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Lineartaktik

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Datei:Angriff der preussischen Infanterie, Hohenfriedeberg.jpg
Angriff der preußischen Infanterie in der Schlacht bei Hohenfriedeberg (nach einem Historiengemälde von Carl Röchling)

Als Linientaktik (auch: Lineartaktik) bezeichnet man eine für das 18. Jahrhundert typische Schlachtordnung, bei der die Infanterie in langgezogenen dünnen Linien aufgestellt wurde.

Entstehung der Linientaktik

Die Linientaktik entstand aus den Veränderungen der Waffentechnik gegen Mitte des 17. Jahrhunderts. Das Steinschlossgewehr sowie die Verwendung von Papierpatronen erhöhten die Feuerwirksamkeit der Infanterie beträchtlich. Die Einführung des Bajonetts machte zudem die Pike überflüssig. Dies führte zum zahlenmäßigen Rückgang der Pikeniere, während die Zahl der Musketiere ständig anstieg. Da die Genauigkeit und Reichweite der Steinschloßgewehre noch gering war, kam es in der Schlacht darauf an, möglichst viele Gewehre gleichzeitig zum Einsatz zu bringen. Deshalb wurden die tiefgegliederten Haufen des Fußvolkes durch flachere und breitere Gefechtsordnungen abgelöst. Die Aufstellung der Infanterie in Linien diente gleichzeitig aber auch dazu, die Desertion zum Dienst gepresster Soldaten zu verhindern.

Funktionsweise

Datei:Dreigliedriges Feuern.jpg
Dreigliedriges Feuern

Die Infanterie wurde anfangs in Linien zu sechs, später in der Regel zu drei Gliedern aufgestellt und gab in geschlossener Formation ein Massenfeuer ab. Das Vorrücken im Gleichschritt und in ausgerichteten Linien sowie das schnelle Laden und gleichzeitige Schießen auf Kommando wurden durch ständiges Exerzieren erreicht. Diejenige Seite, die in einer bestimmten Zeit mehr Salven schießen konnte als die andere, war im Vorteil. Beim Pelotonfeuer gingen nacheinander erst sämtliche ungeraden Pelotons, dann die geraden Pelotons auf das Kommando des Pelotonführers schnell drei große Schritte vorwärts und feuerten je eine Salve. Dazu fiel das erste Glied auf die Knie, das zweite schloß auf, und das dritte rückte rechts in die Lücken. Auf diese Weise kam das Bataillon in der Minute ca. 10–12 Meter voran. Die Feuereröffnung erfolgte bei einem Abstand von etwa 200 Metern zum Gegner. Die hohen Verluste infolge der relativ hohen Feuerkonzentration auf gegrenztem Raum führten zwangsläufig zum Bajonettangriff, da die Soldaten darin eine bessere Chance sahen, am Leben zu bleiben.

Vor- und Nachteile der Linientaktik

Die Vorteile der Aufstellung in Linien waren, daß nahezu alle Gewehre gleichzeitig eingesetzt werden konnten, daß man bei feindlichem Artilleriefeuer keine große Tiefe bot. Die Schwächen der Linientaktik bestanden in ihrer Starrheit und ihrer Verwundbarkeit an den Flanken, weshalb in der Regel Kavallerie zur Flügeldeckung verwendet wurde.

Höhepunkt und Ende der Linientaktik

Ihren Höhepunkt erreichte die Linientaktik während des Siebenjährigen Krieges (1756–1763). Hier wandte der preußische König Friedrich II. die sogenannte "schiefe Schlachtordnung" an, bei der der gegnerische Flügel umfasst und mit einem verstärktem Angriffsflügel geschlagen wurde. Als Musterbeispiel für die schiefe Schlachtordnung gilt die Schlacht bei Leuthen (1757), in der die Preußen die Österreicher vernichtend schlugen. Bei Kolin (1757) und Kunersdorf (1759) hingegen unterlagen die Preußen, weil der Gegner den Aufmarsch zur schiefen Schlachtordnung erkannte und rechtzeitig den bedrohten Flügel verstärkte

Abgelöst wurde sie in den Feldschlachten Napoleons, als die französische Armee mit der Aufstellung in Kolonnen zu einer beweglicheren Gefechtsführung überging. Während sich eine an einer Stelle zerrissene Linie taktisch geschlagen geben mußte, blieb die Feuerkraft bei einer in mehreren Kolonnen aufgestellten Infanterie weitgehend erhalten, falls einzelne Kolonnen in Unordnung gerieten. Darüberhinaus erwies sich die Kolonne als resistenter gegen Kavallerieangriffe. Die Schwäche der Linientaktik zeigte sich insbesondere in der Schlacht bei Jena und Auerstedt im Jahre 1806, bei der die Niederlage des preußischen Heeres unter anderem auf die Anwendung der veralteten Linientaktik zurückgeführt wird.

Siehe auch