Liste von Stauanlagenunfällen

In der Geschichte des Talsperrenbaus hat es eine Vielzahl von Talsperren-Katastrophen einschließlich Dammbrüche und kleinerer Versagensfälle gegeben.

In dieser Liste sind auch kleinere Stauanlagenunfälle enthalten, die nicht die Eigenschaften einer Katastrophe erfüllen, nämlich ein Großschadensereignis zu sein, das mit normalen Mitteln nicht mehr zu bewältigen ist. In den in der Tabelle aufgeführten Fällen mit mehr als 100 Toten dürfte die Grenze zur Katastrophe wohl überschritten sein.

Die Zahl der Toten (oft auch das Datum und fast immer die Schadenssumme) ist naturgemäß meistens nicht genau bekannt oder widersprüchlich, ebenso manchmal Namen und Schreibweisen.

Die folgende Tabelle ist chronologisch geordnet. Enthalten sind auch einige Staudämme von Absetzbecken.

Tabelle

Talsperre, Ort	Provinz, Land	Datum des Bruches	Anzahl Tote	Schadenssumme; Bemerkungen
Uruk	Babylonien
Sadd-el-Kafara	Wadi Garawi bei Kairo, Ägypten			die älteste noch teilweise erhaltene Talsperre der Welt
Fushan-Damm, Nanking	Jiangsu, China		und mehr
Staudamm von Marib	Jemen			mehrmals vorher schon gebrochen. Eigentlich kein Stausee, sondern ein Um- oder Ableitungsdamm
Staumauer von Subiaco	Latium, Italien			größte Talsperre der Römer
Unterer Schalker Teich, Schulenberg	Harz, Deutschland
Filzteich, Schneeberg	Sachsen, Deutschland
Blackbrook	England
Gasco, Galapagar	Spanien
Puentes (Estrecho de Rientes?)	Spanien		oder 608
Bilberry, Holmfirth	England		bis 84
Dale Dyke, Bradfield bei Sheffield	England		oder 250	0,5 Mio £
Irukaike	Japan		bis 1200
Mlatzer Teich, Mladotice	Pilsen, Tschechien	25. Mai 1872		cs
Mill River, Williamsburg	Massachusetts, USA		bis 144
El Habra (Fergoug I)	Algerien		bis 250	weitere Brüche in anderen Jahren
Kuala Kubu (Ampang Pecah)	Hulu Selangor, Malaysia
Cheurfas	Algerien
Mena	Chile
Sonzier, Montreux	Schweiz		bis 13
Valparaíso	Chile		und mehr
South Fork, Johnstown	Pennsylvania, USA			17 Mio $
Walnut Grove, Wickenburg	Arizona, USA		bis 150
Bouzey, Épinal	Vogesen, Frankreich		bis 200	14 Mio $
Austin	Texas, USA		bis 10
Austin	Pennsylvania, USA
Lyman	USA
Lower Otay und Sweetwater, San Diego	Kalifornien, USA		bis 50 plus 21	6 Mio. $
Bilá Desná (Talsperre an der Weißen Desse)	Böhmen (heute Tschechien)
Elmali	Türkei		?
Tigra	Madhya Pradesh, Indien		und mehr
Gleno	Bergamo, Italien		bis 600
Skelmorlie, North Ayrshire	Schottland, Großbritannien
Sheffield, Santa Barbara	Kalifornien, USA			bei Erdbeben
Eigiau und Coedty, Dolgarogg	Wales, Großbritannien		bis 16	Kaskadenbruch
Komoro	Japan
San Alphonso	Bolivien
Saint Francis	Kalifornien, USA		bis 500
Briseis (Cascade), Derby	Tasmanien, Australien		oder 14
Castlewood	USA
Granadillar	Gran Canaria, Spanien
Alla Sella Zerbino, Ovada	Piemont, Italien		und mehr
Nishna Sv.	UdSSR		?
Wagner Creek	USA
Dnjeprostroj, Saporischschja	Ukraine, Sowjetunion	/		Kriegsereignis
Möhne	Deutschland		bis 1600	Kriegsereignis
Eder	Deutschland		bis 100	Kriegsereignis
Selsfors	Schweden
Xuriguera	Spanien
Subansiri	Assam, Indien			Erdrutsch bei Erdbeben, danach Dammbruch
Heiwaike	Japan
Gallinas	USA
Vega de Tera, Ribadelago	Spanien		bis 145
Malpasset, Fréjus	Dept. Var, Frankreich		bis 429	68 Mio $ Schaden
L'Oros, Fortaleza	Ceara, Brasilien
May	Türkei
Idbar	Jugoslawien (heute Bosnien-Herzegowina)
Babyn Jar, Kiew	Ukraine, UdSSR			Geländeauffüllung mit Sand/Wassermischung zur Baulandgewinnung, nach Schneeschmelze Schlammlawine in Wohngebiet
Panshet und Khadakwasla, Pune	Indien		bis 2000 und mehr	Kaskadenbruch
Hyokiri oder Hyogiri	Südkorea		oder 250
Kuala Lumpur	Malaysia
Sunchon	Südkorea			evtl. identisch mit einem Deichbruch am 28. August 1962
Little Deer Creek	USA
Quebrada la Chapa	Kolumbien
Vajont (Vaiont), Longarone	Italien			durch Gebirgsrutsch entstandene Flutwelle, Staumauer hält dem Druck stand
Baldwin Hills, Los Angeles	Kalifornien, USA		oder 8	50 Mio $ Schaden
Swift und Lower Two Medicine	Montana, USA		plus 9/30
Macherla	Indien
El Cobre	Chile			Minen-Absetzbecken, bei Erdbeben
Rutte	Italien
Ovčar Banja	Jugoslawien (heute Serbien)		?
Zgorigrad, Vratza	Bulgarien			Absetzbecken
Nanaksagar	Uttaranchal, Indien
Sempor, Kebumen	Java, Indonesien		bis 200
East Lee	USA
Choma	Sambia
Frias (Pardo?)	Mendoza, Argentinien			20-23 Mio $
Sheep Creek	Nord-Dakota, USA
Lower Van Norman Dam, Mclay Dam, Hansen Dam, San Fernando	Kalifornien, USA			30 Mio $; bei San-Fernando-Erdbeben von 1971; nur Beinahe-Katastrophe
Foledon	Kolumbien
Buffalo-Creek, Logan	West Virginia, USA			30-50 Mio $
Canyon Lake	Süd Dakota, USA		bis 238
Liaohe	Shanxi, China
Lijiazui	Gansu, China
Tarbela	Pakistan			100 Mio $ Schaden
Hubačov	Tschechoslowakei (heute Slowakei)
Walter Bouldin, Montgomery	Alabama, USA
Banqiao und Shimantan	Provinz Henan, China			Kaskadenbruch von 62 Staudämmen nach einem Taifun
Elansdrift	Südafrika
Bearwallow	North Carolina, USA
S. Tomas	Philippinen
Bolan	Pakistan
La Paz	Mexiko
Teton	Idaho, USA		oder 14	400 Mio bis 1 Mrd $
Laurel Run und Sandy Run, Johnstown	Pennsylvania, USA		-40 plus 5	20-45 Mio $
Kelly Barnes, Toccoa Falls	Georgia, USA
Jishan & Wenchun	Shanxi, China
Machhu II, Morvi	Gujarat, Indien		bis 2.500	15 Mio $
Gotvand	Chuzestan, Iran
Hirakud	Orissa, Indien			Notentlastung, kein Dammbruch
Gopinatham	Karnataka, Indien		bis 47
Lawn Lake	Colorado, USA			21 bis 31 Mio. US $
Tous, Valencia	Spanien		und mehr
Guavio (Alberto Lleras)	Kolumbien		bis 200
Tesero (Val di Stava)	Trentino, Italien		bis 361	Absetzbecken
Kantale (Kantalai), Trincomalee	Sri Lanka
Sargazon	Tadschikistan		oder mehr
Leguaseca	Galicien, Spanien
Jinduicheng	Shaanxi, China			Absetzbecken
Bagauda, Bebeji	Kano, Nigeria
Wujiangdu	Guizhou, China
Belci	Rumänien		bis 116
Isla Verdes	Philippinen
Gouhou	Qinghai, China		bis 1200	18-26 Mio $
Artik	Armenien
Tirlyan	Baschkirien, Russland		bis 37	40 Mrd. Rubel/ 17,5 Mio. $
Virginia No. 15	Südafrika			15 Mio $
Lake Blackshear (Flint River), Albany	Georgia, USA
Placer	Philippinen		, Umweltschaden	Minen-Absetzbecken
Marcopper, Marinduque	Luzon, Philippinen			80 Millionen US$ Umweltschaden Minen-Absetzbecken
Opuha, Fairlie	South Canterbury, Neuseeland			>500.000 $
Changping	Shanxi, China
Los Frailes (Aznalcóllar), Sevilla	Spanien			Absetzbecken; 42,5 Mio. $
Baia Mare	Rumänien		, aber großer Umweltschaden	Absetzbecken, keine Talsperre
Zeyzoun, Hama	Syrien
Dalongtan, Enshi	Hubei, China
Camara, Alagoa Grande	Paraiba, Brasilien		, 5 oder 7
Shadi Kor, Pasni	Belutschistan, Pakistan		bis 500
Band-e-Sultan, Ghazni	Ghazni, Afghanistan
Xiaocaoba, Yiliang	Yunnan, China			560.000 $
Taum Sauk	Missouri, USA			Pumpspeicherwerk
Kaloko, Kilauea	Hawaii, USA
Gusau	Zamfara, Nigeria
Situ Gingtung	Jakarta, Indonesien		oder mehr

Deutschland

Kleinere Talsperrenbrüche in Deutschland, die keine Katastrophen waren:

• Sorpetalsperre 17. Mai 1943 - nur Beschädigung durch Kriegsereignis, kein Dammbruch
• Talsperre Muldenberg 13. Mai 1945 - Stausee nach Munitionsexplosion ausgelaufen, Kriegsereignis, 13 Tote
• Ibrastausee - Dammbruch am 22. August 1977 bei Hochwasser
• Rückhaltebecken Gissigheim 21. Juni 1984 - Dammbruch durch das Hochwasser der „Fronleichnamsflut“
• Rückhaltebecken Glashütte 12. August 2002 - Dammbruch durch Hochwasser

Schweiz

In der Schweiz wurden bisher - von Sonzier 1888 abgesehen - keine grösseren Talsperren-Schäden verzeichnet. Hingegen muss aufgrund der recht grossen Dichte dieser Bauwerke mit Katastrophen gerechnet werden. Berechnungen für den Bruch z.B. der Sperre Tierfehd für den Stausee Linth-Limmern im Kanton Glarus ergaben für die Gemeinde Linthal 5 km unterhalb eine Flutwelle von ca. 10 Metern Höhe binnen dreier Minuten; tausende von Einwohnern hätten hier wohl keine Chance. Im Hauptort Glarus würde es immerhin rund 30 Minuten dauern, bis eine ca. 5 Meter hohe Flutwelle eintreffen würde; der Sirenen-Alarm würde wohl zumindest Teilen der Bevölkerung eine rechtzeitige Flucht ermöglichen. Selbstverständlich werden die Talsperren in der Schweiz eingehend überwacht und kontrolliert, um solchen Katastrophen vorzubeugen. Allerdings stehen die meisten Sperren in den Kantonen Graubünden und Wallis - ausgerechnet jene Kantone (insbesondere letzterer), welche in der Schweiz (zusammen mit Basel) die am stärksten erdbebengefährdeten sind. (Quellen: Schweiz. Eidgenossenschaft: Zivilverteidigung, 1966 - Nagra: aktuelle Erdbebengefährdungs-Karte der Schweiz, 2005)

Österreich

In Österreich hat es bisher keine Talsperren-Katastrophen gegeben.

Literatur

• O. Lanser: Überblick über die Talsperrenkatastrophen der Vergangenheit, in: Österreichische Wasserwirtschaft 12, 8/9 1960, S. 142 ff
• A. Vogel: Talsperrenbrüche und ihre Ursachen. Wien 1982.
• G. Rouvé: Überblick über Schadensfälle an Talsperren. Mitteilungen des IWW Heft 18, Aachen 1977.
• Vorträge Wasserbau-Seminar. Wintersemester 1983/84, Heft 50, Erfahrungen mit Staubauwerken - Planung, Betrieb, Alterung und Ertüchtigung. Aachen 1984. ISSN 0343-1045, ISSN 0721-1082
• Patrick McCully: Silenced Rivers. The Ecology and Politics of Large Dams. 1996.
• Richard Widmann: Gedanken zur Beurteilung der Sicherheit von Talsperren, in: Wasser Energie Luft - Eau Energie Air 93, 7/8 2001, S.175-182, ISSN: 0377-905X

Weblinks

• Die Nacht vom 16. auf den 17. Mai 1943 - "Operation Züchtigung": Die Zerstörung der Möhne-Talsperre

Die Tabelle wurde aufgestellt unter Verwendung von:

• DAM SAFETY AND PROTECTION OF HUMAN LIVES (pdf, englisch) (35 kB)
• Classification of reported failures (englisch)
• Schäden an europ. Talsperren
• LISTE DES PLUS GRANDES CATASTROPHES (französisch)
• Dammkatastrophen
• Hirschberg S., Burgherr P., Spiekerman G., Cazzoli E., Vitazek J. & Cheng L. (2003). Comparative Assessment of Severe Accidents in the Chinese Energy Sector - China Energy Technology Program. PSI Report No. 03-04, Villigen-PSI, March 2003
• Talsperrenkatastrophen in fünf Jahrtausenden, mit Bildern von Gleno und Vajont (PDF-Datei; 1005 kB)