Vogelspinnen
Vogelspinnen | ||||||||||||
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Vogelspinnen (Theraphosidae) sind eine Familie der Webspinnen (Araneae) mit etwa 860 bisher entdeckten Arten. Ihren Namen (lat. avicularia) verdanken sie einem Stich von Anna Maria Sibylla Merian (1647-1717), auf dem eine Vogelspinne abgebildet ist, die einen Kolibri erbeutet hatte.
Vogelspinnen traten bereits im Karbon auf. Ihr Lebensraum sind vorrangig tropische bis subtropische Klimazonen. Sie ernähren sich von Insekten, kleinen Echsen, Mäusen und Vögeln.
Allgemeines
Beeindruckend sind die von einigen Vogelspinnen erreichten Körpergrößen: Mit bis zu 12 Zentimeter Körperlänge und einer Spannweite von 30 Zentimeter gilt die Art Theraphosa blondi als größte lebende Vogelspinne weltweit, die bis jetzt beschrieben wurde.
Trotz ihrer Größe ist ein Biss der meisten Vogelspinnen zwar schmerzhaft, aber dennoch harmlos. In vielen Büchern wird dieser mit dem Stich einer Biene gleichgesetzt, was aber nicht auf alle Arten zutrifft. Beispielsweise bei asiatischen Arten der Gattung Poecilotheriaund Haplopelma wird der Biss von starken Muskelkrämpfen und Benommenheit begleitet.
Einige neuweltliche (amerikanische) Vogelspinnen besitzen zusätzlich zur Verteidigung so genannte Brennhaare auf ihrem Hinterleib, die mit Widerhaken besetzt sind und potentiellen Feinden durch rasche Bewegungen der hinteren Beinpaare entgegengeschleudert werden können (sog. Bombardieren). In Schleimhäuten und Augen können die Brennhaare zu Entzündungen führen, bei wiederholtem Kontakt mit Brennhaaren kann es aber auch zu allergischen Reaktionen kommen.
Viele Vogelspinnenarten können im Terrarium gehalten werden, da sie geringe Ansprüche stellen. Allerdings müssen die Haltungsbedingungen der einzelnen Arten, zum Beispiel Temperatur und Luftfeuchtigkeit, eingehalten werden.
Körperbau
Die Vogelspinne zählt zu den Gliedertieren. Ihr Körper ist in mehrere Abschnitte unterteilt. Bei der Vogelspinne unterscheidet man grob in den Vorderkörper (Prosoma) mit den vier Laufbeinpaaren (Extremitäten), den (Kiefern-)Tastern (Padipalpen) und den Beißklauen (Cheliceren) sowie den Hinterleib (Opistosoma) mit den Spinnwarzen.
Vorderkörper
Der Vorderkörper (Prosoma, 11) der Vogelspinne besteht aus dem zusammengewachsenen Kopf- und Bruststück, eine Unterteilung ist nicht mehr erkennbar. Die Oberseite wird als Carapax (11) und die Unterseite als Sternum (19) bezeichnet. Vorn am Vorderkörper befinden sich die Beißklauen (9), die Mundöffnung (20) und die Taster (8). Seitlich befinden sich die vier Laufbein-Paare. Auf der Oberseite ist auch die Thoraxgrube (12) erkennbar. Diese Grube wird in vielen Bestimmungsschlüsseln verwendet, um z.B. die verschieden Vogelspinnen-Gattungen zu unterscheiden. Am Ende befindet sich die Verbindung (Petiolus) zum Hinterleib (13). Im Inneren des Vorderkörpers befindet sich der Saugmagen. Mit diesem wird die vor der Mundöffnung verflüssigte Nahrung aufgesaugt.
Laufbeine
Die vier Laufbein-Paare der Vogelspinne sind in je 7 Segmente unterteilt:
- Fuß (Tarsus, 1)
- Mittelfuß (Metatarsus, 2)
- Schiene (Tibia, 3)
- Knie (Patella, 4)
- Schenkel (Femur, 5)
- Schenkelring (Trochanter, 6)
- Hüfte (Coxa, 7)
Bei einigen Arten, zum Beispiel Grammostola, Psalmopoeus oder Avicularia haben die erwachsenen Männchen am ersten Beinpaar am Schienensegment so genannte Schienbeinhacken (Tibiaapophysen). Diese dienen dem Männchen beim Paarungsakt dazu die Beißklauen des Weibchens zu blockieren. Sie kommen aber nicht immer zum Einsatz.
Taster
Die Taster (Pedipalpen, 8) sind wie die Laufbeine aufgebaut, sie bestehen aber nur aus 6 Segmenten. Diese werden wie bei den Laufbeinen bezeichnet, der Mittelfuß (Metatarsus, 2) entfällt. Bei ausgewachsenen männlichen Tieren befinden sich an den Tasternenden die Bulben. Diese sind beim lebenden Tier eingeklappt. Jungtiere und Weibchen benutzen dies Taster wie ein fünftes Laufbeinpaar. Mit den Tastern trommelt das ausgewachsene Männchen, um auf sich aufmerksam zu machen. Das Weibchen antwortet, wenn es paarungsbereit ist, auch mit Trommeln der Taster. Teilweise werden auch noch das erste und zweite Beinpaar dazu benutzt, zum Beispiel bei Avicularia.
Beißklauen
Die Beißklauen (Chelizeren, 9) dienen der Spinne zum Beutefang, dabei schlagen sie gerade nach unten und leicht nach innen. Diese parallel zur Längsachse ausgerichteten Beißklauen unterscheiden die Vogelspinne von anderen Spinnenfamilien.
Beim Beutefang dringen die Beißklauen in das Opfer ein und durch einen feinen Kanal wird das Gift injiziert. Die Giftdrüse liegt im oberen Teil der Beißklauen.
Augen
Die 8 Augen (10) der Vogelspinne sind relativ klein und sitzen auf dem Augenhügel. Bei Vogelspinnen ist der Seh-Sinn nur schwach ausgebildet. Mit ihren Augen können sie lediglich hell und dunkel unterscheiden.
Hinterleib
Der Hinterleib (Opistosoma, 13) wird im deutschen Raum oft als Abdomen bezeichnet. Diese Bezeichnung wurde aus der Gliederung der Insekten übernommen, ist biologisch jedoch nicht korrekt. Es hat sich jedoch so stark eingebürgert, dass die meisten Spinnenhalter und -forscher wissen, wovon die Rede ist.
Der Hinterleib ist der empfindlichste Teil der Spinne, da er nicht mit einem harten Chitinskelett umgeben ist, wie etwa die Beine und der Vorderkörper. So kann sich der Hinterleib bei jeder Mahlzeit ausdehnen. Den Ernährungszustand erkennt man dadurch an dessen Fülle. Im Hinterleib befinden sich die meisten Organe der Vogelspinnen, darunter das schlauchförmige Herz, die Geschlechtsorgane, die zwei Buchlungenpaare (obere = 17, untere = 16) und Teile des Darmes.
Einige Arten, zum Beispiel Brachypelma oder Avicularia besitzen auf den Hinterleib Brennhaare. Diese Haare sitzen locker auf der Hinterleibshaut und werden bei Störung des Tieres durch schnelles Reiben mit den Hinterbeinen dem Störenfried oder Feind entgegengeschleudert. Die Haare besitzen Widerhaken und verursachen starke Hautreizungen. Die Gattung Brachypelma macht davon oft gebraucht. Wenn die Stelle, wo zuvor die Brennhaare saßen, dunkel bis schwarz wird, ist daran gut zu erkennen, dass die nächste Häutung des Tieres bevor steht. Nach der Häutung besitzt das Tier wieder alle Brennhaare. Sie werden erneuert.
Spinnwarzen
Am Ende des Hinterleibes befindet sich der Darmausgang und die beiden Spinnwarzen-Paare. Die Vogelspinne besitzt ein großes (14) und ein kleines Paar Spinnwarzen (15). Die Spinnwarzen sind in drei Glieder unterteilt und sind jede für sich bewegbar. Mit den Spinnwarzen produziert die Spinne die Spinnseide für jede Gelegenheit, wie z.B. Wohnhöhle, Kokon, Fressen, Häuten.
Geschlechtsöffnung
Die Geschlechtsöffnung (18) befindet sich auf der Unterseite des Hinterleibes. Sie wird als Epigastralfurche bezeichnet. Beim Paarungsakt führt das Männchen hier die Enden (die Bulben) seiner Taster ein. Baut das Weibchen einen Kokon, werden die Eier an dem Samenvorratsbehälter (Spermathek) vorbei aus dieser Öffnung gelegt. Beim Vorbeirutschen an dem Samenvorratsbehälter werden die Eier befruchtet. Dieser Behälter wird bei jeder Häutung mit gehäutet, so dass jedes Weibchen nach der Häutung wieder „jungfräulich“ ist.
Beim Männchen tritt an dieser Öffnung die Samenflüssigkeit aus, welche auf ein zuvor gesponnenes Spermanetz abgegeben wird. Dieses Spermanetz wird zwischen zwei Gegenständen (z.B. Terrarienwand/Pflanze) gesponnen. Um die Samenflüssigkeit abzugeben, kriecht das Männchen mit der Unterseite nach oben unter das Netz. Danach klettert es auf das Netz und nimmt die Flüssigkeit mit den Bulben durch Pumpbewegung auf. Anschließend wird das Netz meistens zerstört.
Entwicklung
Die Entwicklung von Vogelspinnen vollzieht sich in drei Abschnitten: Zeit im Kokon (Ei und Larve), Nymphe, und Imago (erwachsenes Tier)
Der Kokon
Durch das Muttertier wird ein Teppich aus Spinnseide gesponnen, worauf sie die Eier ablegt. Die Eier werden im Inneren des Körpers befruchtet. Das Männchen füllt sein Sperma bei der Paarung mit seinen Bulben(21), das letzte umgebildete Glied der Taster (Pedipalpen), in die sogenannte Spermathek des Weibchens ein. An dieser Spermathek rutschen die Eier beim Legen vorbei und werden so befruchtet. Nachdem das Muttertier seine Eier gelegt hat, werden die Eier mit einer Lage Spinnseide bedeckt. Aus der Unterlage, den Eiern und der oberen Schicht formt das Weibchen den Kokon. Oft wird der Kokon mit weiteren Lagen Spinnseide umwoben. Bei einigen Arten wird der Kokon noch mit Erde und/oder Blätter verkleidet. Der Kokon wird durch das Muttertier bewacht.
Die Zeit im Ei
Im Kokon schlüpfen nach einiger Zeit aus den Eiern die Larven. Diese Larven haben mit Spinnen noch nicht viel Ähnlichkeit. Die Bezeichnung "Ei mit Beinen" beschreibt das Aussehen gut. Es ist die Unterteilung in Vorder und Hinterkörper erkennbar. Vom Vorderkörper spreizen sich die vier Beinpaare und das Tasterpaar ab. Der Augenhügel ist auch schon zu erkennen. Die Eireste bilden den Hinterleib. Im Kokon häuten sich die Tiere nach einiger Zeit dann zu Larve II. Die Jungtiere sehen einer Spinne nun schon sehr ähnlich. Die Proportionen stimmen fast überein. Die Beißklauen (Chelizeren) sind ausgebildet und erkennbar, ebenso die Spinnwarzen. Als Larven nehmen die Tiere keine Nahrung an. Teilweise wurde aber schon beobachtet, dass Larven nicht befruchtet Eier oder schwächere Geschwistertiere absorbierten. Noch im Kokon häuten sich die Larven zu Nymphen. Durch das Muttertier wird der Kokon meistens erst geöffnet, wenn sich die Larven zu Nymphen gehäutet haben. Kann aber auch schon früher geschehen. Leider passiert es immer wieder, dass der Kokon in dieser Entwicklungsphase vom Muttertier gefressen wird, weil die Bewegungen der Nymphen den Fressreiz der Mutter ansprechen. Die frisch gehäuteten Nymphen bleiben noch einige Zeit beim Kokon, um dann in ihr eigenes Leben zu treten. Die Entwicklungszeit ist abhängig von der Art und von der vorherrschenden Temperatur.
Die Nymphe
Im deutschen Sprachraum wird die Nymphe auch als Spiderling bezeichnet. Des weiteren gibt es noch die Bezeichnung Fresshaut. Als Fresshäute bezeichnet der Vogelspinnenhalter juvenile Entwicklungsstadien der Tiere, in denen sie Nahrung selbst zu sich nehmen (Nymphe). Die vollentwickelte Nymphe ist die "erste Fresshaut". Mit jeder Häutung vergrößert sich die Zahl der Fresshaut (FH), also 1.FH, 2. FH, 3. FH, und so weiter.
Bis die Spinne erwachsen (adult, geschlechtsreif) ist, benötigt sie je nach Art unterschiedlich viele Häutungen. Die Zeitabstände zwischen den Häutungen ist vom Klima abhängig. Die Abstände zwischen den Häutungen betragen am Anfang 4-8 Wochen. Der Abstand vergrößert sich mit jeder Häutung. Die Anzahl der Häutungen ist teils auch noch vom Geschlecht abhängig. Die Männchen werden füher erwachsen.
Je nach Art ist das Tier bereits nach einem Jahr (Psalmopoeus cambridgei) oder erst nach 7-10 Jahren (Rotknie-Vogelspinne (Brachypelma smithi) im weiblichen Geschlecht) erwachsen. Aber auch hier sind die Außentemperaturen entscheident. Je wärmer es ist (28-32°C), desto schneller wachsen und damit häuten sich die Tiere. Bei kühleren Aussentemperaturen (20-24°) dauert die die Entwicklung wegen des reduzierten Stoffwechsels der wechselwarmen Tiere länger. Bei den oben genannten Tieren ist eine Haltung bei 24-28° optimal. Die optimale Haltungstemperatur schwankt von Art zu Art. Tiere aus höheren Lagen bevorzugen kühlere Temperaturen, welche aus Savannen oder Wüstengebieten höhere. Dies soll aber speziell in den jeweligen Artbeschreibungen erwähnt werden.
Das erwachsene Tier
Mit der Reifehäutung, welche beim Männchen die letzte Häutung seines Lebens ist, wird dann von einem adulten (erwachsenen) Tier gesprochen. Die Weibchen häuten sich nach der Reifehäutung immer wieder mal, ca. 1 mal im Jahr, alte Tiere nur noch alle 2 Jahre. Dabei legen sie immer noch an Größe zu. Der Größenunterschied zu vor und nach der Häutung ist nicht mehr so groß wie bei Nymphen. Ein erwachsenes Männchen ist gut an seinen Bulben (21) erkennbar, welche beim lebenden Tier, zum Körper hin, eingeklappt sind. Bei vielen Arten besitzen die Männchen noch Schienbeinhaken (Tibiaapophysen), welche bei der Paarung die Beißklauen des Weibchens blockieren sollen. Bei Weibchen ist die Reifhäutung schlecht zu bestimmen, da sie keine äußeren Anzeichen haben. Sicher kann man erst dann sein, wenn das Weibchen einen Kokon gebaut hat. Der Samenvorratsbehälter (Spermathek) ist bereits bei weiblichen Nymphen vorhanden. Bei jeder Häutung wird dieser mitgehäutet, so dass eine Geschlechtsbestimmung bereits bei Nymphen möglich ist. Er wächst auch das ganze Leben mit.
Systematik
Die Systematik der Vogelspinnen befindet sich in einem ständigen Fluss, da immer noch neue Arten beschrieben und alte revidiert werden. Man unterscheidet die folgenden Unterfamilien mit exemplarischen Gattungen:
- Acanthopelminae
- Aviculariinae
- Avicularia
- Ephebopus
- Iridopelma
- Pachistopelma
- Eumenophorinae
- Anoploscelus
- Citharischius
- Hysterocrates
- Phoneyusa

- Harpactirinae
- Augacephalus
- Ceratogyrus
- Eucratoscelus
- Harpactira
- Pterinochilus
- Ischnocolinae
- Chaetopelma
- Neuwelt Ischnocolinae
- Holothele
- Ornithoctoninae
- Cyriopagopus
- Haplopelma
- Ornithoctonus
- Selenocosmiinae
- Chilobrachys
- Haplocosmia
- Poecilotheria
- Psalmopoeus
- Selenocosmia
- Tapinauchenius
- Selenogyrinae
- Spelopeminae
- Stromatopelminae
- Heteroscodra
- Stromatopelma
- Xenodendrophila
- Theraphosinae
- Acanthoscurria
- Apachepelma
- Aphonopelma
- Brachypelma
- Chromatopelma
- Crassicrus
- Cyclosternum
- Cyriocosmus
- Eupalaestrus

- Grammostola
- Homoeomma
- Iracema
- Lasiodora
- Lasiodorides
- Megaphobema
- Neischnocolus
- Nhandu
- Pamphobeteus
- Paraphysa
- Phormictopus
- Pseudotheraphosa
- Sericopelma
- Sphaerobothria
- Theraphosa
- Thrixopelma
- Tmesiphantes
- Vitalius
- Xenesthis
- Thrigmopoeinae
- Haploclastus
- Thrigmopoeus
Literatur
- Hans W. Kothe: Vogelspinnen, Franckh-Kosmos Verlag GmbH & Co., Stuttgart, 2003, ISBN 3-440-09367-0
- Günter Schmidt: Vogelspinnen, Landbuch-Verlag GmbH, Hannover, 1993, ISBN 3-7842-0484-8
- Peter Klaas: Vogelspinnen, Verlag Eugen Ulmer GmbH & Co, Stuttgart, 2003, ISBN 3-8001-3696-1
Weblinks
- World Spider Catalog - eine aktuelle Übersicht über beschriebene Arten (auf Englisch)
- Deutsche Arachnologische Gesellschaft e. V. - Verein, der sich um die Erforschung und Übermittlung von Informationen von Vogelspinnen kümmert (Publikationsorgan: ARACHNE - ISSN 1613-2688)