Pierre Vogel
Pierre Vogel (* 20. Juli 1978 in Frechen, auch Abu Hamza genannt[1]) ist ein zum Islam konvertierter, muslimischer Prediger, der sich in Moscheen und über Videos im Internet hauptsächlich an ein jüngeres, meist deutschsprachiges Publikum wendet und vornehmlich auf Glaubensübertritte zum Islam abzielt.
Werdegang
Vogel war evangelisch getauft und konfirmiert und besuchte eine römisch-katholische Klosterschule. Nach eigenen Angaben störte es ihn, wenn christliche Lehrer nicht wörtlich an das glaubten, was in der Bibel steht.[2]
Vogel schloss das Gymnasium in Berlin mit dem Abitur ab, wo er als einer der wenigen Schüler in der Klasse getauft war und absolvierte seinen Zivildienst bei einer Organisation, die Essen auf Rädern anbietet. 2001 konvertierte er zum Islam, begann ein Studium der Islamwissenschaften[3]. Er brach das Studium jedoch ab, da ihm die Darstellung des Islams nicht zusagte, und ging für zwei Jahre an das Arabistische Institut für Ausländer an der Umm Al-Qura Universität in Mekka.[4] Ab 2006 folgte die Tätigkeit als islamischer Prediger. Vogel ist überwiegend durch seine zahlreichen Vorträge über den Islam (z.B. die Glaubenslehre) wie auch über Einzelthemen (z.B. die Stellung der Frau im Islam) bekannt, wobei er in letzter Zeit hauptsächlich in der Al-Nur Moschee in Berlin-Neukölln predigt[5]. Hingegen finden sich im Internet zahlreiche Videos von Vogel.[6]
Vogel ist mit einer muslimischen Marokkanerin verheiratet und Vater von zwei Kindern.[7] Er war deutscher Junioren-Meister im Boxen (Cruisergewicht) und hatte einen Profi-Vertrag (2000-2002) beim Sauerland-Boxstall.[8]
Umstrittene Standpunkte
Vogel verbreitet seine auch unter Muslimen umstrittenen und vereinfachenden Thesen besonders unter einem jüngeren Publikum. Dabei ist sein rhetorischer Stil kumpelhaft-charismatisch und missionarisch-predigend zugleich. In seinen Darstellungen wird oft der Einfluss der Salafiyya deutlich.[9]
Pierre Vogel hält das Kopftuch - wie die meisten konservativen Muslime - als verpflichtend für muslimische Frauen an. Er spricht sich klar gegen Zwangsheiraten aus, da dies ausdrücklich vom Mohammed verboten worden sei.[10] Gewalt gegen „Unschuldige“ hält Pierre Vogel für unvereinbar mit dem Islam. Er bezweifelt, dass Muslime für die Terroranschlägen in New York, London und Madrid verantwortlich sind, stattdessen kolportiert er entsprechende Verschwörungstheorien.[11] Er vertritt die These es gäbe keinen Beweis für die Evolutionstheorie, er geht davon aus der Darwinismus wiederspreche den „heiligen Büchern“ und „würde uns in den Schulen beigebracht, um die Menschen unglücklich zu machen“.[12] Er befürwortet die voreheliche Keuschheit.
Vogel lehnt ein pluralistisches Nebeneinander von Religionen ab und predigt einen Paradies-Hölle-Gegensatz. Entsprechend sollen alle Menschen Muslime werden. Von der Anwendung menschlicher Gewalt zur Mission distanziert er sich jedoch.[13]
Auf die Frage, warum Bilal Philips zu einer Predigt am 13.06.2009 in die Al-Nur Moschee eingeladen sei, wo der als Hassprediger[14] bekannte und islamistische Gewalttäter[14] unterstützende homophobe[5] Philips neben Vogel predigen sollte, antwortete Vogel anläßlich einer von LSVD veranstalteten Mahnwache[15], Philips sei eingeladen worden, weil er viele zum Islam bekehrt habe[16][15].
Rezeption
Sowohl aufgrund der Durchführung seiner Veranstaltungen (islamische Geschlechtertrennung) als auch seiner Wortwahl in Bezug auf Christen und andersdenkende Muslime ist Vogel heftig umstritten.[17] Er soll eine der prominentesten – und nach der Einschätzung der Sicherheitsbehörden auch einflussreichsten – Personen der deutschen "Konvertitenszene" sein[3].
Vom Berliner Verfassungsschutz wird Vogel vorgeworfen, „mit seinen Parolen die Radikalisierung von Muslimen“ voranzutreiben.[18] Vogel gilt nach Einschätzung des Verfassungsschutzes Schleswig-Holsteins als „einer der bekanntesten Protagonisten des salafitischen Durchschnitts-Spektrums“. Derselbe Bericht bestätigt Vogels Distanzierung von Gewalt, sieht jedoch in seiner Islaminterpretation „deutliche salafitische Züge“, geprägt von „antichristlichem Ressentiment“ und der Darstellung der „absoluten Überlegenheit des Islam“.[19] Auch das Change Institute for the European Commission hält Vogel für eine sehr profilierte Person, die die salafitische Version des Islam predige.[20]
Der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann erklärte bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes 2007, Vogel habe in einer Moschee in Göttingen die Verheiratung neunjähriger Mädchen gerechtfertigt und bezeichnete diese Einstellung als „abartig“.[21] Im Bericht selbst wird Vogel nicht namentlich erwähnt.
Weblinks
- Einladung zum Paradies, Internetauftritt Pierre Vogels
- Pierre Vogel, ein deutscher Moslem, bringt islamische Werte auf den Punkt, auf der Webseite des Way-to-Allah e.V.
- Die lässigen Gehirnwäscher. Der seltsame Erfolg von Pierre Vogel und anderen Predigern eines radikalen deutschen Islams, Zeit Online, 41/2007, S. 58
- Eine Reportage über dem Ex-Profi Boxer Pierre Vogel, der zum Islam konvertiert ist, aus dem 2. kroatischen Staatsfernsehen HRT 2 (deutsch mit kroatischen Untertiteln)
- Bundeszentrale für politische Bildung: Die muslimische Jugendszene, von Claudia Dantschke (Abschnitt: Salafitische Missionare)
- Pierre Vogel in der BoxRec-Datenbank
Einzelnachweise
- ↑ Abu Hamza ist Arabisch und bedeutet „Vater von Hamza“. Hamza ist Pierre Vogels erster Sohn. Kritiker Vogels sehen einen Zusammenhang zum islamistischen Prediger Abu Hamza al-Masri oder zum islamistischen Terroristen Abu Hamza Rabi’a.
- ↑ de.youtube.com: Mein Weg zum Islam (als Vortrag), Teil 1 (4), 0:50-1:10: Min.
- ↑ a b Konvertiten: „Ick bin ein Muslim jeworden“, FAZ am 6. September 2007
- ↑ Umm Al-Qura University: Institute of Arabic Language for Non-Native Speakers
- ↑ a b Der Tagesspiegel, Frank Jansen, 11. Juni 2009: Homophobie. Hassprediger kommt doch nicht
- ↑ Claudia Dantschke: Die muslimische Jugendszene, Bundeszentrale für Bildung am 5. Juli 2007
- ↑ rté one: West of Mecca
- ↑ Vom Profiboxer zum Wanderprediger, Freies Wort am 8. November 2007. Als Amateurboxer hat er 66 Kämpfe bestritten, als Profi erreichte er in sieben Kämpfen sechs Siege und ein Unentschieden.
- ↑ ufug.de, Jugendkultur, Medien & politische Bildung in der Einwanderungsgesellschaft, 12.09.2008: Newsblog: Konservative Muslime können mit Pierre Vogel nichts anfangen
- ↑ YouTube.de: Pierre Vogel: Die Stellung der Frau im Islam
- ↑ YouTube.de: Pierre Vogel: Islam und Terrorismus
- ↑ Video bei YouTube
- ↑ Die lässigen Gehirnwäscher. Der seltsame Erfolg von Pierre Vogel und anderen Predigern eines radikalen deutschen Islams, Zeit Online, 41/2007
- ↑ a b Testimony of Steven Emerson. Before the United States House Committee: The Homeland Security Implications of Radicalization, Seite 12 f.
- ↑ a b Queer.de: Hass-Prediger auf Deutschlandtour
- ↑ Pierre Vogel: Absage und Bekanntgabe der Ausladung von Bilal Philips, anläßlich der LSVD-Mahnwache vor der Al-Nur Moschee am 13.06.2009
- ↑ Islam-Missionar darf nun doch nicht ins Forum, Ludwigsburger Kreiszeitung am 23. Juli 2008; Udo Ulfkotte: Städtetag protestiert gegen islamische Geschlechtertrennung bei Veranstaltung in Tübinger Stadthalle, Kopp Verlag am 7. Dezember 2007; Jochen Müller / Götz Nordbruch: Konservative Muslime können mit Pierre Vogel nichts anfangen
- ↑ Frank Jansen: Salafisten: Streng und gläubig, Der Tagesspiegel, 3. Dezember 2008.
- ↑ Verfassungsschutzbericht Schleswig-Holstein 2007 S. 105/106.
- ↑ Change Institute for the European Commission Studies into violent radicalisation; Lot 2 The beliefs ideologies and narratives S. 75.
- ↑ Verfassungsschutz entdeckt islamistisches Netzwerk, WELT am 24. April 2008
Personendaten | |
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NAME | Vogel, Pierre |
KURZBESCHREIBUNG | Islamprediger |
GEBURTSDATUM | 20. Juli 1978 |
GEBURTSORT | Frechen |