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Frühlings Erwachen

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Frühlings Erwachen, 1891

Frühlings Erwachen (Untertitel „Eine Kindertragödie“) ist ein 1891 erschienenes gesellschaftskritisch-satirisches Drama von Frank Wedekind. Geschrieben wurde es von Herbst 1890 bis Ostern 1891.

Frühlings Erwachen ist die Geschichte mehrerer Jugendlicher, die im Zuge ihrer Pubertät mit den Problemen psychischer Instabilität und der gesellschaftlichen Inakzeptanz ihrer sexuellen Neugier konfrontiert sind.

Frank Wedekind kritisiert in seinem Werk die im Wilhelminischen Kaiserreich während des viktorianischen Zeitalters vorherrschende bürgerliche Sexualmoral. Dabei macht er häufig ausgeklügelten Gebrauch von Stilfiguren und grotesk überzogenen Charakteren, die dem Werk humoristische Züge verleihen. Oft werden jedoch die hyperbolischen Facetten des Stückes nicht wahrgenommen.

Einst aufgrund seiner angeblichen Obszönität verboten oder zensiert, ist Frühlings Erwachen heutzutage in Deutschland und Österreich eine verbreitete Schullektüre.

Wichtige Charaktere

Melchior Gabor ist ein intelligenter und vor allem aufgeklärter Gymnasiast mit einer scheinbar relativ liberalen Mutter, doch gerade sein fortschrittliches Denken bereitet ihm später Probleme.

Der fünfzehnjährige Moritz Stiefel ist der schlechteste Schüler seiner Klasse. Seinem einzigen wirklichen Freund, Melchior Gabor, vertraut Moritz ein - neben den Schulleistungen - weiteres Problem an: die ersten „männlichen Regungen“.

Wendla Bergmann ist ein wissbegieriges vierzehnjähriges Mädchen mit einer konservativ-bürgerlichen Mutter. Wendla zeigt ähnlich wie Moritz Neugierde, wurde aber nie aufgeklärt, was ihr später zum Verhängnis wird.

Inhalt

1. Akt

Wendla Bergmann und ihre konservative Mutter sind unterschiedlicher Auffassung über die Wahl des richtigen Kleides. Die Mutter will, dass ihre Tochter ein neues Kleid anzieht, das sie gerade genäht hat. Wendla dagegen hätte lieber weiterhin das alte, kürzere Kleidchen.

In der nächsten Szene philosophieren Melchior Gabor und sein Freund Moritz Stiefel über ihre Zukunft, Erziehung sowie über Sexualität. Dabei stellt sich Moritz als recht unaufgeklärt heraus. Beide einigen sich darauf, dass Melchior für Moritz schriftliche und bildliche Erläuterungen über die Fortpflanzung anfertigt und sie diesem am nächsten Tag unbemerkt zukommen lässt, sodass Moritz sie später in aller Ruhe studieren kann.

Wendla und ihre Mitschülerinnen Thea und Martha unterhalten sich über die Jungen aus Melchiors Klasse. Martha gibt an, dass sie des Öfteren von ihren Eltern geschlagen wird, was bei Wendla, die davon verschont bleibt, auf Neugierde stößt. Anschließend unterhalten sie sich über die Möglichkeit, Kinder zu bekommen, sind sich über deren wahre Ursachen aber im Unklaren.

Vor dem Gymnasium dreht sich das Gespräch der Schüler vor allem um Moritz, der versetzungsgefährdet ist. Als dieser erscheint, berichtet er aufgeregt, er habe sich heimlich in das Konferenzzimmer geschlichen und aus den dortigen Unterlagen entnommen, dass er doch noch provisorisch versetzt wird. Diese neue Tatsache wird von allen außer Melchior abschätzend zur Kenntnis genommen.

In der fünften und letzten Szene treffen sich Melchior und Wendla, die eigentlich auf der Suche nach Waldmeister für ihre Mutter ist, zufällig im Wald. Sie setzen sich unter eine Eiche und unterhalten sich. Wendla fordert Melchior auf, sie zu schlagen, da sie dies bisher nur vom Erzählen her kannte und es selbst erleben wolle. Auf Wendlas Flehen führt Melchior diese Handlung aus, wobei er erst zögerlich, dann immer heftiger verzückt zuschlägt. Melchior ist erschüttert über seine Tat und verschwindet.

2. Akt

Am Abend treffen sich Melchior und Moritz in Melchiors Zimmer. Moritz klagt über den Schuldruck, der schwer auf ihm lastet, und erzählt über ein Märchen einer „Königin ohne Kopf“. Als Melchiors Mutter den beiden Tee bringt, ist sie etwas irritiert über Melchiors Lektüre von Goethes „Faust“, betont aber die Loyalität zu ihrem Sohn.

Unterdessen drängt Wendla, deren Schwester soeben ein Kind bekommen hat, ihre Mutter nachdrücklich um Aufklärung. Diese gerät allerdings in offensichtliche Panik und Erklärungsnot. Wendla erfährt nur von großer Liebe und der Tatsache, dass man verheiratet sein muss.

Hänschen Rilow, einer von Melchiors zwangloseren Mitschülern, betrachtet sich alleine auf dem Abort die Reproduktion des Werkes eines alten Meisters, wobei er höchst ausschweifende Fantasien verlauten lässt und letztendlich das Bild, die Venus von Palma Vecchio, zerstört.

Wendla trifft Melchior auf einem Heuboden an. Letzterer vollzieht in jäher Gefühlsregung den Beischlaf. Wendla ist sich dabei der Folgen dieser Handlung nicht bewusst.

Melchiors Mutter beantwortet einen Brief von Moritz, der um Geld für eine Flucht nach Amerika bittet. Sie schreibt, sie könne und wolle die Summe nicht aufbringen, erläutert Befremden über Moritz' suizidale Anspielungen, und spricht ihm Mut zu.

Nach Erhalt dieses Antwortschreibens ist Moritz entschlossen, seine Andeutungen in die Tat umzusetzen. In Todeserwartung durchstreift er das Gebüsch nahe eines Flusses, wobei er sein Leben Revue passieren läßt und sich schämt, Mensch gewesen zu sein, ohne das Menschlichste, also die Liebe, erfahren zu haben. Er wird von Ilse, einem jungen Modell, überrascht. Sie erzählt von ihren eigentümlichen Erlebnissen als Bohémienne in der Künstlerwelt und lädt Moritz ein, mitzukommen. Moritz widersteht den verlockenden Aussichten und zieht sich alleine ins Ufergebüsch zurück. Dort verbrennt er den Brief von Melchiors Mutter, anschließend schießt er sich mit einer Pistole in den Kopf.

3. Akt

In einer Konferenz erläutert der Rektor vor den Professoren die durch Moritz' Tod hervorgerufene heikle Lage für das Gymnasium. Die versammelte Lehrerschaft ist am Thema völlig desinteressiert. Melchior wird gerufen und aufgrund seiner für Moritz angefertigten kommentierten Illustrationen beschuldigt, für den Tod seines Klassenkameraden verantwortlich zu sein. Er erhält keine Gelegenheit zur Rechtfertigung.

Moritz wird unter Anwesenheit von Verwandten, Lehrern und Schülern durch den Pastor in strömendem Regen auf dem Friedhof beigesetzt. Der Tote wird aufgrund der Umstände seines Ablebens von den Erwachsenen scharf kritisiert, sodass sein Vater behauptet, dass Moritz nicht sein Sohn gewesen wäre. Die Schüler machen makabre Spekulationen über die Todesumstände, bevor sie sich wieder ihren Schularbeiten zuwenden. Schließlich stehen noch Martha und Ilse, die Moritz am Tag nach seinem Selbstmord fand, vor seinem Grab und nehmen Abschied.

Melchiors Rolle beim Tod seines Freundes führt bei seinen Eltern zum Streit. Während der Vater die liberalen Erziehungsmaßnahmen seiner Frau als Ursache sieht und über eine tiefgreifende Umformung von Melchior nachdenkt, stellt sich diese schützend vor ihren Sohn. Auf geschickte Weise ruft der Vater ein Umdenken bei ihr hervor. Er habe von Wendlas Mutter erfahren, dass diese einen Brief von Melchior an ihre Tochter abgefangen habe, in dem er Reue für seine Handlungen zum Ausdruck bringt. Melchiors Mutter ist erschüttert und sieht nun ein, dass ihr kindlich unschuldiger Sohn moralisch degeneriert sein müsse. Es wird einvernehmlich beschlossen, Melchior in die Korrektionsanstalt zu bringen.

In der Korrektionsanstalt, unter anderen Jungen, die nach langer Gefangenschaft nurmehr an simplen Beschäftigungen wie Gruppenmasturbation und Raufen Gefallen finden, setzt sich Melchior mit seinem Verschulden gegenüber Wendla auseinander und schmiedet Fluchtpläne.

Wendla fühlt sich krank und liegt zu Bett. Der zugezogene Arzt bleibt Wendla gegenüber diskret. Ihre Mutter redet ihr zunächst ein, es wäre Bleichsucht. Schließlich erklärt sie Wendla doch noch den wahren Grund für ihr seltsames Befinden. Wendlas Vorwurf, man hätte ihr nicht die volle Wahrheit gesagt, verteidigt sie damit, dass sie nach dem Vorbild ihrer eigenen Mutter gehandelt habe. Um eine unverheiratete Mutterschaft abzuwenden, veranlaßt Wendlas Mutter eine Fremdabtreibung.

In der vorletzten Szene liegen die beiden Schüler Hänschen Rilow und Ernst Röbel miteinander im Gras und genießen den romantischen Abend in vollen Zügen, während sie sich gelassen Gedanken über ihre Zukunft machen.

In der letzten Szene hat sich Melchior erfolgreich auf einen Friedhof geflüchtet. Beim Anblick des Grabes von Wendla, die die Abtreibung nicht überlebt hat, befallen ihn Schuldgefühle. Als er sich wieder entfernen will, begegnet ihm der tote Moritz, den Kopf unter dem Arm haltend. Moritz rühmt die Unbeschwertheit und Erhabenheit als Toter über allem Irdischen und will Melchior dazu überreden, ihm zu folgen. Gerade als Melchior sich bereit erklären will, taucht ein „vermummter Herr“ auf, der Melchior davon abhält. Der vermummte Herr, der seine Identität vorerst nicht preisgeben will, entlarvt Moritz als Schwindler, der sich davor fürchtet, in sein schauriges Grab zurückzugehen. Melchior entscheidet sich schließlich für das Weiterleben und vertraut sich dem vermummten Herrn an. Moritz bleibt auf dem Friedhof zurück.

Diese letzte Szene ist eine Anspielung auf Goethes Faust I. Charakterzüge des Mephistopheles, des Teufels, sind in Moritz' Geist, sowie im vermummten Herrn, zu finden. Der vermummte Herr verkörpert die Verführung zum Leben; Moritz' Geist stellt hingegen die Erlösung vom Nachdenken dar.