Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft


Der Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag; kurz: EG oder EGV) ist neben dem EAG-Vertrag einer der Römischen Verträge. Ursprünglich hieß er Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG-Vertrag); durch den Maastrichter Vertrag über die Europäische Union wurde er umbenannt und durch den Vertrag von Amsterdam neu nummeriert. Durch den EG-Vertrag wurde die Europäische Gemeinschaft gegründet. Er gehört zu den primären Rechtsquellen innerhalb des Europarechts. Mit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon wird die Europäische Gemeinschaft mit der bisherigen Europäischen Union zusammengelegt; sie bestehen als ein alleiniges Rechtssubjekt unter dem Namen "Europäische Union" fort. Die Vorschriften des EG-Vertrags finden sich größtenteils im zweiten Teil des Vertrags von Lissabon, dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, wieder.
Der Vertrag wurde ursprünglich von Vertretern Belgiens, Westdeutschlands, Frankreichs, Italiens, Luxemburgs und den Niederlanden am 25. März 1957 in Rom, nachdem die Vertragsinhalte auf den Bilderberg-Konferenzen im Vorfeld erarbeitet wurden, unterzeichnet und trat zu Beginn des Jahres 1958 nach Hinterlegung der letzten Ratifizierungsurkunde (gemäß Art. 313 bei der Regierung der Italienischen Republik) in Kraft. Er gilt für unbegrenzte Zeit.
Den EG-Vertrag und mit ihm den ebenfalls 1957 unterzeichneten Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (EURATOM) bezeichnet man als die Römischen Verträge.
Später sind folgende Staaten dem Vertrag beigetreten:
- Königreich Dänemark
- Griechische Republik
- Königreich Spanien
- Republik Irland
- Republik Österreich
- Portugiesische Republik
- Republik Finnland
- Königreich Schweden
- Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Nordirland
Der EG-Vertrag stellt die Fortsetzung des Bestrebens der Zusammenarbeit in Europa auf bestimmten Teilgebieten nach dem Zweiten Weltkrieg und nach Gründung der Montanunion dar. Vorausgegangen waren Versuche, eine Verteidigungsgemeinschaft zu gründen (EVG-Vertrag), die jedoch scheiterten, weil die französische Nationalversammlung (Parlament) sich mit 319 zu 264 Stimmen dagegen aussprach, über den beabsichtigten Vertrag abzustimmen. Es folgte die Erkenntnis, dass die europäische Integration auf wirtschaftlichem Gebiet zunächst leichter voranzutreiben wäre.
Die wesentlichen Bestimmungen des Vertrags zur Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS, Montanunion) wurden nach dessen Auslaufen im Jahre 2002 in den EG-Vertrag überführt.
Die übliche Abkürzung ist EGV, bei der Zitierung von einzelnen Artikeln wünscht der Europäische Gerichtshof jedoch die Verwendung des Kürzels EG, wenn nach der heutigen Nummerierung zitiert wird (EGV bei alter Nummerierung), also z. B. „Art. 81 EG“ (früher „Art. 85 EGV“). Diese Abkürzung hat sich deswegen auch in vielen Fachzeitschriften durchgesetzt, aber andererseits selbst in den EU-Organen nicht überall. Wenn keine Einzelbestimmung zitiert wird, muss es aber jedenfalls EGV heißen, weil EG die Abkürzung für „Europäische Gemeinschaft(en)“ ist.
Der EG-Vertrag ist ein völkerrechtliches Übereinkommen und wird im Europarecht als „Primärrecht“ bezeichnet. Es hat supranationalen Normcharakter und genießt daher Vorrang vor nationalrechtlichen Vorschriften. Mit der „Solange II-Entscheidung“ des Bundesverfassungsgerichts wurde diese Konstruktion auch verfassungsrechtlich anerkannt.
Das Jahr der Unterzeichnung des EG-Vertrages gilt als offizielle Geburtsstunde der EU. Demzufolge wurde im Jahr 2007 deren 50. Geburtstag gefeiert.
Unterz. In Kraft Vertrag |
1948 1948 Brüsseler Pakt |
1951 1952 Paris |
1954 1955 Pariser Verträge |
1957 1958 Rom |
1965 1967 Fusions- vertrag |
1986 1987 Einheitliche Europäische Akte |
1992 1993 Maastricht |
1997 1999 Amsterdam |
2001 2003 Nizza |
2007 2009 Lissabon |
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Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) | Vertrag 2002 ausgelaufen | Europäische Union (EU) | |||||||||||||||||||
Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) | Europäische Gemeinschaft (EG) | ||||||||||||||||||||
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Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (PJZS) | ← | ||||||||||||||||||||
Europäische Politische Zusammenarbeit (EPZ) | → | Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) | ← | ||||||||||||||||||
Westunion (WU) | Westeuropäische Union (WEU) | ||||||||||||||||||||
aufgelöst zum 1. Juli 2011 | |||||||||||||||||||||
Weblinks
- Geschichte der Römischen Verträge European Navigator
- Text des Vertrages (konsolidierte Fassung)
- Fassung des EGV vor Amsterdam
- Seite der EU mit den Verträgen
- europa-digital.de: Dossier: Die europäischen Verträge