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Lohengrin

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Werkdaten
Originaltitel: Lohengrin
Form: durchkomponiert
Originalsprache: deutsch
Musik: Richard Wagner
Libretto: Richard Wagner
Literarische Vorlage: Parzival von Wolfram von Eschenbach
Uraufführung: 28. August 1850
Ort der Uraufführung: Weimar, Großherzogliches Hoftheater
Spieldauer: ca. 4 Stunden
Ort und Zeit der Handlung: Antwerpen, Anfang des 10. Jahrhunderts
Personen

Lohengrin ist eine romantische Oper in drei Akten des deutschen Komponisten Richard Wagner. Sie spielt vor einem historischen Hintergrund (Brabant in der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts). Die Uraufführung war am 28. August 1850 in Weimar im Großherzoglichen Hoftheater. Grundlage des Stoffes ist die Gestalt des Loherangrîn in Wolfram von Eschenbachs mittelhochdeutschem Versepos Parzival.

Literarische Vorlagen

Die literarische Figur des Loherangrin taucht im letzten Kapitel des mittelalterlichen Versepos Parzival von Wolfram von Eschenbach als Seitenfigur auf. Der Gralsritter Loherangrin, Sohn des Gralskönigs Parzival, wird auf einem Schwan der Herzogin von Brabant als Helfer und Beschützer gesandt. Als Bedingung für seine Hilfe darf sie ihn niemals nach seinem Namen fragen. Als sie sein Verbot bricht, muss er sie verlassen.[1] Wagner griff die Figur auf und baute das Frageverbot zum Kern einer Geschichte aus, die das Verhältnis zwischen göttlicher Sphäre und irdischem Jammertal und zwischen frühmittelalterlichem Christentum und germanischer Götterwelt darstellt. Gleichzeitig versuchte Wagner, Elemente der griechischen Tragödie in die Handlung einzuflechten. Er schrieb dazu in den Mitteilungen an meine Freunde über seinen Lohengrin-Plan:

Wer kennt nicht „Zeus und Semele“? Der Gott liebt ein menschliches Weib und naht sich ihr in menschlicher Gestalt. Die Liebende erfährt aber, dass sie den Geliebten nicht nach seiner Wirklichkeit erkenne, und verlangt nun, der Gatte solle sich ihr, in der vollen sinnlichen Erscheinung seines Wesens, kundgeben. Zeus weiß, dass sein wirklicher Anblick sie vernichten muss. Er selber leidet unter diesem Bewusstsein, unter dem Zwange, das Verlangen der Liebenden erfüllen zu müssen und sie damit zu verderben. Er vollzieht sein eigenes Todesurteil, wenn der Glanz seiner göttlichen Erscheinung die Geliebte vernichtet. Ist der Mensch, der nach dem Gott sich sehnt, nicht vernichtet?

Komposition

Mit Lohengrin schuf Wagner die neue Opernform des durchkomponierten Musikdramas. Die Komposition ist nicht in einzelne Nummern aufgeteilt, sondern wird ohne Unterbrechung aktweise durchgespielt. Wagner setzt sich damit von der herkömmlichen Struktur der Nummernoper mit Arien, Rezitativen und Chorpartien ab. Trotzdem sind auch in Lohengrin noch große arien- oder ensembleartige Fragmente erhalten, so zum Beispiel Elsas Traumerzählung und Lohengrins Gralserzählung, die immer noch an die Form der klassischen Soloarie erinnern.

Um das Seelenleben der Bühnenfiguren in eindeutig lesbare musikalische Motive umsetzen zu können, wandte Wagner in Lohengrin zum ersten Mal Leitmotive an (z.B. das Grals- und das Frageverbot-Motiv).

Historischer Hintergrund

Der Rahmen der Handlung ist eine fiktive Heererhebung des Königs Heinrichs I. (des Voglers) in Antwerpen im Herzogtum Brabant für die Ungarnkriege. König Heinrich versucht, das Fürstentum dazu zu bewegen, sich an den bevorstehenden Kämpfen zu beteiligen. Angesichts dessen, dass die Kriegsgefahr die östlichen Gebiete des Reiches betrifft, Brabant jedoch im äußersten Westen gelegen ist, ist dies eine politisch heikle Mission. Heinrich ruft daher zur Einheit des Reiches auf ("Ob Ost, ob West, das gelte allen gleich: was deutsches Land heißt, stelle Kampfesscharen, dann schmäht wohl niemand mehr das Deutsche Reich“).

Mit dieser Darstellung Heinrichs I. verarbeitete Wagner nicht die historische Königsfigur, sondern die völkisch-nationale Deutung der mittelalterlichen Könige bzw. Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, die in Heinrich I. den Urahnen des deutschen Nationalstaates sieht. Diese Lesart geht auf Friedrich Ludwig Jahn zurück und fand ihren Höhepunkt in der nationalsozialistischen Vereinnahmung Heinrichs I. durch Heinrich Himmler. Oftmals wurde der Nationalismus von Heinrich I. mit einer angeblich nationalistischen Haltung Richard Wagners verwechselt. Diese Haltung negiert jedoch die antimilitaristischen und antinationalistischen Ansichten, welche Wagner selbst immer wieder in seinen Briefen an Heinrich Heine äußerte.

Handlung

Vorspiel und Erster Aufzug

Das Vorspiel stellt die Aura des Grals dar. Die Musik beginnt mit leisen, hohen, sphärischen Streicherklängen, schwillt bis zu einem mächtigen Höhepunkt an und verschwindet wieder in sphärischem pianissimo. Friedrich Nietzsche schrieb, diese Musik sei „blau, von opiatischer, narkotischer Wirkung“.

Zu Beginn des ersten Aufzugs sitzt Heinrich der Vogler auf einer Aue am Ufer der Schelde unter einer Gerichtseiche, um Heerschau und Gerichtstag im Fürstentum Brabant zu halten. Er teilt seine Absicht mit, für einen Krieg gegen die Ungarn ein Heer zu sammeln, an dem sich auch Brabant mit Soldaten beteiligen soll.

„Ob Ost, ob West, das gelte allen gleich.
Was deutsches Land ist, stelle Kampfesscharen.
Dann schmäht wohl niemand mehr das deutsche Reich.“

Außerdem habe er erfahren, dass ein Streit um die Erbfolge im Herrscherhaus entbrannt sei. Er ruft daher Friedrich von Telramund zur Aussage vor Gericht. Dieser ist der Erzieher der Kinder des verstorbenen Herzogs von Brabant, Elsa und Gottfried. Telramund sagt aus, Gottfried sei auf einem Spaziergang mit seiner Schwester im Wald verschwunden. Er klage sie daher des Brudermordes an, obwohl sie ihm eigentlich als Braut versprochen war. Er selbst habe Ortrud, die letzte Nachfahrin des Friesenfürsten Radbod, geheiratet. Daher beanspruche er zusätzlich die Fürstenwürde von Brabant:

„Dies Land doch sprech' ich für mich an mit Recht,
da ich der Nächste von des Herzogs Blut.
Mein Weib dazu aus dem Geschlecht,
das einst auch diesen Landen seine Fürsten gab.“

Lohengrins Ankunft in Brabant

Vom König befragt, bestreitet Elsa die Tat. Sie sei während eines Spazierganges mit ihrem Bruder eingeschlafen und habe im Traum einen Ritter gesehen, der sie schützen und verteidigen werde. (Elsas Traumerzählung: „Einsam in trüben Tagen“) Als sie erwachte, sei ihr Bruder verschwunden gewesen.

Da Aussage gegen Aussage steht, ordnet König Heinrich einen Gerichtskampf als Gottesurteil an. Auf die Frage, wer sie im Kampf vertreten soll, sagt Elsa, ihr werde der gottgesandte Streiter zur Seite stehen, den sie im Traum gesehen habe.

Auf den königlichen Aufruf der Streiter erscheint zunächst kein Kämpfer für Elsa. Erst als sie selbst betet, erscheint ein Boot, das von einem Schwan gezogen wird. Darauf steht ein fremder Ritter in heller Rüstung. Dieser will nicht nur für Elsa streiten, sondern hält zugleich um ihre Hand an. Beides ist jedoch mit einer Bedingung verknüpft:

„Nie sollst du mich befragen,
noch Wissens Sorge tragen,
woher ich kam der Fahrt,
noch wie mein Nam' und Art.“

Den Versammelten verkündet der Ritter, dass Elsa von Brabant schuldlos sei. Es kommt zum Zweikampf, in dem der Unbekannte den Grafen von Telramund besiegt. Der Fremde verzichtet darauf, Telramund zu töten („Durch Gottes Sieg ist jetzt dein Leben mein - ich schenk' es dir, mögst du der Reu' es weih'n“). Unter allgemeinem Jubel sinkt Elsa ihrem Retter in die Arme.

Zweiter Aufzug

Es dämmert der Tag nach dem Zweikampf. Vor dem Palast beklagt Friedrich Graf von Telramund den Verlust seiner Ehre und bezichtigt seine Gattin, ihn zur Falschaussage gegen Elsa verführt zu haben. Ortrud zeiht ihn der Feigheit gegenüber dem fremden Ritter, in dem sie keineswegs einen von Gott gesandten Helden erblickt, sondern ein Wesen, „das durch Zauber stark“. Den widerstrebenden Telramund („Du wilde Seherin, wie willst du doch geheimnisvoll den Geist mir neu berücken“) überzeugt Ortrud davon, dass ihm Unrecht getan wurde und der Fremde den Zweikampf nur mit Hilfe eines Zaubers habe gewinnen können. Die beiden beschließen, Elsa zu verleiten, ihrem Helden die verbotene Frage nach „Nam' und Art“ zu stellen – für den Fall, dass dies missglücke, rät Ortrud zur Anwendung von Gewalt gegenüber dem fremden Helden („Jed' Wesen, das durch Zauber stark, wird ihm des Leibes kleinstes Glied entrissen nur, muss sich alsbald ohnmächtig zeigen, wie es ist!“).

Kurz darauf erblicken sie Elsa auf dem Balkon ihrer Kemenate; Telramund zieht sich auf Drängen seiner Gattin zurück. Ortrud gibt sich scheinbar reuevoll gegenüber Elsa, die kurz vor ihrer Hochzeit steht, und schafft es, Elsas Mitleid zu erregen und in den Palast eingelassen zu werden. Triumphierend ruft sie die „entweihten Götter“ Wodan und Freia um ihren Beistand an. Arglos ist Elsa nur zu gern bereit, allen und auch Ortrud zu verzeihen. In einem vertraulichen Gespräch vor der Pforte deutet Ortrud an, es könne ein dunkles Geschick sein, aus dem heraus der Fremde gezwungen sei, seinen Namen zu verbergen. Elsa weist allen Zweifel von sich und nimmt Ortrud zu sich in den Palast.


Ein musikalisches Zwischenspiel leitet über zum Tagesanbruch. Von den Türmen ertönen Trompetensignale. Der Heerrufer des Königs ruft die Brabanter zusammen und verkündet, dass Telramund, wie es die Gesetze erfordern, „weil untreu er den Gotteskampf gewagt", in Acht und Bann gefallen sei. Der „fremde, gottgesandte Mann“ aber soll mit dem Herzogtum Brabant belehnt werden: „Doch will der Held nicht Herzog sein genannt; ihr sollt ihn heißen ‚Schützer von Brabant‘ “. Der Heerrufer kündigt an, dass der Fremde sich noch am selben Tage mit Elsa vermählen werde, um am nächsten Tag die Brabanter anzuführen und König Heinrich auf dem Kriegszug zu folgen.

Am Rande der Szene äußern vier brabantische Edle ihren Missmut über die Beteiligung an Heinrichs Feldzug gegen eine weit entfernte Bedrohung. Telramund taucht auf und teilt mit, dass er den Fremden am Feldzug hindern könne und dass dieser das Gottesgericht durch einen Zauber verfälscht habe. Die vier Edlen ziehen Telramund in die Kirche.

Aus der Burg bewegt sich der Brautzug mit Elsa auf das Münster zu. Er hat gerade die Stufen vor dem Portal erreicht, da vertritt Ortrud Elsa den Weg und verlangt den Vortritt für sich mit der Begründung, dass sie einem geachteten Geschlecht entstamme, während Elsa noch nicht einmal in der Lage sei, den Namen ihres Gatten zu nennen. Elsa weist sie unter Hinweis auf die Reichsacht, der ihr Gatte verfallen sei, zurück. König Heinrich erscheint mit dem Fremden, und Ortrud muss vor diesem zurückweichen.

Der Hochzeitszug ordnet sich erneut; da erscheint der geächtete Telramund und klagt den Fremden des Zaubers an, aber die Klage wird abgewiesen. Der Geächtete redet auf Elsa ein, die verbotene Frage zu stellen, doch Elsa ringt sich zu einem erneuten Vertrauensbeweis gegenüber ihrem Helden durch. Der Hochzeitszug zieht mit dem Fremden und der verunsicherten Elsa ins Münster ein.

Dritter Aufzug

Das frisch vermählte Paar zieht unter Gesang in das Brautgemach ein. („Treulich geführt ziehet dahin.“) Es kommt zum ersten vertraulichen Gespräch der beiden. Elsa sagt, dass sie auch dann zum unbekannten Gatten halten würde, wenn Ortruds Verdacht zuträfe. Dieser möchte sie beruhigen und weist auf seine hohe Herkunft hin, die er für sie aufgab („Das einz'ge, was mein Opfer lohne, muss ich in Deiner Lieb' ersehn“ und „aus Glanz und Wonne komm' ich her“), was Elsa erst recht befürchten lässt, ihm nicht zu genügen und ihn eines Tages zu verlieren. Und so fragt sie den Ritter nach seinem Namen. In diesem Moment dringt Telramund in das Gemach ein. Es kommt zu einem Kampf, in dessen Verlauf Telramund vom Fremden erschlagen wird.

In der letzten Szene ist das Volk versammelt, um das versammelte Heer und König Heinrich zu verabschieden. Die vier Edlen bringen den Leichnam Telramunds vor den König. Der Fremde klagt Telramund des Hinterhaltes und Elsa der Untreue an - sie habe ihm die verbotene Frage nach seinem Namen und seiner Herkunft gestellt, und er müsse sie nun beantworten. Er könne daher weder als Gatte noch als Heerführer in Brabant bleiben. Dann schildert er seine Herkunft (Gralserzählung: „In fernem Land, unnahbar euren Schritten liegt eine Burg, die Monsalvat genannt“) Er erzählt vom Gralspalast Montsalvat und der göttlichen Kraft, die den Hütern des Grals gegeben werde, solange sie unerkannt für das Recht kämpften. Wenn sie aber erkannt würden, müssten sie die von ihnen Beschützten verlassen. Er selbst sei der Sohn des Gralskönigs Parzival, und sein Name sei Lohengrin.

Der König werde aber auch ohne ihn die Ungarn besiegen.

„Doch, großer König, lass mich Dir weissagen: Dir Reinem ist ein großer Sieg verliehn.“

An Elsa gewandt berichtet Lohengrin weiter, dass es nur eines Jahrs bedurft hätte, und Gottfried wäre nach Brabant zurückgekehrt.

Trotz Elsas Flehen und des Königs Drängen kann Lohengrin nicht bleiben. Der Schwan mit dem Boot kehrt zurück und nimmt Lohengrin mit sich. In schrecklichem Triumph ruft Ortrud aus, sie habe den Schwan wohl als den verschwundenen Gottfried erkannt, den sie selbst verzaubert habe.

„Am Kettlein, das ich um ihn wand, ersah ich wohl, wer jener Schwan: es ist der Erbe von Brabant!“

Auf Lohengrins Gebet wird Gottfried bereits jetzt, noch vor Ablauf der Jahresfrist erlöst. Der Kahn, in dem Lohengrin unendlich traurig (Regieanweisung) scheidet, entfernt sich. Ortrud sinkt mit einem Schrei tot zu Boden, Elsa stirbt an psychischer Erschöpfung, das Volk (Chor) gibt sein Entsetzen „Weh! Ach!“ kund.

Entstehung

Das Lohengrinhaus in Graupa

Die erste Idee zur Oper kam Wagner 1842 in Paris: Durch eine Abhandlung von C.T.L. Lucas über den Sängerkrieg auf der Wartburg wurde er auch auf das Lohengrin-Epos und die damit verbundene Parzival-Dichtung Wolfram von Eschenbachs aufmerksam. Einzelne Züge des Werks entnahm Wagner auch anderen Quellen. So ist der Konflikt zwischen Elsa und Ortrud vor dem Münster dem Streit der beiden Königinnen im Nibelungenlied nachgebildet, oder das Frageverbot der griechischen Mythologie entliehen (Zeus, Semele). Im Sommer 1845, während eines Kuraufenthalts in Marienbad, schrieb Wagner den Entwurf zur Oper nieder und begann sofort mit der Ausarbeitung des Textbuchs. Im Mai 1846 ging er an die musikalische Arbeit, die Kompositionsskizze war bereits Ende Juli beendet, die vollständige Partitur des Werks wurde am 28. April 1848 abgeschlossen. Um Ruhe für die Komposition zu haben, zog sich Wagner, der damals noch Hofkapellmeister in Dresden war, zwischenzeitlich für einige Wochen in das Schäfer'sche Gut, ein typisch sächsisches Großbauernhaus dieser Zeit, in Graupa nahe der Stadt Pirna zurück. Während unbeschwerter Wanderungen in der Natur, u.a. ins nahe Liebethal, fand er Ruhe und Ablenkung von seinen materiellen Sorgen. In Graupa hat man das Schäfer'sche Gut zu einem Richard-Wagner-Museum umgebaut und im nahen Liebethal das größte Wagner-Denkmal errichtet.

Einspielungen (Auswahl)

Referenzen

  1. http://www.hs-augsburg.de/~harsch/germanica/Chronologie/13Jh/Wolfram/wol_pa16.html