Zum Inhalt springen

Freie Deutsche Jugend

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 26. Mai 2005 um 23:14 Uhr durch Aineias (Diskussion | Beiträge) (statistische Daten). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Die Freie Deutsche Jugend (Abkürzung FDJ) war ein deutscher Jugendverband. Sie war die einzige staatlich anerkannte und geförderte Jugendorganisation in der DDR und als solches eine Massenorganisation mit einer bedeutenden Funktion im "sozialisten System". In der Bundesrepublik Deutschland war sie seit 1951 verboten. Die FDJ war Mitglied im Weltbund der demokratischen Jugend (Abk. WBDJ) und im Internationalen Studentenbund (ISB).

Geschichte der FDJ

Gründung

Erste Gruppen der FDJ entstanden vor und während des Zweiten Weltkriegs im Exil (im Juni 1936 in Paris, am 7. Mai 1938 in Prag, seit April 1939 in Großbritannien). Hauptaufgabe der FDJ in Großbritannien war die Unterstützung der meist sehr jungen jüdischen Emigranten.

Bis zum Kriegsende gelang es jedoch nicht, in Deutschland selbst Gruppen zu bilden.

In der DDR

Auf dem Gebiet der SBZ, der späteren DDR wurde die FDJ am 7. März 1946 formell gegründet. Name und Emblem (aufgehende Sonne) wurden von den Exilgruppen (leicht verändert) übernommen; die Exilgruppen wurden aber ab dann kaum noch erwähnt.

Die FDJ war Teil eines parallelen Erziehungssystems zur Schule und entwickelte sich zur Massenorganisation. Nach der Mitgliedschaft in der Pionierorganisation Ernst Thälmann als Jungpioniere vom 6. bis 10. Lebensjahr (Symbol: blaues Halstuch) und als Thälmann-Pioniere (Symbol: rotes Halstuch), erfolgte die Aufnahme in die FDJ. In jeder größeren Stadt gab es einen Pionierpalast, wo vielfältige Arbeitsgemeinschaften angeboten wurden. Darüber hinaus gab es Pionierlager, Expertenlager und Stationen der Jungen Naturforscher und Techniker. Zentrales Pionierlager war die sogenannte Pionierrepublik „Wilhelm Pieck“ am Werbellinsee bei Berlin; dorthin wurden nur ausgezeichnete Pioniere delegiert (Jugendhochschule „Wilhelm Pieck“). Die Jugendlichen konnten ab dem 13./14. (bis ca. 30., danach als „Freunde der Jugend“) Lebensjahr Mitglied der FDJ werden. Die FDJ-Kleidung war eine blaue Bluse mit einem Sonnenemblem auf dem linken Ärmel. Der Gruß der FDJler war ein gesprochenes „Freundschaft“.

Die Mitgliedschaft war offiziell freiwillig, jedoch hatten Nichtmitglieder Nachteile bei der Auswahl für weiterführende Schulen (Erweiterte Oberschule, EOS) sowie bei der Studien- und Berufswahl zu befürchten und waren zudem starkem Druck durch die Lehrkräfte ausgesetzt, der Organisation beizutreten. 1985 hatte die Organisation ca. 2,3 Millionen Mitglieder, entsprechend ca. 80 Prozent aller DDR-Jugendlichen zwischen 14 und 25 Jahren. Die meisten Jugendlichen beendeten ihre FDJ-Mitgliedschaft nach dem Abschluß von Lehre oder Studium mit dem Eintritt ins Erwerbsleben.

Die Organisation hatte die Aufgabe, die Jugend in den Marxismus-Leninismus einzuführen. Sie verstand sich ausgesprochenermaßen als Kampfreserve der SED, da die Partei keine eigene Jugendorganisation hatte und entfaltete demgemäß ihre Aktivitäten. Neben dieser ideologischen Zielsetzung war die Organisation der Freizeitbetreuung ihrer Mitglieder eine wesentliche Aufgabe des Jugendverbandes. Die FDJ organisierte Urlaubsreisen für die jungen Leute über ihre Reiseagentur Jugendtourist und unterhielt zahlreiche Jugendhotels und Jugendklubs.

Datei:Krenz.jpeg
Egon Krenz war von 1974 bis 1983 Vorsitzender der FDJ

Die Organisationsstruktur der FDJ war in aufsteigender Reihenfolge: Gruppe (Schulklasse/ Seminargruppe), Grundorganisation (Schule/Universität/Betrieb), Kreisleitung, Bezirksleitung und Zentralrat der FDJ in Berlin Unter den Linden (jetzt Sitz des Hauptstadtstudios des ZDF). Der Vorsitzende der Pionierorganisation war zugleich einer der Sekretäre im FDJ-Zentralrat. Die Sekretäre im Zentralrat standen unter der Führung des 1. Sekretärs. Zahlreiche spätere SED-Funktionäre begannen ihre Karriere in der FDJ als „Berufsjugendliche“, so z.B. Paul Verner, Erich Honecker, Egon Krenz, Wolfgang Herger, Joachim Herrmann,Hans Modrow und Wolfgang Berghofer.

Höchste Bildungsstätte war die Jugendhochschule „Wilhelm Pieck“ am Bogensee bei Bernau. Das Organ der FDJ war die Junge Welt, die auflagenstärkste Tageszeitung in der DDR. Darüber hinaus hatte die FDJ Einfluß auf das Jugendfernsehen beim Fernsehen der DDR.

In den siebziger Jahren gab es die Poetenbewegung mit den Poetenseminaren im Schweriner Schloss. Daneben existierte die Singebewegung mit Singegruppen in vielen Schulen und Betrieben; der Oktoberklub war darunter die bekannteste Singegruppe. Sie trafen sich beim Festival des politischen Liedes.

Die FDJ war auch Träger der Messe der Meister von Morgen, in der junge Bastler und Erfinder ihre Exponate vorstellen konnten.

Bei den alle fünf Jahre stattfindenden Pfingsttreffen trafen sich zehntausende delegierte Mitglieder in einer bestimmten Stadt, zuletzt zu Pfingsten 1989 in Berlin. Daneben gab es Nationale Jugendfestivals 1979, 1984, Fackelzüge, Freundschaftstreffen, Sportfeste u.a.

Die letzte Großaktion der FDJ war der Fackelumzug in Berlin zum 40. Jahrestag der DDR am Freitag den 6. Oktober 1989. Hierzu wurden aus jeder Schule der DDR ein FDJ-ler nach Berlin geschickt. Augenfällig war hierbei der wesentlich größere öffentliche Applaus und „Gorbi, Gorbi!“-Rufe, den Michail Gorbatschow gegenüber dem ZK der SED selbst von hervorragenden Mitgliedern der sogenannten Kampfreserve der SED erhielt.

Auszeichnungen der FDJ waren zum Beispiel das „Abzeichen für Gutes Wissen“, das nach einer Prüfung zum marxistisch-leninistischen Wissen in den Stufen Gold, Silber und Bronze vergeben wurde, und die Artur-Becker-Medaille.

Weitere Aktivitäten, die von der FDJ veranstaltet wurden oder an denen sie intensiv teilnahm


Deutschlandtreffen

1950, 1954 und 1964 veranstaltete die FDJ zu Pfingsten in BerlinDeutschlandtreffen der Jugend für Frieden und Völkerfreundschaft“. Diese Treffen sollten unter anderem zur deutschen Einheit beitragen und das Pendent auf nationaler Ebene zu den internationalen Weltfestspielen der Jugend und Studenten sein. Am ersten Treffen nahmen 700.000 Jugendliche teil, beim letzten 1964 500.000. Auf den Treffen gab es ein umfangreiches kulturelles Programm, sowie Vorträge und Diskussionsversanstaltungen.

Nach dem ersten Treffen 1950 wurde den 10.000 aus der BRD in die DDR eingereisten westdeutschen Teilnehmern bei Herrnburg (nahe Lübeck) die Rückreise in die Bundesrepublik verweigert, und wegen angeblicher Seuchengefahr eine ärztliche Untersuchung und namentliche Registrierung verlangt. Dies wurde von den Jugendlichen verweigert, da sie berufliche Nachteile befürchteten. Die Jugendlichen kampierten daraufhin auf der DDR-Seite des Grenzüberganges. Nach zwei Tagen wurde ihnen die Einreise von den westdeutschen Behörden ohne die geforderten Maßnahmen gestattet.

statistische Daten

  • Altersstruktur
    • 13–17-jährige: 40 %
    • 18–21-jährige: 32 %
    • 22–25-jährige: 21 %
    • 26 und älter: 7 %
  • Mitgliederzahlen in Prozent der Jugendbevölkerung (gerundet)
    • 1947: 16 % (400.000 Mitglieder)
    • 1951: 44 %
    • 1961: 49 %
    • 1971: 58 %
    • 1981: 69 %
    • 1986: 74 %
    • 1987: 70 %
    • 1988: 85 %
    • 1989: 75 % (2,3 Millionen Mitglieder)

37 Abgeordnete in der Volkskammer der DDR, eine von ihnen war Katarina Witt.

In der Bundesrepublik Deutschland

Die Eheleute Uschi und Max Rubinstein initiierten am 9. Dezember 1945 in Düsseldorf einen der ersten Verbände auf deutschem Boden – drei Monate vor Gründung der FDJ in Ostdeutschland.

Ein Jahr später war die FDJ auch in den Westzonen etabliert. Das Zentralbüro leitete in den ersten Jahren der Hamburger Kommunist und Widerstandskämpfer Helmut Heins. Die hauptamtlichen Funktionäre waren durchweg in der KPD, die Mitglieder etwa zur Hälfte. Ihre wichtigsten Ziele und Hoffnungen teilte die FDJ mit einer breiten Öffentlichkeit: ein neues Deutschland aufzubauen, ohne Faschismus, ohne Militär und ohne Monopole, mit garantierten sozialen Rechten, vor allem für die Jugend.

Die FDJ hatte 1950 in der BRD an die 30.000 Mitglieder und sicher noch einmal so viele Sympathisanten. Sie hatte sich eine beachtliche Position aufgebaut, vor allem in der Gewerkschaftsjugend.

Auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland bekämpfte die FDJ die Wiederbewaffnung (Remilitarisierung). Am 19. September 1950 kam die erste scharfe Reaktion: Die Bundesregierung verfügte, daß FDJ-, KPD- und VVN- Mitglieder fortan nicht mehr im öffentlichen Dienst beschäftigt werden dürfen. Damit bereitete der Staat das FDJ-Verbot vor.

Dennoch bereitete die FDJ eine Volksbefragung gegen die Wiederbewaffnung vor. Eine solche Umfrage hätte zur damaligen Zeit, nach Schätzungen, wohl 70 bis 80 % Zustimmung erhalten. Am 24. April 1951 verbot die Bundesregierung per Erlaß die Volksbefragung als verfassungswidrig. Dem Verbot der Volksbefragung folgte noch am gleichen Tag das Verbot der FDJ in Nordrhein-Westfalen. Die FDJler hatten die „hochverräterische“ Volksbefragung am stärksten betrieben. Am 26. Juni 1951 kam das FDJ-Verbot für die ganze Bundesrepublik, nachdem unter erschwerten Bedingungen über neun Millionen Unterschriften gegen die Wiederbewaffnung gesammelt wurden.

1952 wurde der FDJler Philipp Müller bei einer verbotenen Demonstration von der Polizei erschossen.

Der Vorsitzender der FDJ in der Bundesrepublik Jupp Angenfort wurde 1953 wegen Hochverrats angeklagt und zu einer fünfjährigen Zuchthausstrafe verurteilt. Gegen ihn wurde das erste Zuchthausurteil seit der Zerschlagung des Faschismus gefällt.

Das Verbot besteht weiterhin, bezieht sich aber nach heutiger Auffassung des Innenministeriums nur auf den Westteil als eigenständige Teilvereinigung.

Nach der Wende

Nach der Wende verlor die Organisation nahezu alle Mitglieder, hat andererseits aber auch wieder Basisgruppen im Westen bilden können. Im Jahr 2004 hatte sie 150 Mitglieder, mit Gruppen in Berlin, Görlitz, Leipzig, Bremen, Frankfurt am Main und München.

Nach der Wiedervereinigung wurde das Vermögen FDJ unter die Verwaltung der Treuhandanstalt, der späteren Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben gestellt. Hierdurch verlor sie nahezu ihre gesamte Infrastruktur und ihre Mitarbeiter. Die rund 300.000 DM Steuern auf die Zinserträge des durch die Treuhand verwalteten Vermögens soll die FDJ jedoch selbst tragen. Hierdurch ist sie in ihrer Existenz bedroht.

Versuche, in einer frühen Phase der Entwicklung die FDJ formell aufzugeben und neu zu gründen, scheiterten aufgrund mangelnder Geschlossenheit der Verantwortlichen.

Die PDS erkennt die FDJ nicht mehr als ihren Jugendverband an. Stattdessen wurde nach der Wende zunächst die Arbeitsgemeinschaft Junge GenossInnen in und bei der PDS, 1999 der PDS-nahe Jugendverband ['solid] – die sozialistische Jugend gegründet, welche sich bewusst von der FDJ als „unkritische Parteijugend“ abheben sollen.

Vorsitzende

(Die Vorsitzenden nach 1989 sowie die der West-FDJ sind hier nicht aufgeführt.)


Siehe auch: Junge Generation

Literatur

  • Zur FDJ in Großbritannien: Alfred Fleischhacker: Das war unser Leben, ISBN 3355014753