Maskenhelm


Maskenhelme sind zumeist militärische oder kriegerische Kopfbedeckungen, die ähnlich den hochmittelalterlichen Helmen das gesamte Haupt des Trägers umschließen. Das Gesicht des Trägers wird bei Maskenhelmen jedoch in idealisierenden, meist verfremdenden Formen nachgebildet und gewährleistet durch Öffnungen, in der Regel an Nase, Augen und Mund ein mehr oder minder ausgeprägtes Handeln der tragenden Person. Die Verschlußmöglichkeiten und das Anbringen des Maskenteils sind bei diesem Helmtyp vielfältig.
Frühzeit
Einer der ältesten Maskenhelme wurde im Grab des sumerischen Prinzen Mes-kalam-dug in Ur entdeckt und kann in die Zeit um 2600 v. Chr datiert werden. Das frühe Stück wurde aus reativ dünnen Material gefertigt und besitzt sehr fein wiedergegebenes Haar sowie sorgfältig der Natur nachgestaltete Ohren. Die Forschung schätzt diesen Helm als Repräsentations- oder Zeremonialgegenstand ein. In späterer Zeit tauchten vielfach Befunde auf, welche in erster Linie nicht als wirkliche Maskenhelme anzusprechen sind. So in illyrischen und makedonischen Gräbern aus dem 6. Jahrhundert. Die dort aufgefundenen Toten trugen Helme illyrischer Art und hatten Masken aus dünnen Goldblechen vor ihren Gesichtern, welche in keinem tatsächlichen Zusammenhang mit den Helmen standen, sondern den Verstorbenen nachträglich aufgelegt worden waren. Bezeichnend für diese Fundzusammenhänge war auch die Tatsache, daß den Masken jegliche Öffnungen für die Sinnesorgane fehlten. Aus hellenistischer Zeit stammt eine Helmart, dessen Kalotte die Formen der den antiken Orient prägenden phrygischen Mütze aufgreift. Statt einer vorgesetzten Maske, sind bei diesem Typ die beiden Wangenklappen sehr ausladend und über das Gesicht schließend gearbeitet. Einige Exemplare besitzen dabei anatomisch ausgearbeitete Strukturen wie Bärte und Lippen. Die Augenpartie sowie die Nase liegen bei diesem als „Phrygisch“ oder „Trakisch“ bezeichneten Helm frei.
Antike
Für die Entwicklung des späteren römischen Maskenhelms ist ein Waffenfries aus dem Athenaheiligtum in Pergamon von besonderer Bedeutung. Hier zeigt sich, daß bereits die griechisch-hellenistische Militärtradition des frühen 2. Jahrhunderts v. Chr. auf den ersten Maskenhelm klassischen Typs überhaupt zurückgreifen konnte. Der dort abgebildete Maskenhelm, von dem es bisher keine Entsprechung im Fundgut gibt, zeigt einen im hellenistischen Raum bekannten Helmtyp mit Stirnvisier und eine dazugehörige, vollbärtige Maske, die gleich den antiken Statuen das menschliche Antlitz in idealisierend-realistischer Weise nachbilden. Da bisher archäologisch keine Bindeglieder von den frühen und klassischen Maskenhelmen zu denen der römischen Zeit nachgewiesen werden konnten, ist die Wissenschaft auf Thesen angewiesen, die für sich jedoch keinen Beweis darstellen.
Folgende Ausführungen stehen heute zur Diskussion:
- Orientalische These. Ein wichtiger Verfechter dieser Theorie ist Hubertus Freiherr von Gall, Mitglied des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI). Darstellungen von Masken am großen Tempel von Hatra im Iran zeigen Ähnlichkeiten zu einem Maskenhelm aus Homes in Syrien, der in das frühe 1. Jahrhundert nach Christus datiert wird. Dieser Helm, ist eine für eine königliche Familie ausgearbeitete Abart des römischen Typs Nijmegen-Kops Plateau. Zusammen mit einem weiterer thrakischen Maskenhelm sind hier jedoch eher ostmediterrane bzw. „orientalische“ Gesichtszüge dargestellt, die deutlich vom damals im römischen Reich vorherrschenden Klassizismus abweichen. Besonders durch zwei noch ältere Masken bzw. Maskenhelme aus Haltern und Kalkriese, die im Gegensatz zu den genannten tatsächlich aus römischer Produktion stammen, zeigen dagegen deutlich ihre Entsprechung zum augusteiischen Schönheitsideal, was Zweifel an dieser These aufwirft.
- Hellenistische These. Ortwin Gamber, ein Experte für Waffenkunde, sieht dagegen in den „orientalischen“ Maskenhelme Nachahmungen älterer hellenistischer Vorbilder. Der Waffenfries von Pergamon als älteste Darstellung eines echten Maskenhelms würde dies beweisen. Auch die römische Maskenhelmtradition hätte somit im Hellenismus seine Quelle.
- Thrakische These. Diese Theorie wurde erstmals von dem bulgarischen Forscher Ivan Venedikov vertreten. Er sieht den Ursprung in seinem Heimatland und führt dafür einen aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. stammenden Helm vom phrygischen Typ heran, der dort gefunden wurde. Die Vertreter dieser These konnten jedoch bisher kein Bindeglied zwischen diesem phrygischen Typ und den Helmen der frühen römischen Kaiserzeit vorweisen. Auch der Fund auffallend vieler römischer Maskenhelme in thrakischen und gallischen Gräbern wurde als Beweis für diese Theorie angeführt. Thraker in römischen Diensten hätten danach den Helm nach Gallien gebracht. Genausogut sind die vermehrten Helmfunde in den beiden Regionen jedoch durch lokale Bräuche zu erklären.
- Italische These. Der Archäologe und Historiker Harald von Petrikovits hat sich für einen rein italische Ursprung der römischen Maskenhelme ausgesprochen und sieht einen Zusammenhang zu dem altrömischen Brauch der Ahnenmasken und den Reiterspielen, welche vielfach in früher römischer Zeit bei Begräbnissen aufgeführt worden sind. Gerade Kaiser Augustus, der viele alte Traditionen wiederbelebte, hätte auch die Reiterspiele erneut zum Leben erweckt und diese Wiederbelebung würde zeitlich mit dem ersten Auftreten römischer militärischer Maskenhelme zusammenfallen. Diese These klammert jedoch anscheinend die Existenz des bereits in hellenistischer Zeit vollentwickelten Maskenhelms aus, wie er am Waffenfries in Pergamon dargestellt ist.
Der römiche Maskenhelm aus Bronze oder Eisen umschließt den gesamten Kopf des Trägers vollständig, hat aber Augen-, Nasen- und Mundschlitze. wurde vor allem von römischen Reitern verwendet, bei Turnierwettkämpfen, aber auch im Kampf, wie man heute weiß. Speziell bei den spätrömischen Katafracti und Draconarii war er weitverbreitet.
Während der Renaissance wurden vor allem in Italien Maskenhelme gefertigt, die denen der spätrömischen Reiterei nachempfunden waren.
Mittelalter
Dieser Maskenhelm ist ein Spangenhelm, Bügelhelm oder Kassidion, an dem an der Stirn eine das menschliche Antlitz nachahmende (anthropomorphe) und mit Mund- und Augenschlitzen versehene metallene Gesichtsmaske befestigt ist. Dieser Helmtypus wurde von den iranischen Parthern und Sassaniden eingeführt, und ab der Spätantike zusammen mit dem Konzept der Kataphrakten und Clibanarii von den Römern (und späteren Byzantinern) übernommen. Über die ebenfalls iranischen Sarmaten und Alanen in den Steppengebieten Südrusslands und der Ukraine gelangte er an die Ostslawen und später an die Rus und Waräger, sowie an Petschenegen und Polowzer. Ähnlich wie der Brillenhelm tauchte der Maskenhelm auch vereinzelt bei den Angelsachsen auf (Fürstengrab von Sutton Hoo), entweder durch Handelskontakte mit Rom oder Byzanz oder durch die ab dem späten 2. Jahrhundert in Britannien ansässigen 5500 sarmatischen Lanzenreiter in römischen Diensten. Bei den Russen wurden Maskenhelme noch im späten 14. Jahrhundert verwendet.
Literatur
- Marcus Junkelmann: Reiter wie Statuen aus Erz. Mainz 1996, ISBN 3805318219