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Polnische Sprache

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Polnisch

Gesprochen in

Polen, USA, Kanada, Weißrussland, Ukraine, Tschechien, Litauen, Westeuropa, Brasilien, Australien
Sprecher 46 Millionen
Linguistische
Klassifikation
Offizieller Status
Amtssprache in Polen, Europäische Union
Sprachcodes
ISO 639-1

pl

ISO 639-2 (B) pol (T) –

Die Polnische Sprache (Polnisch, poln. język polski) zählt zur lechitischen Gruppe der westslawischen Sprachen, einer Untergruppe der indogermanischen Sprachfamilie. Sie ist eng verwandt mit dem Kaschubischen, dem Tschechischen, dem Slowakischen und dem Sorbischen (das von einer in Deutschland lebenden Minderheit gesprochen wird). Polnisch ist die Landessprache Polens mit etwa 46 Millionen Sprechern. Bedeutende polnische Minderheiten gibt es in Litauen, Weißrussland und der Ukraine. Außerdem ist Polnisch die Muttersprache von etwa zehn Millionen Sprechern in den USA, ferner in Russland und den anderen Nachfolgestaaten der Sowjetunion, aber auch in Kanada, Deutschland und Frankreich.

Dialekte

Zu den polnischen Dialekten gehören Kleinpolnisch (Südostpolen mit Krakau), Schlesisch (im Südwesten), polnisch-slowakisch (Góralski), Masowisch (Nordostpolen mit Warschau) und Großpolnisch (im Norden und Westen). Das Kaschubische (im Norden) ist eine eigenständige westslawische Sprache, aber insbesondere in der polnischen Literatur auch als polnischer Dialekt zu finden.

Geschichte

Die ältesten, heute bekannten polnischen Schriftzeugnisse sind Namen und Glossen in lateinischen Schriftstücken (insbesondere in der Bulle von Gnesen des Papstes Innozenz II. von 1136). Später wurden auch religiöse Texte aus dem Lateinischen ins Polnische übertragen, beispielsweise der Psałterz Floriański aus dem 14. Jahrhundert. Im 15. Jahrhundert wurde der zunächst bestehende Einfluss des Tschechischen zurückgedrängt, und das Schriftpolnische emanzipierte sich vom Lateinischen. Nachdem Polnisch bis zum 16. Jahrhundert überwiegend von Geistlichen geschrieben wurde, verbreitete es sich in der Folgezeit auch bei Adel und Bürgertum. Die moderne polnische Literatursprache entwickelte sich im 16. Jahrhundert auf der Grundlage von Dialekten, die in der Gegend von Poznań (Posen) im Westen Polens gesprochen wurden. Aus dieser Zeit stammen die Eulenspiegelliteratur sowie die Chronikliteratur von Marcin Bielski und die Prosaschriften von Mikołaj Rej.

Im Polnischen gibt es eine Reihe von Lehnwörtern aus dem Alttschechischen und Mittelhochdeutschen sowie aus dem Lateinischen; in jüngerer Zeit gingen Einflüsse auf die polnische Sprache insbesondere vom Weißrussischen, Ukrainischen, Deutschen, Französischen und Englischen aus.

Alphabet

Polnisch wird mit dem lateinischen Alphabet geschrieben und benutzt zur Wiedergabe der polnischen Laute diakritische Zeichen.

Das polnische Alphabet besteht aus 32 Buchstaben und lautet Vollständig:

A, Ą, B, C, Ć, D, E, Ę, F, G, H, I, J, K, L, Ł, M, N, Ń, O, Ó, P, R, S, Ś, T, U, W, Y, Z, Ź, Ż.

Ą, Ę, Ń und Y kommen nie am Wortanfang vor, deshalb sind die entsprechenden Großbuchstaben sehr selten und werden nur dann verwendet, wenn das ganze Wort in Großbuchstaben geschrieben wird. Q, V und X werden nur bei Fremdwörtern benutzt, die noch nicht polnisiert wurden

Die polnischen Laute

Das Lautsystem der polnischen Gegenwartssprache setzt sich aus acht Vokalen und 34 Konsonanten zusammen, die in einem an die phonetischen Erfordernisse des Polnischen angepassten lateinischen Alphabet wiedergegeben werden. Sprachlaute, die keine direkte graphemischen Entsprechungen im Alphabet haben, werden durch Doppelgrapheme wie „sz“ und „cz“ und durch aus dem Tschechischen kommende diakritische Zeichen wie „ż“ (z mit einem punkt obenauf) und „ś“ (die dem ch und einem weichen sch ähneln) gekennzeichnet. Weiterhin gibt es „rz“, was genau wie „ż“ gesprochen wird: ein stimmhaftes "sch", das es im Deutschen nur in Fremdworten gibt, z.B. beim zweiten g in „Garage“. Eine Besonderheit des Polnischen ist das „ł“, das in der Aussprache dem englischen w gleicht. Polnisch ist die einzige slawische Sprache mit nasalisierten Vokalen „ą“ und „ę“ (a mit Ogonek und e mit Ogonek), die sich aus den altslawischen Nasalvokalen entwickelt haben.

Aussprache

Im Lauf seiner Entwicklung ging im Polnischen die Unterscheidung von langen und kurzen Vokalen verloren, und der Wortakzent festigte sich auf der vorletzten Silbe.

Polnischer Buchstabe Lautschrift Aussprache beim Buchstabieren änlicher Laut in deutscher oder anderer Sprache Beispiel Bemerkungen
a [a] a Adresse adres
ą [ɔ̃] ɔ̃ Bonbon, Champignon wąż (die Schlange) ein nasales O
b [b] Bar bar
c [ts] tsɛ Zucker cukier immer wie deutsches Z
ć [] ɕ (tɕɛ) ungefähr wie Mädchen, Entchen ćma (Motte) ein Laut zwischen C und CZ
d [d] Drama,
Dom
dramat,
Dom (Haus)
e [ɛ] ɛ Effekt efekt
ę [ε̃] ɛ̃ Cousin język (Zunge, Sprache) ein nasales E
f [f] ɛf Fragment fragment
g [g] Gas gaz
h [x] xa Humor humor
i [i] i Instinkt instynkt
j [j] jɔt Jacke jajko (Ei)
k [k] ka Kasse kasa
l [l] ɛl Legende legenda
ł [w] ɛw eng. water, winter łódź (Boot) wie das W im Englischen
m [m] ɛm Mai maj
n [n] ɛn Novelle nowela
ń [ɲ] ɲ (ɛɲ) franz. Kognak, Champignon koń (Pferd) ein weiches N wie Ñ im Spanischen, ähnlich NJ
o [ɔ] ɔ Konto konto
ó [u] ɔ kreskowane
ɔ z kreską
(ɔ mit Strich)
dumpf sól (Salz) wie ein U
p [p] Pech pech (Unglück)
r [r] ɛr Romanze romans
s [s] ɛs Baß bas immer stimmloses S (ß)
ś [ɕ] ɕ (ɛɕ) etwa wie in ich śnić (träumen) ein Laut zwischen S und SZ
t [t] Tennis tenis
u [u] u Summe suma
w [v] vu Waage waga
y [ɨ] ɨgrek (igrek) etwa wie in Synagoge syn (Sohn)
z [z] zɛt Suppe zupa immer stimmhaftes S
ż [ʒ] zɛt z kropką
(zɛt mit Punkt)
wie Journal żurnal ein stimmhaftes SCH
ź [ʑ] zɛt z kreską
(zɛt mit Strich)
--- źrebię (Fohlen) ein Laut zwischen Z und Ż
Polnische Buchstabenkombination Lautschrift Aussprache beim Buchstabieren änlicher Laut in deutscher oder anderer Sprache Beispiel Bemerkungen
ch [x] cɛ x Dach dach
cz [] cɛ zɛt Tscheche, Deutschland Czech wie TSCH im Deutschen
sz [ʃ] ɛs zɛt Schal, Schule szal, szkoła ein stimmloses SCH wie im Deutschen
rz [ʒ] ɛr zɛt wie Journal rzecz (Sache, von lat. res) ein stimmhaftes SCH
rz [ʃ] ɛr zɛt schön przerwa immer nach p, t und k wird rz als ein stimmloses SCH wie im Deutschen ausgesprochen
dz [dz] dɛ zɛt --- dzwon (Glocke)
[] dɛ zɛt z kropką
(dɛ zɛt mit Punkt)
Dschungel,
eng. Jumper
ungla,
em (Marmelade)
[] dɛ zɛt z kreską
(dɛ zɛt mit Strich)
--- wig (Krahn)

Grammatik

Das Polnische hat eine sehr freie Wortstellung.

Es gibt zwei Numeri:

Ursprünglich verfügte Polnisch noch über einen Dual, der ist jedoch (wie in fast allen slawischen Sprachen) verloren gegangen. Seine Spuren sind jedoch bis heute im polnischen anzutreffen, wenn auch sehr selten z. B. bei Körperteilen, die doppelt vorkommen: ręka (die Hand), dwie ręce (zwei Hände), trzy ręki (drei Hände). In Sprichworten ist dieser oft zu finden und zuletzt beim polnischen Schriftsteller Adam Mickiewicz, also noch im 19. Jahrhundert.

Es gibt fünf Genera:

Polnisch verfügt über ein gut ausgebautes Formensystem und hat das altslawische Kasussystem bewahrt: sechs Kasus für Nomen, Pronomen und Adjektive und ein siebter Kasus, der Vokativ, für Nomen und Pronomen, der in der direkten Anrede gebraucht wird.

Fall (przypadek) Frage (pytanie)
Nominativ (Mianownik) wer? was? kto? co?
Genitiv (Dopełniacz) wessen? kogo? czego?
Dativ (Celownik) wem? komu? czemu?
Akkusativ (Biernik) wen? was? kogo? co?
Instrumental (Narzędnik) mit wem? womit? z kim? z czym?
Lokativ (Miejscownik) über wen? worüber? o kim? o czym?
Vokativ (Wołacz) (Anredeform) ---

Im Polnischen werden Substantive – im Gegensatz zum Deutschen – grundsätzlich klein geschrieben, Ausnahmen sind Eigennamen und Satzanfänge. Es werden wahrnehmbare und nicht wahrnehmbare (abstrakte Objekte oder Eigenschaften) sowie belebte (personale) und unbelebte (nichtpersonale) Substantive unterschieden. Dies ist für die Deklination sehr wichtig.

Fast alle Adjektive werden nach einem Grundmuster dekliniert. Es gibt zwei Arten von Adjektiven:

  • weichstämmige, die auf einen weichen Konsonanten oder auf k bzw. g auslauten, haben die Endung -i
  • hartstämmige (alle anderen) haben die Endung -y

Verben werden nach Person, Numerus und Genus flektiert. Das Tempussystem hat eine Vereinfachung erfahren, indem drei alte Tempora (Aorist, Imperfekt und Plusquamperfekt) aufgegeben wurden. Das Präteritum ist die einzige Vergangenheitsform, die in der Alltagssprache gebraucht wird.

Präpositionen sind unveränderlich und bilden zusammen mit einem Substantiv oder einem Pronomen eine Sinneseinheit.

Mehr über polnische Grammatik gibt es in den Wikibooks

Sprachwandel in der Gegenwart

Wie jede lebendige Sprache unterliegt auch Polnisch im Laufe der Zeit normalen Entwicklungen und Veränderungen, sowohl in der Grammatik wie auch im Wortschatz. Manche Änderungen werden tief in die Sprache verwurzelt, andere wiederum haben kaum einen Einfluss oder geraten in Vergessenheit. Man kann nicht direkt sagen, ob eine Änderung gut oder schlecht ist; darüber entscheiden die heutigen und zukünftigen Sprecher der polnischen Sprache.

Änderungen

in der Dialektstruktur

Die Dialekte der polnischen Sprache vereinheitlichen sich im Zusammenhang mit der Umsiedlung der Bevölkerung nach dem zweiten Weltkrieg, der Verstädterung, den Einflüssen der Massenmedien und der Bildung, die im allgemeinen Dialekt durchgeführt wird, immer mehr. Die Dialekte sind in der jüngeren Generation kaum ausgeprägt, davon ausgenommen ist jedoch der gorallische und schlesische Dialekt, denen im Augenblick das Aussterben nicht droht, doch die Allgemeinheit spricht im gemeinsamen Dialekt.

in der Grammatik

Die im Augenblick am größten wahrgenommene Änderung ist, dass die maskuline unbelebte Sachform durch die maskuline belebte Sachform ersetzt wird. Viele Wörter, die bisher als eindeutig unbelebt betrachtet wurden, werden umgangssprachlich, vor allem in der Jugendsprache, als belebt angesehen. Es äußert sich dadurch, dass der Akkusativ dem Genitiv gleicht, und nicht wie bisher, dem Nominativ. Sehr oft (noch in der Umgangssprache) anzutreffende Formen sind „mieć pomysła“ (eine Idee haben) oder „obejrzeć filma“ (einen Film ansehen). Doch die meisten Neologismen und Fremdwörter, die sich auf nichtmaterielle oder nichtwahrnehmbare Begriffe beziehen, nehmen auch in der offiziellen Sprache die maskuline belebte Sachform an. Beispiel: „dostać e-maila/SMSa” (eine E-Mail/SMS bekommen).

im Wortschatz

Es werden immer mehr Wörter aus dem Englischen entliehen. Gleichzeitig verschwinden viele französische und russische Fremdwörter. Eine interessante Erscheinung ist die Änderung mancher französischer Fremdwörter von der französischen in die englische Aussprache, z. B. wird image wie im Englischen imidż ausgesprochen und nicht wie im Französischen imaż.

in der Phonetik

Da immer mehr Wörter aus dem Englischen entliehen werden, welche einen anderen Gebrauch der Stimme aufweisen, verbreiten sich in diesem Zusammenhang immer mehr bisher selten anzutreffende Lautverbindungen. Es erscheint z. B. i nach alveolaren Lauten t, d, s, z, r (didżej, tir, ring).

in der Vulgarität

In den letzten Jahren flossen sehr viele vulgäre Ausdrücke in die Umgangssprache hinein (z. B. das Adjektiv zajebiste, lässt sich mit der heutigen Bedeutung von geil vergleichen, bedeutet ursprünglich aber etwas völlig anderes als die damalige deutsche Bedeutung). Viele andere Wörter, welche weiterhin vulgär sind, verloren ihre Stärke und werden oft in Situationen gebraucht, die früher undenkbar waren (das Wort kurwa z. B. wird von vielen Polen in der Umgangssprache als Interjektion verwendet).

Auf der anderen Seite werden im Rahmen der politischen Korrektheit manche Wörter als stärker beleidigend empfunden als früher. Zum Beispiel gehört es sich heutzutage nicht das Wort pedał (hier: schwul) zu benutzen (außer in der Bedeutung Pedal), das englische Wort gej oder homoseksualista (Homosexueller) haben es ersetzt.

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