höhere Bildungschancen und gründet eigene politische Parteien (kommunistische Parteien; SPD; Labour, SPÖ).

Siehe auch

Industrialisierung, Revolution; Urbanisierung, Kapitalismus; Automatisierung, Technischer Fortschritt

Literatur

  • David Landes: Wohlstand und Armut der Nationen. Warum die einen reich und die anderen arm sind, Berlin (Siedler Verlag) 1999 - ISBN 3-88680-525-5
  • Scheucher-Wald-Lein-Staudinger: „Zeitbilder – Geschichte und Sozialkunde“, Schulbuch – ISBN 3-215-10078-9